Vor der Presse war die Pnyx

Vor der Presse war die Pnyx. Auf einem Hang des gleichnamigen Hügels im alten Athen versammelten sich etwa 6.000 Bürger, um Angelegenheiten von öffentlichen Interesse zu diskutieren. Ein Versammlungsleiter verkündete die Tagesordnung. Timothy Garton Ash weiß: „Ein Herold fragte: „Wer will zur Versammlung sprechen?“ Dann betrat ein erwachsener männlicher Bürger die aus Stein gehauene Rednerbühne. Dann sagte er seinen um ihn versammelten Mitbürgern, was er dachte.“ Besondere Aufmerksamkeit wurde wahrscheinlich den bekannteren Rednern geschenkt. Einschließlich denen, die sich durch ihren Dienst im Rat des Stadtstaats ausgezeichnet hatten. Aber alle hatten das gleiche Recht, frei zu sprechen. Nach der für die Debatte vorgesehenen Zeit fand eine Abstimmung statt. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die Philosophen waren in der Antike sehr populär

Die griechische Welt der Antike war eine Börse der Ideen und ein Experimentierfeld der Politik. Man bekämpfte einander, fand sich zu Bündnissen zusammen, experimentierte mit bundesstaatlichen Modellen. Bernd Roeck weiß: „Kriege und innere Krisen, wie sie Athen in dichter Folge seit dem Tod des Perikles, 429 v. Chr., erlebte, wirkten sich keineswegs ungünstig auf das kulturelle Leben aus.“ Im Gegenteil vergrößerten Umbruch und Chaos den Markt für Philosophen, weil sie Orientierung versprachen und eine Erziehung anboten, die half, sich in einer komplizierten Gesellschaft durchzusetzen und Erfolg zu haben. Außerdem zeigte sich ein lernbegieriges Publikum bereit, Gelehrsamkeit und Rhetorik – wichtiges Handwerkszeug im politischen Geschäft – zu entgelten. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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Die Todesgefahr ist die extremste Bedrohung der Meinungsfreiheit

„Wenn du das sagst, bringen wir dich um.“ Dieser Satz verkörpert die extremste Bedrohung der Meinungsfreiheit. In Europa leben Tausende von Menschen versteckt oder fürchten um ihr Leben, weil sie von gewaltbereiten Islamisten, Mafiosi unterschiedlicher Couleur, mächtigen Interessengruppen, gewalttätigen Verwandten oder unterdrückerischen Regimen Todesdrohungen erhalten haben. Noch sehr viel höher sind diese Zahlen in Afrika, im Nahen Osten und in Teilen Asiens. Timothy Garton Ash formuliert dagegen folgendes Prinzip: „Weder drohen wir mit Gewalt, noch akzeptieren wir gewaltsame Einschüchterung.“ Doch in der Politik kann eine solche Strategie der Beschwichtigung am Ende auch den gegenteiligen Effekt bewirken. In diesem Sinne kann, wer sich gewaltsamer Einschüchterung beugt, eben dadurch den Anreiz liefern, noch mehr mit Gewalt zu drohen. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Cicero war einer der bedeutendsten Redner der Antike

Der bei weitem wichtigste Vermittler griechischen Denkens in Rom war der Redner und Philosoph Marcus Tullius Cicero (105 – 43 v. Chr.), als Staatsmann und Theoretiker ein leidenschaftlicher Verteidiger der untergehenden Republik. Bernd Roeck fügt hinzu: „Cicero war nicht nur einer der bedeutendsten Redner der Antike, sondern zugleich einer der brillantesten Stilisten lateinischer Sprache. Die technische Seite des Diskutierens, die Form der Rede und des Schreibens, gewann in seinen Schriften überragende Bedeutung.“ Als junger Mann war Cicero in Athen bei dem Platoniker Antiochos von Askalon in die Schule gegangen. Hier hatte er die Lehren der Akademie kennengelernt. Sie befand sich in einem Gymnasium nahe der Akropolis. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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Selbstbewusstsein macht glücklich

