Deutschland verlor die Luftschlacht um England

Im Sommer 1940 stand Großbritannien nun allein gegen Deutschland. Zu einem „billigen Frieden“, wie ihn sich Adolf Hitler vorstellte – für England das Empire, für Deutschland den Kontinent –, war es dennoch nicht bereit. Es war deshalb unklar, wie Deutschland weiter vorgehen sollte. Ulrich Herbert erklärt: „Eine Landungsoperation auf der britischen Insel war militärisch außerordentlich riskant und wurde schließlich verworfen. Stattdessen sollte das Land durch schwere Luftangriffe geschwächt und die Moral der Bevölkerung gebrochen werden.“ Tatsächlich richteten die deutschen Luftangriffe auf die britischen Großstädte schwere Schäden an. Aber trotz gewaltiger Zerstörungen und mehr als 20.000 Toten waren weder die Moral noch die Rüstungsproduktion der Briten nennenswert in Mitleidenschaft gezogen worden. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Atemberaubende Fotografien zeigen Afrika von Kairo bis Kapstadt

Seit mehr als fünf Generationen bezaubert und bildet das National Geographic-Magazin mit seinen atemberaubenden Fotografien, lehrreichen Abbildungen und fesselnden Geschichten aus allen Ecken der Erde. Das trifft auch in besonderen Maße auf den Bildband „Afrika“ zu, der eine exklusive Auswahl 200 außergewöhnlicher und packender Afrikabilder aus den Archiven des legendären Magazins vereint – darunter 40 neue Fotografien, die die Schönheit des Kontinents und seiner Landschaften, Geschichte, Kulturen und Wildtiere widerspiegeln. Die Reise durch das faszinierende Afrika beginnt mit atmosphärischen, frühen Schwarz-Weiß-Aufnahmen, führt den Betrachter weiter durch das goldene Zeitalter der Kodachrome-Dias und endet in der heutigen Epoche der digitalen Fotografie. Zu sehen sind unter anderem die nebelverhangenen Vulkane Ugandas, die kühlen Grabstätten Ägyptens, die gleißenden Wolkenkratzer von Simbabwe sowie die Gassen und Suks der Altstadtviertel Algeriens.

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Konrad Paul Liessmann betrachtet Europa unter ästhetischen Gesichtspunkten

Europa, so lautet eine gerne mit abwertendem Unterton vorgetragene These, sei in erster Linie ein ökonomisches Projekt, dem noch die Seele fehle; seit einiger Zeit sei Europa auch ein politisches Projekt, dem es allerdings noch an Demokratie und der Beteiligung der Bürger ermangele; und nicht zuletzt sei Europa ein moralisches Projekt, das den Nationalismus und seine Exzesse ebenso in die Schranken weisen werde wie Fremdenfeindlichkeit, soziale Ungerechtigkeit und jede Form von Ausgrenzung. Konrad Paul Liessmann stellt sich dabei folgende Frage: „Wie wäre es, das europäische Projekt einmal unter ästhetischen Gesichtspunkten zu betrachten?“ Welche Farbe trägt Europa? Nein, das EU-Blau ist nicht die einzige Antwort. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Millionen von Entwurzelten wollen von Afrika nach Europa

Im Rückblick wundert sich Hans-Peter Schwarz, wie wohlgetrost Europa bis vor kurzem zur Kenntnis genommen hat, was sich im Orient und in Afrika zusammenbraute. Tatsächlich grenzte die Europäische Union (EU) schon im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts an manifeste oder zumindest potentielle Krisenzonen, in denen eine demographische Zeitbombe tickte und große Länder beinahe unwiderstehlich ins Chaos glitten. Hans-Peter Schwarz erklärt: „Man nahm die Unruhe zwar durchaus zur Kenntnis und urteilte von hoher moralischer Warte über das Vorgehen der Amerikaner, über ihre Verbündeten und über die Tragödien jenseits der europäischen Grenzen.“ Hilfsorganisationen und zahlreiche einzelne Helfer zogen aus, um in den Krisenregionen praktisch Hilfe zu leisten. Dass sich aber Millionen von Entwurzelten aufmachen könnten, um in Europa Schutz zu suchen, hatten weder die Bürger Europas noch ihre Regierungen auf dem Radar. Hans-Peter Schwarz zählt zu den angesehensten Politologen und Zeithistorikern in Deutschland.

