Das Grundgesetz hat Deutschland ganz wesentlich geeint

Pluralistische Gesellschaften, wie die deutsche, werden nicht mehr vorrangig durch gemeinsame Tradition, Religion oder Kultur zusammengehalten. Hans-Jürgen Papier weiß: „Sie finden stattdessen in der Anerkennung der Verfassung, ihrer Werteordnung und des demokratisch gesetzten Rechts ihre verbindende Grundlage. Auf sie kann sich die Mehrheit der Bevölkerung beziehen, genau wie es die Minderheiten können.“ Für die Bundesrepublik Deutschland lässt sich sagen, dass das Grundgesetz die deutsche Gesellschaft über die Jahrzehnte ganz wesentlich geeint hat. Es hat die Freiheiten definiert und Verfahrensweisen vorgegeben, die es Politik und Gesetzgebung ermöglichen, den sozialen Konsens im Abgleich mit den zivilgesellschaftlichen Diskursen weitgehend offen zu gestalten. Auch heute noch erweist sich die deutsche Verfassung als tragfähiges Gebäude mit den Grundrechten als stützende Pfeiler. Prof. em. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier war von 2002 bis 2014 Präsident des Bundesverfassungsgerichts.

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Konservativismus ist ein schillernder Begriff

Niemand kann genau sagen, was es heutzutage bedeutet, konservativ zu sein. „Konservativismus“ ist inzwischen vermutlich einer der am häufigsten umgedeuteten Begriffe der Politik. Bei vielen aktuellen Definitionen jedenfalls würde sich kein Konservativer des 20. Jahrhunderts wiedererkennen. Oder sie sind so allgemein gehalten, dass sie auf fast alle politischen Strömungen zutreffen. Philipp Hübl stellt fest: „Das hat vor allem mit dem progressiven Wandel der letzten dreißig Jahre zu tun. CDU-Wähler beispielsweise sind bei der Selbstbezeichnung „konservativ“ geblieben, obwohl sie ihre Einstellungen modernisiert haben und daher das Prädikat „bürgerlich“ viel eher auf sie zutrifft.“ Der CDU-Politiker Jens Spahn zählt zu den konservativen Eigenschaften Werte wie Verbindlichkeit, Verlässlichkeit, Leistungsbereitschaft, Familie, Zusammenhalt und Identität. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

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Im Rechtsstaat ist Freiheit ein Angebot

Eine Gesellschaft erträgt die krassesten Unterschiede, weil alle frei sind und deshalb jeder Bürger bestimmte Unterschiede anstrebt. Paul Kirchhof weiß: „Der soziale Rechtsstaat allerdings sichert ähnliche Freiheitsbedingungen im Elementaren für jedermann.“ Freiheit ist ein Angebot. Auch die Demokratie ist darauf angelegt, dem Bürger die Freiheit der Mitwirkung im Staat zu belassen. Sie ist aber auch darauf angewiesen, dass der Bürger sich aus eigenem Freiheitsverständnis an Wahlen, Abstimmungen, auch an der öffentlichen Debatte beteiligt. Der freiheitliche Staat setzt sein Vertrauen in die Freiheitsfähigkeit und Freiheitsbereitschaft der Menschen. Freiheit ist zudem das Recht zur Beliebigkeit, soweit die kleinen Alltagsfreiheiten wahrgenommen werden. Der Mensch entscheidet nach eigenem Gutdünken. Dr. jur. Paul Kirchhof ist Seniorprofessor distinctus für Staats- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg.

