Religionen trugen wesentlich zur Einigung der Menschheit bei

Religion gilt heutzutage als Inbegriff der Ausgrenzung, Streit und Hass. Doch laut Yuval Noah Harari war die Religion die dritte große Kraft, die zur Einigung der Menschheit beitrug. Da alle Gesellschaftsordnungen von den Menschen erfunden worden sind, sind sie zerbrechlich – und je größer eine Gesellschaft, desto fragiler ist sie. Den Religionen kam eine zentrale Aufgabe zu, weil sie diese zerbrechlichen Gefüge legitimierten, indem sie auf einen übermenschlichen Willen verwiesen. Yuval Noah Harari erläutert: „Die Religionen behaupten nämlich, dass unsere Gesetze nicht etwa einer menschlichen Laune entspringen, sondern von einer absoluten Autorität angeordnet wurden. Auf dieser Grundlage lassen sich einige Prinzipien formulieren, die nicht in Zweifel gezogen werden können und der Gesellschaft ein stabiles Fundament geben.“ Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Das Anderssein ist in der sozialen Wirklichkeit nicht erwünscht

Der Philosoph Konrad Paul Liessmann stellt sich die Frage, wo die jungen, innovativen, aufbegehrenden, revolutionierenden Stimmen hingekommen sind, die heldenhaft ihr Ich gegen jede Vereinnahmung durch die Gesellschaft, die Medien und die Wirtschaft verteidigen. Der Soziologe Bernhard Heinzlmaier urteilt wie folgt über eine völlig angepasste Jugend: „Keine Mission, keine Vision, keine Revolution.“ Alles bewegt sich in der Mitte der Gesellschaft mit dem Mainstream. Wer woanders steht, weil er nicht mitkam oder nicht mitmachen will, gilt als verloren. Diese Verlorenen wieder mitzunehmen, in die Mitte zu führen und diese zu integrieren, ist dann auch das Einzige, was engagierte Pädagogen und Sozialarbeiter noch denken und wünschen können. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Erich Fromm beschreibt die Entwicklung Deutschlands nach 1871

Deutschland, der Nachzügler unter den großen westlichen Industrienationen, erlebte nach 1871 seinen aufsehenerregenden Aufstieg. Schon im Jahr 1895 hatte die deutsche Stahlproduktion diejenige Englands erreicht, und 1914 war Deutschland bei der Herstellung von Stahl England und Frankreich weit überlegen. Deutschland besaß laut Erich Fromm ein äußerst leistungsfähiges Industriesystem, wozu seine rational denkende, strebsame und gebildete Arbeiterschaft wesentlich beitrug. Allerdings besaß Deutschland nicht genügend Rohstoffe und hatte nur wenige Kolonien. Erich Fromm fügt hinzu: „Um sein wirtschaftliches Potential maximal zu realisieren, musste es sich ausdehnen, es musste Gebiete erobern, die in Europa und Afrika über Rohstoffe verfügten.“ Gleichzeitig besaß Deutschland ein Offizierkorps, das in der Tradition Preußens ausgebildet worden war und sich durch Disziplin, Loyalität und Hingabe an die Armee auszeichnete.

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Gabriel García Márquez erhält 1982 den Literaturnobelpreis

Der kolumbianische Schriftsteller Gabriel García Márquez war ein Erfinder von Mythen und Revolutionär der Weltliteratur. Als er 1967 sein Buch „Hundert Jahre Einsamkeit“ veröffentlichte, sorgte er für eine Sensation. Denn er schrieb damit den großen neuen Roman des Verfalls einer Familie. Der Diktatorenroman „Der Herbst des Patriarchen“ erschien 1975. Mit der „Chronik eines angekündigten Todes“ lieferte Gabriel García Márquez 1981 eine klassisch strenge Novelle. Die amouröse Geschichte seiner Eltern erzählte er in dem Buch „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“, das 1985 erschien. Ganz nebenbei blieb der Jahrhundertschriftsteller ein ausgezeichneter Journalist, der sich in seiner Schreibschule im kolumbianischen Cartagena de Indias für den Nachwuchs einsetzte. Am vergangenen Donnerstag ist der Literaturnobelpreisträger in Mexiko-Stadt im Alter von siebenundachtzig Jahren gestorben.

