Beim Lebensziel Glück entgleitet die Gegenwart

Wenn Menschen sagen, ihr Lebensziel sei es, glücklich zu sein, geben sie zu verstehen, dass sie unglücklich sind. John Gray ergänzt: „Da sie Glücklichsein als Projekt betrachten, können sie es nur in der Zukunft verwirklichen. Die Gegenwart entgleitet ihnen, und Angst schleicht sich ein.“ Sie fürchten, ihr Fortschreiten auf dem Weg zu dem künftigen Zustand könnten bestimmte Ereignisse stören. Also wenden sie sich der Philosophie und heutzutage der Therapie zu, die ihnen Linderung ihres Unbehagens versprechen. Indem sie sich als Heilmethode geriert, ist Philosophie ein Symptom der Störung, die sie zu beheben vorgibt. Andere Tiere haben es nicht nötig, sich von ihrer Befindlichkeit abzulenken. John Gray lehrte Philosophie unter anderem in Oxford und Yale. Zuletzt hatte er den Lehrstuhl für Europäische Ideengeschichte an der London School of Economics inne.

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Beim Risiko gibt es keine Langeweile

Die Menschen lernen entweder durch Schmerz oder durch Kicks und Vergnügen. Denn sie haben „zwei“ Gehirne: eines, wenn Risiko eine Rolle spielt, und eines, wenn das nicht der Fall ist. Wenn man seine Haut riskiert, werden langweilige Dinge ganz automatisch weniger nebensächlich. Nassim Nicholas Taleb gesteht: „Wenn ich nicht meine Haut aufs Spiel setze, bin ich weitgehend dumm. Mein Fachwissen auf den Gebieten Risiko und Wahrscheinlichkeit kam ursprünglich nicht aus Büchern.“ Nicht einmal Neugierde stand für ihn am Anfang. Sondern es waren bei ihm die Kicks und der hormonelle Rausch, die sich einstellen, wenn man auf dem Finanzmarkt Risiken eingeht. Nassim Nicholas Taleb ist Finanzmathematiker, philosophischer Essayist, Forscher in den Bereichen Risiko und Zufall sowie einer der unkonventionellsten Denker der Gegenwart.

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Geschliffene Bildung trifft auf tiefschwarzen Humor

Denken statt Daten, Diskussionen statt Diagramme, Kultur statt Kulturverweigerung: Der österreichische Philosoph Konrad Paul Liessmann ist der zurzeit gewandteste Anwalt in Sachen Aufklärung, Bildung und Wissen. Schar in der Analyse, provozierend in der Argumentation und rhetorisch geschliffen nimmt der Denker ins Visier, was den Menschen – und damit der Politik – unter den Nägeln brennt. Seine kurzen aber aphoristischen Texte werden in seinem neuen Buch „Die kleine Unbildung. Liessmann für Analphabeten“ kongenial von Nicolaus Mahler in Zeichnungen übersetzt, die zum Nachdenken und Schmunzeln anregen. Den Humor, der da zum Vorschein kommt, lässt sich teilweise als tiefschwarz beschreiben. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech. Nicolas Mahler lebt und arbeitet als Zeichner und Illustrator in Wien.

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Langeweile ist ein mächtiger Stimulator für die Fantasie

Eine der interessantesten Phasen der Kreativität ist für Holger Volland das Nichtstun, die sogenannte Reifungsphase. Denn die scheinbare Untätigkeit wird mit überraschenden Ergebnissen belohnt: „Wir kreieren neue Ideen, indem wir damit aufhören, unserem Gehirn weiteren Input zu geben. Es hilft in dieser Phase enorm, das Gehirn auf „Wanderschaft“ zu schicken, was uns aber immer schwerer fällt.“ Die Erziehungswissenschaftler Howard Gardner und Katie Davis erklären das so: „Menschen erzeugen neue Ideen, indem sie die Welt reflektieren, die sie umgibt. Reflexionen erfordern Aufmerksamkeit und Zeit, zwei Dinge, die in der heutigen mediengesättigten Welt schwer zu erreichen sind.“ Überraschenderweise gilt deshalb Langeweile seit Langem schon als mächtiger Stimulator für die Fantasie. Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

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Frauen sind wesentlich unzufriedener mit ihrer Ehe als ihre Männer

