Komplexe Dinge sind vielschichtig

Der Alltag kann kompliziert sein. Das wissen fast alle Menschen. Die Beziehung. Die Bedienung des neuen Telefons. Die Steuererklärung. Im Englischen spricht man von „a lot of moving parts“. Dirk Brockmann erläutert: „Wenn also verschiedene Teile gleichzeitig in Bewegung sind, voneinander abhängen, Einfluss aufeinander üben und man schnell den Überblick verliert, dann ist etwas kompliziert.“ Aber sind komplizierte Dinge auch komplex? Und umgekehrt komplexe Systeme zwangsläufig kompliziert? Das Wörterbuch leitet „komplex“ aus dem Lateinischen ab: cum = miteinander, plectere = flechten. Es bedeutet also „verflochten, vielschichtig“. Ein komplexes System besteht aus verschiedenen Elementen, die miteinander verbunden sind. Und sie bilden wie Flechtwerk eine Struktur, die man in den Einzelelementen nicht erkennen kann. Der Komplexitätswissenschaftler Dirk Brockmann ist Professor am Institut für Biologie der Berliner Humboldt-Universität.

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Markus Gabriel erforscht die Komplexität

Viele Menschen kennen das Problem, dass die Komplexität des modernen Alltags enorm gestiegen ist. Daher können sie manchmal nicht mehr nachvollziehen, wie eigentlich individuell die richtige Entscheidung zu treffen ist. Manche Menschen ergeben sich deshalb dem Zynismus und glauben, moralisch anspruchsvolle Politik sei gar nicht möglich. Sie wollen den eigenen Wohlstand auf Kosten anderer sichern. Markus Gabriel kritisiert: „Wer so denkt, rechtfertigt sich selbst gegenüber moralischen Widersprüchen, die bei Lichte betrachtet schwer erträglich sind. Allerdings täuscht der Eindruck eines nicht auflösbaren Knäuels ethischer Schwierigkeiten.“ Bei genauer Betrachtung gibt es für Markus Gabriel keine wirklichen ethischen Dilemmata, also keine unauflösbaren Situationen. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Das fundamentale Prinzip der Natur lautet Kooperation

In seinem neuen Buch „Im Wald vor lauter Bäumen“ beschreibt Dirk Brockmann hochkomplexe Themen und Krisen der Gegenwart. Er vertritt die These, dass sie nur mit Blick auf ihre Vernetzung und Muster zu verstehen sind. Dabei schaut der Autor auf Phänomene wie Pandemien, Massenpanik und Verschwörungserzählungen. Er sucht nach Gesetzmäßigkeiten und verbindenden Elementen zwischen sozialen Phänomenen und komplexen Prozessen in der Natur. Die einzelnen Kapitel handeln von verschiedenen Phänomenen wie Kooperation, Kritikalität, Kipppunkten, komplexen Netzwerden, kollektivem Verhalten und Koordination. Wenn alles gut geht, sollte sich im Kopf des Lesers dann automatische das Bild „Natur und Gesellschaft aus der Sicht der Komplexitätswissenschaft“ ergeben. Dirk Brockmanns Fazit lautet: „Um die Krisen unserer Zeit zu bewältigen, müssen wir antidisziplinär denken und auf das fundamentale Prinzip der Natur setzen: Kooperation.“ Der Komplexitätswissenschaftler Dirk Brockmann ist Professor am Institut für Biologie der Berliner Humboldt-Universität.

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Menschen müssen täglich Entscheidungen treffen

In die „Freiheit geworfen“ wie es bei Jean-Paul Sartre heißt, ist der Mensch ständig gefordert, Entscheidungen zu treffen. Und egal, was er tut, es geht weiter und weiter. Ina Schmidt ergänzt: „Wir haben die Wahl, in den großen Fragen wie in den ganz normalen Alltäglichkeiten. Täglich entscheiden wir uns viel Hundert Mal, selbst wenn wir es nicht immer bemerken.“ In einer Welt voller Möglichkeiten jagt eine Entscheidung die nächste. Und wie man damit umgeht, hängt vielfach davon ab, welche Perspektive man einnimmt, wenn man auf diesem Grat des Möglichen entlangwandert. Es geht Ina Schmidt nicht darum, die Inhalte von Entscheidungen auf den Prüfstand zu stellen. Sondern sie denkt darüber nach, was ein Mensch eigentlich tut, wenn er eine Wahl trifft. Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Vorhersehbarkeit ist eine fundamentale Dimension sozialer Interaktionen