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Europa eroberte die Welt durch das Schießpulver

Philip T. Hoffman enthüllt in seinem neuen Buch „Wie Europa die Welt eroberte“ die verblüffenden Gründe für Europas Vorherrschaft auf der Welt. Die Weltmacht der europäischen Staaten eroberten zwischen 1492 und 1914 rund 84 Prozent des Weltterritoriums. Dazu trug ein unverwechselbarer Entwicklungspfad bei, der auf militärischen Auseinandersetzungen aufbaute. Jahrhundertelang gaben die Staaten Europas riesige Geldsummen für militärischen Innovationen aus. Der Vorsprung Europas in der Verwendung des Schießpulvers sicherte beispielsweise die Kolonialreiche und den einträglichen Sklavenhandel. Die Herrscher des europäischen Kontinents führten ständig Kriege gegeneinander, die sich auf das Leben der Menschen in der ganzen Welt auswirkten. Philip T. Hoffman ergänzt: „Der Erfolg, der den Herrschern in diesem grausamen Wettbewerb winkte, waren finanzieller oder territorialer Zugewinn, die Verteidigung des eigenen Glaubens oder schlicht der Ruhm des Siegs.“ Philip T. Hoffman ist Professor für Wirtschaft und Geschichte am California Institute of Technology.

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Die Wiedervereinigung des Kontinents rückte Deutschland ins Zentrum

Mit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 war die Deutsche Frage wieder offen. Vierzig Jahre lang war Deutschland geteilt gewesen, und die Konfliktlinie des Kalten Krieges war mitten durch das Land verlaufen. Auf einem Kontinent, der von zwei externen Supermächten dominiert wurde, waren beide Deutschlands verwundbar. Die Bundesrepublik war zuvor ein halbsouveräner Staat, der in Sachen Sicherheit von den USA abhing. Hans Kundnani fügt hinzu: „Deshalb war es allein schon aus sicherheitspolitischen Erwägungen erforderlich, dass die Bundesrepublik ein Teil des Westens war.“ Doch der Fall der Berliner Mauer und die anschließende Transformation Europas veränderten die Parameter deutscher Außenpolitik. Tatsächlich hatten sich mit dem Ende des Europas, das 1945 von den Großen Drei in Jalta geschaffen worden war, die geopolitischen Realitäten genauso grundlegend geändert wie damals 1871 mit der Gründung des Deutschen Reichs. Der Politikwissenschaftler Hans Kundnani ist Senior Transatlantic Fellow des German Marshall Fund.

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Das Verhältnis zwischen den USA und anderen Ländern wird sich rasant verändern

Auf die Frage, ob die Welt mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump gefährlicher wird, antwortet Anne Applebaum: „Die Welt war immer gefährlich. Aber jetzt wird sie auf andere Art unsicher. Die existierende Ordnung, wie wir sie seit dem Ende des Kalten Krieges gewohnt waren, wird sich radikal transformieren. Die Institutionen, die Frieden brachten und Freihandel ermöglichten, werden schwächer – die Nato, die EU, die Handelszone zwischen den USA, Mexiko und Kanada.“ Das Verhältnis zwischen den USA und anderen Staaten wird sich rasant verändern.“ Zwar möchte Anne Applebaum das Elend nicht vorhersagen, macht sich aber Sorgen um eine neuerliche Besetzung von Teilen Osteuropas. Auch um eine neue russische Kampagne, Einfluss auf Deutschland und andere Teile des Kontinents zu nehmen, um die Demokratien zu schwächen. Die Historikerin Anne Applebaum ist Russland-Expertin und hat für ihr Buch „Gulag“ den Pulitzerpreis bekommen.

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Menschliches Verhalten lässt sich nicht vorhersehen

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 06/2016 beschäftigt sich mit der Frage, wie berechenbar der Mensch ist. Denn die großen Innovationssprünge unserer Zeit wie Gentechnologie, Neurowissenschaft oder Big Data versprechen eine immer präzisere Prognostizierbarkeit des menschlichen Verhaltens. Geht es nach dem Willen von Google und Co., wird der Alltag eines Menschen schon bald exakt voraussagbar sein. Es wäre ein Leben ohne böse Überraschungen, ohne Angst vor tiefen Enttäuschungen, ohne den Terror des Unverfügbaren. Hier stellt sich natürlich die Frage, wer denn ernsthaft in einer solchen Welt leben möchte. Wie, wenn überhaupt, könnte man frei in ihr existieren. Wie unvorhersehbar das Leben aber in Wirklichkeit ist und wie wenig sich menschliches Verhalten tatsächlich voraussagen lässt und wie wenig es in der Tat bedarf, von einem vollkommen berechenbar scheinenden Handlungsmuster in ein völlig irrationales auszurasten, haben gerade die letzten Monate wieder in aller Schmerzlichkeit vor Augen geführt.

