Narzissten sind kraftvolle Menschen voller Widersprüche

Mitja Back schlägt in seinem neuen Buch „Ich! Die Kraft des Narzissmus“ eine Brücke zwischen dem anhaltend hohen Interesse am Narzissmus und der aktuellen Forschung. Er zeigt dabei, dass der Narzissmus neben herausfordernden Aspekten für die Mitmenschen auch positive Seiten hat. Narzissten können zum Beispiel andere Menschen begeistern und stoßen in ihrem Drang nach Anerkennung oft Innovationen und Fortschritt an. Offensichtlich tun sie Dinge, die vielen Menschen auf den ersten Blick gefallen. Mitja Back ist seit Jahren fasziniert von Narzissten. Von Menschen, die nicht „ich?“ fragen, sondern „Ich!“ in die Welt rufen. Narzissten sind kraftvolle Menschen voller Widersprüche. Sie interessieren sich scheinbar nur für sich selbst und sind doch auf andere angewiesen. Denn: Ohne Publikum und Applaus keine Bewunderung. Mitja Back ist seit 2012 Professor für Psychologische Diagnostik und Persönlichkeitspsychologie an der Universität Münster.

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Der Mensch ist nicht mehr „Herr im eigenen Haus“

Sigmund Freud beschrieb 1917 die Kränkungen der Menschheit, nicht mehr im Mittelpunkt der Welt zu stehen und sogar Teil des Tierreichs zu sein. Und noch dazu, so schloss er aus einer eigenen Arbeit, nicht „Herr im eigenen Haus“ zu sein. Humanistische Gymnasien und aufgeklärte Philosophen konnten den Menschen als aufgeklärte Vernunftwesen feiern, solange sie wollten. Philipp Blom stellt dagegen fest: „Der Arzt und Denker Sigmund Freud glaubte zu verstehen, dass diese Ansicht auf einer frommen Illusion fußte.“ Was Individuen als sinnvolle, freie Entscheidungen oder sinnlose Zwangshandlungen wahrnahmen, war nur die trügerische Oberfläche eines Gewässers. Dessen Tiefenströmungen und tief verankerten, frustrierten und verdrängten Triebe und Erinnerungen gaben die eigentliche Lebensrichtung vor. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford.

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Die Deutschen mangelte es am Geist des Verhaltens

Nicht jeder Mensch, der sich liebt, wird zum Narzissten. Nicht jede Nation, die sich liebt, wird zum narzisstischen Monster. Thea Dorn erläutert: „Im Gegenteil: Für dergleichen Störungen und Exzesse sind gerade diejenigen Menschen und Nationen anfällig, die sich in Wahrheit selbst verachten.“ Denn sie verfügen eben über kein souveränes, gelassenes Selbstbewusstsein, sondern leiden vielmehr unter einem Minderwertigkeitskomplex. Unter einem groben Minderwertigkeitskomplex haben die Deutschen von Anfang an gelitten. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts veröffentlichte Adolph Freiherr von Knigge seine berühmte Benimmfibel „Über den Umgang mit Menschen“. Die Notwenigkeit seiner Schrift begründete der Freiherr damit, dass es den Deutschen bei aller Gemütstiefe leider eklatant am „esprit de conduite“ mangele. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Ein positives Selbstwertgefühl ist keineswegs die Ursache für Aggressivität

Hans-Peter Nolting betont, dass es nicht „die“ aggressive Persönlichkeit nicht gibt, sondern eine Reihe von Persönlichkeitszügen, die zu hoher Aggression beitragen. Gehören dazu auch Minderwertigkeitsgefühle? Hans-Peter Nolting erklärt: „Nach einer verbreiteten Ansicht überspielen Menschen mit ihrem harten, verletzenden und auftrumpfenden Verhalten, dass sie tief im Innern unter Selbstwertproblemen, unter Minderwertigkeitsgefühlen leiden.“ Das hört man nicht nur in Alltagsdiskussionen, auch in Teilen der psychologischen Literatur wird diese Deutung vertreten. Das auffällig aggressive Verhalten wäre demnach nur eine Fassade. Doch wie kann man wissen, ob sich dahinter tatsächlich ein angeschlagenes Selbstwertgefühl verbirgt? Niemand kann das sehen, und die Betroffenen selbst klagen gewöhnlich nicht über „Komplexe“. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Die Elternschaft hat ihre Naturgesetzmäßigkeit verloren

