Das fundamentale Prinzip der Natur lautet Kooperation

In seinem neuen Buch „Im Wald vor lauter Bäumen“ beschreibt Dirk Brockmann hochkomplexe Themen und Krisen der Gegenwart. Er vertritt die These, dass sie nur mit Blick auf ihre Vernetzung und Muster zu verstehen sind. Dabei schaut der Autor auf Phänomene wie Pandemien, Massenpanik und Verschwörungserzählungen. Er sucht nach Gesetzmäßigkeiten und verbindenden Elementen zwischen sozialen Phänomenen und komplexen Prozessen in der Natur. Die einzelnen Kapitel handeln von verschiedenen Phänomenen wie Kooperation, Kritikalität, Kipppunkten, komplexen Netzwerden, kollektivem Verhalten und Koordination. Wenn alles gut geht, sollte sich im Kopf des Lesers dann automatische das Bild „Natur und Gesellschaft aus der Sicht der Komplexitätswissenschaft“ ergeben. Dirk Brockmanns Fazit lautet: „Um die Krisen unserer Zeit zu bewältigen, müssen wir antidisziplinär denken und auf das fundamentale Prinzip der Natur setzen: Kooperation.“ Der Komplexitätswissenschaftler Dirk Brockmann ist Professor am Institut für Biologie der Berliner Humboldt-Universität.

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Der „Übermensch“ riskiert seinen eigenen Untergang

Die Welt existiert nur in Form von Interpretationen, die immer unter einem bestimmten Blickwinkel vorgenommen werden. Diese Ansicht bezeichnet man Friedrich Nietzsches „Perspektivismus“. Dieser Perspektivismus hat eine Ähnlichkeit mit einer erkenntnistheoretischen Strömung, die in etwa zur gleichen Zeit in Amerika Denker wie Charles Sanders Peirce und William James entwickeln. Dabei handelt es sich um den Pragmatismus, nach dem die Wahrheit das ist, was funktioniert. Doch für Friedrich Nietzsche ist das alles zu kleinkrämerisch. Seine Philosophie ist auf viel mehr aus als Selbsterhaltung. Ger Groot erklärt: „Wie Zarathustra wird der „Übermensch“ – der die Frucht dieses Abschieds von der Wahrheit ist – dazu bereit sein, für dieses „mehr“ möglicherweise sogar seinen eigenen Untergang zu riskieren.“ Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam. Zudem ist er Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Das Denken stellt Gemeinsamkeiten her

Der Mensch ist ein zur Natur gehörendes Lebewesen. Er hat seine Form erst mit der durch ihn selbst in Gang gekommenen Entwicklung der Natur erhalten. Volker Gerhardt fügt hinzu: „Auch beim homo sapiens steht außer Frage, dass die ihn auszeichnenden intellektuellen Leistungen geschichtlich geworden sind. Das kann allein durch den langen kulturgeschichtlichen Vorlauf des homo faber als erwiesen gelten.“ Zum homo sapiens ist der homo faber gewiss nicht nur angesichts der anwachsenden handwerklich-technischen Probleme geworden. Es dürfte Probleme neuer Qualität gegeben haben, die den Entwicklungsschritt zu einer neuen Leistungsstufe des Könnens forciert haben. Die sich stellenden gesellschaftlichen Aufgaben haben zur Steigerung der Fähigkeiten geführt, die den homo sapiens auszeichnen. Volker Gerhardt war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität in Berlin.

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Die Digitalisierung beendet das Ding-Paradigma

Die industrielle Revolution verfestigt und erweitert die Dingsphäre. Sie entfernt die Menschen von der Natur und vom Handwerk. Byung-Chul Han betont: „Erst die Digitalisierung beendet das Ding-Paradigma. Sie unterwirft die Dinge den Informationen. Hardwares sind devote Unterlagen der Softwares. Sie sind sekundär gegenüber Informationen. Ihre Miniaturisierung lässt sie immer weiter schrumpfen.“ Das Internet der Dinge macht diese zu Informationsterminals. Der 3D-Drucker erweitert die Dinge in ihrem Sein. Sie werden zu materiellen Derivaten der Information degradiert. Was wird aus Dingen, wenn sie von Informationen durchdrungen werden? Die Informatisierung macht aus Dingen „Infomate“, nämlich Akteure, die Informationen verarbeiten. Das Auto der Zukunft wird kein Ding mehr sein, mit dem sich Phantasmen von Macht und Besitz verbinden. Byung-Chul Han ist ein koreanisch-deutscher Philosoph, Kulturwissenschaftler und Autor. Seine Bücher wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