Steffen Ritter beantwortet in seinem neuen Buch „Selbstbewusstsein“ unter anderem folgende Fragen: „Was machen selbstbewusste Menschen anders als andere?“ und „Wie gelingt es uns und wie lange dauert es, selbstbewusster zu werden?“ Steffen Ritter betont: „Selbstbewusstsein macht glücklich, Selbstbewusstsein schafft schöne Erlebnisse, Selbstbewusstsein macht sogar attraktiv.“ Der Autor wirft zu Beginn seines Buchs einen Blick hinter die Kulissen fehlenden Selbstbewusstseins. Gegliedert hat er sein Werk in die Teile „Selbstwert“, „Selbstvertrauen“ und „Selbstliebe“. Selbstbewusstsein ist etwas, was bei allen Menschen über viele Jahre hinweg gebildet wird – durch die Erziehung, durch das Umfeld. Die Voraussetzungen dafür, selbstbewusst werden zu können, sind definitiv nicht für alle Menschen identisch. Aber eines ist gleich: „Jeder kann sich irgendwann dafür entscheiden, an seinem Selbstbewusstsein zu arbeiten.“ Steffen Ritter ist Redner, Autor und seit 1992 Leiter des Instituts Ritter. Er trainiert Menschen auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmte Leben.

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Die Stoiker bestimmen den Affekt als falsches Urteil

Theorie und Analyse in der Philosophie und Rhetorik des 17. und 18. Jahrhunderts wären ohne die Vorarbeit des Aristoteles nicht möglich gewesen. Er hat zwar seinen Gedanken keine systematische Form gegeben, aber über die Affekte quasi nebenbei in seinen Schriften wie der „Nikomachischen Ethik“, „Rhetorik“ und „De anima“ reflektiert. In ihnen ist die Formulierung vom Erleidnis der Seele zentral. Aristoteles entwirft eine Bewegungstheorie mit den Kategorien Aktivität und Passivität, die besonders in seiner Schrift „De anima“ entfaltet wird. Danach besitzt die Seele des Menschen ein wahrnehmendes, denkendes und bewegendes Vermögen, Streben und Vorstellungskraft. In der Ethik geht es Aristoteles um Mäßigung, den Ausgleich zwischen extremen Handlungen oder Affekten. Das „Erleidnis der Seele“ ist ein Bewegtwerden der Seele mit eigener Aktivität und mit dem Körper geteilter Passivität.

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Emotionen haben große Macht über das Handeln der Menschen

Schon seit der Antike wurde in der Philosophie und Rhetorik über die Emotionen nachgedacht. Ihnen wurde große Macht über das Handeln der Menschen zugeschrieben. Die Affekte wurden vor allem als „passio animae“ und als „appetitus sensitivus“, als Leidenschaft und als sinnliches Strebevermögen der Seele aufgefasst. Seit der Antike bemüht man sich auch um eine Art ausdifferenzierter Nomenklatur. Von Aristoteles über Cicero, Thomas von Aquin bis hin zu Immanuel Kant finden sich Versuche der Bestimmung, der Hierarchisierung und der Ausdifferenzierung der Affekte. Das Wissen über die Emotionen dient der Selbstführung und der Herrschaft. Vor dem Jahr 1800 wurde eine kontinuierliche Diskussion über die Affekte geführt. Danach bricht zumindest das philosophische Interesse an Lehren über Affekte ab. Die Emotionen werden nun zu einem wichtigen Arbeitsgebiet der entstehenden Psychologie.

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Für ein gutes Leben sollen die Menschen nach Glück streben

Der geniale griechische Philosoph Aristoteles betrachtete das Glück nicht bloß als eine kurzfristige Freude. Wahres Glück, sagt der Denker, erfordert ein erfülltes Leben, also eine längere Lebensdauer. Aristoteles war ein Schüler Platons und Platon ging wiederum bei Sokrates in die Lehre. Diese drei großen Philosophen bilden eine Kette. Daran sieht man, auch Genies tauchen nicht einfach aus dem Nichts auf. Die meisten von ihnen haben einen Lehrer, der sie beeinflusst und prägt. Aber die Ideenwelten dieser drei Großmeister unterscheiden sich fundamental. Jeder ging auf seine ganz eigene Weise an die Philosophie heran. Nigel Warburton erläutert: „Sokrates war ein großer Redner, Platon ein großer Schriftsteller, und Aristoteles war besonders vielseitig interessiert. Sokrates und Platon sahen in der Welt, wie wir sie mit unseren Sinnen erfassen, sehen, hören, fühlen, schmecken, lediglich eine blassen Abglanz der Wirklichkeit, die nur durch abstraktes philosophisches Denken voll erfasst werden konnte.“ Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University.