Für den Soziologen und Gesellschaftstheoretiker Niklas Luhmann ist die Reduktion von Komplexität und Ungewissheit ein grundlegender Bestandteil sozialer Prozesse. Eva Illouz erläutert: „Liebe ist – wie Wahrheit, Geld oder Macht – ein Kommunikationsmedium, das dabei hilft, Erwartungen zu erzeugen, eine Entscheidung unter vielen möglichen anderen auszuwählen, Motivationen mit Handlungen zu verbinden sowie Gleichheit und Vorhersehbarkeit in Beziehungen zu schaffen.“ Ein solches Medium der Kommunikation bringt Rollen hervor, die wiederum erwartete Ergebnisse produzieren. Vorhersehbarkeit ist eine fundamentale Dimension sozialer Interaktionen, die beispielsweise in Riten besonders deutlich zum Ausdruck kommt. Wenn Interaktionen ritualisiert werden, erzeugen sie Gewissheit über die Beziehungsdefinition der Akteure, über ihre Position in einer solchen Beziehung und über die dazugehörigen Verhaltensregeln. Eva Illouz ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem sowie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique de la Sorbonne.

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Jeder Mensch sollte den souveränen Umgang mit der Liebe lernen

Man kann sich durchaus vorstellen, die Menschen werden in Sachen Liebe endlich vernünftig. Flexibel, tolerant und ehrlich. Matthias Horx ergänzt: „Nach all den Tränen der Eifersucht, der Enttäuschung, der Trennung, die aus nichts anderem stammen als dem unerfüllbaren, ja perversen Anspruch an den Einzigen oder die Einzige im Leben, würden wir uns endlich eines Besseren besinnen. Eine neue Liebeskultur entstünde, in der wir uns vor der komplexen Realität der Liebe verbeugen und uns die menschliche Fähigkeit, vernünftige Verträge zu schließen, ins Gedächtnis rufen.“ Die Menschen würden einsehen, dass es keinen Zweck hätte, auf Normen und Sexualkontrakten zu beharren, di ein der Steinzeit oder im 19. Jahrhundert entstanden sind. Sie akzeptieren: Es gibt ein großes, unstillbares Bedürfnis nach lebenslanger Treue, Verlässlichkeit. The one and only! Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.

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Entscheidungen sind die Wemarken des Lebens

„Wie treffe ich eine gute Entscheidung?“ lautet das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 02/2019. Entscheidungen sind die Wegmarken des Lebens eines Menschen. Wer in die falsche Richtung geht, setzt sein Glück und seine Freiheit, vielleicht sogar seine gesamte Zukunft aufs Spiel. Umso drängender stellt sich die Frage, wie der richtige Weg rechtzeitig zu erkennen wäre. Soll man sich bei Entscheidungen eher auf die Vernunft oder die Intuition verlassen? Oder liegt gerade im Zögern und Zaudern die Chance wahrer Selbstbestimmung? In der Geschichte der Philosophie vertreten viele große Denker die Ansicht, dass man gute Entscheidungen nur treffen kann, wenn man der Unmündigkeit durch den Gebrauch der Vernunft entflieht. Inzwischen haben aber viele Studien der Psychologie und Verhaltensforschung gezeigt, dass es manchmal auch nicht schadet, seiner Intuition zu folgen, bringt diese doch eine enorme Reduktion der Komplexität mit sich.

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Manche Risiken muss man einfach eingehen

Es gibt Risiken, die man nicht eingehen darf. Und es gibt andere Risiken, bei denen man es sich nicht leisten kann, sie nicht einzugehen. Seine „Haut zu riskieren“ ist manchmal eine umfassende Notwendigkeit, aber man soll es auch nicht übertreiben und das Prinzip auf alles und jedes bis ins letzte Detail anwenden, sprich: nur auf Bereiche, in denen die Konsequenzen überschaubar sind. Nassim Nicholas Taleb erläutert: „Es gibt einen Unterschied zwischen dem Interventionisten […], dessen Äußerungen zur Folge haben, dass auf der anderen Seite des Atlantiks Tausende umgebracht werden, und der harmlosen Meinungsäußerung eines Gesprächspartners oder der Verkündigung einer Wahrsagerin, die eher als Therapie und weniger als Entscheidungshilfe gedacht ist. Nassim Nicholas Taleb ist Finanzmathematiker, philosophischer Essayist, Forscher in den Bereichen Risiko und Zufall sowie einer der unkonventionellsten Denker der Gegenwart.

