Das Philosophie Magazin gibt 21 Impulse für 2021

Die aktuelle Sonderausgabe des Philosophie Magazins hat die 21 besten Essays zu aktuellen Fragen zusammengestellt. Verfasst haben sie internationale und deutschsprachige Denkerinnen und Denker, deren Reflexionen nicht nur inspirierend, sondern auch wegweisend sind. Gegliedert ist das Sonderheft in vier große Rubriken: Internationale Politik, Identität und Geschlecht, Technik und Gesellschaft sowie Rassismus. Zu den Herausforderungen unserer Zeit zählt momentan an erster Stelle die Coronaepidemie. Sie hat die gesamte Weltgemeinschaft vor eine gemeinsame Bedrohung gestellt. Für den Geschichtslehrer Paul Sebillotte existiert ein direkter Zusammenhang zwischen den Abholzungen der Regenwälder und der Hervorbringung von Epidemien. Die Zersiedlung verschlimmert die Abholzung noch und vervielfacht damit die Risiken einer Zoonose. Auch die industrielle Tierhaltung berücksichtigt nie die epidemiologischen Gefahren. Tritt dann doch eine Epidemie auf, werden die Kosten externalisiert: Die Staaten kommen für den Schaden auf, ohne die Kapitalisten zur Rechenschaft zu ziehen.

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Die Sucht führt zu äußerer Isolation und innerer Vereinsamung

Der mehrdeutige und schwer zu definierende Begriff der Sucht stammt vom germanischen Wort „suhti“ und ist in seiner Wurzel verwandt mit „Siechen“ und „Seuche“. Reinhard Haller weiß: „Tatsächlich ist der Suchtprozess in vielerlei Hinsicht ein „Siechsein“ und erfüllt alle Kriterien einer Krankheit mit ihrer somatischen, psychischen und sozialen Dimension, einer medizinischen Hölle.“ Verbunden mit zunehmenden Zwang, etwa zur Drogenbeschaffung und Steigerung der Dosis, und Verlust der Selbstkontrolle gehen Selbstbestimmung und Freiheit verloren. Der destruktive Prozess führt zu Störungen und Schäden im körperliche, psychischen und sozialen Bereich und betrifft damit sämtliche Dimensionen des Krankseins: den Körper, der durch die toxische Wirkung von Drogen oder durch Erschöpfung infolge exzessiven Verhaltens geschädigt wird. Reinhard Haller ist Chefarzt einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik mit dem Schwerpunkt Abhängigkeitserkrankungen.

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Autorität beruht auf Unterschied und Abstand

Autorität funktioniert über eine freiwillige Unterwerfung, einen inneren Zwang. Beides kommt aber erst, wenn die Umgebung dem Nachwuchs lange genug ihre Erwartungen vorhält. Die Voraussetzung dafür liegt auf der Hand. Paul Verhaeghe erklärt: „Die beteiligten Personen müssen Tatkraft und Präsenz an den Tag legen. Nach einiger Zeit übernehmen die Kinder diese Erwartungen, und die konkrete Anwesenheit muss nicht mehr so konkret sein.“ Heute ist dieser Prozess aus zwei Gründen problematisch. Zum einen können Eltern immer weniger Zeit mit ihren Kindern verbringen. Zudem schrecken viele davor zurück, eine Autoritätsposition einzunehmen und ein deutliches „Nein“ verlauten zu lassen. Einerseits meinen sei, das sei nicht angemessen, andererseits fürchten sie – oft zu Recht – eine brutale Reaktion. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

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Eigenständiges Denken ging Søren Kierkegaard über alles

Individualität muss nicht Isolation bedeuten, aber sie kann – freiwillig oder unfreiwillig – leicht dazu führen. Søren Kierkegaard (1813 – 1855) hatte sich in seinen Tagebüchern die beiden Worte „Jener Einzelne“ als Grabinschrift gewünscht, um zu betonen, dass er der Erkenntnis treu geblieben war, dass nur die individuelle Stellungnahme dem Leben einen Sinn zu geben vermag. Man trifft hier auf den Kern eines Denkers, der in gegensätzliche Weltanschauungen glaubhaft hineinzuschlüpfen vermochte. Ludger Pfeil ergänzt: „Dieser „Einzelne“ war durchaus kein Einzelgänger, denn bei seinem täglichen Flanieren durch die Straßen Kopenhagens traf er auf Zufallsbegegnungen aus allen Ständen, mit denen er gerne untergehakt ein Stück des Weges gemeinsam plaudernd und philosophierend zurücklegte.“ Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Einsamkeit macht krank und kann zum Tod führen

