Emotionen dienen der sozialen Kommunikation

Der Rolle der Gefühle hat als einer der Ersten Antonio Damasio erkannt. Der Neurologe, der fast sein ganzes Forscherleben dem Zusammenspiel zwischen Fühlen und Denken gewidmet hat, belegte, was Philosophen wie David Hume schon im 18. Jahrhundert postuliert hatten: Erst die Emotionen geben dem Verstand eine Richtung und dem Handeln einen Sinn. Ulrich Schnabel fügt hinzu: „Wer keinen Zugang zu seinen Gefühlen hat, dem fällt auch das sogenannte vernünftige Denken enorm schwer.“ Antonio Damasio ist fest davon überzeugt, dass ein Leben ohne Gefühle zwar theoretisch möglich, aber nicht von langer Dauer wäre. So sind Gefühle aus Sicht der Biologie entscheidende Instrument des Überlebens. Sie vermitteln wichtige Informationen, die man oft gar nicht bewusst zur Kenntnis nimmt, die einen aber dennoch leiten und steuern, weil man sie körperlich spürt. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Die Unausdrückbarkeit des Individuellen könnte ein Denkfehler sein

Wer überhaupt nie etwas gefühlt hat, dem kann man keine Gefühle erklären – so wie man einem Blinden nicht erklären kann, was Farben sind. Aber was ist hier mit „erklären“ gemeint. Philipp Hübl beantwortet die Frage wie folgt: „Erst einmal bloß so viel wie: Man sagt etwas, damit der andere sich einen Begriff davon machen kann.“ Und dazu braucht man Vorwissen. Doch bei Gefühlen wie Verliebtheit erwarten manche noch mehr. Sie behaupten nämlich, diese phänomenalen Erlebnisse sind prinzipiell unausdrückbar. Der Mensch kann zwar viele umschreibende Worte finden, aber er kommt niemals nah genug an die Erlebnisse heran, denn seine Worte bleiben Schall und Rauch. Von dieser Unausdrückbarkeit des Individuellen waren neben Johann Wolfgang von Goethe vor allem die Romantiker fasziniert. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

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Johannes Gutenberg erfindet den Buchdruck

Zu den Voraussetzungen des Erfolgs der Reformation gehörte der Buchdruck, der neue Möglichkeiten der Verbreitung des Wortes geschaffen hatte, darunter die Herstellung preiswerter „Gebrauchsliteratur“. Die Antriebskräfte der umfassenden Veränderungen seit dem Spätmittelalter in Europa waren: psychologisch das zunehmende Streben nach Gewinn, ökonomisch die Beschleunigung der Produktion von Waren und des Umschlags der Produkte sowie technologisch und technisch das Aufkommen neuer Methoden der Produktion und innovativer Maschinen. Zu den wichtigsten Erfindungen der Epoche zählte der Buchdruck. Er teilte die Literatur- und Mediengeschichte der europäischen Zivilisation in zwei Hälften – vor und nach Johannes Gutenberg. Im Verlauf der nächsten Jahrhunderte vollzog sich die Umwandlung des Luxusgutes Buch hin zur Massenware. Als Erfinder des Buchdrucks in Europa gilt Johann Gensfleisch, mit dem Wohnort Gutenberg bei Mainz, daher auch kurz als „Gutenberg“ bezeichnet.

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Der schnellste Markt ist der Finanzmarkt

Märkte können nicht nur durch frühe Transaktionen davon abgehalten werden, jene Dichte zu erreichen, die sie brauchen, um gut zu funktionieren. Manchmal bewegen sich Märkte auch zu schnell. Alvin E. Roth erläutert: „Schnelligkeit kann einen Markt entweder florieren lassen oder zugrunde richten. Schnelligkeit hilft den Teilnehmern in einem dichten Markt, eine Vielzahl potentieller Transaktionen rasch zu beurteilen und zu verarbeiten. Aber manchmal führt die Beschleunigung von Märkten auch dazu, dass sie schlechter funktionieren.“ Schnelligkeit kann potentiell dichte Märkte ausdünnen, weil nicht jedem alles an einem dichten Markt gefällt. Käufer wählen in der Regel gern unter vielen Anbietern aus, und die wiederum sehen gern viele Käufer. Im Jahr 2012 erhielt Alvin E. Roth den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Der Wirtschaftsprofessor lehrt an der Stanford University.

