Aufmerksamkeitsstörungen betreffen nahezu alle Menschen

Überall prasseln Reize auf die Menschen ein, auf sie sie reagieren. Reize, die sie zu steuern beginnen. Denn alles Mögliche giert nach Aufmerksamkeit und bekommt sie auch schließlich. Georg Milzner ergänzt: „Nur nicht die, die sie am meisten verdienen. Und am wenigsten oftmals wir selbst.“ Denn als Folge für die gewaltigen Reizmengen, die tagtäglich auf einen Menschen eindringen, verliert er zunehmend das Gefühl für das, was in ihm vorgeht. Und mehr noch. Alle diese Reize führen untereinander ein erbarmungsloses Gefecht. Es geht dabei nicht um ein komplexes Individuum, sondern allein um die Aufmerksamkeit. Um sie ist ein Konkurrenzkampf entbrannt, die in der Menschheitsgeschichte seinesgleichen sucht. Hinter nahezu allem, was heute Aufmerksamkeit zu erlangen heischt, stehen Vorsatz und Planung, Zielsetzung und Kalkül. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.

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Der Kampf um Freiheit und Anstand lässt sich gewinnen!

Der Wirtschaftsjournalist Uwe Jean Heuser vertritt in seinem neuen Buch „Kapitalismus inklusive“ folgende These: „Wenn wir den Kampf um die Demokratie gewinnen wollen, müssen wir den Kapitalismus grundsätzlich verändern.“ Denn in seiner aktuellen Form stärkt der Kapitalismus die Populisten von rechts und links. Das liegt unter anderem daran, dass viele Bürger das Gefühl haben, das Wirtschaftssystem nicht mehr zu verstehen und die Kontrolle über ihr eigenes Leben zu verlieren. Dazu kommt, dass die Schere zwischen reich und arm immer weiter auseinanderklafft, das heißt, der Reichtum konzentriert sich bei ganz wenigen, während die Masse der Menschen verunsichert in eine ungewisse Zukunft blickt. Der Autor ist allerdings ein Mensch, der nicht so schnell aufgibt und eher Hoffnung verbreitet: „Der Kampf um Freiheit und Anstand lässt sich gewinnen!“ Uwe Jean Heuser isst einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands und Leiter des Wirtschaftsressorts der ZEIT.

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Autorität hat wenig oder überhaupt nichts mit Gewalt zu tun

Autorität basiert auf Ungleichheit und bewirkt, dass jemand eine selbstverständliche Macht über eine andere Person ausübt, die sich ihr mehr oder weniger freiwillig unterwirft. Autorität hat daher wenig oder überhaupt nichts mit Gewalt zu tun, denn die Unterwerfung geschieht auf freiwilliger Basis. Das Entscheidende steckt für Paul Verhaeghe in der „Selbstverständlichkeit“ dieser Unterwerfung. Autorität funktioniert wie Befehlsgewalt oder militärisches Kommando, das einem von außen übertragen wird: Autorität besitzt, wer das Sagen hat. Das Kommando kann man bekommen, ausüben, verlieren, abgeben – der Ursprung der Autorität liegt also außerhalb der Person selbst. Das ist der wichtigste Unterschied zur Macht. Macht hat eine zweigleisige Struktur und umfasst beispielsweise zwei Personen, von denen eine stärker ist als die andere und daher ihren Willen durchsetzen kann. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

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Eine Demokratie kann ohne freie Presse nicht überleben

Der Begriff „Meinungsfreiheit“ ruft bei Timothy Garton Ash sofort zwei Assoziationen hervor: „Eine freie Presse in einem freien Land und Journalisten, die in unfreien Ländern mit staatlicher Zensur zu kämpfen haben.“ Vom 17. Jahrhundert bis in unser eigenes ist der Kampf für die Pressefreiheit eines der wichtigsten Elemente im Kampf um die freie Meinungsäußerung. In einem Brief aus dem Jahr 1787 schrieb Thomas Jefferson: „Wenn ich die Wahl hätte zwischen einer Regierung ohne Zeitungen und Zeitungen ohne Regierung, würde ich, ohne einen Moment zu zögern, letzteres vorziehen.“ Eine freie Presse ist ein bestimmendes Merkmal eines freien Landes, und Zensur ist ein bestimmendes Merkmal einer Diktatur. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Zensur zielt auf die Kontrolle der Kommunikation ab