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Yuval Noah Harari beschreibt den Weg zur Erfindung des Geldes

Die Jäger und Sammler in der Steinzeit kannten kein Geld. Jede Sippe jagte, sammelte und produzierte fast alles, was zum Leben notwendig war, selbst. Verschiedene Mitglieder der Gruppe könnten Spezialisten auf unterschiedlichsten Gebieten gewesen sein, doch sie teilten ihre Güter und Dienstleistungen in einer Wirtschaft, die auf gegenseitigen Gefälligkeiten und Verpflichtungen aufgebaut war. Die Gruppe … Weiterlesen

Auch frühe Gesellschaften waren weder neutral noch gerecht

Yuval Noah Harari ist davon überzeugt, dass sich die Geschichte der Menschheit nach der landwirtschaftlichen Revolution nur noch um eine einzige Frage drehte: „Wie organisierten die Menschen ihr Zusammenleben in großen Gruppen, obwohl ihnen jeglicher biologischer Instinkt dazu abging.“ Die Antworten der Menschen waren die Schrift und die erfundenen Ordnungen. Diese beiden Errungenschaften schlossen die Lücke im menschlichen, biologischen Erbe. Doch die Einführung der Kooperation der Massen war nicht für allen Menschen ein Segen. Die Gesellschaften, die sich daraus entwickelten, waren nämlich weder neutral noch gerecht. Sie stellten Hierarchien auf und teilten die Menschen in Gruppen und Schichten ein. Einige wenige genossen Privilegien und Macht, während die große Masse diskriminiert und unterdrückt  wurde. Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Das 19. Jahrhundert bringt gesellschaftliche Änderungen hervor

Mit der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts war in Europa ein noch nie dagewesener Zuwachs der Bevölkerung verbunden, der die Einwohnerzahlen der Industrieländer auf das Zwei- bis Dreifache emporschnellen ließ. Ein Hauptgrund dafür war die Zuwanderung von Menschen aus dem Agrarsektor und aus dem Handwerk. Abhängige Arbeitskräfte, die bis dahin vielfach zur Ehelosigkeit verurteilt gewesen sind, gründeten zumindest in der ersten Generation äußerst kinderreiche Arbeiterfamilien. Dazu kamen die Fortschritte der Hygiene der ärztlichen Versorgung, die zur Senkung der Sterblichkeitsrate und zur Verlängerung der Lebensdauer maßgeblich beitrugen. Diese neue Schicht der Proletarier schien unaufhaltsam zu wachsen und damit den Klassenkampf marxistischer Vorstellung unausweichlich zu machen. Es ist ein Kuriosum der Geschichte, dass zur selben Zeit, als die russische Revolution den gewaltsamen Weg zur klassenlosen Gesellschaft einschlug, sich die Prognose vom ungehemmten Wachstum der Arbeiterschaft als falsch erwies.

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Die Geschichte erklärt ihre Unabhängigkeit von der Biologie

Die gewaltige Vielfalt der Realitäten, die der Homo sapiens entwickelte, und der enorme Variantenreichtum von Verhaltensweisen, die sich daraus ergab, machen das aus, was die Menschen als Kultur bezeichnen. Nachdem die verschiedenen Kulturen einmal entstanden waren, veränderten und entwickelten sie sich ständig weiter, und diese konstanten Umwälzungen bezeichnet man als Geschichte. Die kognitive Revolution in der Menschheitsentwicklung ist der Moment, an dem die Geschichte ihre Unabhängigkeit von der Biologie erklärt. Yuval Noah Harari betont: „Von diesem Zeitpunkt an wird die Entwicklung der Menschheit nicht mehr durch biologische Theorien erklärt, sondern durch die Geschichtsschreibung.“ Das bedeutet allerdings nicht, dass sich der Homo sapiens und die menschliche Kultur von sämtlichen Gesetzen der Biologie befreit hätten. Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Die Frauenbewegung ist die größte Revolution der Menschheit

Die ungarische Philosophin Agnes Heller, die zu den bedeutendsten Philosophinnen des 20. und 21. Jahrhunderts zählt, konnte man zu keinem Zeitpunkt ihres Lebens zu etwas zwingen. Auch wenn sie schlechte Dinge getan hat, hat sie sie freiwillig getan. Gerne zitiert sie ihren Lehrer, den Philosophen Georg Lukács, der immer gesagt hat: „Unglück trifft jeden, aber ein gescheiter Mensch kann daraus Nutzen ziehen.“ Der Nationalsozialismus war für Agnes Heller allerdings kein Unglück, sondern die Hölle. Die Jahre von 1949 bis 1953 in Ungarn waren für die Philosophin zwar ein Unglück, aber auch die Zeit in der ihre Tochter geboren wurde. Agnes Heller erklärt. „Nicht ist nur schwarz oder weiß, alles ist schwarz mit weißen oder weiß mit schwarzen Punkten. Es gibt keinen Gewinn ohne Verlust. Und keinen Verlust ohne Gewinn.“