Angesichts der nachgewiesenen ungünstigen Auswirkungen von Einsamkeit und sozialer Isolation auf die Morbidität und Mortalität – man wird krank und stirbt daran – wundert sich Manfred Spitzer darüber, dass vergleichsweise wenig getan wird, um etwas zu ändern. Denn Einsamkeit kann im Prinzip jeden treffen, beispielsweise auch Persönlichkeiten aus Film und Fernsehen, Sport oder Politik. Manfred Spitzer rät: „Wer von Einsamkeit betroffen ist, sollte daher nicht abwarten, bis das Problem irgendwann auf dem öffentlichen oder gar politischen Radarschirm erscheint.“ Und selbst wenn es öffentliche Kampagnen auch in Deutschland einmal geben sollte, wäre dies ja nur der Anfang. Der erste Schritt zur Lösung eines Problems besteht meistens darin, es zunächst einmal zu erkennen und seine ganze Tragweite zu ermessen. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen.

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Meditation sorgt für positive Veränderungen im Gehirn

Durch Meditation lassen sich Stress oder sogar Depressionen lindern, wenn nicht gar auflösen. Bereits wenige Sitzungen reichen aus, wie an der Universität Tübingen herausgefunden wurde. Klaus Biedermann erläutert: „Schon nach acht Wochen zeigten sich bei den Probanden deutliche Veränderungen. Tief im Inneren des Gehirns verstärkten sich Nervenbahnen und es wuchsen sogar neue.“ Längst hat die Hirnforschung bewiesen, dass Gedanken in der Lage sind, Gehirnstrukturen physisch zu verändern und damit den angeborenen „charakterlichen Fingerabdruck“ eines Menschen. Der amerikanische Hirnforscher Richard Davidson erklärt: „Es gibt, grob gesagt, zwei Bereich des Gehirns, die durch Meditation beeinflusst werden. Zum einen sind das Schaltkreise, die wichtig sind, um unsere Aufmerksamkeit zu regulieren, also unsere Konzentrationsfähigkeit. Und dann solche, die für die Regulierung unserer Gefühle wichtig sind.“ Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Singularitäten sind durch und durch sozial fabriziert

Die mystifizierende Haltung gegenüber Besonderheiten, die in der sozialen Welt der Kunstbetrachter und religiösen Gläubigen, den Bewunderern von Charisma und Liebenden, der Musikfans, Fetischisten von Markten und unbeirrbaren Lokalpatrioten verbreitet ist, setzt voraus, dass das, was ihnen wertvoll ist und sie fasziniert, gewissermaßen in ihrer natürlichen Essenz und unabhängig vom Betrachter wirklich authentische und einzigartige Phänomene sind. Andreas Reckwitz erläutert: „Mit Blick auf diese Mystifizierung des Authentischen hat die soziologische Analyse eine Aufklärungsfunktion. Einzigartigkeiten sind gerade nicht als vorsoziale Gegebenheiten vorauszusetzen, vielmehr gilt es, die Prozesse und Strukturen der sozialen Logik der Singularitäten zu rekonstruieren.“ „Soziale Logik“ heißt: Die Singularitäten sind nicht kurzerhand objektiv oder subjektiv vorhanden, sondern durch und durch sozial fabriziert. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Einsamkeit verursacht die verschiedensten Krankheiten

Einsamkeit ist eine weltweite Epidemie. Laut einer vergleichenden Umfrage hat sich zumindest in den USA die Zahl der Menschen, die keinen Vertrauten haben, mit dem sie über wichtige Dinge reden können, in weniger als zwei Jahrzehnten, von 1985 bis 2004, fast verdreifacht. Der Hirnforscher und Neurowissenschaftler Giovanni Frazzetto stellt fest: „Einsamkeit kann genauso wie Rauchen, Fettleibigkeit, Bewegungsmangel oder Luftverschmutzung zu einem frühen Tod führen.“ Die Einsamkeit schädigt den Körper eines Menschen und verändert seine Wahrnehmung der Welt und wie er mit ihr interagiert. Sie verursacht Erschöpfung und Schlafstörungen und geht einher mit Stress, Angst und Depressionen. Sie wird mit erhöhtem Blutdruck und Schädigungen des Herz-Kreislauf-Systems in Verbindung gebracht. Sei begünstigt zelluläre Entzündungsreaktionen und schwächt die Immunabwehr. Sie kann sogar zu geistigem Verfall und schließlich Demenz führen.