Zensur ist ein elementarer und in der Theorie noch nicht hinreichend präzise bestimmter Sachverhalt in der Geschichte der Kommunikation. Das 18. Jahrhundert war für die Ausbildung der Praktiken der Zensur und ihrer Erörterungen eine bedeutsame Epoche. Zensur erfordert bei ihrer Erforschung Interdisziplinarität und Transnationalität. Sie lässt sich kaum auf bestimmte Jahrhunderte beschränken und ist g, geprägt von der Fülle des zumeist ungedruckten, in Archiven überlieferten Materials und von der Vielzahl der Systemkomponenten. Der Gegenstand der Zensur ist äußerst komplex. Der Begriff „Zensur“ wird auf der einen Seite angebunden an rechtliche Verfahren und Institutionen, also an das jeweilige Rechtssystem; auf der anderen Seite wird er, unterbestimmt, benutz als Synonym für eine gesamtgesellschaftlich, also sozial, politisch, religiös und kulturell vermittelte Kontrolle der Normen und Kommunikation von Rede, Schrift und Bild.

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Beim Sex ist die Lust besonders groß

Die Tatsache, dass Sex sehr lustvoll sein kann, ist ein überzeugender Hinweis darauf, dass er biologisch nützlich ist. Thomas Junker erklärt: „Denn wenn wir etwas als angenehm empfinden oder wenn das Gegenteil der Fall ist, dann ist dies ein sehr präzises Abbild dessen, was sich in vielen Millionen Jahren der Evolution als vorteilhaft bzw. als schädlich erwiesen hat.“ Da die Fortpflanzung zu den biologisch wichtigsten Verhaltensweisen gehört, ist schon von daher zu erwarten, dass Sex mit positiven Gefühlen belohnt wird – ähnlich wie man es genießt zu essen oder zu schlafen, weil man nur so überleben kann. Das erklärt aber noch nicht, warum die Lust beim Sex so besonders groß ist und warum ein Mensch bei Liebeskummer so verzweifelt sein kann. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Die Menschen sind lediglich Teil der Natur

Als das Werk „Über die Entstehung der Arten“ von Charles Darwin (1809 – 1882) im Jahr 1859 veröffentlicht wurde, sorgte es nicht nur in England für großen Wirbel. Fortan war es nicht mehr möglich, die Menschen völlig losgelöst vom übrigen Tierreich zu betrachten. Nigel Warburton erklärt: „Die Menschen waren nicht mehr etwas Besonderes, sondern lediglich Teil der Natur, wie jedes Tier. Vielleicht erscheint uns das heute nicht mehr überraschend, aber für die meisten Zeitgenossen des Viktorianischen Zeitalters war diese Theorie ein Skandal.“ Heute fällt es einem Menschen leicht, seine Ähnlichkeit mit den Affen zu erkennen. Dazu braucht er lediglich ein paar Minuten in der Gesellschaft eines Schimpansen oder Gorillas verbringen. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

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Das eigene Leben kann man nur selbst verändern

Reinhard K. Sprenger rät, auf keinen Fall die Lebensumstände zu akzeptieren, die das eigene Missfallen erregen. Man sollte sich nicht damit zufrieden geben: „Sagen Sie nicht „Ja“, wenn Sie „Nein“ meinen.“ Das Schlimmste was man sich selbst antun kann, ist die bekannte Faust in der Tasche. Man sollte nicht warten, bis andere etwas ändern. Es ist das eigene Leben, das man vor dem Hintergrund seiner Werte und seiner Interessen als mangelhaft empfindet. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Nur Sie erleben es so, wie Sie es erleben. Niemand anderes erlebt es so wie Sie. Also sind Sie auch derjenige, der etwas daran ändern kann. Warten Sie nicht auf Wunder. Aufschub ist der Dieb der Zeit.“ Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Die Literatur von 1789 bis 1815 ist von hoher Qualität

Die Zeit zwischen 1789 und 1815 – dem Ausbruch der Französischen Revolution und der konservativen Neuordnung Westeuropas durch den Wiener Kongress – gehört zu den fruchtbarsten Perioden der deutschen Literaturgeschichte. In etwas mehr als 25 Jahren wurde eine Literatur geschaffen, die sowohl von ihrer Quantität als auch von ihrer Qualität her beeindruckend ist. Die klassischen Werke von Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, die Werke der Romantiker und die heute weitgehend vergessene jakobinische Literatur bilden eine verwirrenden Komplex von unterschiedlichen Themen und Formen, der kaum auf einen Nenner gebracht werden kann. Den Eindruck der Vielfalt, den die Kunstepoche vermittelt, wird noch durch zwei weitere Faktoren verstärkt. Zum einen gab es neben den Autoren, die sich den großen literaturhistorischen Lagern ziemlich eindeutig zuordnen lassen, Autoren wie Friedrich Hölderlin, Heinrich von Kleist und Jean Paul, die Einzelgänger waren und sich von den literarischen Parteien der Zeit weitgehend fernhielten.