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Die Geschichte der Menschheit ist von Revolutionen geprägt

In seinem Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ beantwortet Yuval Noah Harari unter anderem die Frage, warum sich vor rund 70.000 Jahren ein mysteriöser und rascher Wandel mit dem Homo sapiens vollzog. Yuval Noah Harari erklärt: „Es waren vor allem die Beschaffenheit seines Gehirns, seiner Sprache und seine einzigartigen Fähigkeit zur Kooperation, die ihn zum Beherrscher und zur Bedrohung des Planten werden ließen.“ Gegliedert hat der Autor sein Werk in vier große Teile: „Die kognitive Revolution“, „Die landwirtschaftliche Revolution“, „Die Vereinigung der Menschheit“ und „Die wissenschaftliche Revolution“. Yuval Noah Harari beginnt seine Zeitreise durch die Geschichte der Menschheit vor 70.000 Jahren, well damals Organismen der Art Homo Sapiens mit dem Aufbau komplexer Strukturen namens Kulturen begannen. Die Entwicklung dieser Kulturen wird als Geschichte bezeichnet.

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Mathias Binswanger stellt das Konzept des freien Marktes vor

Der sogenannte freie Markt erfreut sich heute bei vielen Ökonomen, Managern, Unternehmern und Politikern großer Beliebtheit. Mathias Binswanger erklärt: „Es wird gepredigt, dass freie Märkte grundsätzlich gut sind und der Staat sich gefälligst nicht in diese einmischen soll. Daraus folgt, dass wir möglichst viel Markt und möglichst wenig Staat haben sollen.“ Denn Märkte bringen den Menschen, so eine der gängigen Meinungen, Effizienz, Innovationen und Wachstum, während der Staat für Ineffizienz, Verschwendung und Stillstand verantwortlich ist. Gemäß den Anhängern der freien Marktwirtschaft gilt also, dass dort, wo sich Märkte frei und ohne Behinderung entwickeln können, die Menschen in einer Welt leben, die zwar gut ist, aber noch nicht gut genug. Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten und Privatdozent an der Universität St. Gallen.

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Die Bevölkerung kann in der Klimafrage die Führung übernehmen

Wissenschaftler schätzen, dass im Jahr 2050 zwischen neun und zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben werden. Auf die Frage, ob die Menschheit diese Menschenmenge verkraften kann, antwortet der ehemalige UN-Generalsekretär und Friedensnobelpreisträger Kofi Annan: „Wir können bereit sein, wenn es uns gelingt, den Klimawandel anzugehen, Nachhaltigkeit und genug Nahrung für alle zu garantieren.“ Aber schon bei sieben Milliarden Menschen lastet auf der Erde ein gewaltiger Druck. Immer mehr Menschen steigen in die Mittelklasse auf und essen verstärkt Fleisch. Wenn die Menschheit weiter so wächst, muss sich einiges auf der Erde zum Guten wenden. Laut Kofi Annan wird die Macht von einzelnen Individuen in diesen großen Fragen oftmals unterschätzt. Der einzelne Mensch hat seiner Meinung nach durchaus Macht, vor allem über Entscheidungen, die sie treffen und über das was sie kaufen. Darüber können sie einen Druck ausüben.

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In gewissen Epochen häufen sich die Chancen auf ein neues Leben

Jede Epoche hatte dies kostbarste aller Güter: das Bild des erhofften, begehrten, möglichen „Neuen Lebens“. Henri Lefebvre schreibt: „Für das Neue Leben war man imstande zu sterben, folglich auch zu töten.“ Gekennzeichnet ist die Suche nach einem Neuen Leben durch eine mehr oder minder radikale Kritik des Bestehenden sowie die gründliche Zurückweisung der bestehenden Ordnung. Denn das Neue Leben ist bereits da, in der Nähe, ist möglich, fast gegenwärtig, allerdings noch unterdrückt im Abseits und harrt dort des Augenblicks der Befreiung. Das innovative Dasein, das etwas zum Vorschein bringen soll, ist indes nur scheinbar neu. Es ist absolut, außerhalb der Zeit – ebenso alt wie neu. Es ist mit den Worten Henri Lefebvres gesprochen Wiederholung, Wiedergeburt, Rückkehr zum Verlorenen, Wiederherstellung des Unverstümmelten sowie Auferstehung.