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Der bürgerliche Konsum war nachhaltig

Mit dem Bericht des Club of Rome von 1972 erhielt die alte Vorstellung des Konsums einen Dämpfer. Dessen Essenz im vulgären wie im eleganteren Sinne von Mehr an Quantität und Qualität bedeutete. Ulf Poschardt erklärt: „Direkt nach den sozialistischen Utopien der Sechzigerjahre begann die Zeit der bürgerlichen Utopien.“ In diesen war die Verantwortung des Konsumenten die staatsbürgerliche Fortschreibung seiner Freiheiten. Der bürgerliche Konsum war in der Tendenz nachhaltig, zumindest wenn er sich um repräsentative Symbolik bemühte. Allerdings versäumten es die bürgerlichen Politiker und Intellektuellen, bis auf wenige Ausnahmen, sich diesen Ideen zu verschreiben. Dabei hatten es konservative Bürger immer so gehalten: Nachhaltig ist, was man vererben kann und man nicht wegeschmeißen muss. Seit 2016 ist Ulf Poschardt Chefredakteur der „Welt-Gruppe“ (Die Welt, Welt am Sonntag, Welt TV).

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Viele Menschen haben kaum Kontakt zur Natur

Tausende Wissenschaftler beschäftigen sich mit der Beziehung zwischen Mensch und Natur – oder ihrem Fehlen. Lucy F. Jones weiß: „IN den USA haben Ärzte zwischen April 2018 und 2019 knapp 170 Rezepte für „Parkaufenthalte“ ausgestellt.“ Damit eine Behandlungsmethode in das Gesundheitssystem aufgenommen wird, müssen die Wirksamkeitsnachweise höchste Standards erfüllen. Doch was ist mit den Menschen, die überhaupt keine Zeit in der Natur verbringen wollen? Die wie Woody Allen sagen würden: „Ich liebe die Natur, solange sie mir vom Hals bleibt.“ Viele Menschen treffen die Entscheidung, städtisch zu leben, umgeben von vielen anderen Menschen, mit kaum oder nur wenige Kontakt zur Natur, geschweige denn zur Wildnis. Lucy F. Jones ist Journalistin und schreibt regelmäßig zu wissenschaftlichen Themen, Gesundheit, Umwelt und Natur für die BBC, The Guardian und The Sunday Times.

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Die Veränderung ist keine Illusion

Die Unterscheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist keine Illusion. Carlo Rovelli erklärt: „Sie ist die Zeitstruktur der Welt, auch wenn sie nicht die des Präsentismus ist. Die zeitlichen Beziehungen zwischen Ereignissen sind komplexer, als wir einst dachten, aber deswegen keineswegs trügerisch.“ Die Beziehungen der Abstammung bilden keine globale Ordnung, sind aber deswegen nicht illusorisch. Die Veränderung, das Geschehen, ist keine Illusion. Die Physik hat nur entdeckt, dass sie sich nicht nach einer allumfassenden globalen Ordnung vollzieht. Was ist „real“? Was „existiert“? Die Antwort von Carlo Rovelli lautet: „Die Frage ist falsch gestellt, weil sie alles und nichts besagt.“ Denn das Adjektiv „real“ hat tausend Bedeutungen. Und ihrer noch mehr hat das Wort „existieren“. Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Gott durchdringt die gesamte Materie

Zenon der Gründer der Stoa, war im Jahr 312 von Zypern nach Athen gekommen. Er und seine Anhänger wurden als Stoiker bekannt. Dies geschah aufgrund der Angewohnheit Zenons, seinen Unterricht in einer bemalten Stoa, einem Säulengang, abzuhalten. Tom Holland erklärt: „Wie bereits Aristoteles beschäftigten sie sich mit der Spannung zwischen einer himmlischen, von mathematischen Gesetzen bestimmten Ordnung und einem sublunaren Reich, das von Zufall beherrscht war.“ Ihre Lösung war ebenso radikal wie elegant. Die leugneten, dass eine solche Spannung überhaupt existierte. Die Stoiker argumentierten, dass die Natur selbst göttlich war. Gott belebte das gesamte Universum, und er war aktive Vernunft: der „Logos“. Er ist vermischt mit der Materie. Der Autor und Journalist Tom Holland studierte in Cambridge und Oxford Geschichte und Literaturwissenschaft.