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Entscheidungen sind manchmal schwer zu treffen

Oft erscheint nichts schwieriger, als eine klare, bewusste Entscheidung zu treffen, da ein Mensch kaum alle Auswirkungen seiner Entscheidung gedanklich vorwegnehmen kann. Man ist fast immer gezwungen, aufgrund unvollständiger Informationen zu wählen. Oder, wie es der Philosoph Immanuel Kant einst ausdrückte: „Die Notwendigkeit zu entscheiden übersteigt die Möglichkeit zu erkennen.“ Außerdem ist ein Mensch natürlich äußeren Einflüssen ausgesetzt. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Wählen ist natürlich nur im Rahmen der Naturgesetze möglich; wir können das Gravitationsgesetz nicht außer Kraft setzen.“ Und die wenigsten Menschen leben einsam auf einer Insel. Menschen sind soziale Wesen und brauchen andere, um ihre Ziele zu erreichen. Dazu kommen Ereignisse, die nicht im Bereich der persönlichen Kontrolle liegen: politische, wirtschaftliche, gesundheitliche. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Die Ethik fordert Grenzen für die Märkte

Märkte brauchen Grenzen vor allem dort, wo es um ethische Regeln geht. Gerhard Schick nennt als Beispiele den Handel mit Menschen oder geschützten Tierarten, die quälerische Verarbeitung von Tieren in der Fleischproduktion oder den Export von Waffen, deren grausames Zerstörungswerk man hinterher bedauert. Gerade in der globalisierten Wirtschaft kommt es hier zur Schizophrenie. Während viele Menschen im unmittelbaren Umfeld genau auf die Einhaltung bestimmter Werte achten, blenden sie häufig komplett aus, was am Anfang der Wertschöpfungskette der Produkte steht, die sie im Kaufhaus oder im Internethandel erstehen. Denn es fehlen in diesen Fällen zum einen in der Regel die Informationen, zum anderen schafft der Markt aber auch Distanz und Anonymität, was es offenbar leichter macht, moralische Einstellungen hintanzustellen. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Die Erinnerung kann sehr gründlich trügen

Erstaunlich leicht gelingt es, Menschen falsche Erinnerungen einzupflanzen wie beeindruckende Experiment der Londoner Psychologin Julia Shaw bewiesen haben. Die Versuchspersonen erinnerten sich sogar an Straftaten, die sie in Wahrheit aber nie begangen haben. Immer neue Studien belegen, wie gründlich die Erinnerung trügen kann. Erinnerungen, so zeigt sich, unterliegen einem steten Wandel und die Mitmenschen haben darauf großen Einfluss: Fast jede Unterhaltung über die Vergangenheit verändert den Inhalt des Gedächtnisses der Beteiligten. Und Menschen reden ständig über Selbsterlebtes, anderswo Gehörtes und die die sogenannten guten alten Zeiten. Erinnerungen sind unter anderem zum Teilen da, woraus soziale Netzwerke wie Facebook ihr enormes Wachstum daraus ziehen. Erstaunlich leicht schleichen sich dabei mit der Zeit auch Fehler ein: Menschen beschönigen, verdrängen, denken sich was aus und glauben bald selbst daran.

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Die Vernunft kennt nicht die Gründe des Herzens

Gefühle verweisen nicht nur auf einschneidende Veränderungen, sie können einen Menschen auch zu ethisch hochstehenden Handlungen motivieren, die jenseits des Horizonts des Verstandes liegen. Blaise Pascal hat das im 17. Jahrhundert auf die berühmte Formel gebracht: „Das Herz hat seine Gründe, die die Vernunft nicht kennt.“ Die Emotionen ermöglichen eine Art von Wirklichkeitserfahrung als es der bewussten Vernunft möglich ist. Ulrich Schnabel erläutert: „Denn das rein analytische Denken bezieht immer nur jene Informationen in sein Kalkül ein, die unserem Bewusstsein zugänglich sind – doch diese liefern lediglich einen begrenzten Ausschnitt der Realität und niemals das vollständige Bild. Die Emotionen sind zwar weniger zielgenau, greifen aber auf ein viel größeres Reservoir an Erfahrung zurück. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Der Ausdruck ist an das Gefühl gekoppelt