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Einsamkeit kann tödlich sein

Die Einsamkeit kann jeden Menschen treffen. Und wer einsam ist, wird häufiger krank als andere. Im schlimmsten Fall kann Einsamkeit tödlich sein. Manfred Spitzer hat in seinem neuen Buch „Einsamkeit“ die neuesten Forschungsergebnisse ausgewertet und beschreibt, welchen gravierenden Einfluss die Einsamkeit auf den Körper und die Seele eines Menschen hat. Das Thema ist brandaktuell, da allein in Deutschland inzwischen rund 17 Millionen Menschen in Single-Haushalten leben. Für viele dieser Singles bedeutet ein solches Leben einen Zugewinn an Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Aber immer mehr von ihnen fühlen sich inzwischen auch einsam. Manfred Spitzer fordert die Einsamkeit nicht länger als „Nebensache“ abzutun. Denn sie ist gefährlicher als andere Krankheiten – sie ist die Todesursache Nummer eins in den westlichen Gesellschaften. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen.

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Einsamkeit ist selten gewählt und nie gewollt

Alleinsein muss nicht nur schmerzlich, es kann auch erfüllend sein. Theodor Fontane schrieb einst: „Lieber Einsamkeit und ein Buch und eine Zeitung als schlechte Gesellschaft, von der man nichts hat als Ärger und mitunter direkte Beleidigung.“ Aber was Theodor Fontane meint, ist freiwillige Zurückgezogenheit. Einsamkeit ist selten gewählt und nie gewollt. Wenn sich Menschen zurückgestoßen fühlen, funken in derselben Hirnregion die Neuronen wie bei einem Schnitt in die Haut. Der Mann, der die Folgen des ungewollten Alleinseins untersucht, heißt John Cacioppo und lehrt an der University of Chicago. Bevor sich der Psychologe dem Gefühl der Isolation zuwandte, dachte man, Einsamen gehe es schlechter, weil niemand nach ihnen schaut. Es war John Cacioppo, der herausfand, dass es sich umgekehrt verhält: Der Grund warum sie krank werden, ist die Einsamkeit selbst.

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Serge Latouche fordert den Ausstieg aus der Arbeitsgesellschaft

Eine drastische Senkung der Arbeitszeit ist für Serge Latouche der beste Schutz vor Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. Das Recht auf Arbeit muss dabei nicht nur erhalten bleiben, sondern sogar gestärkt werden. Es kann die unerlässliche Rücknahme des Wachstums zur erleichtern. Serge Latouche ergänzt: „Mindestlöhne in vernünftiger Höhe sind vonnöten, um die falsche Theorie mancher Ökonomen von der freiwilligen Arbeitslosigkeit auszuhebeln.“ Zudem ist es dringend geboten, der Arbeit ihren Charakter als Ware zu nehmen. Der derzeitige Trend zum „Sozialdumping“ ist ebenso inakzeptabel wie der zum „Ökologiedumping“. Die meisten Angestellten erleben keineswegs das Ende der Arbeit, wie es die sinkenden Wochenarbeitszeiten vermuten lassen sollte. Serge Latouche ist ein französischer Ökonom und Philosoph, Professor a.D. der Universität Paris-XI und gilt als einer der Vertreter des Konzepts der Rücknahme des Wirtschaftswachstums.

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Ulrich Herbert beleuchtet die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg

In der europäischen Außenpolitik hatte sich seit der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert ein Paradigmenwechsel ergebe. Durch den Bau der Flotte und der Propagierung der deutschen Weltpolitik hatte sich das Deutsche Reich in einen Gegensatz zu der einzigen tatsächlichen Weltmacht der Zeit, Großbritannien, gesetzt, ohne ein starkes Bündnis aus seiner Seite zu haben. Ulrich Herbert ergänzt: „Dieser Gegensatz dominierte in den folgenden Jahren die Entwicklung in Europa.“ In Reaktion auf die Herausforderung Deutschlands legte Großbritannien seine Konflikte mit Russland und Frankreich bei und baute die Verbindungen zu beiden Mächten in weniger als fünf Jahren zu einem so festen, wenngleich informellen Bündnis aus, dass Deutschland dadurch in jene Isolation geriet, die es zuvor selbst mit in Gang gebracht hatte und nun als Einkreisung wahrnahm. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Nach 1989 herrscht eine kurze Epoche der Freiheit