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Denken ist eine Reise durch das Unendliche

Eine erste Annäherung an das Denken besteht für Markus Gabriel in der Überlegung, dass Denken etwas mit der Reduktion von Komplexität zu tun hat: „Im Denken verarbeiten wir Rohdaten zu Informationen, indem wir zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem unterscheiden. Dadurch können wir Muster in der Wirklichkeit erfassen.“ Diese Art der Verringerung der Komplexität ist eine Voraussetzung des Vermögens, sich mit Hilfe des Denkens in der Wirklichkeit zu orientieren. Denken ist in der Tat eine Reise durchs Unendliche. Menschen sind ständig der Unendlichkeit ausgesetzt und vereinfachen deshalb die Wirklichkeit im Denken. Es gibt je nach Betrachtungsweise unendlich viele Wirklichkeiten, die Markus Gabriel als Sinnfelder bezeichnet. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Geschichte und Naturgeschichte gehören zusammen

David Christian erzählt in seinem neuen Buch „Big History“ die Geschichte der Welt anhand von verschiedenen Schwellenmomenten, in denen die Komplexität zunahm: von der Entstehung des Lebens bis zur Fotosynthese, von der Sprache bis zum menschengemachten Klimawandel. Sein Buch ist eine Synthese der Erkenntnisse aus Physik, Chemie, Biologie, Geologie und Archäologie. Es endet mit einem Ausblick in die Zukunft, in der die Menschheit endlich die Verantwortung für den Planeten Erde übernehmen muss. Um die Geschichte der Menschheit zu verstehen, muss man begreifen, wie sich so eine seltsame Art entwickelte. Das heißt, man muss etwas über die Entwicklung der Erde, der Sterne und der anderen Planeten erfahren, und das bedeutet letztlich, sich die Geschichte des Universums anzueignen. David Christian ist Gründer und wichtigster Vertreter der Big History, die zeigen will, dass Geschichte und Naturgeschichte zusammengehören.

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Der Geist ist auf einen Körper angewiesen

Über das mentale Leben – über Wahrnehmungen, Gefühle und Ideen, über die Erinnerungen, durch die Wahrnehmungen und Ideen festgehalten werden, über Fantasie und Vernunft, über die Worte, in die innere Narrative oder Erfindungen übersetzt werden und so weiter – wird häufig so berichtet, als wären sie ausschließlich Produkte des Gehirns. Antonio Damasio erläutert: „In solchen Berichten ist das Nervensystem von Anfang bis Ende der große Held, aber das ist eine grobe, übermäßige Vereinfachung und ein Missverständnis. Es hört sich so an, als wäre der Körper nur ein Zaungast, ein Gerüst für das Nervensystem, das Gefäß, in dem das Gehirn liegt.“ Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Weise Menschen machen sich nur selten Vorwürfe

Weise Menschen haben keine Kontrollillusionen oder zumindest weniger als die meisten anderen Menschen. Sie wissen aus eigener Erfahrung, wie viel im Leben passieren kann, ohne dass man es vorausgesehen hat, und dass man andere Menschen nur in den seltensten Fällen verändern kann. Judith Glück fügt hinzu: „Aber dieses Wissen macht sie nicht ängstlich, hilflos oder depressiv, denn ihre Erfahrungen haben sie auch gelehrt, Vertrauen zu haben, das, was geschieht, anzunehmen und damit zu arbeiten. Sie wissen, dass sie die Kraft haben, zu bewältigen, was auch immer passiert.“ Wie kann das Gewahrsein, dass man vieles im Leben nicht kontrollieren kann, auf dem Weg zur Weisheit helfen? Zunächst hilft es einem Menschen, Ereignisse richtig zu interpretieren, indem er die unbewusste Annahme korrigiert, dass die Welt sich um ihn dreht. Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Das Gehirn benötigt bei Problemen extrem viel Energie