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Niall Ferguson nennt fünf Gründe für den Populismus

Der in diesen Tagen um sich greifende Populismus versetzt die Regierungen in Europa und den USA in Alarmstimmung. Der Duden beschreibt dieses Phänomen „als eine von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft auch demagogische Bewegung, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen zu gewinnen“. Im Klartext wird den Politikern die Bereitschaft abgesprochen, dem Volk zu dienen. Sie hätten keine Antworten auf die großen Probleme der Zeit. Die Populisten sind daher tief davon überzeugt, dass nur sie die wahren Interessen der schweigenden Mehrheit mit ihrem gesunden Menschenverstand vertreten. Wie konnte es überhaupt zu so einer, die repräsentative Demokratie gefährdenden Entwicklung kommen? Der amerikanische Historiker Niall Ferguson von der Harvard-Universität macht dafür fünf Faktoren verantwortlich.

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Europa unterscheidet sich von der übrigen Welt

Von seinem Ursprung her in der griechischen Mythologie angesiedelt, haben sich mit dem Begriff „Europa“ im Laufe seiner Geschichte verschiedenartige Vorstellungen vom europäischen Kontinent als einem Gebilde sui generis verbunden, das sich durch bestimmte politische und zivilisatorische Eigenschaften auszeichne und von den anderen Erdteilen grundlegend abhebe. Die Vorgeschichte des aufklärerischen Europabegriffs führt zurück zu den Anfängen der europäischen Geschichte. Denn bevor Europa zum Namen eines Kontinents wird, bezeichnet es zunächst eine Gestalt der griechischen Mythologie. Der Begriff Europa hat sowohl in der griechischen als auch in der römischen Antike ebenso wie auch im Mittelalter nur eine marginale Rolle gespielt. Allein im 8. Jahrhundert scheint sich für einen kurzen Zeitraum mit dem Begriff Europa eine über den geographischen Gehalt hinausgehende Vorstellung zu verbinden.

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Die Literatur der Reformationszeit ist vielschichtig

Die Literatur des 16. Jahrhunderts kann kaum in ihrer Vielfalt gewürdigt werden, wenn nicht eine Voraussetzung erfüllt ist: die Beschreibung der Reformation, die sich bald nach ihrem Beginn in eine Fülle von Reformationen aufspaltete, in ihrer europäischen Dimension. Ein zutreffendes Bild der Reformation selbst bloß in Deutschland würde verfehlen, wer sie als einzigartiges deutsches Ereignis beschriebe, das losgelöst vom europäischen Protestantismus und der gleichzeitigen Geschichte Europas denkbar wäre. Zwar war Martin Luther der Initiator der Vorgänge, die ab 1517 für anderthalb Jahrhunderte die religiöse und auch politische Entwicklung fast aller Staaten stark bestimmten, und ihm fiel auch für das Jahrzehnt der Frühreformation (1517 – 1526) die hegemoniale Position in der Bewegung zu, die allmählich zur Protestantisierung wichtiger Regionen des Kontinents führte.

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Eine antieuropäische Welle droht Europa zu zerreißen

Europa ist ein Paradies für Propheten des Niedergangs. Heute streitet in Europa eine Generation von orientierungslos, kurzatmig zu zänkisch gewordenen Politikern ums Geld, verheddert sich im Dickicht des europäischen Institutionengeflechts und ist in den komplexen Prozessen der „Brüsseler Blase“ eingeschlossen. Thomas Seifert fügt hinzu: „Dieser „Brüsseler Blase“ ist der real existierenden europäischen Außenwelt entfremdet – … Weiterlesen

Chris Stringer erforscht seit 50 Jahren die Evolution

Im den Urahnen des Homo sapiens beschäftigt sich der Paläoanthropologe Chris Stringer schon ein Leben lang. Der 67-jährige Brite ist einer der bekanntesten Neandertaler-Experten und arbeitet am Londoner Natural History Museum. Chris Stringer erklärt: „Die Frage, woher wir kommen, hat mich schon immer fasziniert.“ Der Forscher will verstehen, warum der Homo sapiens überlebt hat, nicht aber andere Vertreter der Gattung wie der Neandertaler, der Homo heidelbergensis oder die Denisovans. Chris Stringer fügt hinzu: „Ich will wissen, wie wir es geschafft haben, zu einer derart erfolgreichen Spezies zu werden. Na ja, wenigstens halten wir uns für erfolgreich, ich weiß nicht, ob unser Planet das auch so sehen würde.“ In seinem Buch „The Origin of Our Species“ beschäftigte sich Chris Stringer mit genau dieser Frage.