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Der Liberalismus muss sich reflexiv regenerieren

Im Zeitalter der Philosophen, der Aufklärung, geboren, hält der neuzeitliche Liberalismus ein weiteres Element für unverzichtbar. Zum Erfahrungsbezug, zu dem legitimatorischen Individualismus und dem freien Spiel der Kräfte innerhalb von Verfassung und Recht tritt eine handlungsrelevante Selbstkritik, sichtbar im Willen, sich angesichts neuer Herausforderungen zu verändern. Otfried Höffe stellt klar: „Ohne dieses Element, eine reflexive Regeneration ist der Liberalismus nicht zukunftsfähig; vor allem verdient er ohne es nicht, als aufgeklärt zu gelten.“ So hat sich der in Europa dominante Liberalismus längst um politische Mitwirkungsrechte und um freiheits- und demokratiefunktionale Sozialrechte erweitert. Otfried Höffe fordert die Grundelemente des Liberalismus in einer interkulturell verständlichen Sprache zu legitimieren. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Die Aufklärung ist das Erbe der Demokratie

Wer in einem Gemeinwesen die verschiedensten Interessen austarieren möchte, der hat nur eine Versuchsanordnung: die liberale Demokratie. Roger de Weck fordert: „Sie muss laufend weiterentwickelt und jetzt renoviert werden, um auch weiterhin zweckdienlich zu sein.“ Aber der Grundgedanke bleibt bestehen. Ihre sämtlichen Einrichtungen dienen dem Zweck, unnötige schwere Konflikte in der Gesellschaft zu vermeiden oder zu vermindern. Das ist das große Potenzial der liberalen Demokratie. Derzeit schöpft sie es schlechter aus, als es ihr in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg gelang. Jederzeit ruft jede politische Ordnung Frust hervor. Aber der ist alles in allem kleiner, wenn an die Stelle der Menschenverachtung die Menschenwürde tritt. Wenn man Minderheiten einbezieht statt ausgrenzt und ein Rechtsstaat vor Willkür schützt. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom.

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Autoritäre Anwandlungen bedrohen die Demokratie

Das Archaische prägt auch das 21. Jahrhundert. Zum Beispiel, wenn Donald Trump den tribalen Siegerkult betreibt. Wenn er den Stammesschrei: „Build that Wall!“ ausstößt. Baut diese Mexiko-Mauer, um das amerikanische Territorium zu markieren. Roger de Weck warnt: „Rupert Murdoch und seine Propaganda-Meute bei Fox News befallen die liberale Demokratie von Westen her, während aus Osten russische Internettrolle ausreiten.“ Wladimir Putin müht sich, mit grimmigen Antlitz den Zaren zu mimen, dem die Macht ein patrimoniales Eigentum ist. Auch vor der sakralen Unfehlbarkeit des Sultans Recep Tayyip Erdogan hat die Demokratie das Knie zu beugen. Manchmal ist es auch nur Verstaubtes, das aufscheint. An den beiden Enden der k.-u.-k.-Achse Wien – Budapest neigt man zum Monarchischen. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom.

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Die Verfassung sichert den deutschen Rechtsstaat

Ohne Zweifel braucht es zur Gewährleistung der Freiheitsrechte und als Riegel sowohl gegen rechtliche Privilegien als auch gegen Diskriminierung und Korruption den Rechtsstaat. Otfried Höffe ergänzt: „Erst mit seiner Hilfe wird die Gefahr von Willkür eingedämmt und werden die Behörden und die Gerichte einer wirksamen Kontrolle unterworfen.“ Mangelt es an Rechtsstaatlichkeit kann es sehr schwierig werden, seinen Anstand und seine Würde zu wahren. Zu dem dann erforderlichen hohen Maß an Raffinesse und Courage, oft sogar Heroismus ist weder jeder bereit noch fähig. Hier tritt der Rechtsstaat auf den Plan, denn er erlaubt auch den gewöhnlichen Menschen, in Rechtschaffenheit und Selbstachtung zu leben. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Ein Gemeinwesen braucht eine politische Herrschaft