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Etwa 50 Millionen US-Amerikaner haben deutsche Vorfahren

Nachdem im 17. und 18. Jahrhundert Pennsylvania das Hauptziel der deutschen Einwanderer in die USA war, kamen im 19. Jahrhundert immer mehr Deutsche nach New York, um von dort in den mittleren Westen, vor allem nach Wisconsin und Ohio weiterzuziehen. Seltener siedelten sie sich in den Sklavenhalterstaaten des Südens an, eine Ausnahme davon bildete lediglich Texas. Alexander Emmerich stellt fest: „Bis zum Ersten Weltkrieg siedelten sich etwa 5,5 Millionen German-Americans in den USA an. Insgesamt betrachten sich heute etwa 50 Millionen US-Amerikaner als Nachfahren deutscher Immigranten.“ Die großen Auswanderungswellen der Deutschen nach Amerika begannen zu Beginn des 19. Jahrhunderts und stiegen ab den 1830er Jahren rapide an. Der Historiker Alexander Emmerich lehrt an der Universität Augsburg am Lehrstuhl für atlantische Kulturgeschichte.

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Ralf Dahrendorf erklärt die Entstehung der Bürgerrechte

Die Bürgerrechte haben ihren Ursprung laut Ralf Dahrendorf in drei Quellen: Erstens in der Burg, zweitens in der aus den ländlichen Feudalstrukturen herausgenommenen mittelalterlichen Stadt und drittens im antiken Stadtstaat. Seiner Meinung nach führten sie am Ende mit innerer Notwendigkeit zur universellen, der Weltbürgergesellschaft. Ihre moderne Ausprägung haben die Bürgerrechte allerdings erst im Nationalstaat gewonnen. Ralf Dahrendorf schreibt: „Es ist kein Zufall, dass Länder, in denen moderne Bürgerrechte sich erst später durchgesetzt haben, meist auch verspätete Nationen waren, während die ersten Nationen zugleich Vorreiter der Bürgerrechte waren.“ Denn der moderne Nationalstaat besitzt im Kern die Form, in dem das nicht-feudale und anti-feudale Bürgertum seinen legitimen Platz finden konnte.

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Wladimir Putin ist in Russland immer noch relativ populär

Die Regierung Russlands geht immer rigoroser gegen die Opposition und Zivilgesellschaft vor. Dies geschieht laut Lew Gudkow vor allem deshalb, weil das Regime von Wladimir Putin schwächer geworden ist. Lew Gudkow erklärt warum die Unzufriedenheit in Russland aus den verschiedensten Gründen wächst: „In den Millionenstädten fordert die neue Mittelklasse Dinge wie unabhängige Gerichte, Pressefreiheit und freie Wahlen.“ Auf der anderen Seite existieren allerdings Überreste des Sozialismus, wo die alte Industrie zuhause ist. Dort sind die Menschen Anhänger der Staatsmacht, weil sie ohne Unterstützung des Staates nicht überleben können. Dort fordern die Leute sogar mehr Sozialismus. Russland driftet laut Lew Gudkow auseinander: „Die Provinz will zurück in die Sowjetzeit, die Bevölkerung in den Großstädten will Reformen.“ Lew Gudkow ist Direktor des Moskauer Meinungsforschungsinstituts „Lewada-Zentrum“.

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Das deutsche Drama stand ganz im Zeichen der Revolution

Den deutschen Dichtern gelang im Drama nicht, was den spanischen, englischen und französischen Schriftstellern beschieden war. Laut Reinhold Schneider war ihr Drama das späteste und problematischste. Er nennt einige Gründe dafür: den Humanismus und den Dreißigjährigen Krieg und das Abbrechen der Tradition volksgemäßer Dichtung. Die Deutschen haben allerdings in der Musik und in der lyrischen Dichtung einen ungleich reicheren und eigeneren Ausdruck als im Drama gefunden, das heißt in einer Kunst, die der eigentlich plastischen Gestaltung ferner ist und darum auch einen viel geringeren formgebenden Einfluss auf das Leben ausübt als das Drama. Für Reinhold Schneider liegt vieles vom Größten, was die Deutschen vollendet haben, verborgen oder verschüttet, beziehungsweise ist nur wenigen erreichbar. Der Schriftsteller Reinhold Schneider, geboren 1903 in Baden-Baden, gestorben 1958 in Freiburg/Breisgau, wurde 1956 mit dem Friedenspreis des Deutschen Bundhandels ausgezeichnet.