Die Beziehung zwischen einem Gefühl und dem Minenspiel einen Menschen ist alles andere als eine Einbahnstraße. Vielmehr wirkt der Ausdruck einer Emotion immer auch auf den Organismus zurück und verstärkt die zum Ausdruck gebrachte Empfindung. Schon Charles Darwin hat dieses Phänomen beobachtet und in seinem Werk „Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren“ beschrieben: „Wer seiner Wuth durch heftige Gebärden nachgibt, wird sie nur vergrößern.“ Tatsächlich kann das laut Ulrich Schnabel jeder an sich selbst studieren: „Wer eine ängstliche Mine aufsetzt, verstärkt seine Angst, wer hingegen durch breites Lächeln eine frohe Stimmung zum Ausdruck bringt, fühlt sich prompt noch fröhlicher.“ Diese rückwirkende Koppelung von Ausdruck und dazugehörigem Gefühl funktioniert sogar dann, wenn man die entsprechenden Verhaltensweisen nur vorspielt. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Auch bei den Gefühlen ist der goldene Mittelweg der richtige

Jeder Mensch sollte auf einen klugen Umgang mit seinen Gefühlen achten. Man darf sie auf keinen Fall ignorieren, da sie von den tiefen Triebkräften des Lebens erzählen, sollte ihnen aber auch nicht blind vertrauen, weil sie sich nur allzu leicht manipulieren lassen. Wie in vielen anderen Bereichen des Lebens ist auch hier der goldene Mittelweg der richtige. Indem sich ein Mensch der verschiedenen Aspekte seines Gefühlslebens bewusst wird, ist er ihnen schon weniger hilflos ausgesetzt. Und das ist laut Ulrich Schnabel in der hoch technisierten und von den Medien geprägten Gesellschaft von heute wichtiger denn je. Zum einen vermitteln die Gefühle einem Menschen wertvolle Informationen und helfen ihm bei vielen Entscheidungen. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Zivilisation bedeutet nicht zwangsläufig Fortschritt

Schamgefühle haben sich im Lauf der Geschichte differenziert und verfeinert. Es gibt eine Entwicklung hin zur stärkeren Selbstkontrolle. Der Philosoph Norbert Elias hat diese Thesen in seiner berühmten Schrift „Über den Prozeß der Zivilisation“ (1939) aufgestellt und näher begründet. Ende der achtziger Jahre begann der Ethnologe Hans Peter Duerr mit einer fünfbändigen Widerlegung mit dem Titel „Der Mythos vom Zivilisationsprozeß“. Hans Peter Duerr hielt die Zivilisationstheorie von Norbert Elias für einen ausgemachten Schwindel. Hans Peter Duerr schreibt im ersten Band: „Dieser Mythos besagt, dass die derzeitige Domestikation unserer tierischen Natur das Ergebnis eines langwierigen Prozesses sei, der im westlichen Europa gegen Ende des Mittelalters und bei den Primitiven – vor kurzem noch Wilde genannt – erst in allerjüngster Zeit begonnen habe.

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Im Schlaf verjüngt sich der Mensch rundum

Anti-Aging ist in den reichen Gesellschaften des Westens einer der Trends der Gegenwart. Peter Spork schreibt: „Sich Zeit fürs aktive Jungbleiben zu nehmen, ist längst ein Statussymbol: Manager plauschen beim gesund und kalorienarm zusammengestellten Abendessen über neue Joggingrouten. Einige gehen sogar zum Anti-Aging-Mediziner und schwören auf den Personal Trainer.“ Doch das natürlichste Programm zur Verjüngung, das der eigene Körper jedem regelmäßig und freiwillig zur Verfügung stellt, ignorieren gerade die Leistungsträger. Wer besonders viel arbeiten muss, opfert auch besonders viel Schlaf. In Vorständen und Aufsichtsräten – übrigens genau wie bei den meisten Politikern – sogar weiterhin als Beleg für hohe Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, mit möglichst wenig Schlaf auszukommen. Das ist für Peter Spork so erschreckend kurzsichtig, dass man vielen Entscheidern lieber gar keine Entscheidungen mehr überlassen möchte. Der Neurobiologe Peter Spork ist Wissenschaftsjournalist.

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Wim Wenders setzt neuerdings auf die 3D-Technologie

Der deutsche Filmregisseur Wim Wenders macht eher das Gegenteil von dem, was Instagram macht. Das ist seiner Meinung nach ein rasches Informationsmedium und hat mit seiner Idee von Fotografie wenig zu tun. Wim Wenders erklärt: „Ich will die Menschen mit meinen Bildern zum Einhalt bringen. Sie sind nicht für den raschen Konsum gedacht.“ Generell hat Wim Wenders den sozialen Medien gegenüber ein prinzipielles Misstrauen. Vor 40 Jahren machte Wim Wenders den Film „Im Lauf der Zeit“, in dem er einen Abgesang auf das Kino anstimmte. Heute freut er sich darüber, dass er sich in dieser Hinsicht getäuscht hat. Wim Wenders (70) ist einer der international erfolgreichsten deutschen Filmregisseure und Fotokünstler. Weltberühmt wurde er mit seinen Filmen „Paris, Texas“ und „Himmel über Berlin“.