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Die Novellen von Heinrich von Kleist sind dramatische Meisterwerke

Heinrich von Kleist (1777 – 1811) blieb wie Jean Paul auch ein Außenseiter im literarischen Leben seiner Zeit. Von der Familie für die Offizierslaufbahn auserkoren, entzog sich der sensible, musisch und literarisch interessierte Heinrich von Kleist schon sehr bald dem soldatischen Leben. Unterstützt vor allem von seiner Schwester Ulrike führt er ein ruheloses, von Selbstzweifeln zerrissenes Wanderleben, das er 1811 durch Selbstmord beendete, weil ihm, wie er in seinem Abschiedsbrief an die Schwester schrieb, „auf Erden nicht zu helfen war.“ Mit in den Tod nahm er die sich ihm freiwillig anschließende, schwer kranke Henriette Vogel. Der gemeinsame Tod erregte großes öffentliches Aufsehen und warf ein grelles Licht auf die schwierigen Existenzbedingungen von Schriftstellern jenseits der etablierten Lager. Die Stärke Heinrich von Kleists liegt vor allem auf dramatischem Gebiet.

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Scott Atran betreibt Forschung unter radikalen Islamisten

Den amerikanischen Anthropologen Scott Atran treibt schon seit Jahren die Frage um, warum Menschen ihr Leben für eine Sache opfern. Er hat durch seine Feldstudien herausgefunden, dass da weder Irre noch lebensmüde Nihilisten am Werk sind. Scott Atran erklärt: „In der Regel sind das ganz normale Leute. Etliche Studien haben schon nach auffälligen Merkmalen gesucht und nichts gefunden.“ Der erste Schlüssel zum Verständnis des Selbstopfers ist für Sott Atran, dass der Kampftrupp von den Kämpfern als eine fiktive Familie betrachtet wird. Menschen wie du und ich verwandeln sich in Fremdenlegionäre des Dschihad, in furiose Kämpfer, die den Tod nicht mehr scheuen. So verrückt dieser Opfermut sein mag – der Erfolg im Gefecht, so scheint es, gibt ihm recht. Scott Atran reist seit Jahren um die Welt und betreibt Forschung unter radikalen Islamisten und ihren Gegenspielern.

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Es gibt nur wenige grundlegende Emotionen

Die Gefühle eines Menschen sind selten klar und eindeutig, sondern fühlen sich je nach Situation und Umständen mal so und mal anders an, sie vermischen sich und werden auch von jedem Menschen individuell empfunden. Es gibt einen weltweiten Kampf unter Forschern über die Frage, ob Emotionen nun angeboren oder doch kulturabhängig sind. Ulrich Schnabel erklärt: „Die einen beharren auf weltweit einheitlichen Universalemotionen, die klar bestimm- und unterscheidbar seien und gewissermaßen die diskreten Elemente unseres Gefühlslebens darstellen. Die anderen halten das für eine unzulässige Simplifizierung, die die Vielfalt und Veränderlichkeit der Gefühle in keiner Weise gerecht werde, und betonen stattdessen den starken Einfluss der jeweiligen Kultur und Gesellschaft.“ Wie Wahrheit liegt wohl, wie so oft, in der Mitte. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Die Bibel ist auch ein Denkraum für die Philosophie

In der neuen Sonderausgabe des Philosophie Magazins „Die Bibel und die Philosophen“ interpretieren berühmte Denker die zentralen Passagen des Alten Testaments. Dazu zählen unter anderem Immanuel Kant, Hans Blumenberg, Hannah Arendt, Baruch de Spinoza, Umberto Eco, Walter Benjamin und Søren Kierkegaard. Für die Chefredakteurin der Sonderausgabe, Catherine Newmark, steht fest: „Ohne Zweifel, die Bibel ist die einflussreichste Schrift unserer Geschichte; Malerei, Musik, Literatur, Film sind von ihr inspiriert bis zum heutigen Tag.“ Wenn Glauben archetypisch Passivität und Hingabe bedeutet, so steht die Philosophie umgekehrt für die Selbstermächtigung des Menschen durch Vernunft, hin zu Aktivität und Freiheit. Die in der Sonderausgabe versammelten philosophischen Betrachtungen zeigen: Das Alte Testament ist nicht nur eine Heilige Schrift für Gläubige oder eine Schatzkammer schöner Geschichten für Kulturhistoriker, sondern auch ein ungeheuer bezugsreicher Denkraum, ein Raum für Philosophie.