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Cusanus war einer der begabtesten Deutschen des Mittelalters

Nikolaus von Kues, der von 1401 bis 1464 lebte, hat vor allem Traktate und Dialoge geschrieben und dazu knapp 300 Predigten verfasst. Für Vittorio Hösle war Nikolaus von Kues der wohl am vielseitigsten begabte Deutsche des Mittelalters. Er war ein philosophischer Theologe, der auf hohem Niveau juristisch, mathematisch und naturwissenschaftlich denken konnte. Cusanus, wie er auch genannt wurde, machte eine glänzende Karriere als Kardinal, Fürstbischof von Brixen und als Berater des Papstes. Nach ihm wird man keinen vergleichbar bedeutenden Intellektuellen in hohen kirchlichen Ämtern mehr finden. Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA). Sein neuestes Buch trägt den Titel “Eine kurze Geschichte der deutschen Philosophie und ist im C. H. Beck Verlag erschienen.

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Die neue Denkhaltung der griechischen Sophisten

Die Forscher, die sich mit der Geschichte der Philosophie befassen, sind sich bis heute nicht darüber einig geworden, was Sophistik eigentlich ist. Das Wort hängt mit dem griechischen sophía, der Weisheit zusammen und sophistás wurden ursprünglich in Griechenland ganz allgemein kundige Männer genannt, die über ein Spezialwissen und besondere Erfahrungen in einem Wissensgebiet verfügten. Etwas Spezielleres meint aber die spätere Sophistik. Die ersten Weisen in der Geschichte der Philosophie, die vor der Epoche des Sokrates lebten, wurden nicht nur Vorsokratiker, sondern auch Physiker genannt, also als Naturphilosophen bezeichnet. Ihr Denken umschließt den ganzen Kosmos, einschließlich des Menschen. Ihre Weisheit entsprach oft noch dem Wissen einer Offenbarung.

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Stendhals Romane erzeugen ein Gefühl des Glücks

Der französische Philosoph Alain erkannte, dass der Schriftsteller Stendhal ganz und gar kein Bürger im üblichen Sinne war. Er schrieb: „Die Tyrannen, ob groß oder klein, fürchten dieses skandalöse Beispiel eines Mannes großen Stils, der vor nichts Respekt hat.“ Laut Alain nahm Stendhal die Götter der Politik nicht ernst, ob sie nun Staat oder Vaterland hießen. Er machte sich über die Macht lustig und verlachte die Wichtigtuer. Seine Götter waren der Mut, die Ehre, die Liebe und die Freundschaft. In den zwei großen Romanen von Stendhal sieht Alain zwei Muster der Schönheit, und zwar ohne jede Einschränkung. Alain sagt: „Die ersten Seiten der Kartause von Parma reißen mich mit wie der schönste Gesang Homers. Schlichtheit, Jugend, Poesie, all dies kommt darin dem großen Augenblick gleich.“

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Cicero: "Der Mensch soll nach der Wahrheit fragen"

Cicero hat sein ganzes Leben als Redner gewirkt und sich mit der Theorie der Rhetorik befasst. Für Cicero ist der Redner ein Verfechter der Wahrheit, der aufgrund seiner Sachkenntnis und seiner Überzeugungskraft Wort und Sache zusammenführt. In der Zeit, in der er von der Politik ausgeschlossen war, beschäftigte sich Cicero viel mit Philosophie. In seinen philosophischen Werken verfolgte er das Ziel, eine Gesamtdarstellung der damals bekannten Philosophie zu schreiben. Er behandelte zunächst theoretische Fragen der Politik, gegen Ende seines Lebens wendete er sich der Ethik, der Theologie und allgemeinen Problemen des menschlichen Lebens zu.

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Das Leben und die Visionen des Barack Obama

Für Markus Günther ist der Senator Barack Obama aus Illinois, der für das Präsidentenamt der USA kandidierte und als erster farbiger Präsident ins Weiße Haus einzog, ein Aufsehen erregendes politisches Talent, der sich nicht, wie die meisten bisherigen Präsidenten, einem der traditionellen Machtzentren zuordnen lässt. Der Autor lebt als USA-Korrespondent deutscher Zeitungen in Washington und hat Barack Obama auf Wahlveranstaltungen intensiv und kritisch beobachtet. Die Amerikaner sehnten sich nach der Ära George W. Bush nach einem grundlegenden Richtungswechsel und Neuanfang. Obama kam bei ihnen auch deshalb so gut an, weil er genau so ehrgeizig, missionarisch und multikulturell ist wie das Land selbst.

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