Der Mensch hat eine Veranlagung zu Imitation und Mimikry

Wenn es zutrifft, dass das, was ein Mensch sieht, sein Handeln bestimmt, folgt daraus, dass er, je häufiger er eine bestimmte Person im Alltag sieht, umso mehr Gelegenheit hat, zu tun, was sie tut. Und wen sieht man in der Regel mehr als alle anderen? Den Lebenspartner. John Bargh erläutert: „Unsere chamäleonhafte Natur hat in langen Liebesbeziehungen eine faszinierende körperliche Wirkung.“ Man braucht dabei nur an ein typisches Paar zu denken, das seit 25, 30 oder mehr Jahren verheiratet ist. Die beiden sehen sich jeden Tag, sie reden miteinander und sind ständig, ob bewusst oder unbewusst, Zeugen des Gesichtsausdrucks und der emotionalen Reaktionen des anderen. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.

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Gesichtsausdrücke regen zur Nachahmung an

Menschen reagieren unbewusst aufeinander und stimmen sich untereinander ab. Wer einem zornigen Menschen gegenübersteht, runzelt unweigerlich die Stirn. Wer glückliche Menschen anschaut, muss selbst schmunzeln und zieht die Mundwinkel nach oben. Werner Bartens erklärt: „Gesichtsausdrücke prägen sich nicht nur ein, sie regen auch zur Nachahmung an.“ Die allermeisten Menschen sind keine Einzelkämpfer, auch nicht des anderen Wolf und erst recht kein Steppenwolf. Sie sind vielmehr miteinander verbunden, aufeinander abgestimmt – und dies gilt nicht nur für Stimmungen und Gefühle, sondern auch für die vielen Gelegenheiten, bei denen verschiedene Körper im Gleichklang schwingen. Viele Menschen lassen sich schnell von anderen anstecken, es ihnen gleichzutun. Sieht man die mimischen Bewegungen eines anderen Menschen, reagiert man automatisch und in Bruchteilen von Sekunden und ahmt die Mimik seines Gegenübers nach. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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Der Mensch ist in erster Linie ein soziales Wesen

Dass sich Menschen sehr stark an ihren Mitmenschen orientieren und sich von ihnen beeinflussen lassen, liegt in der Natur des Menschseins. Denn Menschen sind in erster Linie soziale Wesen, die darauf ausgerichtet sind, miteinander zu leben, zu kooperieren, Gedanken und Gefühle zu teilen. Ulrich Schnabel erklärt: „Diese Fähigkeit zum Miteinander ist das, was uns gegenüber allen anderen Primaten auszeichnet. Verhaltensforscher beschreiben uns auch als „ultrasoziale“ Spezies, die dadurch charakterisiert sei, dass wir uns ineinander einfühlen und nicht nur unsere eigene Perspektive, sondern auch die des Gegenübers einnehmen können. Wir sind das Tier, das „Wir“ sagt.“ Menschen sind Meister darin, die subtilsten Hinweise auf die Gedanken und Gefühle unserer Artgenossen zu analysieren und uns ganz ohne Worte ein Bild vom Gegenüber zu machen. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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