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Bill Gates kämpft mit seiner Stiftung weltweit gegen Armut

Der Gründer von Microsoft, Bill Gates, ist mit einem Vermögen von mehr als 80 Milliarden Dollar der reichste Mensch der Welt. Gleichzeitig ist er einer der großzügigsten und ehrgeizigsten. Mit der „Bill und Melinda Gates Foundation“ will der Philanthrop extreme Armut abschaffen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das Wohl Afrikas zum deutschen Interesse erklärt. Bill Gates sieht die Flüchtlingskrise auch als Chance, neue Verbündete im Kampf gegen globale Armut zu finden. Der Multimilliardär erklärt: „Die Flüchtlingskrise macht deutlich, dass es uns alle betrifft, wenn Menschen in harten Umständen leben. Es ist furchtbar mit anzusehen und schafft riesige Probleme. Wir sind weder vor Armut noch vor ansteckenden Krankheiten in fernen Ländern sicher. Die Probleme bleiben nicht dort.“ Bill Gates empfindet es als traurig, dass erst die Krise in Syrien ein stärkeres Bewusstsein über die schlimmen Lebensumstände in armen Ländern schafft.

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Alle Menschen sind Opfer eines Macht-Paradoxes

Es ist der Gemeinsinn und nicht die Ellenbogen, die den Menschen Macht verleihen. Doch sobald sie die Macht haben und ihren Verführungen erliegen, geht ihnen die soziale Kompetenz schnell wieder verloren. Der renommierte amerikanische Psychologe Dacher Keltner sagt, dass alle Menschen Opfer dieses Macht-Paradoxes sind. In seinem neuen Buch „Das Macht-Paradox“ zeigt er, wie die Verhältnisse der Macht jeden Winkel des sozialen Lebens bestimmen. Nur wer sich dies vor Augen führt, kann das Macht-Paradox auflösen. Damit die „Guten“ nicht nur an die Macht kommen, sondern empathisch bleiben und sie behalten. In seinem Buch geht es Dacher Keltern um einen Zusammenhang des sozialen Lebens, der das alltägliche Miteinander ausmacht und bestimmt, worauf das Leben letzten Endes hinausläuft. Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

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Friedrich Nietzsche: „Sei dir selber treu!“

Friedrich Nietzsche war der Meinung, dass Menschen ihr eigenes Leben erschaffen, aber er behauptet, dass nicht alle Lebenssinne gleichrangig seien. Wenn man eine kritische Messlatte anlegt, seien manche grundsätzlich besser als andere. Daniel Klein beschreibt, was Friedrich Nietzsche meinte: „Manche von uns haben das Potential, auf eine Weise zu leben, die weit jenseits des Gewöhnlichen liegt, und es ist unsere Pflicht, nach einem solchen Leben zu streben, uns voll und ganz auf das einzulassen, was er das „Ja zu Leben“ nannte.“ Friedrich Nietzsche nennt Menschen Schwächlinge, die das Drehbuch, das ihnen die Gesellschaft in die Hand gedrückt hat, einfach nur abnicken und nach dessen Vorgaben leben. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

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Die Wutwähler fühlen sich von den Einwanderern bedroht

Die Wutwähler aller Länder fühlen sich von Einwanderern bedroht im Kampf um die verbliebene Arbeit, ganz im Gegensatz zu den gut ausgebildeten Eliten. Die weiße amerikanische Unterschicht sieht sich von hispanischen Einwanderern bedroht, während die gut Ausgebildeten Zuwanderung oft begrüßen, weil sie dem Wachstum nützt, der Demografie oder dem kulturellen Reichtum einer Gesellschaft. Das Gefühl, von der Politik vergessen worden zu sein, dominiert bei den Wutwählern aller Länder – unabhängig davon, welche Regierung gerade am Ruder ist. David Brooks, Kolumnist bei der New York Times, schreibt: „Wenn Menschen den Eindruck haben, dass ihre Welt verschwindet, werden sie zu einer leichten Beute für faktenfreies magisches Denken und Demagogen, die Einwanderer beschuldigen. Die Eliten haben zu viel gewollt, und nun geht die Geschichte in die entgegengesetzte Richtung.“

