Furchtbare Bilder können einen Menschen schwer belasten

Viele Menschen unterschätzen die belastende und Angst auslösende Wirkung von Bildern. Davor kann Georg Pieper nur ausdrücklich warnen: „Wenn wir Bilder von einem schrecklichen Ereignis sehen, tragen wir sie noch lange als Ballast im Kopf mit uns herum.“ Sie wirken wie eine Bremse, weil sie immer wieder vor dem inneren Auge auftauchen und Alarm auslösen: „Vorsicht, Lebensgefahr!“ Bei schwer zu ertragenden Bildern empfiehlt Georg Pieper deshalb: „Wegschauen beziehungsweise ausschalten oder wegklicken.“ Wie stark furchtbare Bilder einen Menschen belasten können, kennt Georg Pieper von Lokführern. Ihnen passiert es immer wieder, dass sich jemand in Selbstmordabsicht auf die Gleise begibt. In der Regel kommt der Zug nicht mehr rechtzeitig zum Stehen, wie er bei hohem Tempo einen sehr langen Bremsweg hat. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

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Allan Guggenbühl erklärt die Aufgaben des öffentlichen Diskurses

Die Vermittlung von Informationen, Kontrolle und Aufklärung sind Aufgaben, die man dem öffentlichen Diskurs zuschreibt. Erfüllt er einer dieser Aufgaben nicht, reagieren viele Bürger mit Befremden. Allan Guggenbühl fügt hinzu: „Der öffentliche Diskurs hat jedoch noch eine andere Aufgabe: Er liefert Material und Hintergrundszenarien, damit wir unser Dasein, uns selbst und unsere Mitmenschen ertragen und verstehen.“ Der öffentliche Diskurs hat die Rolle des Erzählers übernommen, wie es früher der Schamane oder Dorfweise tat. Wie und was ein Mensch denkt, hängt von seinem Beeinflussungsgrad durch den öffentlichen Diskurs ab. Um den roten Faden des öffentlichen Diskurses mit Klugheit zu verstehen, muss man über ihren Einfluss auf die Psyche nachdenken. Allan Guggenbühl ist seit 2002 Professor an der Pädagogischen Hochschule Zürich tätig. Außerdem fungiert er als Direktor des Instituts für Konfliktmanagement in Zürich.

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Das Leben wird stark vom Denken geprägt

Die meisten Menschen leben, was sie denken. Hinter den Phänomenen der Oberflächen ihres Einschätzens, Verhaltens und Entscheidens im Alltag erheben sich philosophische Denkgebäude, in denen sich dieses Geschehen abspielt. Ludger Pfeil erklärt: „Sie sind errichtet als Annahmen über die erfahrbare Welt und was über sie hinausgehen könnte, über richtiges Denken und Kommunizieren, über unser Zusammenleben in Beziehungen und in der Gesellschaft und bilden damit unausgesprochene philosophische Theorien, die maßgeblich prägen, was wir wahrnehmen und wie wir unsere Beobachtungen und Erfahrungen einordnen und miteinander verknüpfen.“ Was und wie ein Mensch denkt, beeinflusst, wie er die Welt betrachtet, wie er mit sich selbst, anderen Menschen und Dingen umgeht, was er für wichtig und unwichtig hält und wie er Entscheidungen trifft. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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David Brooks stellt verschiedene Formen des Stolzes vor

Was ist Hochmut beziehungsweise Stolz? Heutzutage ist das Wort „Stolz“ positiv besetzt. David Brooks erläutert: „Es bedeutet mehr oder minder, ein gesundes Selbstwertgefühl zu besitzen.“ Wenn man es negativ verwendet, denkt man in erster Linie an eine überhebliche Person, jemanden, der aufgeblasen und egoistisch ist, angibt und herumstolziert. Aber das ist nicht der Kern des Stolzes. Es ist lediglich eine Manifestation der Krankheit Stolz. In einer anderen Definition besteht Stolz in der Zufriedenheit, die man aus dem zieht, was man aus eigener Kraft erreicht hat, wobei die geleistete Arbeit das Maß des Selbstwerts ist. Es ist die Überzeugung, dass man von sich aus, durch eigene Anstrengung die Erfüllung erreichen kann. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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Die Psychosomatik hat stark an Bedeutung gewonnen

Es ist eigentlich ein großartiger Fortschritt, dass Ärzte und Patienten beim Thema Kranksein heutzutage auch an die Psyche denken. Dass sie wissen: Rückenschmerzen sind allzu oft Ausdruck einer gequälten Seele. Manchen Patienten mit Migräne hilft es, den Tag gut zu strukturieren und ihre Ansprüche an sich selbst zu überdenken. Und Herpesviren treten vor allem dann auf, wenn ein gestresstes Immunsystem ihnen die Chance gibt, sich aus ihrem Versteck in den hintersten Nervenenden in Richtung Lippen zu bewegen und dort Bläschen zu bilden. Eigentlich muss man froh sein, dass die Psychosomatische Medizin stark an Bedeutung gewonnen hat. Inzwischen werden psychische Krankheiten ebenso ernst genommen wie körperliche und nicht abgetan als Reaktion von Schwächlingen auf eine nun mal harte Welt.