Man kann laut Shirley P. Glass eine Menge lernen, wenn man monogame Beziehungen mit nicht monogamen vergleicht. Eine Neigung zur Untreue verstärkt sich ihrer Meinung nach oft nach der Desillusionierung, die sich entwickelt, wenn die Ehe nicht den Erwartungen entspricht. Menschen mit hohen Erwartungen werden leicht unzufrieden, denn sie erwarten mehr, als eine Beziehung bieten kann. Unrealistisch hohe Erwartungen können, genau wie unleugbar schlechte Ehen, zu Affären führen. Da Frauen höhere Erwartungen an eine Partnerschaft zu haben scheinen, sind sowohl treue als auch untreue Frauen wesentlich unzufriedener mit ihrer Ehe als ihre Männer. Emotionale Affären können die Folge emotionalen Mangels in der Ehe sein oder aber die Quelle abnehmender emotionaler Nähe. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.

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Fehlende Kontrolle über das eigenen Leben verursacht chronischen Stress

Die Hauptursache von chronischem Stress sind nicht irgendwelche Widrigkeiten, die das Leben nun einmal bereithält. Vielmehr geht er mit dem Erleben einher, den Dingen beziehungsweise der Umgebung gegenüber ausgeliefert zu sein und keine Kontrolle über das eigene Schicksal zu haben. Manfred Spitzer ergänzt: „Es ist hier meist nicht irgendein akutes Ereignis gemeint, sondern das dumpfe Gefühl, das eigene Leben nicht im Griff zu haben und den Umständen ohnmächtig ausgesetzt zu sein. Dieses Gefühl der fehlenden Kontrolle über das eigene Leben ist chronischer Stress.“ Es ist also die Ungewissheit einer Situation, die einen Menschen stresst, nicht deren Widrigkeit. Ein weit verbreitetes Phänomen ist dabei der Stress am Arbeitsplatz. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen.

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Für Giacomo Leopardi war das Leben ein pausenloser Horrortrip

Obgleich der italienische Dichter und Philosoph Giacomo Leopardi (1798 – 1837) adliger Herkunft war und Privatunterricht durch konservative katholische Priester genoss, entwickelte er sich zum Hohepriester des Nihilismus und Pessimismus. Daniel Klein schreibt: „Für ihn war das Leben ein pausenloser Horrortrip. Er betrachtete das ganze Leben, als wäre es die Erfüllung eines alten russischen Fluches.“ Etwas in der Art von: „Du sollst auf dem Gehweg einen Rubel finden, aber ihn vor lauter Arthrose nicht aufheben können.“ Dieser Italiener sah die Existenz als einen großen Witz an. Die Menschen bekommen ein Leben voller Versprechungen ausgehändigt, aber am Ende werden sie eine Enttäuschung nach der anderen erlebt haben. Haha. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

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Menschen gehen gerne längerfristige Beziehungen ein

Das Leben der meisten Menschen hat seinen Schwerpunkt in einer Zweierbeziehung. Die Paarbindung wurde kritisiert und geschmäht, man hat die notwendigen Kompromisse beklagt und die drohende Langeweile beschworen – und doch hat sie sich als überraschend widerstandsfähig erwiesen. Schon vor zwei Jahrhunderten hielt Charles Fourier die Ehe für einen Irrweg, der „alle Keime der Zwietracht und des Überdrusses“ enthält. Thomas Junker schreibt: „Es ist richtig, dass der Staat mehr oder weniger sanften Druck ausübt, um die Ehe zu zementieren, so wie es in frühen Zeiten die Kirchen getan haben.“ Das würde aber nicht so gut funktionieren, wenn Menschen nicht von sich aus bereit wären, längerfristige Bindungen einzugehen. Leben Menschen also in einer dauerhaften Zweierbeziehung, weil es ihrer Natur entspricht? Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Selbstregualtion sichert die eigene Handlungsfähigkeit

Nach Stevan Hobfoll, einem der führenden Stressforscher stellen Ressourcen sämtliche äußeren und inneren Bedingungen dar, die zur Erreichung von persönlich wichtigen Zielen eingesetzt werden können. Ernst-Dieter Lantermann erklärt: „Mit inneren Ressourcen sind Persönlichkeitsmerkmale, Kompetenzen und Fähigkeiten gemeint, mit äußeren Ressourcen zum Beispiel günstige finanzielle Verhältnisse, eine gesicherte Berufsposition, Gesundheit, die Eingebundenheit in ein soziales Netz und eine gute Bildung.“ Eine Reihe von Ressourcen hat sich in der Forschung immer wieder als besonders hilfreich für die Bewältigung unsicherer und belastender Anforderungen erwiesen. Zu den inneren Ressourcen zählen dabei verschiedene Kompetenzen zur Selbstregulation. Menschen mit hohen Kompetenzen zur Selbstregulation lassen sich von ihren Gefühlen nicht so leicht überwältigen, lähmen oder beeinträchtigen. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Das Leben pendelt zwischen Schmerz und Langeweile