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Europa und die USA dominieren seit 1820 die Welt

Die atlantische Epoche begann am 12. Oktober 1492 mit der Landung von Christoph Kolumbus auf den Bahamas. Thomas Seifert erläutert: „Europas Imperien fanden mit Amerika ein riesiges Hinterland, das sie unterwerfen und ausplündern konnten.“ Am 4. Juli 1776 erklärten die Kolonien des Empire in Neuengland ihre Unabhängigkeit, und damit trat die atlantische Epoche in einen neue Phase ein. Nun begann die industrielle Revolution, und die Vereinigten Staaten von Amerika entstanden als unabhängiger Staat. Diese beiden atlantischen Mächte, die Nationalstaaten Europas und später die USA, würden bald den gesamten Erdball dominieren. Der Erfolg Westeuropas gründete sich auf den „drei R“: Renaissance, Reformation und industrielle Revolution. Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung.

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Die Französische Revolution bedrohte die Existenz des Adels

Als im Jahr 1789 das Ancien Régime zusammenbrach, gab es in Frankreich durchaus einige Adlige, die versuchten sich an die Spitze der revolutionären Bewegung zu stellen. Dazu zählten beispielsweise der liberale Monarchist Marquis de Lafayette, Graf Mirabeau und der Herzog von Orleans. Auch der englische Politiker Charles James Fox besaß trotz seiner Verwurzelung in der englischen Oberschicht gewisse Sympathien für die Französische Revolution. Offen unterstützten die Revolution außerhalb Frankreichs nur relativ wenig Adlige, die auch eher Außenseiter blieben, wie der deutsche Freiherr von Knigge. Insgesamt wurde vor allem in Frankreich schnell deutlich, dass die Revolution nicht nur die Privilegien des Adels bedrohte, sondern seine gesamte Existenz. Die Gegnerschaft zur Revolution schuf eine neue Solidarität unter Adelsgruppierungen, die sich vorher eher distanziert gegenübergestanden hatten.

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Durch den Ersten Weltkrieg zerfielen vier große Reiche

In der Geschichte des europäischen 20. Jahrhunderts wird dem Ersten Weltkrieg der Charakter einer Epochenschneide zugemessen. Und die Gründe, warum er als einer der tiefsten Einschnitte in der neueren Geschichte des Kontinents angesehen wird, sind für Ulrich Herbert schwerwiegend: Erst hier sei das 19. Jahrhundert wirklich zu Ende gegangen: „Mit dem Fall des Deutschen Kaiserreiches stürzte auch die Habsburger Doppelmonarchie; ein Jahr zuvor war bereits die Herrschaft des russischen Zaren durch die Oktoberrevolution beendet worden, und auch das Reich der Osmanen stand vor dem Untergang.“ Die vier großen Reiche, gekennzeichnet durch die Vorherrschaft vormoderner Kräfte, durch die herausgehobene Position des Militärs und durch die Unterdrückung der nationalen Minderheiten, brachen zusammen. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Die Wirkmacht der Europäischen Aufklärung ist bis heute spürbar

Das „Handbuch Europäische Aufklärung“ ist das erste deutschsprachige Werk, das dieser Epoche gewidmet ist. Die überwiegend deutschen Autoren der einzelnen Artikel, durchwegs Spezialisten für ihren Gegenstand, haben immer ihr Augenmerk auf die drei Hauptländer England, Frankreich und Deutschland gelegt, um von vornherein auf die europäische Dimension der Aufklärung aufmerksam zu machen. In ihren Beiträgen prüfen sie ferner die Hypothese von der Fähigkeit der Aufklärung zu ihrer Selbstaufklärung sowie den Funktionswandel ihrer Themen und Zukunftsvorstellungen. In der Regel bleibt die Wirkmacht einer Epoche spürbar, die vor rund 350 Jahren eine neue soziale, politische und geistige Formation großen Anspruchs ins Werk setzte. Den Abschluss der einzelnen Beiträge bilden jeweils Bibliographien zu den Quellen und zur Forschung. Diese sind mit der Argumentation der Darlegung verknüpft. Prof. Dr. Heinz Thoma war bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2010 lehrte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg französische und italienische Literaturwissenschaft.