Wenn das Durcheinander in einer Gesellschaft und in den Köpfen der Menschen immer größer wird, hält das irgendwann auch das beste Gehirn nicht aus. Schon im Ruhezustand, also immer dann, wenn man flach auf dem Rücken liegt und gar nichts denkt, saugt das Gehirn etwa 20 Prozent der vom Körper bereitgestellten Energie in Form von Glukose weg. Gerald Hüther fügt hinzu: „Sobald wir die Augen öffnen, zu denken anfangen oder gar ein Problem haben, steigt dieser Energiebedarf massiv an.“ Und wenn es womöglich gar viele Probleme sind, die sich kaum noch lösen lassen, bricht die normalerweise im Gehirn herrschende Ordnung schnell zusammen. Dann funkt dort alles kreuz und quer, und der Energieverbrauch steigt so stark an, dass das nun auch im Körper als unangenehmes Gefühl spürbar wird. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern in Deutschland.

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Viele Menschen sind am Lebensabend nicht stolz auf ihre Biografie

Viele Menschen haben das Gefühl auf dem falschen Weg zu sein oder sind am Lebensabend nicht stolz auf ihre Biografie, sondern enttäuscht vom Leben. Ja, sie bedauern sogar, nicht „richtig“ gelebt zu haben. Das ist ein neues Phänomen. Anja Förster und Peter Kreuz schreiben: „Irgendwie schaffen sie es nicht, verworfene Optionen aus dem Gedächtnis zu streichen.“ Sie empfinden lang anhaltende Enttäuschung, denn ihre Zufriedenheit mit der getroffenen Entscheidung wird durch all die nicht gewählten Optionen getrübt. Und dann empfinden sie Reue und diese Reue ist zermürbend. Außerdem sollte man sich klarmachen, dass man die Dinge bereuen wird, die man unversucht gelassen hat, dass man im Nachhinein enttäuscht sein wird über das, dass man nicht gewagt hat, dass mangelnder Mut am Ende viel schlimmer ist als mangelnder Erfolg. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

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Komplexität kann man nicht beliebig vereinfachen

Komplexität beschreibt das sinnvolle Zusammenspiel verschiedener Strukturen, die durch Interaktionen Verbindungen knüpfen und so einen sinnvollen Zusammenhang bilden: Menschen knüpfen lebendige Beziehungen. Je mehr Fäden ein persönliches Beziehungsnetz hat, beziehungsweise der Sinnzusammenhang, in den man eingebunden ist, desto komplexer ist das soziale Gebilde, das daraus entsteht. Der Psychologieprofessor Dietrich Dörner hat in seinem Buch „Die Logik des Misslingens“ Komplexität als „die Existenz von vielen, voneinander abhängigen Merkmalen in einem Ausschnitt der Realität“ bezeichnet. Ina Schmidt ergänzt: „Komplexität erhöht sich demnach in Abhängigkeit der Anzahl der Merkmale sowie ihrer Verbindungen untereinander, die zu dem jeweiligen Realitätsausschnitt gehören.“ Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Es kann nicht so weitergehen wie bisher

Die Wiederentdeckung des Gefühls oder gar die Bewusstwerdung der eigenen Würde, ist mit dem, was das Streben nach Anerkennung und Erfolg den Menschen abverlangt, unvereinbar. Woran sollen sich die Menschen orientieren bei dem, was sie vorfinden, weil es sich in dieser Weise bisher so entwickelt hat, oder an dem, wie es sein müsste, damit sie das, was sie als Menschen ausmacht, bewahren und weiterentwickeln können? Gerald Hüther betont: „Die Ansammlung von Wissen hat uns bei der Suche nach Antworten auf diese wichtige Frage nicht so recht weitergebracht. Wir wissen längst, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann.“ Aber auch wenn dieses Wissen nicht einfach nur von anderen übernommen, sondern durch Nachdenken aus der eigenen Erkenntnis gewonnen wird, hat das, was man dann erkannt hat, meist keine unmittelbaren Auswirkungen auf das persönliche Handeln. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern in Deutschland.