Daniel Klein gibt zu, dass er hin und wieder Appetit auf eine gute Portion Pessimismus hat, besonders wenn ihn in seinem Leben raue Winde treffen. Der Gedanke, dass das Leben alle Welt anstinkt, ist, wenn es gerade zufällig ihn anstinkt, auf herzlose Weise tröstlich. An wen kann man sich in Zeiten wie diesen besser halten als an Mister Melancholie persönlich – an Arthur Schopenhauer? Der deutsche Philosoph schrieb: „Das Leben schwingt also, gleich einem Pendel, hin und her, zwischen dem Schmerz und der Langeweile.“ Kaum zu glauben, aber man betrachtet Arthur Schopenhauer als Hedonisten, denn er erkennt das Glücklichsein als höchstes Lebensziel an. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

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Jede Art von Kommunikation ist auf Normen angewiesen

Nun ist die Existenz von Gefühlsnormen unvermeidlich, wenn Menschen in Gesellschaften zusammenleben. Denn jede Art von Kommunikation ist auf Normen angewiesen. Problematisch wird es allerdings, wenn Menschen sich ihres Vorhandenseins nicht bewusst sind und es zum Konflikt zwischen inneren und äußeren Vorstellungen kommt. Ulrich Schnabel erläutert: „Dann erleben wir uns als emotional zerrissen und leiden darunter, dass Anspruch und Realität unseres Gefühlslebens massiv auseinander klaffen.“ Nirgendwo wird das deutlicher als in der Liebe, die als Herzens- oder Himmelsmacht hochgehalten wird und von Klischees, Vorstellungen und Idealen nur so umstellt sind. Alle Menschen stehen unter dem Einfluss jener Bilder und Geschichten, die das kollektive Gedächtnis dazu gesammelt hat: Romeo und Julia, Aschenputtel und der Märchenprinz, Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann in „Casablanca“ … Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Gefühle helfen bei der Bewältigung des Lebens

Gefühle ergreifen einen Menschen spontan und unmittelbar und kümmern sich wenig um rationale Argumente. Ulrich Schnabel nennt Beispiele: „Das gilt für Freudenausbrüche ebenso wie für negative, peinliche oder schmutzige Gefühle.“ Sie alle besitzen eine ungeheure Macht des „Es ist so.“ Ein Mensch ist das, was er fühlt. Dennoch fällt es aber keineswegs leicht, Gefühle genau zu definieren. Menschen kennen eine enorm breite Palette von Gefühlen und ein extrem großes Spektrum unterschiedlicher emotionaler Zustände. Es reicht von basalen, automatisierten Effekten bis hin zu ausgefeilten, kulturell verfeinerten Regungen, in die ein hohes Maß an gedanklicher Interpretation einfließt. Ebenso groß wie das Spektrum der individuellen Ausdrucksweisen sind allerdings auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Menschen. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Gewohnheiten bergen Stärken und Schwächen

Neben der sozialen Dimension von Gewohnheiten ist auch eine politische anzusprechen, denn Gewohnheiten hängen auch mit dem Aspekt der Macht zusammen. Denn Gewohnheiten können aufgezwungen sein, Veränderungen von Gewohnheiten können mit Macht durchgesetzt werden. Die „Kolonisierung des Geistes“ wurde als eine tiefer gehende Form der äußeren Kolonisierung beschrieben, als eine Veränderung der Denk- und Wahrnehmungsgewohnheiten, die Menschen in den kolonisierten Ländern dazu brachte, von sich selbst minderwertig zu denken. Ähnlich beschreibt der französische Soziologe Etienne Renault das Phänomen, dass Menschen, die trotz Einsatz und Qualifikation keinen Arbeitsplatz finden, sich selbst daran die Schuld geben – auch das hat mit Denkgewohnheiten zu tun. Clemens Sedmak ergänzt: „Machtvoll kann aber auch in sichtbare Alltagsgewohnheiten eingegriffen werden.“ Der österreichische Philosoph Clemens Sedmak hat neben anderen Aufgaben eine Professur am Londoner King´s College inne.