Im Jahr 1815, nach den Napoleonischen Kriegen und am Ende des Wiener Kongresses am 9. Juni, war Großbritannien zur Führungsmacht in der Welt aufgestiegen. Das britische Imperium reichte von Australien über Teile des heutigen Malaysia, Indien, dem Kap der Guten Hoffnung und Sierra Leone an der Westküste Afrikas bis nach Kanada. Thomas Seifert ergänzt: „Das britische Pfund war die globale Leitwährung, London der wichtigste Finanzplatz der Welt. In den 1870er Jahren überholten die Vereinigten Staaten Großbritannien wirtschaftlich, aber erst nach dem Ersten Weltkrieg übernahmen die USA die Führung der westlichen Welt.“ Nachdem der Zweite Weltkrieg Europa, Japan und weite Teile von China und Asien verwüstet hatte, war Japan geschlagen, Deutschland zerstört, Frankreich und Großbritannien erschöpft, und Osteuropa in den Einflussbereich der Sowjetunion geraten. Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung.

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Für José Ortega Y Gasset ist das Leben altruistisch

In vergangenen Zeiten nahmen Menschen ihre Zuflucht zu einem Jenseits, wenn sie Werte, Sinn und eine Rechtfertigung ihres Lebens suchten. Der Wert des Lebens lag immer in einem Jenseits, zu dem das Leben ein Weg oder Werkzeug war. Das Leben in seiner Immanenz hatte ein meist negative Bewertung. Für José Ortega Y Gasset war es ein folgenschwerer Irrtum, dass die Menschen glaubten, wenn man das Leben sich selbst überlässt, zum Egoismus neigt. Ganz im Gegenteil: das Leben ist in seinem tiefsten Grund und Wesen altruistisch. José Ortega Y Gasset schreibt: „Das Leben ist die Verwirklichung des Altruismus in der Schöpfung; es existiert nur als ewige Wanderung des Ich hin zum anderen.“

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Die moralische Würde ist eng mit der Integrität verbunden

Wer die Würde eines anderen Menschen verletzt, kann damit auch seine eigene beschädigen, seine Selbstachtung verlieren und seine moralische Integrität einbüßen. Integrität meint die selbstverständliche Bereitschaft, auf das Leben und die Bedürfnisse eines anderen Rücksicht zu nehmen. Würde, verstanden als Lebensform, ist nicht etwas, was Menschen in Isolation erleben. Würde erlebt man als soziales Wesen, die das, was sie sind, auch durch die Art und Weise werden, wie sie andere behandeln. Peter Bieri erklärt: „Moralische Intimität ist in diesem Sinne eine Quelle der Würde: Dadurch, dass ich andere in ihren Bedürfnissen achte und mein Tun danach ausrichte, erwerbe ich eine Form der Würde, die man moralische Würde nennen könnte.“ Peter Bieri, geboren 1944 in Bern, studierte Philosophie und Klassische Philologie und lehrte als Professor für Philosophie in Bielefeld, Marburg und an der Freien Universität Berlin.

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Die vielen inneren Uhren des Menschen sind äußerst lernfähig

Im menschlichen Organismus laufen alle Lebensprozesse nach bestimmten Rhythmen ab, die höchst unterschiedlich sind. Die Naturwissenschaft verfolgte allerdings bis Mitte des 20. Jahrhunderts das Dogma, dass sich Lebewesen nur deshalb rhythmisch verhalten, weil sie auf Signale ihrer Umwelt reagieren. Der deutsche Chronobiologe Jürgen Aschoff fand in den 1960er Jahren durch Bunkerexperimente heraus, dass der Mensch eine innere Uhr besitzt. Trotz völliger Isolation behielten die Versuchspersonen ihren Biorhythmus bei. Inzwischen wissen die Wissenschaftler, dass es bei den Menschen nicht nur eine, sondern Milliarden innerer Uhren gibt. Kurt Langbein erklärt: „Jede Körperzelle besitzt eine, jede mit ihrem eigenen Rhythmus. Die verschiedenen Uhren sind hierarchisch organisiert – so besitzt jedes Organ seine eigene Uhrengruppe, welche die interne zeitliche Koordination regelt.“ Kurt Langbein studierte in Wien Soziologie und ist seit 1992 geschäftsführender Gesellschafter der Produktionsfirma Langbein & Partner Media. Er ist unter anderem Autor des Bestsellers „Bittere Pillen“.

