Paul Verhaeghe ruft das Zeitalter der Frau aus

Die Geschichte des Patriarchats ist eine Chronik der Unterdrückung der Frau, sowohl sexuell als auch intellektuell, politisch und ökonomisch.“ Paul Verhaeghe sagt: „Es besteht eine direkte Linie von den Hexenverbrennungen im Mittelalter zu den Hysterikerinnen des 19. Jahrhunderts.“ Bis vor Kurzem rekrutierten die psychiatrischen Anstalten ihre Patienten hauptsächlich aus zwei Bevölkerungsgruppen: den unteren Schichten und den Frauen – nicht zufällig beides Gruppen am unteren Ende der Gesellschaftspyramide. Die erfolgreiche Emanzipation der Frau ist einer Kombination verschiedener Faktoren zu verdanken: dem Mut einzelner Frauen als Vorkämpferinnen, dem Fortschritt der Wissenschaft bei der Entdeckung von Verhütungsmitteln, dem Zerfall der Vaterreligionen, einem allgemein zugänglichen Bildungssystem und damit besseren Chancen am Arbeitsmarkt. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

Weiterlesen

Die Demokratie garantiert die freie Meinungsäußerung

Klug denken heißt, sich nicht nur auf persönliche Erfahrungen zu verlassen oder die Auffassungen höherer Institutionen blind zu übernehmen. Allan Guggenbühl erklärt: „Kluge Menschen verstehen das Wissen ihrer Kultur als Ressource für eigenständige und kritische Gedanken zu nutzen. Wie wir denken, hängt darum auch von den Einbindungen in unsere Gemeinschaft und Zivilisation ab.“ Demokratische Gesellschaften zeichnen sich durch einen öffentlichen Diskurs aus. Man hört sich die Geschichten verschiedener Gemeinschaften an und beteiligt sich an ihren Aufregungen. Am öffentlichen Diskurs darf jeder teilhaben. Bestimmte Themen werden über die Medien angestoßen, die die Menschen aufnehmen und weiterspinnen können. Allan Guggenbühl ist seit 2002 Professor an der Pädagogischen Hochschule Zürich tätig. Außerdem fungiert er als Direktor des Instituts für Konfliktmanagement in Zürich.

Weiterlesen

Gary Becker betrachtet die Ehe und die Familie als Unternehmen

Ökonomen bezeichnen mit dem Wort Humankapital das Wissen und die Fähigkeiten sowie die persönlichen Eigenschaften von Menschen. Das Wort ist in der Wirtschaftswissenschaft positiv besetzt und signalisiert den Wert, die eine gute Ausbildung für die Menschen darstellt. Wie kaum ein anderer hat der amerikanische Ökonom Gary Becker das Humankapital erforscht. Im Jahr 1964 schrieb er ein Standardwerk, in dem er die Bedeutung des Humankapitals für das individuelle Wohlergehen einer Person analysierte. Gary Becker glaubte fest an die Fähigkeit eines jeden Menschen, seine Talente zu entfalten, wenn ihm die Möglichkeit dazu gegeben wird. Er fasste den Menschen dabei allerdings keineswegs nur als Wirtschaftsgröße oder Maschine auf. Im Jahr 1992 wurde er mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. Gary Becker starb am 3. Mai 2014 in Chicago im Alter von 83 Jahren.

Weiterlesen

Philipp Bloms Plädoyer für die radikale Aufklärung

Philipp Blom entführt seine Leser in den Salon des Barons d`Holbach, wo sich wenige Jahre vor dem Ausbruch der Französischen Revolution einige der intelligentesten Denker Europas treffen. Zur illustren Runde gehören unter anderen Denis Diderot, David Hume, Laurence Sterne und Jean-Jacques Rousseau, die über eine zeitgemäße Philosophie diskutieren, die mit den Tabus der Vergangenheit bricht. Ihr Denken will die Religion hinter sich lassen, sich rein auf die Kraft des Verstandes stützen und zugleich den Leidenschaften einen angemessenen Raum zugestehen. Diese radikale Variante der Aufklärung konnte sich bis heute noch nicht in größeren Kreisen der Gesellschaft durchsetzen. Philipp Blom plädiert dafür, diesen aufklärerischen Ansatz der besten Köpfe Europas wieder aufzugreifen, denn er liefert Argumente zu einem vernunftgemäßen Umgang mit der Religion, setzt sich mit den Rollen der Geschlechter auseinander und propagiert die Idee einer wirklich menschlichen Gesellschaft.

Weiterlesen