Der Kernbestandteil eines jeden Gemeinwesens besteht in einem Recht, das sich wesentlich mit Zwangsbefugnis verbindet. Seinetwegen hat jedes Gemeinwesen einen Herrschaftscharakter, weshalb nicht die „geordnete Anarchie als philosophisches Leitbild des freiheitlichen Rechtsstaates“ behauptet werden kann. Otfried Höffe erklärt: „Weil angeblich jede Regierung Rechte von Individuen verletzt, taucht selbst gegen eine von den Betroffenen ausgeübte Herrschaft Skepsis auf.“ Es ist überraschend, dass ursprünglich, im Griechischen, die Herrschaftslosigkeit durchweg negativ bewertet wird. Auch in der politischen Neuzeit, etwa von Niccolò Machiavelli über Montesquieu bis Voltaire, herrscht die negative Einschätzung vor. Erst in Karl Marx` und Friedrich Engels` These vom Absterben des Staats, bei dem davon beeinflussten Herbert Marcuse, auch in der subversiven Institutionenkritik eines Michel Foucault und nicht zuletzt in antiautoritären Bewegungen lebt der Gedanke der Herrschaftsfreiheit auf. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Der Mensch soll sich seines Verstandes bedienen

Laut Immanuel Kant war das wichtigste Ziel der Aufklärung „(…) der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“. Der Philosoph fordert die Menschen auf, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Immanuel Kants Leitgedanke ist für Paul Verhaeghe klar: „Denke selbst und werde ein freier Mensch.“ Die Aufklärung stellt Vernunft, als einzigartige Eigenschaft des Menschen, in den Vordergrund. Vernunft steckt also in jedem, also kann jeder Mensch aufgrund seines rationalen Vermögens allgemein akzeptierte Prinzipien entdecken, um sein Leben richtig zu führen. Allgemein akzeptiert, also nicht mehr durch eine höhere Macht oder ihre Verkörperung auferlegt. Paul Verhaeghe vermutet, dass die Mehrheit der Menschen diesen Gedanken schon einmal hegte. Ein Problem gibt es dabei allerdings: Niemand kann mit Sicherheit sagen, was Vernunft nun genau beinhaltet. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

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Ein zentrales Prinzip der Aufklärung ist die Vernunft

„Verlasse dich auf deine eigene Vernunft“: Dieses zentrale, aus der Aufklärung stammende Prinzip der Meinungsfreiheit gilt auch, wenn der Meinungsfreiheit Grenzen gesetzt werden müssen. Das Individuum ist souverän, und die individuelle Selbstbestimmung macht ein Land souveräner. Timothy Garton Ash fügt hinzu: „Natürlich kann es auch sinnvoll sein zu sagen, dass ein autoritärer Staat territoriale, politische und „informationelle“ Souveränität hat, doch in einem wirklich souveränen Staat stützt sich die Staatssouveränität auf die Souveränität jedes einzelnen Bürgers.“ Solche Staaten bezeichnet man als frei. Wer das Glück hat, in einem Staat zu leben, der dem Ideal nahe genug kommt, kann seine Ansichten über die angemessenen Normen, Grenzen und Bedingungen der Meinungsfreiheit durch eine Vielzahl unzensierter Medien und durch den politischen Prozess zum Ausdruck bringen. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Persönliche Freiheit entsteht aus eigenem Antrieb und eigener Überlegung

Überlegungen zur personalen Freiheit, die nur Vorteile in Betracht ziehen, bleiben einseitig, sogar naiv. Denn auch die personale Freiheit gibt es nicht ohne negative Kehrseiten. Otfried Höffe erläutert: „Ein freier Mensch ist nicht, wer nur in gewissen Augenblicken bewusst und freiwillig handelt, sondern wer beide Momente, Freiwilligkeit und Bewusstheit, in seiner gesamten Lebensführung realisiert. Frei ist also jemand, dem es gelingt, aus eigenem Antrieb und eigener Überlegung zu leben.“ Durch die gesellschaftliche und politische Entwicklung wird ihm dieses Gelingen teils erleichtert, aber auch erschwert. Der Grund liegt nicht außerhalb der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung, er kommt von innen. Verantwortlich sind nämlich die rechtliche und die soziale Freiheit. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Das Sicherheitsgefühl der Deutschen ist stark angeschlagen

