Die Entschleunigung ist für Ralf Konersmann eine Illusion

Stress, Burn-out – fast jeder Mensch weiß, was damit gemeint ist. Vor hundert Jahren sprach man eher von Nervosität schreibt Ralf Konersmann in seinem Buch „Wörterbuch der Unruhe“. Auf die Frage, was sich seit früher verändert hat, antwortet Ralf Konersmann: „Die Nervosität wurde eher als kollektives Schicksal erlebt. Mit Nervosität meinte man eher die Atmosphäre der großen Stadt.“ Das Wort Stress steht mehr für einen Rückzug auf den Einzelnen. Stress wird vor allem als private Herausforderung gesehen, für die jeder seine eigenen Lösungen finden muss. Dieses Denken setzt auch voraus, dass Unruhe als eine Normalität behandelt wird. Die Unruhe der Gegenwart unterscheidet sich allerdings grundlegend von der „inquietas“, wie sie Seneca und andere Stoiker beschreiben. Ralf Konersmann ist Professor für Philosophie an der Universität Kiel.

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Viele Menschen gehen gewandelt aus einem Leid hervor

Leiden lehrt seltsamerweise auch Dankbarkeit. In normalen Zeiten behandeln Menschen die Liebe, die sie empfangen, als einen Grund zur Selbstzufriedenheit, aber in Zeiten des Leidens erkennen sie, wie unverdient diese Liebe ist und dass sie viel mehr ein Grund zur Dankbarkeit sein sollte. In stolzen Momenten will man unter keinen Umständen das Gefühl haben, in jemandes Schuld zu stehen, doch in Momenten der Demut wissen Menschen, dass sie die Zuneigung und Anteilnahme, die sie erhalten, nicht verdienen. David Brooks fügt hinzu: „Menschen in solcher Situation haben oftmals auch das Gefühl, Teil eines umfassenden Schicksalszusammenhangs zu sein.“ Inmitten von Bedrängnissen beginnen Menschen, eine Berufung zu spüren. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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Empathie und Mitgefühl unterscheiden sich

Es sind in der Regel die besonders Guten, die Idealisten, die irgendwann nicht mehr können. Die alles gegeben haben und immer noch ein bisschen mehr. Die immer Feuer und Flamme waren, entzündet für andere oder ihre Arbeit – bis sie dann irgendwann ausbrannten. In der Alltagssprache werden Mitgefühl und Empathie weitgehend gleichbedeutend verstanden. Werner Bartens stellt fest: „Womöglich ist es aber notwendig, Empathie und Mitgefühl zu unterscheiden – weil die Menschen unterschiedliche Folgen spüren, je nachdem, mit welcher inneren Haltung sie sich in andere einfühlen.“ Viele Neurowissenschaftler, Psychologen und Kognitionsforscher verstehen Empathie als eine Art Resonanz mit dem Gefühlszustand anderer Menschen, die so plastisch und überwältigend sein kann, dass sie überfordert und belastet und dann weder guttut noch gesund ist. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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