Was das Thema „eigene Kinder in die Welt setzen“ anlangt, hat sich der Zeitgeist stark gewandelt. Für frühere Generationen war das noch ein logischer, weiteren Entwicklungsschritt in der eigenen Biografie, der keiner gesonderten Diskussion bedurfte. Vorausgesetzt man hatte ein gewisses Alter erreicht im Idealfall sowohl eine abgeschlossene Berufsausbildung in der Tasche, als auch einen Ehering am Finger. Heute sieht das ganz anders aus. Martina Leibovici-Mühlberger erklärt: „Das mit dem „Kinderkriegen“ ist eine ziemlich schwierige Angelegenheit geworden. Jede Menge verborgener Risiken scheinen auf einen zu warten, sodass man fast schon über ein Löwenherz verfügen und ein Abenteurer sein muss, um sich auf dieses Wagnis einzulassen.“ Die Ärztin Martina Leibovici-Mühlberger leitet die ARGE Erziehungsberatung Fortbildung GmbH, ein Ausbildungs-, Beratungs- und Forschungsinstitut mit sozialpsychologischem Fokus auf Jugend und Familie.

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Das Internet trägt wesentlich zur Verbreitung des Narzissmus bei

Die moderne Gesellschaft scheint sich einig, dass Narzissmus zu verurteilen ist: als ein Macke, wenn nicht als ein Geistesstörung. Aber nicht jeder, der stört, ist auch gestört. Der amerikanische Schriftsteller Jonathan Franzen erklärt: „Das Netz ist so ziemlich das größte Instrument zur Förderung von Narzissmus, das je gebaut wurde.“ Lange Zeit war narzisstisches Verhalten ein Privileg der Reichen und Einflussreichen, zu deren Jobprofil es gehörte, auf dicke Hose zu machen. Nur sie konnten sich öffentliches Gepolter erlauben, um ihr Ego aufzuplustern, nur sie fanden damit Gehör. Auf Facebook, Instagram, Pinterest ruft der Narzisst der Welt zu: „Schaut her! Hier bin ich! Was haltet ihr davon? Wie findet ihr mich? Antwortet mir!“ Die Selfiestange heißt im englischen Sprachraum nicht umsonst „Narcistick“.

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Die Moderne ist von einer sträfliche Selbstbezogenheit geprägt

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 04/2014 heißt „Das Ich Syndrom. Bin ich der wichtigste Mensch in meinem Leben?“. Über 2.000 Jahre predigten die Philosophen und Weisen unserer Kultur, dass sich ein gutes Leben dadurch auszeichnet, möglichst wenig an sich selbst zu denken. Heute dagegen wird die ständige Sorge um das eigene Selbst zur Basis einer wahrhaft ethischen Existenz erklärt. Das Motto dabei lautet: „Ich zuerst!“. Laut Chefredakteur Wolfram Eilenberger leben die modernen Gesellschaften des Westens in einem Ich-Zeitalter, in einer Epoche , die das Ego zum Zentrum und Fundament aller Welterfahrung erklärte und dieses Ich darüber hinaus entschieden anspornte, sich zu erkunden, zu entwickeln und sich in seinen Sehnsüchten ernst zu nehmen. Schon seit dem Beginn der Neuzeit streiten Philosophen heftig ums „Ich“. Sollte es sich lieben oder doch eher verachten?

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Reinhard Haller stellt den Narzissmus in allen seinen Formen vor

Im rechten Maß ist der Narzissmus unerlässlich für die Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins, für Leistung und Kreativität. Der Narzissmus im Übermaß bildet allerdings die Basis von Kränkungen, Neurosen, Gier und Konflikten. Ein Narzisst ist nicht nur der, der Erfolge überschwänglich feiert und Lob wie die Luft zum Atmen braucht, sondern auch der stille Leider, der anstrengende Energiesauger und im schlimmsten Fall der Psychopath. Reinhard Haller erklärt in seinem neuen Buch „Die Narzissmusfalle“ wie man Narzissten erkennt, was ihre Motive sind und wie man sich vor ihnen schützen kann. Denn der Narzissmus mit all seinem Gefolge gewinnt an individueller und gesellschaftlicher Bedeutung. Der Arzt, Psychotherapeut und Bestsellerautor Reinhard Haller arbeitet als Chefarzt in einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik mit dem Schwerpunkt Abhängigkeitserkrankungen.

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