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Das Finanzsystem soll einer Gesellschaft freier Menschen dienen

Der amerikanische Ökonom Robert J. Shiller will nicht die Vernichtung des Kapitalismus, wie es von Karl Marx gefordert worden war, sondern eine Verbesserung und Demokratisierung des Systems. Es zu verbessern heißt für ihn, den übergeordneten Zielen der Gesellschaft freier Menschen zu dienen. Dies war seiner Meinung nach stets die klügste aller Optionen. Robert J. Shiller schreibt: „Die eigentliche Herausforderung für die Politik bei Überlegungen zur Gestaltung der Zukunft des Finanzwesens ist, zu begreifen, dass es eingesetzt werden kann, um einer immer größeren klassenübergreifenden Gesellschaftsschicht immer breiteren Wohlstand zu bescheren, und dass seine Produkte anwendungsfreundlicher gemacht und besser in die Gesamtwirtschaft integriert werden können.“ Robert J. Shiller lehrt Wirtschaftswissenschaften an der Yale University und zählt zu den einflussreichsten Vordenkern in der globalen Wirtschaft. Seit Jahren wird er als einer der Topanwärter für den Wirtschaftsnobelpreis gehandelt.

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Das Philosophie Magazin stellt die Frage: „Leben wir zu schnell?“

Das Titelthema der neuen Ausgabe des Philosophie Magazins 02/2013 handelt von wachsender Mobilität, der digitalen Revolution und ständig steigenden Leistungsanforderungen. Viele Menschen leben scheinbar in einem Hamsterrad der Beschleunigung, der Rastlosigkeit und des Dauerdrucks. Manchmal können sie nicht mehr unterscheiden, ob ihnen die Zeit davonläuft oder ob sie selbst vor der Zeit davonrennen. Das Philosophie Magazin führt ein Interview mit dem Beschleunigungstheoretiker Hartmut Rosa und stellt ihm unter anderem die Frage, was die gehetzten Menschen von heute falsch machen. Hartmut Rosa antwortet, dass die Lebensführung von vielen Menschen heute nicht mehr von der Frage „Was ist mir wichtig?“ geleitet wird. Viel entscheidender sind Prozesse der Beschleunigung, die das Leben bestimmen und die mit der Entwicklung moderner Gesellschaften zusammenhängen. Hartmut Rosa behauptet: „Deshalb ist auch der Versuch verfehlt, durch ein richtiges „Zeitmanagement“ sein Leben in den Griff zu bekommen. Das verstärkt den Druck auf den Einzelnen nur noch.“

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Peter Scholl-Latour analysiert die Radikalisierung im Nahen Osten

Der deutsche Journalist und ausgewiesener Kenner des Nahen Ostens Peter Scholl-Latour behauptet, dass es den sogenannten Arabischen Frühling überhaupt nicht gegeben hat. Denn er hat nach seiner Meinung ja nirgends positive Auswirkungen gezeigt. Er nennt ein Beispiel: „Selbst Tunesien, wo die größten Hoffnungen lagen, gleitet in Unruhen ab.“ Der Arabische Frühling war für Peter Scholl-Latour ein Aufbegehren gegen eine erstarrte Hierarchie, die zutiefst korrupt war, ein Ausdruck des Volkszorns. Aber wie sich die Revolution weiterentwickeln wird, weiß auch der Nahostexperte nicht. Aber eines glaubt Peter Scholl-Latour ganz sicher zu wissen, nämlich dass die Hoffnung auf eine Demokratisierung der Region nur eine Illusion des Westens war. Kaum ein zweiter Journalist der deutschen Sprache hat eine derartige Reise- und Rechercheerfahrung und eine so ausgeprägte Expertise in der Welt der internationalen Politik wie Peter Scholl-Latour.  

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Die Wandlung des Internets von einer schönen Idee zur Ideologie

Eine Weile lang schien das Internet die Gesellschaft in fast allen Bereichen zu revolutionieren. Das Alte, das Konservative, das Traditionelle schien endgültig der Vergangenheit anzugehören. Die neue Partei der Piraten versprach nicht mehr und nicht weniger als eine „flüssige Demokratie“, die mit ihrer Bürgernähe den ausgedienten Parlamentarismus ersetzen würde. Spontane Kampagnen im Netz sollten nach dem Willen der Piraten die mühsame Kompromisssuche ersetzen, wie sie in Demokratien, die auf der Basis des Aushandelns agieren, üblich ist. Eine wahre Revolution der Transparenz schien auszubrechen, die direkte Demokratie, in der jeder bei wichtigen Entscheidungen mitreden darf, stand in den Startlöchern. Die Stars der Piratenpartei erklommen die Titelseiten, trieben die etablierte Politik und einen Teil der Medien mit ihrer Offenheit vor sich her.