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Rebekka Reinhard verdient Geld mit praktischer Lebenshilfe

Als Rebekka Reinhard Philosophie studierte, wurde sie oft gefragt, wovon sie leben will. Damals hatte sich auch noch keinen Plan. Aber eines wurde ihr dann klar: „Während der Promotion habe ich gemerkt, ich bin nicht so der Uni-Typ. Das Denk-Beamtentum, das da vorherrschte hat mir nicht getaugt.“ Rebekka Reinhard war trotz Bestnoten frustriert und beschloss Schriftstellerin zu werden. Es ist ihr aber nicht gelungen, etwas zu veröffentlichen und sie kam dadurch zunehmend in eine Krise. Diese Zeit war auch finanziell für sie sehr schwierig. Sie hat nur ein paar wissenschaftliche Artikel veröffentlicht und das war´s. Rebekka Reinhard ist freie Philosophin in München und verdient ihr Geld mit Beratung sowie mit Büchern wie „Die Sinn-Diät oder Artikeln für die Philosophiezeitschrift „Hohe Luft“.

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Analphabetismus ist ein Skandal der modernen Gesellschaft

Der Analphabetismus ist für Konrad Paul Liessmann längst keine Metapher mehr für eine Unbildung, die nur wenige Menschen am Rande der Gesellschaft betrifft, sondern der Skandal einer modernen Gesellschaft schlechthin: dass junge Menschen nach Abschluss der Schulpflicht die grundlegenden Kulturtechniken wie das Lesen und das Schreiben nur unzureichend, manchmal gar nicht beherrschen. Neben der umstrittenen Methode, Schreiben nach dem Gehör zu lernen, zählt der Versuch, die Lesefähigkeit zu steigern, indem man die Texte drastisch vereinfacht, zu den problematischen Strategien einer umfassenden Praxis der Unbildung. Sprache, so suggerieren diese Konzepte, dient nur der Übermittlung simpler Informationen. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Online wird die Verdrahtung des sozialen Gehirns nicht trainiert

Das menschliche Gehirn ist plastisch. Während die Menschen durch ihren Alltag gehen, gestaltet es seine Schaltkreise ständig um. Was jemand auch tut, es trägt dazu bei, dass das Gehirn manche Schaltkreise stärkt, andere aber nicht. Im persönlichen Gegenüber nehmen die sozialen Schaltkreise vielfältige Anhaltspunkte und Signale auf, die bei der Herstellung zwischenmenschlicher Verbindungen helfen, und entsprechend werden die beteiligten Neuronen gemeinsam verdrahtet. Wenn ein Mensch aber tausende von Stunden online verbringt, wird die Verdrahtung des sozialen Gehirns praktisch nie trainiert. Marc Smith, Mitbegründer der Social Media Research Foundation, behauptet: „Unsere Sozialisation läuft zum größten Teil über Maschinen, und damit eröffnen sich sowohl großartige Möglichkeiten als auch viele Bedenken.“ Daniel Goleman erwidert: „>Zum größten Teil< dürfte zwar eine Übertreibung sein, aber sowohl um die Möglichkeiten als auch um die Bedenken toben heftige Debatten, und im Mittelpunkt stehen dabei die Videospiele.“

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Sprechen und Handeln sind sehr nahe miteinander verwandt

Handelnd und sprechend offenbaren die Menschen laut Hannah Arendt, wer sie sind und zeigen dabei aktiv die personale Einzigartigkeit ihres Wesens. Ihrer Meinung nach kann sich die jeweils eigenen Identität allerdings nur gegenüber anderen zeigen und bewähren. Handeln besteht deshalb für Hannah Arendt überwiegend aus Interaktion. Sprechen bedeutet für sie Kommunikation, die nicht nur dazu dient, reine Informationen auszutauschen, sondern Beziehungen zwischen Menschen stiftet. Gerade in diesem Zwischenmenschlichen entsteht für Hannah Arendt der ursprüngliche politische Raum. Die Totalitarismen haben diesen Ort der Politik zerstört, indem sie die Beziehungen zwischen den Menschen vernichteten. In ihrem Hauptwerk „Vita activa oder Vom tätigen Leben“ geht es Hannah Arendt deshalb vor allem darum, der Politik die Würde zurückzugeben.