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Einseitige Liebe kann niemals zur Intimität führen

Die Soziologin Eva Illouz wird in ihren Büchern nicht müde, darauf hinzuweisen, dass das Problem der modernen Liebe im Übergriff des Kapitalismus auf die Gefühle besteht. In der hyperkapitalisierten Welt von heute lasse sich keine Intimität mehr herstellen, ohne dass diese andauernd von Konkurrenzangeboten bedroht werde. Die Liebe will die Menschen, wie der Psychoanalytiker Erich Fromm es bereits in seinem 1956 erschienenen Buch „Die Kunst des Liebens – ausdrückte, vom „Schrecken der Getrenntheit“ erlösen. Matthias Horx ergänzt: „Intimität ist dabei ein wichtiger Schlüssel.“ Ziyad Marar beschreibt in seinem Buch „Intimacy“ die Intimität als Erleben in vier Dimensionen, in „vier Spiegeln“. Sie ist demnach immer gegenseitig, verschwörerisch, emotional und freundlich. Intimität ist die Errichtung eines nach außen abgeschlossenen Raumes, einer mentalen und emotionalen Blase. Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.

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Das Bewusstsein von der eigenen Würde schützt vor Verführbarkeit

Der Neurobiologe Gerald Hüther zeigt in seinem neuen Buch, dass Würde nicht allein ein ethisch-philosophisch begründetes Menschenrecht ist. Würde ist seiner Meinung nach auch ein biologisch verankerter innerer Kompass, der die Menschen in die Lage versetzt, sich trotz vielfältiger und Anforderungen und Zwängen in einer hochkomplexen Welt zurechtzufinden und sich nicht zu verlieren. Deshalb ist es für Gerald Hüther so wichtig, dass jeder Einzelne lernt, die Wahrnehmung der eigenen Würde zu stärken. Denn es ist klar: Wer sich seiner Würde bewusst wird, ist nicht mehr verführbar. Zudem erklärt der Autor in seinem neuen Buch „Würde“ unter anderem was es bedeutet, wenn einem die Würde genommen wird, weil man in der digitalen Welt nur noch als Datensatz zählt oder im Netz geschmäht oder gemobbt wird. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern in Deutschland.

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Anja Förster und Peter Kreuz unterscheiden die außere von der inneren Freiheit

Viele Menschen nehmen die äußere Freiheit sehr wohl positiv wahr, sind aber innerlich dennoch nicht bereit, die Freiheit wirklich für sich zu nutzen. Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich nur verstehen, wenn man die innere Freiheit von der äußeren Freiheit differenziert. Anja Förster und Peter Kreuz erklärten, dass der historisch einmalige Freiheitszuwachs die äußere Freiheit betrifft: „Also den neuzeitlichen Zuwachs an Freiheit von sozialen Zwängen durch die Abwesenheit eines engen Korsetts aus Abhängigkeiten. Heute gehört das zum Leben in einer pluralistischen Gesellschaft dazu.“ Hingegen ist es die innere Freiheit, die sich häufig so belastend anfühlt. Die man sich selbst erst einmal zugestehen muss, um sie anschließend zu nutzen, um das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen und es zu gestalten. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

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Freiheit allein macht die Menschen nicht glücklich

Die äußere Freiheit eines Menschen sind seine Wahlmöglichkeiten in Aspekten wie Bildung, Wohlstand und Lebensgestaltung. Die aber haben einen erstaunlich geringen Einfluss auf die generelle Lebenszufriedenheit. Anja Förster und Peter Kreuz erklären: „Glück und Zufriedenheit steigen gerade dann, wenn Menschen ganz unabhängig von den äußeren Bedingungen das Gefühl haben, eigenverantwortlich zu handeln und frei zu entscheiden. Das stellt sich allerdings nur ein, wenn wir Überblick und Orientierung haben.“ Nun ist allerdings die Zahl der real existierenden Möglichkeiten in den letzten Jahren geradezu explodiert. Gleichzeitig hat sich auch die Menge der zur Verfügung stehenden Informationen gewaltig vergrößert. Vor einigen Jahrzehnten glaubten die Kommunikationswissenschaftler noch daran, dass Informationen Ungewissheit reduzieren. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

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Das Leben wird stark vom Denken geprägt

Die meisten Menschen leben, was sie denken. Hinter den Phänomenen der Oberflächen ihres Einschätzens, Verhaltens und Entscheidens im Alltag erheben sich philosophische Denkgebäude, in denen sich dieses Geschehen abspielt. Ludger Pfeil erklärt: „Sie sind errichtet als Annahmen über die erfahrbare Welt und was über sie hinausgehen könnte, über richtiges Denken und Kommunizieren, über unser Zusammenleben in Beziehungen und in der Gesellschaft und bilden damit unausgesprochene philosophische Theorien, die maßgeblich prägen, was wir wahrnehmen und wie wir unsere Beobachtungen und Erfahrungen einordnen und miteinander verknüpfen.“ Was und wie ein Mensch denkt, beeinflusst, wie er die Welt betrachtet, wie er mit sich selbst, anderen Menschen und Dingen umgeht, was er für wichtig und unwichtig hält und wie er Entscheidungen trifft. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Friedrich Nietzsche: „Sei dir selber treu!“