Der islamistische Terror ist auch in Deutschland angekommen – nicht nur örtlich und politisch, sondern auch in den Köpfen der Menschen. Seit dem Sommer 2016 vergeht kaum eine Woche ohne Nachrichten über aktuelle Terroranschläge oder Terrorwarnungen, auch in Deutschland. Die anhaltende Bedrohung hinterlässt Spuren bei der Bevölkerung. Jens Gnisa erklärt: „Das Sicherheitsgefühl der Deutschen ist stark angeschlagen. Die Furcht vor islamischem Terror steigt nach einer Erhebung im Roland Rechtsreport (2017) stetig.“ Das ist nicht nur irgendeine abstrakte Einschätzung. Die Menschen beziehen die Gefahr auf sich persönlich und fühlen sich unmittelbar bedroht. Das beeinflusst auch ihr Verhalten: 45 Prozent sind in größeren Menschenansammlungen verunsichert. Jens Gnisa fordert, dass dies nicht so bleiben darf. Denn dann ginge die perfide Strategie der Terroristen auf, deren Ziel die Einschüchterung der Bevölkerung ist. Jens Gnisa ist Direktor des Amtsgerichts Bielefeld und seit 2016 Vorsitzender des Deutschen Richterbundes.

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Es gibt immer mehr Grauzonen des Rechts

Eine Mehrheit der Deutschen, 62 Prozent, glaubt, dass die Menschen vor dem Gesetz nicht gleich sind, sondern es zum Bespiel von einem teuren Anwalt abhängt, ob man Recht bekommt. Jens Gnisa ergänzt: „Immer noch 57 Prozent gehen davon aus, dass der Ausgang eines Gerichtsverfahrens vor allem durch den Richter und nicht die Gesetze bestimmt wird.“ Fast zwei Drittel der Bevölkerung hält die Gerichte für überlastet, und ein noch größerer Anteil wünscht sich schnellere Prozessabläufe. Jens Gnisa gibt zu, dass es in der Tat immer mehr Grauzonen des Rechts gibt, die Raum für Interpretation in alle Richtungen lassen. Die aktuellen Ursachen dafür liegen vor allem in dem Verlust der inneren Sicherheit, der den Bürgern intuitiv immer deutlicher bewusst wird. Jens Gnisa ist Direktor des Amtsgerichts Bielefeld und seit 2016 Vorsitzender des Deutschen Richterbundes.

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Jens Gnisa warnt vor dem Ende der Gerechtigkeit

Das neue Buch „Das Ende der Gerechtigkeit“ von Jens Gnisa handelt vom Ringen der Politik und der Justiz um das Recht. Zu oft sind sie dabei Gegner. Jens Gnisa kritisiert: „Unser Volksvertreter sind dabei, eine der wichtigsten Säulen der Demokratie, die unabhängige Rechtsprechung, einstürzen zu lassen.“ Seiner Meinung nach haben das Recht und seine sorgsame Pflege außerhalb der Justiz nur noch wenige Fürsprecher. Jens Gnisa gibt zwar zu, dass das Recht manchmal unbequem, oft sperrig und häufig langsam ist, aber dennoch ist es in einer funktionierenden Demokratie einfach unentbehrlich. Recht kann nur mit einer unbestechlichen Justiz funktionieren. Und obwohl Deutschland hier Meilensteine setzt, verliert die Bevölkerung mehr und mehr ihr Vertrauen in den Rechtsstaat. Jens Gnisa ist Direktor des Amtsgerichts Bielefeld und seit 2016 Vorsitzender des Deutschen Richterbundes.

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Richter Jens Gnisa verzweifelt am deutschen Rechtssystem

In der Politik ist das Rufen nach neuen Gesetzen eine weitverbreitete, aber fragwürdige Gewohnheit, nur um zu zeigen, dass man handlungsfähig ist. Mehr Strafgesetze bedeuten allerdings auch mehr Arbeit für die Strafverfolger. Jens Gnisa klagt: „Doch mehr Ressourcen gibt es nicht: Der Bund macht die Strafgesetze, die Länder statten die Gerichte aus, sie wollen die Zechen nicht bezahlen, un die Justiz steht wieder mal allein da.“ In seinem neuen Buch proklamiert er schon im Titel das „Ende der Gerechtigkeit“. Seiner Meinung nach wäre die Gerechtigkeit wirklich am Ende, wenn so weitergewurstelt wird wie bisher, weil dann die Justiz und das Recht immer weniger überzeugen können. Es gibt bereits jetzt eine Vertrauenskrise. Jens Gnisa ist Direktor des Amtsgerichts Bielefeld und seit 2016 Vorsitzender des Deutschen Richterbundes.