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Die Angst ist ein ständiger Begleiter bei einer schweren Krankheit

Die Mediziner sind zur umfassenden Aufklärung gegenüber ihren Patienten verpflichtet. Kurt Langbein hat lange und beharrlich gegen die Geheimniskrämerei der sogenannten Götter in Weiß angekämpft und für das Recht des mündigen Patienten gestritten. Aber als er dann selbst mit einer Krebsdiagnose mit nicht günstigem Ausgang konfrontiert war, hat er gespürt, wie schnell und tief sich die Angst überall eingräbt, wenn die Risiken und Komplikationen aufgezählt werden, die unter Umständen zu erwarten sind. Obwohl die Angst den Körper weiter schwächt, ist sie unvermeidlich, wenn ein Mensch unvermittelt mit einer schweren Krankheit konfrontiert wird. Kurt Langbein studierte in Wien Soziologie und ist seit 1992 geschäftsführender Gesellschafter der Produktionsfirma Langbein & Partner Media. Er ist unter anderem Autor des Bestsellers „Bittere Pillen“. Sein aktuelles Buch heißt „Weissbuch Heilung“ und ist im Ecowin Verlag erschienen.

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Entscheidungen der reinen Vernunft sind oft nicht die richtigen

Viel zu lange konnte ein riesiger Irrtum sein Unwesen treiben, der da hieß: Emotionen behindern eine vernünftige Entscheidungsfindung. Inzwischen haben Wissenschaftler aber bewiesen, dass es eine enge und unbedingte Zusammenarbeit zwischen kognitiven und emotionalen Vorgängen bei der Beurteilung von Situationen und Aufgaben gibt. Alexander Goebel erklärt: „Entscheidungen werden von beiden Gehirnen getroffen, dem emotionalen und dem kognitiven.“ David Tucker beschreibt in seinem Buch „Die verborgenen psychologischen Dimensionen der Finanzmärkte“, wie emotional beeinflusst die Entscheidungen der Verantwortlichen im Finanzskandal 2008 waren, als sie sich weit mehr von den Vorstellungen des Erfolges ihrer seltsamen und wirtschaftlich völlig unvernünftigen Konstrukte haben leiten lassen als von unternehmerischer Vernunft. Der portugiesische Neurowissenschaftler António Damásio geht davon aus, dass Entscheidungen, die der reinen Vernunft entsprechen und vermeintlich unter Ausschluss von Emotionen getroffen werden, sehr oft nicht die richtigen sind. Alexander Goebel ist seit 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs.

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Technische Revolutionen können die Menschheit retten

Die meisten Menschen haben vage Ahnungen von der Zukunft und doch besteht immer die Möglichkeit, dass ein schreckliches Ereignis alles hinwegfegt. Schon in den 1980er Jahren erkannte Shoshana Zuboff, dass die Einführung der Computer in Unternehmen dazu führen würde, dass die Hierarchien flacher werden. Daniel Goleman ergänzt: „Während Wissen früher Macht war und die Mächtigsten ihre Informationen horteten, eröffneten die neuen technischen Systeme für jedermann den Zugang zu den Daten. In der Gegenwart und sicherlich auch in der Zukunft fließen die Informationen immer freizügiger, und das nicht nur innerhalb einer Organisation, sondern auf der ganzen Welt. Das Zeitalter des Anthropozän, das mit der industriellen Revolution begann, ist die erste geologische Epoche, in der die Tätigkeit einer Spezies – der Menschen – unausweichlich die wenigen globalen Systeme zerrüttet, die das Leben auf der Erde ermöglichen.