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Die Evolution verläuft unvorhersehbar

Die Geschichte der Menschen ist die einer Tierart, deren Ahnen einst auf Bäumen lebten. Diese stellte sich anschließend auf den Boden und hat sehr viel später großartige Kulturen hervorgebracht. Matthias Glaubrecht fügt hinzu: „Es ist die Geschichte des Aufstiegs eines tierischen Wesens aus den Anfängen in der Natur, das schließlich gelernt hat, diese Natur zu beherrschen.“ Dabei verlief die menschliche Evolution keineswegs derart linear und folgerichtig, wie sie rückblickend erscheinen mag. Sie führte zwar zu Vielfalt und Fülle, zu Kultur und Komplexität. Und doch darf man sie nicht als zielgerichtete Weiterentwicklung, als Fortschritt bezeichnen. Die Evolution verläuft unvorhersehbar, sie schlägt oft überraschende Wege ein. Das Erscheinen der menschlichen Spezies ist nicht der unvermeidliche Höhepunkt einer Entwicklung. Matthias Glaubrecht ist Evolutionsbiologe, Systematiker und Wissenschaftshistoriker.

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Albert Camus sucht Sinn in einer absurden Welt

Die 21. Sonderausgabe des Philosophie Magazins ist Albert Camus gewidmet. Der Schriftsteller und Philosoph wurde 1957 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Jana Glaese, Chefredakteurin des Sonderhefts, schreibt im Editorial: „Camus zeigt sich als der Denker dieser Zeit. Die Coronapandemie ließ uns seinen Roman „Die Pest“ wiederentdecken. Die Klimaproteste verleihen seinem Konzept der Revolte neue Aktualität. Und der Ukrainekrieg ruft Camus als Widerstands- und Freiheitsenker ins Gedächtnis.“ Gleichzeitig zielt sein Denken auf weit mehr. Albert Camus ging es um die Existenz als solche. Die Überzeugung, dass man der Welt entgegentreten muss, ist in seiner Philosophie des Absurden angelegt. „Das Absurde“, heißt es im „Der Mythos des Sisyphos“, ist „der Zusammenprall des menschlichen Rufes mit dem unbegreiflichen Schweigen der Welt.“ Doch für Albert Camus gilt es, trotz aller Stille, weiter zu rufen und sich der Sinnlosigkeit zu verweigern. Wenn es ein Glück gibt, dann liegt es eben in dieser Revolte.

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Das Wissen hat die Welt zum Besseren verändert

Der Glaube und das Wissen verlangen im Rahmen der notwendigen Autorität die absolute Unterwerfung der Menschen. Ein Hinterfragen der „Wahrheiten“ ist oft nicht erwünscht. Ille C. Gebeshuber stellt fest: „Natürlich hat das System Wissen dem System Glauben, das Gott in den Mittelpunkt stellt, einiges voraus.“ Die Einführung des auf der Natur aufbauenden wissenschaftlichen Systems erlaubte nicht nur die Schaffung einer gesicherten Wissensbasis, sondern auch die Vernetzung des Wissens. Die gesellschaftliche Entwicklung, die auf diesem Wissen aufbaute, führte zum Umdenken der Renaissance. Das Interesse der Menschen an ihrem Umfeld wuchs, und wer um die Dinge weiß, den kümmern sie. Das Wissen hat, durch den mit ihm zusammenhängenden Humanismus, die Welt zum Besseren verändert. Ille C. Gebeshuber ist Professorin für Physik an der Technischen Universität Wien.

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Jeder Mensch muss sich selbst erziehen

Seneca schreibt: „Von nirgendwo nämlich kommt der Seele mehr Kraft zu als von der Wissenschaft und der Betrachtung der Natur.“ So wichtig es auch ist, sich selbst und die Welt besser zu verstehen und rational zu erschließen, so reicht es nach Seneca nicht aus, wenn nicht gleichzeitig das Gemüt gestärkt wird. Albert Kitzler erläutert: „Erkenntnis und innere Überzeugung mögen das wichtigste Moment in der Motivationskette sein, die uns dazu bewegt, unser Verhalten und unsere Lebensweise, wo es nötig ist, zu verändern.“ Aber der Mensch ist nicht bloß Kopf und Verstand. All die leiblichen, triebhaften, unbewussten Kräfte in einem Menschen, der Bauch also, müssen auch „überzeugt“ werden. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Immer mehr Nutzpflanzen sind spezielle Züchtungen