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Emotionen haben in der Arbeitswelt nichts zu suchen

Emotionen am Arbeitsplatz lassen sich nicht verhindern, aber man kann sie verstehen. Grob geschichtlich betrachtet sagt Alexander Goebel, dass der Kapitalismus zu einer einseitigen Wahrnehmung der Emotionen gekommen ist und zwar aus folgenden Gründen: Der typischen Arbeiter an einen gewöhnlichen Arbeitsplatz zu Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert hat seine Arbeitsbedingungen grundsätzlich nur still erlitten, wiewohl er vielleicht innerlich wütend war. Damals gab es keine oder wenige emotionale Äußerungen, denn solche hätten zu Schwierigkeiten bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes geführt. Alexander Goebel fügt hinzu: „Die Arbeit an sich war emotional unentrinnbar mit Mühsal, Verachtung und Ungerechtigkeit verbunden. Negative Werte, die die Menschen stumm dienend solange erduldeten, bis der Leidensdruck einfach zu groß wurde und sich die aufgestauten Emotionen in Protest und Arbeitskampf entluden, zu Recht und mit Recht.“ Alexander Goebel ist seit 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs.

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Migräne entsteht bei Schülern durch hohen Leistungsdruck

Es dröhnt und zieht oder es hämmert und pocht. Kopfschmerzen können sich individuell verschiedenartig bemerkbar machen. Viele Schüler in Deutschland sind regelmäßig so stark davon betroffen, dass sie Medikamenten nehmen, nicht in die Schule gehen können oder einen Arzt aufsuchen müssen. Die Häufigkeit von Kopfschmerzen bei Jugendlichen ist in den vergangen 50 Jahren deutlich gestiegen. Dahinter kann nach Meinung von Wissenschaftlern etwa Leistungsdruck, aber auch Bewegungsmangel stecken. Betroffene sollten vor allem häufiger eine Pause machen. In verschiedenen Studien berichten bis zu 40 Prozent der Zwölf- bis Vierzehnjährigen von Schmerzattacken, die sie mindestens einmal pro Woche heimsuchen. In einem Zeitraum von einem Vierteljahr haben sogar 70 Prozent dieser Altersgruppe mindestens einmal starke Kopfschmerzen. Für die Zunahme dieses Leidens bei Jugendlichen ziehen Schmerzforscher verschiedene Ursachen in Betracht.

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Online wird die Verdrahtung des sozialen Gehirns nicht trainiert

Das menschliche Gehirn ist plastisch. Während die Menschen durch ihren Alltag gehen, gestaltet es seine Schaltkreise ständig um. Was jemand auch tut, es trägt dazu bei, dass das Gehirn manche Schaltkreise stärkt, andere aber nicht. Im persönlichen Gegenüber nehmen die sozialen Schaltkreise vielfältige Anhaltspunkte und Signale auf, die bei der Herstellung zwischenmenschlicher Verbindungen helfen, und entsprechend werden die beteiligten Neuronen gemeinsam verdrahtet. Wenn ein Mensch aber tausende von Stunden online verbringt, wird die Verdrahtung des sozialen Gehirns praktisch nie trainiert. Marc Smith, Mitbegründer der Social Media Research Foundation, behauptet: „Unsere Sozialisation läuft zum größten Teil über Maschinen, und damit eröffnen sich sowohl großartige Möglichkeiten als auch viele Bedenken.“ Daniel Goleman erwidert: „>Zum größten Teil< dürfte zwar eine Übertreibung sein, aber sowohl um die Möglichkeiten als auch um die Bedenken toben heftige Debatten, und im Mittelpunkt stehen dabei die Videospiele.“

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Seneca singt ein Loblied auf die Freundschaft

Für den Philosophen Seneca gibt es keinen reineren und feineren Genuss als eine treue, herzliche Freundschaft. Wir gut und befriedigend ist es für einen Menschen, gleichgestimmte Herzen zu kennen, denen man jedes Geheimnis sicher anvertrauen kann, deren Mitwissen weniger zu fürchten ist als das eigene. Seneca schreibt: „Ihre Gespräche beruhigen uns, ihre Ratschläge helfen uns weiter, ihre Munterkeit vertreibt unsere trüben Gedanken, ihr bloßer Anblick macht uns Freude.“ Er rät allerdings, sich nur für solche Freunde zu entscheiden, die von lasterhaften Leidenschaften frei sind, denn diese schleichen sich unvermutet ein, greifen ganz leicht auf die nächste Umgebung über und richten gerade im persönlichen Umgang viel Schaden und Unheil an.