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Der Rechtspopulismus ist eine Gefahr für die Demokratie

Der Rechtspopulismus denkt partikularistisch. Solidarität, Gerechtigkeit und Gleichheit gelten für Rechtspopulisten nur innerhalb der eigenen Gruppe: der Nation, der Steuerzahler, des Abendlandes. Kulturen und Identitäten sollen sich nicht vermischen. Das Fremde soll draußen bleiben, gerade weil die Welt so befremdlich geworden ist: der Fremde, die fremde Religion oder Lebensweise, der fremde Gedanke. Die mal latente, mal aggressive Ausländerfeindlichkeit der rechtspopulistischen Bewegung ist das auffälligste Symptom der Sorge um den Verlust der Identität. Sie muss in Abgrenzung zum Anderen gesichert und neu hergestellt werden. Der neue Rechtspopulismus ist keine konservative Bewegung. Er setzt im Gegenteil auf die Veränderung der Gesellschaft; darauf weist der Münchner Soziologe Armin Nassehi hin. Zwar stehen im Programm der AfD viele Forderungen aus dem klassischen Repertoire des Konservatismus. Wenn man die Forderungen aber zu Ende denkt, geht es bei ihnen weder um die Bewahrung des Bestehenden noch um die Wiedergewinnung des Verlorenen.

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Der Form nach sind alle Vorurteile falsch

Dass die Aufklärung Vorurteile zu entdecken und zu zerstören sucht, ist philosophie- und sozialhistorisch nicht zu bestreiten. Das Vorurteil ist sogar eine ihrer zentralen Kampfideen. Vorurteile werden in materialen Definitionen als falsche Urteile, Meinungen, Stellungnahmen, Thesen, geistige Einstellungen oder Annahmen verstanden. Im deutschen Sprachraum we3rden solche Definitionen, die Vorurteile als Irrtum, als falsches, unwahres Urteil ansehen, in philosophischen Logiken breit tradiert. René Descartes (1596 – 1650) band den Begriff des Vorurteils an die Dauerhaftigkeit von Meinungen, die durch einmal gefällte Urteile glaubhaft bleiben. Diese Urteile und die auf ihnen basierenden Ansichten müssen nicht falsch sein. In der deutschsprachigen Aufklärung entwickelt erstmals Georg Friedrich Meier (1718 – 1777) systematisch einen formalen Vorurteilsbegriff. Vorurteile sind bei Meier vorgefasste Meinungen, ungeprüfte Einstellungen, die nicht unbedingt auch inhaltlich falsch sind.

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Karl Marx identifizierte sich mit den Arbeitern

Karl Marx war ein Anhänger des „Egalitarismus“: Er vertrat die Meinung, dass alle Menschen gleich behandelt werden sollten. Aber im kapitalistischen System wurden jene, die Geld besaßen – häufig durch Erbe – immer reicher. Und jene, die nichts als ihre Arbeitskraft zum Verkauf anbieten konnten, führten ein erbärmliches Leben und wurden ausgebeutet. Für Karl Marx stellte sich die Menschheitsgeschichte als ein Kampf zwischen diesen beiden Klassen dar: zwischen den reichen Besitzern von Kapital (dem Bürgertum) und der Klasse der Arbeiter (Proletariat). Nigel Warburton ergänzt: „Dieses „Klassenverhältnis“ hinderte die Menschen daran, ihr Potential voll zu entfalten und verwandelte die Arbeit in etwas Qualvolles statt in eine befriedigende Tätigkeit.“ Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

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Islamisten leiden unter selektiver Wahrnehmung

Vor der islamischen Revolution im Jahr 1979 war der Iran offener als viele andere in der Region. Damals war die Führung nationalistisch eingestellt und die Religion spielte eine wesentlich geringere Rolle als heute. Der Islam-Experte und Psychologe Ahmad Mansour erklärt: „Aber es war dennoch ein autokratisches System, das da geherrscht hatte. Also genau so undemokratisch wie jetzt – nur im Namen des Nationalismus.“ Die Entwicklungen in den letzten Jahren haben für den Islam-Experten viel mit der Rolle Saudi-Arabiens und anderer Golfstaaten zu tun. Die haben Milliarden investiert, um Moscheen zu bauen und um zu missionieren. Sie beherrschen die Länder der Region mit ihrer Ideologie. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass der Nationalismus im Kampf gegen die westliche Kultur vor allem gegen Israel immer wieder Niederlagen einstecken musste.