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Der Rechtspopulismus ist eine Gefahr für die Demokratie

Der Rechtspopulismus denkt partikularistisch. Solidarität, Gerechtigkeit und Gleichheit gelten für Rechtspopulisten nur innerhalb der eigenen Gruppe: der Nation, der Steuerzahler, des Abendlandes. Kulturen und Identitäten sollen sich nicht vermischen. Das Fremde soll draußen bleiben, gerade weil die Welt so befremdlich geworden ist: der Fremde, die fremde Religion oder Lebensweise, der fremde Gedanke. Die mal latente, mal aggressive Ausländerfeindlichkeit der rechtspopulistischen Bewegung ist das auffälligste Symptom der Sorge um den Verlust der Identität. Sie muss in Abgrenzung zum Anderen gesichert und neu hergestellt werden. Der neue Rechtspopulismus ist keine konservative Bewegung. Er setzt im Gegenteil auf die Veränderung der Gesellschaft; darauf weist der Münchner Soziologe Armin Nassehi hin. Zwar stehen im Programm der AfD viele Forderungen aus dem klassischen Repertoire des Konservatismus. Wenn man die Forderungen aber zu Ende denkt, geht es bei ihnen weder um die Bewahrung des Bestehenden noch um die Wiedergewinnung des Verlorenen.

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Die AfD wird nicht mehr so schnell verschwinden

Die Alternative für Deutschland (AfD) hinterlässt zurzeit nicht den stärksten Eindruck. Die Führungsspitze der Partei scheint sich gerade selbst zerlegen zu wollen, die Fraktion in Baden-Württemberg hat sich, kaum in den Landtag eingezogen, gespalten, wichtige Repräsentanten blamieren sich öffentlich. Trotzdem steht die AfD vor einem weiteren Erfolg: Am 4. September wird in Mecklenburg-Vorpommern gewählt, die Partei steht in Umfragen bei 19 Prozent. Im fernen Amerika redet sich Donald Trump um Kopf und Kragen und ist doch der Präsidentschaftskandidat der Republikaner geworden. Marine Le Pen und Nigel Farage sind die Helden ihrer wachsenden Anhängerschaft, egal, wie sehr sie sich daneben benehmen. Mit der AfD ist eine Bewegung entstanden, die nicht mehr so schnell verschwinden wird. Sie ist rechts, jenseits der historischen Rechten – auch wenn es Berührungen gibt, personell wie ideologisch.

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Es existieren zwei grundlegende Formen der Freiheit

Wolfgang Kersting unterscheidet zwei Formen der Freiheit. Eine negative Freiheit genießen die Menschen, wenn sie frei von Zwang, Gewalt und Drohung handeln und Entscheidungen treffen können. Positive Freiheit bedeutet für den Menschen sein eigener Herr zu sein und über sein Leben selbst bestimmen zu können. Wolfgang Kersting fügt hinzu: „Negative Freiheit bedeutet Freiheit von Selbstbestimmung, positive Freiheit bedeutet Selbstbestimmung.“ Allerdings ist die Abwesenheit von Fremdbestimmung nicht hinreichend für Selbstbestimmung. Es gibt laut Wolfgang Kersting Hindernisse bei der Selbstbestimmung, die auch dann bestehen bleiben, wenn alle darauf verzichten, sich einander durch Gewalt, Drohung und Erpressung gefügig zu machen. Wolfgang Kersting, emeritierter Professor für Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat sich vor allem mit den Themen Sozialstaat, Gerechtigkeit und Gesellschaftsordnung beschäftigt. Er veröffentlichte Bücher über Platon, Machiavelli, Thomas Hobbes, John Rawls sowie über Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie.

