In der Armee können die Tage endlos sein

Als ich die vorletzte Seite des Romans „Tage ohne Ende“ las, liefen mir die Tränen über meine Wangen. Das ist mir zum letzten Mal vor circa 30 Jahren passiert, als ich das Buch „Der weiße Dampfer“ von Tschingis Aitmatow gelesen habe. „Tage ohne Ende“ handelt von der Liebe zweier irischer Soldaten in der Zeit der Indianerkriege und dem Amerikanischen Bürgerkrieg. Bis zu ihrem Eintritt in die amerikanische Armee tanzten der Icherzähler Thomas McNulty und John Cole in Frauenkleidern in einem Saloon. In den Augen der einsamen Bergarbeiter waren sie junge hübsche Mädchen, deren Anblick sie für einige Minuten ihr Elend vergessen ließ. Der irische Autor Sebastian Barry erhielt als erster Schriftsteller überhaupt für seinen Roman „Tage ohne Ende“ zum zweiten Mal den Costa Book of the Year Award 2016.

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Die Quelle der Leidenschaften ist die Selbstliebe

Die Leidenschaften sind die Hauptwerkzeuge zur Selbsterhaltung eines Menschen. Sie zerstören zu wollen wäre ebenso vergeblich wie lächerlich, denn das hieße die menschliche Natur kontrollieren zu wollen. Darum hält Jean-Jacques Rousseau jemanden, der verhindern möchte, dass Leidenschaften überhaupt aufkommen, für nahezu ebenso töricht wie den, der sie gänzlich zerstören möchte. Die Quelle der Leidenschaften, die man bei sich selbst und bei anderen feststellt, ist natürlichen Ursprungs. Jean-Jacques Rousseau schreibt: „Unsere natürlichen Leidenschaften sind sehr begrenzt; sie sind die Werkzeuge unserer Freiheit und dienen zu unsrer Selbsterhaltung. Alle jene, die uns unterjochen und zerstören, kommen von außen. Die Natur gibt sie uns nicht, wir eignen sie uns ihrer ungeachtet an.“ Die Quelle der Leidenschaften, Ursprung und Prinzip aller anderen, die einzige die mit dem Menschen geboren wird und ihn bis zum Tode nicht verlässt, ist die Selbstliebe.

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Die Natur ist weder Feind noch Lehrmeister

Beim Thema „Natur“ prallen zwei Meinungen hart aufeinander. Für die einen gilt uneingeschränkt: „Macht euch die Erde untertan.“ Sie wollen den Pfad der Technik weiterbeschreiten und die Natur so vollständig wie möglich beherrschen. Bernward Gesang fügt hinzu: „Natur erleben sie vorrangig als eine Grenze. Eine Grenze unserer Freiheit und unseres Körpers, die uns Krankheiten und Tod bringt.“ Die Menschheit hat die Natur in der Geschichte der Zivilisation enorm verändert, und in der westlichen Welt, also da, wo der Mensch die Natur konsequent beherrscht, geht es fast jedem besser als je zuvor. Das ist das Fazit: Keiner muss mehr hungern, viele Seuchen sind verschwunden und die Lebenserwartung steigt stetig. Hat der Wohlstand die Menschen nicht glücklicher gemacht? Professor Dr. Bernward Gesang lehrt Philosophie mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsethik in Mannheim.

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Die Scham brauch die Distanz zwischen dem Ich und dem Selbst

Scham entsteht, wenn sich ein Mensch selbst gegenübertritt und sich unter dem moralischen Blick seines besseren Ichs plötzlich als mangelhaft oder gar minderwertig empfindet. Ulrich Greiner fügt hinzu: „Voraussetzung dafür ist eine Distanz zwischen meinem Ich und meinem Selbst, die im Ernstfall pathologisch werden kann.“ Diese Distanz kann aber auch Ausdruck einer Stärke sein, als wäre die Person doppelt verankert. Obgleich sie gerade dadurch zu starken Gefühlen der Scham fähig ist, gewinnt sie zugleich eine Art Wehrhaftigkeit gegen die Außenwelt. Denn nur die Distanz, die ein Mensch zu sich selber hat, erlaubt es, eine hygienische Distanz zum Nächsten aufzubauen, die vor Ansteckung schützt. Ulrich Greiner war zehn Jahre lang der Feuilletonchef der ZEIT. Als Gastprofessor lehrte er in Hamburg, Essen, Göttingen und St. Louis. Außerdem ist er Präsident der Freien Akademie der Künste in Hamburg.

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Für Peter Bieri ist die Würde in der Selbstständigkeit begründet

Die meisten Menschen wollen über ihr Leben selbst bestimmen. Sie wollen selbst entscheiden können, was sie unternehmen möchten und was nicht. Sie möchten nicht von der Macht und dem Willen ihrer Mitbürger abhängig sein. Sie möchten vor allem unabhängig und selbstständig sein. Diese Sätze beschreiben laut Peter Bieri ein elementares Bedürfnis, die von den Menschen aus ihrem Leben nicht wegdenken können. Er gibt zwar zu, dass es Zeiten geben kann, wo sich dieses Bedürfnis nicht entfalten kann und die mitunter auch sehr lang sein können. Peter Bieri fügt hinzu: „Doch das Bedürfnis bleibt. Es ist der innere Kompass unseres Lebens. Viele Erfahrungen, die ein Mensch mit seiner Würde macht, entspringen diesem Bedürfnis.“ Peter Bieri, geboren 1944 in Bern, studierte Philosophie und Klassische Philologie und lehrte als Professor für Philosophie in Bielefeld, Marburg und an der Freien Universität Berlin.

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Wilhelm Schmid rät zu einer nachhaltigen Lebensweise

Bei der Nachhaltigkeit geht es für Wilhelm Schmid zuallererst um die ökologische Frage, das heißt, wie sich die Existenz des Menschen wieder in die Zusammenhänge der Natur, in eine ökologische Integrität eingliedern lässt. Dabei ist es hilfreich, die eigenen Gewohnheiten zu hinterfragen, von denen viele ökologisch relevant sind, zum Beispiel der gewohnheitsmäßige Gebrauch von Stoffen und Dingen aller Art. Wilhelm Schmid erläutert: „Weit mehr als anonyme Mächte stehen alte Gewohnheiten einer nachhaltigen Lebensführung entgegen. In den Banalitäten des Lebens liegen die eigentlichen Verhängnisse verborgen.“ Allerdings kann der Einzelne nicht alles im Blick haben, sondern nur das, was für ihn selbst wichtig ist. Nicht die reine Lehre zählt für Wilhelm Schmid, sondern der Kompromiss, der einen kleinen Schritt weiterführt. Wilhelm Schmid lebt als freier Autor in Berlin und lehrt Philosophie als außerplanmäßiger Professor an der Universität Erfurt.

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