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Die Menschen sind nur Schachfiguren in einem Spiel

Die meisten Menschen lieben ihre Sprache. Moderne Menschen bevorzugen eher eine verkürzte Sprache. Alexander Goebel stellt erläutert: „Sprache ist, wenn richtig eingesetzt, ein unschlagbares Tool für nahezu alle Begehren. Sie kann aber ebenso eine zerstörende Waffe sein.“ In vielen Unternehmen hat sich oftmals eine Sprache aus zwei Welten etabliert, die letztendlich niemandem zugutekommt. Die Sprache von oben und die von unten. Diese Firmen akzeptieren leichtfertig, dass falscher oder unvollständiger Sprachgebrauch, um nicht zu sagen Sprachmissbrauch, einen Firmenkultur negativ beeinflusst. Der Irrtum liegt in der Gewichtung. Für viele Institutionen und Persönlichkeiten liegt die Hauptarbeit in der Analyse von Situationen und der Festsetzung der anschließenden Maßnahmen. Seine Mitarbeiter als eine Art Software zu betrachten, der man nur die richtigen Befehle zu geben hat, wirkt sich in der Konsequenz fatal auf die Produktivität aus. Alexander Goebel ist seit über 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs.

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Herbert Marcuse wagt eine Neubestimmung der Kultur

Zur Neubestimmung der Kultur nimmt Herbert Marcuse eine Definition von Webster zum Ausgangspunkt, wonach Kultur als der Komplex spezifischer Anschauungen des Glaubens, Errungenschaften, Traditionen und so weiter zu verstehen ist, die den Hintergrund einer Gesellschaft bilden. In den Mittelpunkt seiner Analyse stellt Herbert Marcuse das Verhältnis von Hintergrund und Grund einer Gesellschaft. Er schreibt: „Kultur erscheint so als der Komplex moralischer, intellektueller und ästhetischer Ziel, die eine Gesellschaft als den Zweck der Organisation, Teilung und Leitung ihrer Arbeit betrachtet – das Gut, das durch die von ihr eingerichtete Lebensweise erlangt werden soll.“ Herbert Marcuse betrachtet nur dann eine Kultur als existent, wenn die repräsentativen Ziele und Werte erkennbar in die gesellschaftliche Wirklichkeit übersetzt wurden. Das heißt, die Beziehungen zwischen den Mitgliedern der jeweiligen Gesellschaft müssen eine nachweisbare Affinität zu den verkündeten Werten aufweisen.

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Philosophische Texte wollen interpretiert werden

Die praktische Erfahrung beim Lesen philosophischer Bücher ist gleichermaßen faszinierend wie potentiell frustrierend. Wilhelm Berger erklärt: „Wer zu lesen beginnt, tritt in einen ungeheuren historischen und aktuellen Fundus ein, der sich noch dazu in alle möglichen Richtungen öffnet, zur Literatur hin genauso wie zum Beispiel zur Geschichtswissenschaft. Jedes einzelne philosophische Buch ist lesenswert, wenn es diese Öffnung ermöglicht.“ Das Wort Text kommt vom lateinischen textus, das bedeutet Geflecht oder Gewebe. Ein Text gehört also der Ordnung einer Kultur an, die er als dieses Gewebe zugleich reproduziert und erweitert. Auf dieser Ebene geht es um Verweise, um die offensichtlichen oder hintergründigen Beziehungen zwischen einzelnen Texten. Wenn er gelungen ist, wirkt ein Text oft wie ein Stein, der in einen Teich von Begriffen und Problemen fällt. Professor Wilhelm Berger lehrt am Institut für Technik- und Wissenschaftsforschung an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Der Weisheit sind alle anderen Künste untergeordnet

Die Natur erfüllt ihre Forderungen laut Seneca von selbst. Tägliche Zügellosigkeit, die über einen längeren Zeitraum hin ständig anwächst und mit viel Phantasie das Laster fördert, bedeutet die Abkehr von der Natur. Wenn ein Mensch seine Wünsche auf Überflüssiges oder sogar auf Naturwidriges ausrichtet, liefert er seinen Geist dem Körper aus und macht ihn zum Sklaven seiner Begehrlichkeiten. Wer das natürliche Maßgefühl verliert, das sich bei der Befriedigung von Wünschen mit dem Unentbehrlichen und Lebensnotwendige begnügt, gilt als zurückgeblieben und ärmlich. Selbst bedeutende Männer lassen sich gemäß Seneca durch den Wohllaut der Rede von der Wahrheit ablenken.