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Erich Fromm erörtert das vielgestaltige Phänomen der Hoffnung

Die Hoffnung ist für den Psychoanalytiker und Sozialphilosophen Erich Fromm ein entscheidendes Element für jeden Versuch, eine gesellschaftliche Veränderung in Richtung auf eine größere Lebendigkeit, höheres Bewusstsein und mehr Vernunft herbeizuführen. Für Erich Fromm heißt hoffen nicht, wie viele andere meinen, Begierden und Wünsche zu haben. Menschen die bessere Autos, größere Häuser und die neuesten Geräte haben möchten sind für ihn keine Menschen der Hoffnung, sondern einfach nur Menschen, die es nach mehr Konsum gelüstet. Erich Fromm spricht von Hoffnung, wenn der Gegenstand der Hoffnung kein Ding, sondern ein erfüllteres Leben, ein Zustand größerer Lebendigkeit oder eine Befreiung von der ewigen Langeweile ist. Es kann sich aber auch theologisch gesprochen, um eine Hoffnung der Erlösung handeln oder politisch gesagt, um die Hoffnung auf eine Revolution.

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Hans-Martin Schönherr-Mann erklärt den Nutzen der Macht

Die Macht, wird je nach dem Weltbild, das ein Mensch besitzt, entweder verteufelt oder verherrlicht. Dabei wird sie laut Hans-Martin Schönherr-Mann zumeist mit der Gewalt verknüpft, auf die sie sich stützt, die für viele nötig erscheint, Macht zu erzeugen. Schon Mao Tse Tung hat gesagt, dass die Macht aus den Gewehrläufen kommt. Im 19. Jahrhundert und lange noch im 20. Jahrhundert glaubten viele Menschen, dass man durch die Anwendung von Gewalt, sei es in einer Revolution oder im Krieg, die Welt auf eine humanere Stufe führen könne. Selbst in der Gegenwart spricht man noch immer von der „humanen Intervention“, obwohl die Hoffnung auf die humanisierende Wirkung von Gewalt kläglich verpuffte. Prof. Dr. Dr. Hans-Martin Schönherr-Mann ist seit 2003 Professor für Politische Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

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Die Nationalsozialisten verabscheuten die Demokratie

Die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland seit dem Jahr 1933, die sich im Zweiten Weltkrieg auch über weite Teile Europas ausdehnte, der Massenmord an sechs Millionen Juden, steht für einen Tiefpunkt in der Geschichte der Menschheit und bildet zugleich den extremsten Gegensatz zur Staatsform der Demokratie. Die Diktatur des Nationalsozialismus ist aber laut Paul Nolte weder als Schicksal noch als historischer Unfall über Deutschland gekommen. Adolf Hitlers Machtübernahme wurde in Deutschland von einer breiten Zustimmung der Bevölkerung getragen und von vielen Menschen als eine angemessene Antwort auf die langgehegten Zweifel an der Zukunftsfähigkeit der Demokratie gesehen. Paul Nolte schreibt: „Ohne die Loyalität und Mitarbeit von Teilen der Bevölkerung ist eine Diktatur nicht vorstellbar, schon gar nicht eine moderne des 20. Jahrhunderts.“ Paul Nolte ist Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin.

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Paul Nolte beschreibt die scheinbaren Vorzüge der Diktatur

Selbst in Großbritannien und Amerika kamen in der Zwischenkriegszeit neue Zweifel an der Demokratie auf, doch diese Zweifel griffen im kontinentalen Europa viel weiter und grundsätzlicher um sich und mündeten häufiger, über Skepsis hinaus, in Gegnerschaft gegen die Demokratie oder jedenfalls Gleichgültigkeit gegenüber ihrer möglichen Zerstörung. Die Aussicht auf eine Diktatur erschien in den 1920er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht so schrecklich wie in der Gegenwart. Erst aus der konkreten Erfahrung des Nationalsozialismus, der für Verfolgung und Massenmord verantwortlich war, teils auch aus den parallelen Gegebenheiten im Stalinismus der Sowjetunion, entstand laut Paul Nolte jenes Bild der Diktatur als alles umgreifender und kontrollierender, totaler Herrschaft, die sich auf Willkür und die Entfesslung von Gewalt stützt. Paul Nolte ist Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin.

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