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Pyrrhon von Elis war der extremste Skeptiker von allen

Die Menschen wissen nichts und nicht einmal das ist sicher. Keiner sollte sich auf das verlassen, was er für wahr hält, denn man könnte ihn missverstehen. Nigel Warburton erklärt: „Alles kann infrage gestellt werden, alles kann angezweifelt werden. Es ist am besten, man fällt überhaupt kein abschließendes Urteil. Wenn man für alle Meinungen offen bleibt, kann man nicht enttäuscht werden.“ Das waren die Hauptgedanken des Skeptizismus, einer Strömung in der Philosophie, die mehrere Hundert Jahre im alten Griechenland und später in Rom viele Anhänger hatte. Der Grieche Pyrrhon von Elis (ca. 365 – ca. 270 v. Christus) war der berühmteste und vermutlich der extremste Skeptiker von allen. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

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Alle Menschen verfügen über ein unbewusstes Gespür für Zeit

Auch die heutigen Menschen haben, seit ihrer Geburt, was schon ihre Vorfahren hatten, sogar jene, die noch gar keinen Wecker kannten, eine Art siebter Sinn, ein permanentes, unterbewusstes Gespür für Zeit. Peter Spork behauptet: „Wenn wir lernen, dieses Zeitgefühl für uns arbeiten zu lassen, wenn wir es noch besser verstehen und Teile unseres Lebens gezielt danach ausrichten, dann wird es uns gelingen, was in der jetzigen, auf Optimierung und Wachstum ausgerichteten Gesellschaft unmöglich erscheint: Wir werden mehr erreichen, obwohl wir weniger tun.“ Außerdem werden sich die Menschen, die so leben, besser fühlen sowie gesünder und fitter sein. Der Körper weiß ganz ohne Zutun des Bewusstseins, wann ein Mensch aufstehen soll. Knapp zwei Stunden bevor eine Person aufwacht, regt sich nämlich bereits das Zwischenhirn. Der Neurobiologe Peter Spork ist Wissenschaftsjournalist.

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Für ein gutes Leben sollen die Menschen nach Glück streben

Der geniale griechische Philosoph Aristoteles betrachtete das Glück nicht bloß als eine kurzfristige Freude. Wahres Glück, sagt der Denker, erfordert ein erfülltes Leben, also eine längere Lebensdauer. Aristoteles war ein Schüler Platons und Platon ging wiederum bei Sokrates in die Lehre. Diese drei großen Philosophen bilden eine Kette. Daran sieht man, auch Genies tauchen nicht einfach aus dem Nichts auf. Die meisten von ihnen haben einen Lehrer, der sie beeinflusst und prägt. Aber die Ideenwelten dieser drei Großmeister unterscheiden sich fundamental. Jeder ging auf seine ganz eigene Weise an die Philosophie heran. Nigel Warburton erläutert: „Sokrates war ein großer Redner, Platon ein großer Schriftsteller, und Aristoteles war besonders vielseitig interessiert. Sokrates und Platon sahen in der Welt, wie wir sie mit unseren Sinnen erfassen, sehen, hören, fühlen, schmecken, lediglich eine blassen Abglanz der Wirklichkeit, die nur durch abstraktes philosophisches Denken voll erfasst werden konnte.“ Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University.

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Erich Fromms unterscheidet Erscheinungsformen der Erinnerung

Erinnern kann sich der Mensch laut Erich Fromm in der Weise des Habens und in der Weise des Seins. Die beiden Formen des Erinnerns unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Art der Verbindung der Gedanken, die man herstellt. Erinnert sich der Mensch in der Weise des Habens, so ist die Verbindung völlig mechanisch, wie es der Fall ist, wenn sich die Verbindung zwischen zwei Worten durch häufige gleichzeitige Verwendung einschleicht. Im zweiten Fall kann es sich um Verbindungen handeln, die auf rein logischen Zusammenhängen beruhen oder aufgrund der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Gedankensystem bestehen.

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Die antike Tradition begriff das Denken selbst noch als Begehren

Für Sokrates war Denken ein Akt der Zeugung, vollzogen im gemeinsamen, lebendigen Gespräch. Svenja Flaßpöhler, Stellvertretende Chefredakteurin des Philosophie Magazins, stellt die Frage, was aus dem Eros im digitalen Informationszeitalter wird. Der Eros wird im Deutschen mit Liebe oder Verlangen gleichgesetzt und dadurch charakterisiert, dass der erotisch Liebende mit großer Heftigkeit für sich die Erlangung des Liebesobjekts oder die Vereinigung mit diesem anstrebt. Bei dem Objekt des Eros muss es sich nicht um einen Menschen handeln – es kann beispielsweise für einen Philosophen auch etwas rein Geistiges wie eine Idee oder Tugend sein. Die Unterstützung und auch der Ersatz der eigenen Denkkraft durch Daten bedeutet für Sonja Flaßpöhler durchaus nicht einfach Fortschritt im Sinne einer wundervollen Optimierung von Denkprozessen. Diese Veränderung ist ihrer Meinung nach viel grundsätzlicher und auch bedenklicher.

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