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Die Leistungsträger sind das Lebenselixier des Kapitalismus

Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling hält den Willen für die eigentliche Substanz des Menschen, die keineswegs nur im Dienste des Glücks und der Selbsterhaltung steht. Vielmehr wohnt dem Willen ein destruktiver Moment inne, der dafür sorgt, dass der Mensch das, was er will, durch sein Wollen zunichte macht. Laut Svenja Flaßpöhler ist dieser Pessimismus für die Philosophie des 19. Und 20. Jahrhunderts tonangebend. Vor allem für jene Arthur Schopenhauers, für den die Welt ihrem Wesen nach Wille, die menschlichen Vorstellungen von und die Erfahrungen in ihr nichts weiter sind als dessen Manifestationen. So lautet die Kernaussage des Schopenhauer`schen Hauptwerks „Die Welt als Wille und Vorstellung“. Svenja Flaßpöhler erklärt: „In diesem Werk wird der Mensch als ein Wesen entlarvt, das durch einen unpersönlichen, überindividuellen, an keinen Gott mehr gebundenen Wille bestimmt und getrieben wird. Svenja Flaßpöhler ist Stellvertretende Chefredakteurin des Philosophie Magazins.

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Erich Fromm stellt das Paradoxe und Wesen der Hoffnung vor

Die Hoffnung ist für Erich Fromm von paradoxer Gestalt. Sie ist weder ein untätiges Warten noch ein unrealistisches Herbeizwingenwollen von Umständen, die nicht eintreffen können. Sie gleicht seiner Meinung nach einem kauernden Tiger, der erst losspringt, wenn der Augenblick zum Springen gekommen ist. Erich Fromm fügt hinzu: „Weder ein müder Reformismus noch ein pseudo-radikales Abenteurertum ist ein Ausdruck von Hoffnung. Hoffen heißt, jeden Augenblick bereit sein für das, was noch nicht geboren ist, und trotzdem nicht verzweifeln, wenn es zu unseren Lebzeiten nicht zur Geburt kommt.“ Es hat für ihn keinen Sinn, auf etwas zu hoffen, was bereits existiert oder was nicht sein kann. Erich Fromm behauptet, dass ein Mensch mit einer schwachen Hoffnung, sich entweder für das Bequeme oder für die Gewalt entscheidet.

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Der perfekte Urlaub muss kein unerfüllbarer Traum bleiben

Auch im Urlaub jagen die Menschen dem Glück nach und sehnen sich nach entspannten Ferien. Urlaubsreisen sind ein ganz wichtiger Baustein des persönlichen Glücksempfindens. Dies haben Tourismusforscher unter der Leitung von Sara Dolcinar in Studien herausgefunden, die sie im Fachmagazin „Annals of Tourism Research“ veröffentlicht haben. Touristen erwarten laut ihren Befragungen im Urlaub vor allem Entspannung und großartige Erlebnisse. Am besten wäre es, wenn zusätzlich dabei noch ihre Persönlichkeit wachsen würde. Die Forscher schreiben: „Darin steckt eine große Erwartungshaltung, die Enttäuschungen vorprogrammiert.“ Viele Menschen betrachten ihren Urlaub heute als ein Feuerwerk von Erlebnissen, wobei sie den Leistungsdruck, dem sie in der Arbeit ausgesetzt sind, in vielen Fällen nicht abschütteln können. Die Erwartungen an einen perfekten Urlaub sind gewaltig, allein diese Tatsache reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass der Urlaub ein Erfolgserlebnis wird.

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Zuneigung und Wertschätzung sorgen für eine erfolgreiche Ehe

Werner Bartens erklärt in seinem neuen Buch „Was Paare zusammenhält“ die Geheimnisse jahrzehntelanger Partnerschaften. Er stützt sich dabei auf die neuesten Erkenntnisse der Medizin, Verhaltensforschung und Psychologie. Die Befunde sind oftmals überraschend und im Alltag relativ leicht umzusetzen. Patentrezepte für ein persönliches Beziehungsglück oder eine Garantie für ein dauerhaftes harmonisches Miteinander bietet der Autor allerdings nicht. Wenn es sie gäbe, hätte es sich schon lange herumgesprochen. Werner Bartens schreibt: „Allerdings haben sich ein paar Zutaten und Eigenschaften als ziemlich hilfreich erwiesen, die es wahrscheinlicher machen, dass sich tatsächlich die Menschen treffen, die gut zusammenpassen – und dass sie es dann auch hinbekommen, möglichst lange ein Paar zu bleiben.“ Dr. med. Werner Bartens ist Arzt, Wissenschaftsredakteur der Süddeutschen Zeitung und Bestsellerautor.