Friedrich Nietzsche war der Meinung, dass Menschen ihr eigenes Leben erschaffen, aber er behauptet, dass nicht alle Lebenssinne gleichrangig seien. Wenn man eine kritische Messlatte anlegt, seien manche grundsätzlich besser als andere. Daniel Klein beschreibt, was Friedrich Nietzsche meinte: „Manche von uns haben das Potential, auf eine Weise zu leben, die weit jenseits des Gewöhnlichen liegt, und es ist unsere Pflicht, nach einem solchen Leben zu streben, uns voll und ganz auf das einzulassen, was er das „Ja zu Leben“ nannte.“ Friedrich Nietzsche nennt Menschen Schwächlinge, die das Drehbuch, das ihnen die Gesellschaft in die Hand gedrückt hat, einfach nur abnicken und nach dessen Vorgaben leben. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

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Analphabetismus ist ein Skandal der modernen Gesellschaft

Der Analphabetismus ist für Konrad Paul Liessmann längst keine Metapher mehr für eine Unbildung, die nur wenige Menschen am Rande der Gesellschaft betrifft, sondern der Skandal einer modernen Gesellschaft schlechthin: dass junge Menschen nach Abschluss der Schulpflicht die grundlegenden Kulturtechniken wie das Lesen und das Schreiben nur unzureichend, manchmal gar nicht beherrschen. Neben der umstrittenen Methode, Schreiben nach dem Gehör zu lernen, zählt der Versuch, die Lesefähigkeit zu steigern, indem man die Texte drastisch vereinfacht, zu den problematischen Strategien einer umfassenden Praxis der Unbildung. Sprache, so suggerieren diese Konzepte, dient nur der Übermittlung simpler Informationen. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Ziele reduzieren die Komplexität des menschlichen Lebens

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins August/September Nr. 05/2015 heißt: „Braucht mein Leben ein Ziel?“ Kaum ein Mensch kann sich dem Druck dieser Frage entziehen. Denn sie trifft das Zentrum jeglicher menschlicher Existenz, offenbart geheimste Wünsche und Hoffnungen und nicht zuletzt auch verborgene Ängste. Chefredakteur Wolfram Ellenberger weist auf einen Gegensatz hin: „In der Frage nach dem Lebensziel prallen zwei menschliche Sehnsüchte aufeinander. Die nach einem tätigen Leben in dauerhaft sinnvoller und zielgerichteter Selbstbestimmung. Und die nach einer tief entspannten Existenz in lustvoller Gelassenheit.“ Die Hauptfunktion eines Zieles besteht darin, dass es einen Sinnbezug herstellt. Denn jede sinnvolle Handlung hat ein Ziel, sonst ist sie keine. An Zielen kann ein Mensch wachsen, sie reduzieren die Komplexität des Lebens, geben Halt und Struktur.

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Der Wille zur Wahrhaftigkeit prägt die intellektuelle Redlichkeit

In dem Maße, in dem die menschliche Würde durch den Willen zur Wahrhaftigkeit bestimmt wird, hat sie mit einer Einstellung zu tun, die Peter Bieri intellektuelle Redlichkeit nennt. Als Maxime formuliert lautet sie: „Man soll nicht vorgeben, Dinge zu wissen, die man nicht weiß und nicht wissen kann.“ Allerdings kann jeder viele Annahmen und Überlegungen aussprechen und zur Diskussion stellen. Selbst Vermutungen und Denkübungen, die auf wackligen Füßen stehen. Das ist für Peter Bieri nichts, was die intellektuelle Redlichkeit verbietet. Was sie nicht erlaubt, ist, dass man sie als Wissen ausgibt – als etwas, worauf man bauen kann. Peter Bieri, geboren 1944 in Bern, studierte Philosophie und Klassische Philologie und lehrte als Professor für Philosophie in Bielefeld, Marburg und an der Freien Universität Berlin.

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