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Die Überzeugungskraft des demokratischen Rechtsstaats erlahmt

In der arabischen Welt benötigt man in vielen Orten Waffen, um westliche Werte zu sichern. Vor der Gewalt Russlands fürchten sich die Europäer, die Wirtschaftsmacht China beeindruckt sie. Im Inneren lebt der Westen gut mit offenen Grenzen und hoher Mobilität, die Wirtschaft ist relativ stabil. Doch es ist nicht alles Gold was glänzt. Udo di Fabio erklärt: „Aber spätestens seit der Weltfinanzkrise zeigen sich deutliche Risse im Fundament. Wir beobachten die Gleichzeitigkeit einer Internationalisierung der Oberschichten und den als populistisch wahrgenommenen dumpfen Protest derjenigen, die sich als Globalisierungsverlierer definieren.“ Durch Einwanderung und die Vernetzung über die Grenzen hinaus werden Gesellschaften nicht nur multikultureller und vielfältiger, sondern zersplittern sich auch in den Alltagskulturen. Udo di Fabio lehrt öffentliches Recht an der Universität Bonn. Er war bis 2011 Richter des Bundesverfassungsgerichts.

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Die Politik schränkt immer mehr Lebensbereiche der Bürger ein

 

Daniel Zimmer vertritt in seinem Buch „Weniger Politik“ die These, dass die bürgerliche Freiheit in Gefahr ist, weil die Politik immer mehr Lebensbereiche mit Regeln und Gesetzen einschränkt. In vielen Bereichen scheint zudem der Politik die Orientierung abhandengekommen zu sein. Deshalb stellt Daniel Zimmer die grundsätzliche Frage danach, was die Aufgabe eines Staatswesens und des Rechts sein kann und was nicht. Sei Buch plädiert für weniger Politik. Daniel Zimmer fügt hinzu: „Es geht von der Prämisse aus, dass das Gemeinwesen im Dienst der Menschen steht – nicht umgekehrt.“ Auf der anderen Seite kommt der Rechtsordnung im Konzept von Daniel Zimmer nicht die Aufgabe zu, die Welt nach den Vorlieben von Politikern und Spitzenbeamten zu gestalten. Das Recht sollte vielmehr den Menschen als eine Art Infrastruktur dienen, die sie zur Ausübung von Freiheiten benötigen. Professor Daniel Zimmer ist Vorsitzender der Monopolkommission und Direktor des Center for Advanced Studies in Law and Economics der Universität Bonn.

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Wolfgang Kersting ist von der Marktwirtschaft begeistert

Für Wolfgang Kersting ist die Marktwirtschaft nicht nur das effizienteste System der Verwertung von Ressourcen und Versorgung mit Gütern, sondern auch eine Werte verwirklichende und eine moralische Ordnung. Der Markt ist seiner Meinung nach eine Schule der Selbstverantwortung und planenden Rationalität, der Anpassungsfähigkeit und der Erweiterung des Selbst. Er verlangt zudem eine stete Bereitschaft zum Umlernen und zur Weiterbildung, er fordert Offenheit für das Neue, prämiert aber auf der anderen Seite auch Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit. Wolfgang Kersting erklärt: „Er fördert somit die Entwicklung fundamentaler menschlicher ethischer Einstellungen und kognitiver Kapazitäten.“ Wolfgang Kersting, emeritierter Professor für Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat sich vor allem mit den Themen Sozialstaat, Gerechtigkeit und Gesellschaftsordnung beschäftigt. Er veröffentlichte Bücher über Platon, Machiavelli, Thomas Hobbes, John Rawls sowie über Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie.