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Europa muss Nationalismus und Kleinstaaterei über Bord werfen

Thomas Seifert stellt in seinem neunen Buch „Die pazifische Epoche“ fest, dass Europa und die USA noch die global dominanten Wirtschaftsblöcke sind. Doch die Volkswirtschaften Asiens entwickeln sich in einem rasanten Tempo. Dort ist eine breite Mittelschicht herangewachsen, die so große wirtschaftliche Chancen hat, wie keine Generation zuvor. Zu den größten Metropolen der Welt zählen inzwischen Shanghai, Jakarta, Beijing, Seoul, Delhi und Mumbai. Das Wachstum dieser Megastädte ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. Längst begnügen sich die aufstrebenden Nationen in Asien nicht mehr mit Auftragsproduktionen für westliche Firmen, sondern entwickeln eigenes Know-how, speziell in den Branchen Biotech, Software und Design. Thomas Seifert beschreibt in seinem Buch die atemberaubenden gesellschaftlichen Entwicklungen in Asien und wie die Weltmacht Europa, die das aktuell noch ist, diesem Wandel in Asien begegnen kann. Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung.

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Tony Judt lüftet einige Geheimnisse der Erfolge des Marxismus

Die Attraktion des Marxismus, die dieser auf viele Menschen in den Ländern Europas ausübte, liegt möglicherweise daran, dass er mit verschiedenen nationalen linken Traditionen erstaunlich gut zu vereinbaren war. Überall auf dem alten Kontinent war der Marxismus das Fundament fortschrittlichen Denkens. Tony Judt schreibt: „Karl Marx verknüpfte, mehr als ihm bewusst war, zahlreiche Strömungen in Gesellschaftskritik und Wirtschaftstheorien des frühen neunzehnten Jahrhunderts.“ Tony Judt war Karl Marx zum Beispiel ein herausragender Kommentator der französischen Politik und der klassischen englischen Nationalökonomie. Zudem schenkte er der europäischen Linken die einzige Version ihres Erbes, die mit lokalen radikalen Traditionen vereinbar war und zugleich über sie hinauswies. Der britische Historiker Tony Judt, geboren 1948, studierte in Cambridge und Paris und lehrte in Cambridge, Oxford und Berkeley. Seit 1995 war er Erich-Maria-Remarque-Professor für Europäische Studien in New York. Er starb 2010 in New York.

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Dominik Geppert erklärt die europäische Integration nach 1945

Die europäische Integration nach dem Zweiten Weltkrieg hatte laut Dominik Geppert verschiedene Ursachen. Zum einen gab es die wirtschaftliche Notwendigkeit, die organische Verbindung zwischen den Industrieregionen an Rhein und Ruhr, im Saarland, in Luxemburg und in Lothringen wiederherzustellen. Zum anderen hatten die beiden Supermächte USA und Sowjetunion den Europäern im Rahmen des Kalten Kriegs eine Ordnung der Stabilität und Passivität aufgezwungen, die auf der Drohung gegenseitiger nuklearer Vernichtung beruhte. Der amerikanische Historiker James Sheehan stellte fest: „Die Entstehung eines neuen Europas war nicht die Ursache für einen langen Frieden nach 1945; der Friede war die notwendige Voraussetzung für das neue Europa.“ Dominik Geppert ist seit 2010 ordentlicher Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn.

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Es gibt Parallelen zwischen der Juli-Krise 1914 und der Gegenwart

Die Juli-Krise des Jahres 1914 jährt sich bald zum hundertsten Male. Es lohnt sich laut Dominik Geppert sie näher zu betrachten, auch wenn die Staaten der Gegenwart kaum noch etwas mit jener Welt der halbautokratischen Monarchien und Großmachtrivalitäten verbindet, die damals gleichsam unaufhaltsam dem Ersten Weltkrieg entgegentaumelten. Die Staaten Europas haben inzwischen dem Wettlauf der Aufrüstung ihrer Flotten und Heere abgeschworen. Der Glaube an den Krieg als ultimativer Test für die Standortbestimmung von Nationen in der internationalen Politik ist den europäischen Gesellschaften fremd geworden. Dominik Geppert fügt hinzu: „In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, so könnte man sagen, existierten die europäischen Staaten durch den Krieg und für den Krieg. In der zweiten Jahrhunderthälfte wurden sie durch und durch für den Frieden umgebildet.“ Dominik Geppert ist seit 2010 ordentlicher Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn.  