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Ironie setzt das geschärfte Bewusstsein eines Konflikts voraus

Die großen Ironiker wie Sokrates, Michel de Montaigne, Alfred de Musset und Heinrich Heine treten laut Henri Lefebvre in unruhigen, gestörten Zeitläufen auf, wenn sich die Menschen in ihrem Umkreis bedeutsamen Angelegenheiten widmen, wenn die Zukunft von großen Entscheidungen abhängt, wenn enorme Interessen im Spiel sind und die Menschen der Tat sich rückhaltlos in den Kampf begeben. Henri Lefebvre fügt hinzu: „Dann genau zieht der Ironiker sich auf sich selbst zurück, ohne sich freilich für immer einzuigeln.“ Er besinnt und stärkt sich nur, um anschließend dach draußen zum Publikum zurückzukehren, um die Akteure des Kampfes zu befragen, ob sie wirklich wissen, warum sie ihr Leben aufs Spiel setzen. Der Ironiker erkennt als erster die Grenzen der aufgebotenen Interessen und die Chancen der vorliegenden Taktiken.

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Manfred Spitzer stellt das umstrittene Phänomen Multitasking vor

Eine amerikanische Studie hat herausgefunden, dass der moderne Mensch seine Arbeit im Durchschnitt alle elf Minuten unterbricht. Das Leben im sogenannten digitalen Zeitalter zeichnet sich laut Manfred Spitzer dadurch aus, dass man ständig alles Mögliche gleichzeitig tut. Er schreibt: „Wir recherchieren am Computer, hören Musik, schreiben Kurznachrichten auf dem Mobiltelefon und lesen eigentlich gerade einen Artikel in der Zeitung. Der Fernseher läuft im Hintergrund, und dann klingelt das Festnetztelefon.“ Für das gleichzeitige Erledigen vieler Aufgaben hat sich der neudeutsche Begriff Multitasking durchgesetzt. Viele Jugendliche langweilen sich, wenn nicht alles gleichzeitig geschieht. Denn alles enthält Pausen. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen „Lernen“ und „Vorsicht Bildschirm!“.

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Erich Fromm erörtert das vielgestaltige Phänomen der Hoffnung

Die Hoffnung ist für den Psychoanalytiker und Sozialphilosophen Erich Fromm ein entscheidendes Element für jeden Versuch, eine gesellschaftliche Veränderung in Richtung auf eine größere Lebendigkeit, höheres Bewusstsein und mehr Vernunft herbeizuführen. Für Erich Fromm heißt hoffen nicht, wie viele andere meinen, Begierden und Wünsche zu haben. Menschen die bessere Autos, größere Häuser und die neuesten Geräte haben möchten sind für ihn keine Menschen der Hoffnung, sondern einfach nur Menschen, die es nach mehr Konsum gelüstet. Erich Fromm spricht von Hoffnung, wenn der Gegenstand der Hoffnung kein Ding, sondern ein erfüllteres Leben, ein Zustand größerer Lebendigkeit oder eine Befreiung von der ewigen Langeweile ist. Es kann sich aber auch theologisch gesprochen, um eine Hoffnung der Erlösung handeln oder politisch gesagt, um die Hoffnung auf eine Revolution.

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Der Extremsport ist zu einer Massenbewegung geworden

Sie kommen aus allen Berufsgruppen und aus allen Altersklassen: Menschen, die für eine kurze Zeit ein Held sein wollen und deshalb extrem leben. Sie stürzen sich zum Beispiel mit Fallschirmen von Hochhäusern, klettern zugefrorene Wasserfälle hinauf oder tummeln sich in ganzen Rudeln auf den höchsten Berggipfeln der Welt. Extremsport gilt mittlerweile als chic und ist schon lange nicht mehr elitär. Dennoch wollen Extremsportler sich und anderen beweisen, dass sie einzigartige Geschöpfe sind. Karl-Heinrich Bette, Sportsoziologe an der Technischen Universität Darmstadt, erklärt: „Extremsport dient in erster Linie der Inszenierung von Individualität. Es reicht heute nicht mehr aus, ein Kind zu zeugen, ein Haus zu bauen, einen Baum zu pflanzen – der moderne Mensch hält sich offensichtlich erst dann für wertvoll, wenn er allein die Welt umsegelt oder den Mount Everest bezwungen hat.“

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