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Politik und Wirtschaft knüpfen sich ein Spinnennetz der Macht

Jürgen Roth enthüllt in seinem Buch „Spinnennetz der Macht“ unkontrollierte Machtgefüge, die ganz Deutschland überspannen. Er erklärt, wie sie sich ausbreiten und wer zum erlauchten Zirkel gehört. In einem Beispiel beschreibt er höchste Richter, die sich nicht für die Wahrheit interessieren oder nur die Interessen von Finanzinstituten vertreten. In einem anderen Fall weist er auf staatliche Institutionen hin, die junge Firmen in den Konkurs treiben, anstatt ihren Aufbau zu unterstützen. Die politische Elite verbiegt die Gesetze ohne Skrupel ganz nach ihrem Wohlgefallen. Umgekehrt bieten die Rechtsvorschriften laut Jürgen Roth keinen Schutz mehr für die Bürger, von denen immer mehr das Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat verlieren. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass die Demokratie, der Rechtsstaat und der Sozialstaat in Deutschland von den politischen und wirtschaftlichen Eliten systematisch ausgehöhlt werden. Jürgen Roth, geboren 1945, ist einer der bekanntesten investigativ arbeitenden Journalisten und Mafia-Experten in Deutschland.  

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Institutionen verursachen den Unterschied zwischen Zivilisationen

Der Historiker Niall Ferguson vertritt die These, dass die modernen historischen Ereignisse weniger von den Kräften der Natur, wie dem Wetter, der Geografie oder dem Auftreten von Krankheiten, sondern vielmehr von Institutionen bestimmt werden. Das ist seine Antwort auf die Frage, warum sich die westliche Zivilisation in den streitsüchtigen Kleinstaaten Westeuropas und in deren kolonialen Niederlassungen in der Neuen Welt seit etwa 1500 so viel besser entwickelt hat als andere Zivilisationen. Niall Ferguson fügt hinzu: „Vom Beginn des 16. Jahrhunderts an bis zu den 1970er Jahren gab es eine erstaunliche Divergenz des globalen Lebensstandards: Die Menschen im Westen wurden wesentlich reicher als die übrige Menschheit.“ Niall Ferguson ist Professor für Neuere Geschichte an der Harvard University mit dem Schwerpunkt Finanz- und Wirtschaftsgeschichte sowie Senior Research Fellow an der Oxford University.

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Niall Ferguson prophezeit den Niedergang des Westens

Die westlichen Demokratien sind laut Niall Ferguson nur noch deshalb stabil, weil sie enorme Staatsschulden zu Lasten der nachfolgenden Generationen angehäuft haben. In seinem Buch „Der Niedergang des Westens“ beschreibt der Historiker wie die Märkte unter einer Überregulierung leiden und der Rechtsstaat in einem Paragraphendickicht erstickt, der vom Normalbürger in den allerwenigsten Fällen noch zu durchschauen ist. Niall Ferguson vertritt die These, dass einst diktatorische Regime Asiens und der sogenannten Dritten Welt, unter dem Druck der Globalisierung den Ausbau rechtsstaatlicher Strukturen betreiben, während der Westen verfällt. Zudem öffnen die aufstrebenden Länder ihre Märkte und bewegen sich auf eine Zivilgesellschaft nach westlichem Muster zu. Niall Ferguson ist Professor für Neuere Geschichte an der Harvard University mit dem Schwerpunkt Finanz- und Wirtschaftsgeschichte sowie Senior Research Fellow an der Oxford University.

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Ralf Dahrendorf erklärt die Entstehung der Bürgerrechte

Die Bürgerrechte haben ihren Ursprung laut Ralf Dahrendorf in drei Quellen: Erstens in der Burg, zweitens in der aus den ländlichen Feudalstrukturen herausgenommenen mittelalterlichen Stadt und drittens im antiken Stadtstaat. Seiner Meinung nach führten sie am Ende mit innerer Notwendigkeit zur universellen, der Weltbürgergesellschaft. Ihre moderne Ausprägung haben die Bürgerrechte allerdings erst im Nationalstaat gewonnen. Ralf Dahrendorf schreibt: „Es ist kein Zufall, dass Länder, in denen moderne Bürgerrechte sich erst später durchgesetzt haben, meist auch verspätete Nationen waren, während die ersten Nationen zugleich Vorreiter der Bürgerrechte waren.“ Denn der moderne Nationalstaat besitzt im Kern die Form, in dem das nicht-feudale und anti-feudale Bürgertum seinen legitimen Platz finden konnte.

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