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Die Gipfel der Berge ziehen viele Menschen fast magisch an

Um einmal ganz oben auf einem Berggipfel gestanden zu sein, quälen sich Menschen, obwohl sie das ansonsten überhaupt nicht gerne tun. Sie steigen hinauf und wieder runter – scheinbar ohne ersichtlichen Grund. Einen Weg, der das Ziel ist, gibt es für sie nicht. Alles was zählt, ist ganz oben gewesen zu sein. Vielleicht besteigen Menschen die Berge auch nur, um einmal zu spüren, wie es sich anfühlt, ganz oben zu stehen und eine herrliche Aussicht zu genießen. Der Aufenthalt auf dem Gipfel währt nie lange und oft will ganz oben nicht einmal ein Glücksgefühl einstellen. Wenn sie es geschafft haben, sind viele Menschen zu erschöpft, um sich zu freuen. Sie rasten sich kurz aus, schauen in die Ferne und steigen dann wieder ins Tal hinab.

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Alexander Emmerich untersucht die Geburt von Amerika

Nach der Entdeckung Amerikas verlagerte sich das Interesse der Europäer vom Mittelmeer in den Atlantikraum. Die Niederlande, Frankreich, Spanien und Portugal konzentrierten ihre Politik auf den amerikanischen Kontinent und begannen mit seiner Eroberung und Kolonisation. Hinzu kam Großbritannien, das laut Alexander Emmerich durch seine natürliche Lage im Atlantik in den Mittelpunkt des Geschehens rückte und sich zur Weltmacht entwickelte. Alexander Emmerich fügt hinzu: „Doch die Eroberungspolitik der englischen Krone verlief in anderen Bahnen als die der übrigen europäischen Mächte, allen voran Spanien. Weder gründeten die Briten in Amerika Vizekönigreiche, noch wurden Eroberungskriege im Namen Englands geführt.“ Das Königshaus stellte lediglich Freibriefe für die Kolonisation der Neuen Welt durch private englische Handelsgesellschaften aus. Diese übernahmen die Risiken der Besiedlung im eigenen Interesse und auf eigene Kosten. Der Historiker Alexander Emmerich lehrt an der Universität Augsburg am Lehrstuhl für transatlantische Kulturgeschichte.

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Wolfgang Hetzer ruft einen drastischen Notstand für Europa aus

Europa befindet sich nicht nur in einer finanziellen Schieflage. Der Kontinent hat auch ein moralisches Problem. Selbst bei einer gelingenden Rettung des Euro wäre für Wolfgang Hetzer eine Stärkung der Europäischen Union (EU) keineswegs garantiert. Dem Wunschbild von Sonntagsrednern unter den Politikern steht nicht nur eine gigantische Summe umverteilter Schulden gegenüber. Zur Schadensbilanz gehört auch eine gedemütigte und abgewertete Demokratie, die in der Eile der Rettungsmanöver überall mit Füßen getreten wurde. Es geht dabei vor allem um die Erfahrung der Ohnmacht der Volksvertretung vor den Gesetzen der Wirtschaft. Wolfgang Hetzer fügt hinzu: „Noch ohnmächtiger scheinen die angeblichen Volksvertreter gegenüber der Unverantwortlichkeit und Unbelangbarkeit der Wirtschaftsführer zu sein.“ Wolfgang Hetzer, Dr. der Rechts- und Staatswissenschaft, leitete von 2002 bis 2011 die Abteilung „Intelligence: Strategic Assessment & Analysis“ im Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) in Brüssel.

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Alexander Emmerich untersucht den Begriff des Amerikaners

Die Metapher der Neuen Welt ist laut Alexander Emmerich eine Erfindung der Europäer. Auf dem neu entdeckten Kontinent konnte es weder Geschichte noch Kultur von Bedeutung geben. Davon waren die Menschen in der Alten Welt überzeugt. Doch in Amerika entstand dennoch eine neue, für viele Auswanderer extrem anziehende Gesellschaft mit einem eigenen politischen System und großer ökonomischer Dynamik. Der deutsche Kartograph Martin Waldseemüller nannte den neu entdeckten Kontinent nach dem Vornamen des Seefahrers Amerigo Vespucci „Amerika“. Wenn man heute von Amerikanern spricht, gibt es ganz verschiedene Auffassungen darüber, um wen es sich dabei eigentlich handelt. Im deutschen Sprachraum werden mit dem Begriff in der Regel die Menschen benannt, die in den Vereinigten Staaten von Amerika leben. Der Historiker Alexander Emmerich lehrt an der Universität Augsburg am Lehrstuhl für atlantische Kulturgeschichte.

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