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Viele Politiker sind stark auf ihre persönliche Bedeutung fixiert

Horst Seehofer, Bayerischer Ministerpräsident, lebt nach den Wahlen im September 2013 laut Frankfurter Allgemeinen Zeitung ganz in dem Bewusstsein, selbst das Volk zu sein. Zunehmend stellt er sich wie das Abbild eines Bürgerkönigs wie anno dazumal dar. Viele Politiker fallen aus Raum und Zeit, wenn sie erst einmal an die Macht gelangt sind. Thomas Rietzschel nennt ein Beispiel: „Als es um die Einführung der Euro-Bonds ging, um Staatsanleihen für Euro-Staaten, erklärte die deutsche Bundeskanzlerin, dazu würde es nicht kommen, solange sie lebe. Was ihr im Eifer des Gefechts entfuhr, verriet, dass sie sich eine Abberufung von der Entscheidungsebene nur durch den Gevatter Tod vorstellen kann.“ Thomas Rietzschel studierte Germanistik, Geschichte und Psychologie in Leipzig und ist Herausgeber mehrerer Bücher zur Kulturgeschichte der Moderne.

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Friedrich Nietzsche war der Terrorist unter den Philosophen

Friedrich Nietzsche (1844 – 1900) ist kein normaler Philosoph. Denn es gibt keinen anderen Denker, der sich weniger um Konsistenz in seinen Aussagen gekümmert, ja, mehr in Widersprüchen verstrickt hat. Mit seinem Werk kann man nahezu alles belegen. Aber nicht nur war Logik nicht seine Stärke, auch das Studium der Tradition, das Vittorio Hösle jedem Philosophen dringend empfiehlt, war bei Friedrich Nietzsche hauptsächlich durch die Sekundärliteratur seiner Zeit vermittelt. Vittorio Hösle erklärt: „Nietzsche ist als Philosoph und als Philosophiehistoriker gleichermaßen ein Dilettant, auch wen sein erst 1878 gefundener einzigartiger Stil von verführerischer Schönheit den Mangel an Argumenten und Evidenzen meist verdeckt.“ Seine Philosophie nicht besser durch den Größenwahn, mit dem er seinen Selbsthass zunehmend kompensierte. Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA).

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Im spekulativen Realismus wird Denken wieder zum Abenteuer

Ins Wanken geriet die scheinbar feststehende Beziehung zwischen Subjekt und Objekt oder der Sprache und der Welt durch den französischen Philosophen Quentin Meillassoux. Für ihn sind die Datierungen der Wissenschaften nicht irgendwelche hypothetischen Konstruktionen, sondern reale Tatsachen, die unabhängig vom Denken entstanden sind und existieren. Denn laut Quentin Meillassoux gibt es sehr, sehr lange Zeiträume in der Geschichte der Welt, die unabhängig vom Menschen und seinem Denken waren und sind, da das Universum vor etwa 13,5 Milliarden Jahren und die Erde vor 4,45 Milliarden Jahren entstand, während der Mensch erst vor zwei Millionen Jahren in der Welt auftauchte. Und weil die Fakten der vorlebendigen und vormenschlichen Welt der Realität entsprechen, hat sich die Philosophierichtung, die Quentin Meillassoux angestoßen hat, den Namen „spekulativer Realismus“ gegeben.