Das vorrangige Problem der Landwirtschaft ist ihr Flächenbedarf. Denn zur Erzeugung von landwirtschaftlichen Produkten benötigt man Sonnenlicht. Ille C. Gebeshuber ergänzt: „Um die Nutzbarkeit des Lichts zu maximieren, werden die landwirtschaftlich genutzten Flächen von der natürlichen Konkurrenz abgeschirmt. Speziell gezüchtete Nutzpflanzen können auf diese Weise das Sonnenlicht exklusiv nutzen und bringen hohe Erträge.“ Hier hat der hohe Versorgungsdruck die Menschheit aber in die Nutzung weniger Pflanzenarten getrieben, deren Anpassungsfähigkeit und Leistung hoch war. So nutzt die Landwirtschaft von circa 6.000 verzehrbaren Pflanzenarten nur etwas weniger als 200. Davon decken fünf Pflanzenarten etwa drei Viertel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion in Tonnen. Diese sind nach Produktionsmenge gereiht: Zuckerrohr, Mais, Weizen, Reis und Kartoffeln. Ille C. Gebeshuber ist Professorin für Physik an der Technischen Universität Wien.

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Fast jede Technik lässt sich als Waffe einsetzen

Die Begabung für die Sprache und für die Vernunft gehört zweifellos zum Wesen des Menschen. Ohne jede Technik ein Mängelwesen, macht sich der Mensch mit der Hilfe von Technik von zahlreichen Zwängen der Natur frei. Er unterwirft sie seinem Willen. Otfried Höffe erklärt: „Die Technik hat sowohl eine emanzipatorische Tragweite – sie befreit von Zwängen – als auch eine positive, konstruktive Bedeutung.“ Nicht nur der Suezkanal, die Mondlandung und die immer kleineren und trotzdem immer leistungsfähigeren Rechner, sondern auch antike Aquädukte und gotische Kathedralen sind technische Meisterleistungen. Ein Mensch, der für die Wirklichkeit offen ist, übersieht auch nicht die von vornherein für aggressive und destruktive Ziele und Zwecke entworfene Technik. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Die Zukunft stellt sich als Alptraum dar

Die einstige Vision, dass mit dem Fortschritt der Menschheit alle Probleme gelöst werden würden, ist verblasst. Der Traum von einer besseren Welt ist in dem so skeptischen 21. Jahrhundert im Begriff, zu einem Alptraum zu werden. Ille C. Gebeshuber betont: „Es wird mehr und mehr offensichtlich, dass unsere Welt vor einer Zeit des radikalen Wandels steht. Die so erfolgreichen Methoden, die den radikalen Fortschritt der letzten Jahrhunderte ermöglicht haben, erzeugen Nebeneffekte, die die Grundlagen unserer Existenz bedrohen.“ Der Erfolg kooperativer und kompetitiver Gesellschaften führte zu vielen Jahrhunderten des Wachstums. Relativ kleine, verstreute Siedlungsräume breiteten sich aus, wuchsen zusammen und entwickelten sich mit der Zeit zu einer globalen Zivilisation. Ille C. Gebeshuber ist Professorin für Physik an der Technischen Universität Wien.

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Nachhaltige Freiheit besteht aus drei Elementen

Das Gerüst der nachhaltigen Freiheit bezieht die natürliche Umwelt in den Begriff der Freiheit ein. Denn Freiheit ist nicht freischwebend. Sie hat Voraussetzungen und Konsequenzen, die jeweils in der Lebenswelt konkrete Formen annehmen. Die Wurzeln der ökologischen Krise sind nicht allein in hohem Ressourcenverbrauch, steigenden Konsum- und Produktionszahlen zu suchen. Sondern sie verbergen sich auch in einem nicht nachhaltigen, alltäglichen Freiheitsverständnis, das diese Konsequenzen freien Handelns nicht einbezieht. Katia Henriette Backhaus erläutert: „Deshalb gehören der Anfang und das Ende des Freiheitsakts zur Freiheit dazu und dürfen nicht vergessen werden.“ Diesem Gedanken folgend entwickelt Katia Henriette Backhaus drei Elemente der nachhaltigen Freiheit, die sie in Beziehung zum Verhältnis von Mensch und Natur setzt. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main im Bereich der politischen Theorie promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

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Die Natur reguliert und heilt sich selbst