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Panikattacken können Todesangst auslösen

Der Psychiater Andreas Ströhle, der die Arbeitsgruppe Angsterkrankungen an der Charité in Berlin leitet, erklärt: „In Deutschland erlebt jeder Fünfte einmal im Leben eine Panikattacke, bei knapp vier Prozent entwickelt sich eine Panikstörung.“ Bei einer Panikstörung kehrt die Angst immer wieder zurück. Entweder einfach so, scheinbar aus dem Nichts, oder in bestimmten Situationen. Plätze mit vielen Menschen oder volle Kaufhäuser sind typische Auslöser. Je ausgeprägter die Krankheit, desto mehr bestimmt sie den Alltag der Betroffenen. Panik ist extrem: Jeder Herzschlag ist spürbar, mitunter schmerzhaft. Man schwitzt, zittert, hat das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Angst, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, wallt hoch. Die Angst, verrückt zu werden, kommt hinzu, weil alles um einen herum unwirklich wird. Man will davonlaufen – was nicht geht, weil die Angst mitläuft. Und alles gipfelt in der Angst zu sterben.

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Die Psychosomatik hat stark an Bedeutung gewonnen

Es ist eigentlich ein großartiger Fortschritt, dass Ärzte und Patienten beim Thema Kranksein heutzutage auch an die Psyche denken. Dass sie wissen: Rückenschmerzen sind allzu oft Ausdruck einer gequälten Seele. Manchen Patienten mit Migräne hilft es, den Tag gut zu strukturieren und ihre Ansprüche an sich selbst zu überdenken. Und Herpesviren treten vor allem dann auf, wenn ein gestresstes Immunsystem ihnen die Chance gibt, sich aus ihrem Versteck in den hintersten Nervenenden in Richtung Lippen zu bewegen und dort Bläschen zu bilden. Eigentlich muss man froh sein, dass die Psychosomatische Medizin stark an Bedeutung gewonnen hat. Inzwischen werden psychische Krankheiten ebenso ernst genommen wie körperliche und nicht abgetan als Reaktion von Schwächlingen auf eine nun mal harte Welt.

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Ein gelingendes Leben ist ein urpersönliches Projekt

Ein gelingendes Leben führt ein Mensch, der nicht trickst und manipuliert, sondern der redlich versucht, seinen eigenen Fähigkeiten gemäß zu leben. Jeder Mensch hat ganz bestimmte Eigenschaften, über die kein anderer von sieben Milliarden Menschen genau so verfügt, und wenn er glücklich werden will, muss er versuchen, sich selbst zu erkennen, seine Bestimmung und damit seine ganz spezielle Chance im Leben wahrzunehmen. Manfred Lütz betont: „Nicht die Ziele, die andere einem Menschen von außen einreden, werden ihn glücklich machen, Glück kommt von innen, aus Selbsterkenntnis und Gelassenheit.“ Eine Psychologie des Gelingens nutzt die Erkenntnisse modernen Psychotherapie, die nicht mehr bloß die Defizite eines Patienten in den Blick nimmt und auch nicht unermüdlich die Frage nach dem Warum umkreist. Der Psychiater Manfred Lütz leitet in Köln eine Klinik für psychisch Kranke.

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Pflanzliche Medikamente helfen gegen Stress

Stress gehört zum Leben. In früheren Zeiten war es der Kampf ums blanke Überleben, der die Menschen unter Dauerstress setzte. In vielen Ländern ist das heute noch so – nicht jedoch in Deutschland, wo es den meisten Menschen besser geht als je zuvor. Gleichzeitig wird aber auch mehr als je zuvor über Stress geklagt. Was hilft? Entspannungstechniken wie Yoga oder Autogenes Training können ebenso hilfreich sein wie Änderungen des Lebensstils oder eine Psychotherapie. Eine besondere Hilfe bieten pflanzliche Arzneimittel. Anders als etwa die immer noch zu häufig verordneten Benzodiazepine machen Phytopharmaka nicht süchtig. Im Gegensatz zu synthetischen Beruhigungsmitteln beeinträchtigen sie auch nicht die Fahrtüchtigkeit. Und nicht zuletzt sind sie besser verträglich als Tranquilizer und Co., berichteten Wissenschaftler auf einer Tagung in München.

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