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Millionen Deutsche leiden unter chronischen Schmerzen

In vielen Fällen beginnt das Leiden ganz harmlos. Plötzlich kann es aber unerträglich werden. Wie zum Beispiel akute Rückenschmerzen, von denen zwei Drittel aller Deutschen einmal im Leben betroffen sind. Meist verschwinden diese von allein wieder. Es kommt aber gar nicht so selten vor, dass sie unerwartet zurückkehren, jedes Mal länger bleiben und immer bedrückender werden. Dies kann der Beginn einer langen Leidensgeschichte sein. Millionen Deutsche leiden unter chronischen Schmerzen. Aus verschiedensten Gründen ist eines Tages der Punkt erreicht, an dem sich der Schmerz selbst zur Krankheit entwickelt hat. Der Schmerz ist immer da, er kann über Jahre anhalten. Um diese Patienten, die von einem Dauerschmerz gequält werden, die von keinen körperlichen Symptomen verursacht werden, kümmert sich der Schmerzspezialist Wolfgang Koppert von der Medizinischen Hochschule Hannover.

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Für Karl Jaspers gibt es keine absolute Unabhängigkeit

Der deutsche Philosoph Karl Jaspers vertritt die These, dass die Unabhängigkeit des Menschen scheinbar lautlos verloren geht, in einer Welt, in der das Dasein durch das Typische, die Gewohnheiten des Alltags und die ungefragten sich wiederholenden Selbstverständlichkeiten überflutet wird. Dieser um sich greifenden Tendenz setzt er das Philosophieren entgegen, in der der denkende Mensch unter allen Bedingungen um seine innere Unabhängigkeit ringt. Denn das Bild des Philosophen wird seit der Antike von seiner Unabhängigkeit geprägt, weil er sich der Welt der Güter entsagt, von der animalischen Herrschaft der Triebe befreit und wie ein Asket befürfnislos lebt.

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Hans-Peter Dürr ermutigt zu einem natürlichen Leben

Im Zentrum des neuen Buchs „Das Lebende lebendiger werden lassen“ von Hans-Peter Dürr stehen folgende Fragen: „Wie ließe sich Frieden schließen – mit uns und unseren Mitmenschen, Frieden aber auch mit der äußeren Natur, unserer natürlichen Umwelt?“ Der Autor ist davon überzeugt, dass vor allem die Erkenntnisse aus der modernen Quantenphysik den Weg in eine gute Zukunft weisen könnten. In eine Welt voller Möglichkeiten, die ganzheitlich, offen und lebendig ist. Dort ist alles mit allem verbunden, nichts in der Natur steht für sich allein, nichts ist isoliert. Auch die Menschen sind gemäß Hans-Peter Dürr nicht Teil einer Wirklichkeit, sondern beteiligt an einer Wirklichkeit, die jeden Augenblick neu geschaffen wird. Der Physiker Hans-Peter Dürr leitete in der Nachfolge Werner Heisenbergs fast zwanzig Jahre bis 1997 das Max-Planck-Institut für Physik in München. 

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Der Opiumkrieg zwischen China und Großbritannien

Der Historiker David S. Landes war fest davon überzeugt, dass man sich mit China beschäftigen muss, wenn man die Geschichte der Weltwirtschaft verstehen will. Denn von Christi Geburt bis zum Beginn der Neuzeit schrieb das Land eine ökonomische Erfolgsgeschichte. Vor allem als geniale Erfinder taten sich die Chinesen hervor – sie entwickelten unter anderen das Schwarzpulver, das Papier, den Kompass und den Seismographen. Aber auch beim Brückenbau und der Errichtung von Straßen und Dämmen war China weltweit führend. Zudem beherrschten sie moderne Techniken der Bewässerung und die Konstruktion von Kanalsystemen. Noch 1820 wurden rund 30 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaftet. Westeuropa kam auf etwa 20 Prozent, die USA nicht einmal auf zwei Prozent.

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Karl Marx will die Vereinzelung der Menschen aufheben

Karl Marx legt seiner gesamten theoretisch-metaphysischen Menschenlehre einen kämpferischen Atheismus zugrunde. Gott ist tot, jeder Gedanke an ein Jenseits wird strikt abgelehnt, was zählt ist nur das Hier und Jetzt. Auf Erden soll der Mensch befreit beziehungsweise erlöst werden, Lohn oder Strafe im Jenseits nach dem Tod, kann es für Karl Marx nicht geben. An die Stelle eines allwissenden Gottes tritt laut Karl Marx die Materie, die für alle Ewigkeit existiert, selbst bewegt und bewegt in den unendlichen Grenzen von Raum und Zeit. Die Materie ist für Karl Marx der stoffliche Urgrund allen Seins, Materie ist Stoff. Die Materie ist ungeschaffen und unvergänglich, sie ist ohne Anfang und ohne Ende.

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