Peter Wohlleben beschreibt in seinem neuen Buch „Der lange Atem der Bäume“, wie sich die Natur wunderbar selbst regulieren und heilen kann. Dies gelingt ihr aber nur, wenn die Menschen sie in Ruhe lassen. Bäume passen sich beispielsweise an ihre Umgebung an. Sie geben sogar ihre Erfahrungen mit veränderten Umweltbedingungen an ihren Nachwuchs weiter. Doch die Anpassungsfähigkeit hat ihre Grenzen. Laubbäume brauche gerade jetzt die intakte Gemeinschaft, um sich gegenseitig zu unterstützen. Sie kühlen sich durch Verdunstung und können sogar Regenwolken erzeugen. Doch all diese Fähigkeiten gehen durch massive Holzeinschläge verloren. Und die nicht heimischen Nadelbäume haben durch die zunehmende Trockenheit und Hitze ohnehin keine Zukunft mehr. Der Forstwirt Peter Wohlleben arbeitet in der von ihm gegründeten Waldakademie in der Eifel und setzt sich weltweit für die Rückkehr der Urwälder ein.

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Die Zukunft der Menschheit ist bedroht

Fabian Scheidler zeigt in seinem neuen Buch „Der Stoff aus dem wir sind“, wie sich die Vorstellung einer durch und durch berechenbaren, maschinenartigen Welt zusammen mit dem Kapitalismus über die letzten 400 Jahre entwickelt hat. Heute lebt die Menschheit in einer Welt des Geo-Engineering und der digitalen Fantasien, die Nerds im Silicon Valley entwickeln. Die Zukunft könnte jedoch auch auf den Tugenden der Verbundenheit, Selbstorganisation, Empathie und Kreativität beruhen. Die Zivilisation muss endlich damit beginnen, ihren selbstzerstörerischen Kurs zu korrigieren. Denn die Warnrufe von Zehntausenden Wissenschaftlern werden immer drängender. Und Millionen von Menschen gehen weltweit für die Rettung des Planeten auf die Straße. „Der Stoff aus dem wir sind“ erkundet zudem die Ursprünge jener Illusion der Trennung zwischen Mensch und Natur, die tief in der westlichen Zivilisation verankert ist. Der Publizist Fabian Scheidler schreibt seit vielen Jahren über globale Gerechtigkeit.

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Die menschliche Expansion wirkt zerstörerisch

An einigen Orten auf der Welt ist die zerstörerische Kraft der menschlichen Expansion besonders augenfällig geworden. Als Beispiel nennen Dirk Steffens und Fritz Habekuss Neuseeland. Dort hat sich das Leben einige Millionen Jahre lang weitgehend getrennt vom Rest der Welt entwickelt. Abgesehen von einigen Fledermausarten hat die Evolution auf den abgelegenen Inseln keine Säugetiere hervorgebracht. Dafür aber eine besonders artenreiche Vogelwelt. Die ist inzwischen allerdings arg geschrumpft. Neuseeland war die letzte große Landmasse, die besiedelt wurde. Wahrscheinlich erst vor 800 Jahren erreichten polynesische Kanus die bis dahin unbekannte Küste. In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.

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Es herrscht ein Konflikt zwischen Mensch und Natur

Katia Henriette Backhaus fordert: „Die Frage nach der menschlichen Freiheit und ihrem konflikthaften Verhältnis zur Natur muss immer wieder neu gestellt werden.“ Denn die Spaltung des Menschen in einem empirischen und einen geistigen Teil ist nur theoretisch möglich. Zudem kann die Befriedigung der Bedürfnisse Werten und Idealen im Wege stehen. Im gegenwärtigen Kontext der ökologischen Krise wird die Beziehung von Freiheit und Natur ebenfalls gegensätzlich, aber in anderer Form gedacht. Der Gegensatz wird nun nicht als innerer Konflikt verstanden. Denn die Natur erscheint als das Äußere, als die Menschen umgebende Welt, die potentiell freiheitsbedrohend sein kann. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main im Bereich der politischen Theorie promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

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Das Bürgertum kanalisiert die Sinnlichkeit

Mit der Erhebung der Kunst in die Sphäre der Religion überwindet das Bürgertum seine asketische Tradition, wenngleich in domestizierter Form. Alexander Grau erläutert: „Im Kunstgenuss kann der Bürger leidenschaftlich sein, ohne seine Leidenschaften ausleben zu müssen. Er kann sich ohne Hingabe hingeben.“ Die Kunstrezeption erlaubt eine aseptische Sinnlichkeit. Sie erlaubt es bürgerliche Vorstellungen von Sittlichkeit mit Genuss zu verbinden. Diese Kompensationsfigur prägt das bürgerliche Handeln stark. Dies zeigt sich nicht nur in der emphatischen Kunstreligion, sondern auch in der Sakralisierung der bürgerlichen Ehe. Auch hier wird Sinnlichkeit kanalisiert und schließlich das legalisiert, was der bürgerlichen und asketischen Ethik zuwiderläuft. Allerdings genügt die Ehe als institutionalisierte Form der Triebabfuhr dem bürgerlichen Selbstanspruch bei Weitem nicht. Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist.

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Der Mensch verursacht die ökologische Krise

Den Blick auf die im doppelten Sinne begründenden gedanklichen Gerüste der Menschen geteilten Welt zu werfen, ist Aufgabe der politischen Theorie und Philosophie. Katia Henriette Backhaus fügt hinzu: „Widersprüche innerhalb dieser Strukturen zu diskutieren gehört ebenso dazu, wie neue Perspektiven auf Bestehendes aufzuzeigen.“ Zudem gehört dazu, Veränderungen desselben nicht nur zu registrieren, sondern auch zu begleiten. Katia Henriette Backhaus diskutiert dabei die fundamentale Veränderung der menschlichen Umwelt, die sie als ökologische Krise bezeichnet. Sie tut dies aus der Perspektive der politischen Theorie und Philosophie. So rückt bei ihr die Reflexion des der Krise zugrundeliegenden Verhältnisses von Mensch und Natur in das Blickfeld. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main im Bereich der politischen Theorie promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

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Die Evolution hat kein Ziel und dient keinem Zweck

Zeit ist der eine Faktor der Evolution. Der andere ist, kein Ziel zu haben und keinem Zweck zu dienen. Ein grundsätzliches Missverständnis über die Evolution geht von der Vorstellung aus, diese laufe gleichsam zwanghaft stets auf das Leben höherer Wesen oder sogar auf den Menschen hinaus. Matthias Glaubrecht erklärt: „Doch Evolution ist ein sich selbst organisierender und kontingent, also zufällig auf einmalige Weise so und nicht anders, ablaufender Naturprozess.“ Ist der Mensch also ein Glücksfall? Wie sähe die Erde ohne die Menschen aus? Man kann immer fragen, ob Geschichte auch ganz anders verlaufen hätte können. Intuitiv würde man sagen: Ja, natürlich hätte es auch anders kommen können. Schnell gelangt man dabei zu der Frage, ob der Mensch seine Existenz dem Zufall verdankt oder ob sein Schicksal vorgezeichnet ist. Matthias Glaubrecht ist Evolutionsbiologe, Systematiker und Wissenschaftshistoriker.

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Nur der Mensch produziert Abfall

Der Abfall ist eine Sache des Menschen. Die Natur kennt keinen Abfall. Konrad Paul Liessmann erläutert: „Was im Kreislauf der Natur entsteht und vergeht, wird in diesen immer wieder eingespeist und verwandelt. Es ändert seine Gestalt, Form und Funktion, aber wird nicht als Abfall entsorgt.“ Nur der Mensch produziert Abfall. Nur aus der Perspektive des Menschen erscheinen bestimmte Dinge als Abfall. Für den Menschen gibt es drei Arten von Dingen: dauerhafte, vergängliche und den Abfall. Abfall ist all das, was eigentlich aus dem Blickfeld der Menschen entfernt werden soll. Abfall ist das, was noch da ist, aber schon weg sein sollte. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Wilhelm Schmid erweitert den Heimatbegriff

In seinem neuen Buch „Heimat finden“ vertritt Wilhelm Schmid die These, dass Heimat eine große Zukunft hat. Allerdings nicht als ein Modell der Vergangenheit. Seiner Meinung nach ist eine Erweiterung des Heimatbegriffs nötig, den Heimat ist für ihn mehr als nur ein Ort: „Sie kann als Basislager des Lebens gelten, von dem aus Erkundigungen ins Ungewisse möglich sind.“ Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten Heimat zu finden. So ist es auch die Vielfalt der Heimat, die im Zentrum dieses Buches steht. Das Wesentliche, das allen Heimaten eigen ist, dürfte die Bedeutung sein, die ein Mensch allem und jedem geben kann. Was nichts bedeutet, kann folglich keine Heimat sein. Daher ist Heimat nur das, was nicht egal ist. Wilhelm Schmid lebt als freier Philosoph in Berlin.

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