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Der erste philosophische Satz stammt von Thales von Milet

Der erste Satz, der in der Geschichte des Abendlandes als philosophisch gilt, handelt vom Anfang. Thales von Milet soll um 584 vor Christus gesagt haben: „Anfang und Ziel von Allem ist das Wasser.“ Später fügt der griechische Philosoph dazu: „Und alle Dinge bewegen sich und seien im Fluss, weil sie mit der Natur des ersten Urhebers ihres Werdens übereinstimmen.“ Diese Sätze sind laut Wilhelm Berger von höchster Radikalität. Denn auf der einen Seite vollziehen sie einen radikalen Bruch mit dem Mythos, denn die als wirklich Geschehen erzählten Anfänge werden zu einem einzigen, unpersönlichen Prinzip – der Anfang tritt in dieser Hinsicht in eine absolute Distanz zu den konkreten Menschen. Professor Wilhelm Berger lehrt am Institut für Technik- und Wissenschaftsforschung an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Markus Gabriel analysiert den Begriff des Universums

Markus Gabriel schärft die Bedeutung von zwei Begriffen, über die in der Wissenschaft, im Alltag, aber auch in der Philosophie ein ziemliches Durcheinander herrscht, nämlich die Begriffe Welt und Universum. Der Begriff des Universums ist heutzutage seiner Meinung nach mythisch und religiös aufgeladen. In esoterischen Bestsellern und in zeitgenössischen Filmen wird das Universum häufig als ein Ort des Schicksals angesehen. Markus Gabriel erläutert: „Das Universum will etwas von uns oder teilt uns etwas mit. Das Universum steht hier für das maximale Ganze, in dem wir uns befinden.“ Die Frage nach dem Sinn des Lebens und was das Ganze überhaupt ist, hängen für Markus Gabriel eng zusammen. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie an der Universität Bonn inne. Er ist Deutschlands jüngster Philosophieprofessor. Außerdem leitet er das Internationale Zentrum für Philosophie in Bonn.

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Die Lykische Küste gilt als die schönste der ganzen Türkei

Wer sich nach Sonne, Meer und paradiesischen Stränden sehnt, sollte seinen Urlaub an der rund 400 Kilometer langen, zerklüfteten Lykischen Küste zwischen Antalya und Dalyan machen, der als der schönste der Türkei gilt. Gegliedert ist der Reiseführer „Türkei – Lykische Küste“, der im Michael Müller Verlag erschienen ist, in folgende Reiseziele: Antalya und Umgebung, Kemer-Region, Olympos-Nationalpark, Finike, Demre, Kekova/Simena, Kaş, Kalkan, Patara, Zwischen Patara und Fethiye, Fethiye, Zwischen Fethiye und Dalyan und Dalyan. Vorher beschreiben die Autoren Michael Bussmann und Gabriele Tröger die Anreise an die Lykische Küste, die besten Fortbewegungsmittel vor Ort und die Übernachtungsmöglichkeiten. Selbstverständlich gibt es auch einen Abschnitt über das Essen und die bevorzugten Getränke der Region. Wissenswertes von A bis Z und die Geschichte der Lykischen Küste im Abriss vollenden den Hintergrund- und Infoteil des Reiseführers.

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José Ortega Y Gasset liebt die reine Wahrheit

Für José Ortega Y Gasset wird die Politik zu einer äußerst gefährlichen Krankheit, wenn sie ihren Thron im Gewissen der Menschen einrichtet und in ihr ganzes geistiges Leben hineinregiert. Warum das so ist, sollte eigentlich Jedem klar sein. Solange der Mensch das Nützliche eben als ein Nützliches betrachtet, besteht kein Anlass zur Sorge. Wird aber das Nützlichkeitsstreben innerhalb der Persönlichkeit eines Menschens zur beherrschenden Haltung, so wird er, wenn es darum geht, die Wahrheit zu finden, sie nur allzu leicht mit der Nützlichkeit verwechseln. José Ortega Y Gasset schreibt: „Und aus Nützlichkeit Wahrheit machen, ist eine Umschreibung für lügen. Das Reich der Politik ist somit das Reich der Lüge.“

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Das beliebteste Urlaubsland der Deutschen ist Deutschland

Allein schon der Umfang von 1144 Seiten der 11. Auflage des neuen Baedeker-Reiseführers über Deutschland ist beeindruckend. Noch besser ist der Inhalt: es ist kaum zu glauben, was die Baedeker Redaktion an Wissenswertes über die Städte, Regionen und Sehenswürdigkeiten  Deutschlands zusammengetragen hat. Um die Orientierung des Lesers zu erleichtern, stellen die Autoren gleich zu Beginn ihres Reiseführers die Top 30-Reiseziele vor. Dazu gehören unter anderem die Insel Rügen mit ihren kilometerlangen weißen Sandstränden und leuchtenden Kreidefelsen, die Stadt Dresden mit seinen weltberühmten Baudenkmälern, die der Hauptstadt Sachsens den Beinamen „Elb-Florenz“ eingebracht haben. Zu den Top Reisezielen in Deutschland zählt natürlich auch München, die heimliche Hauptstadt des Landes, die seinen Gästen hochkarätige Kunst, monarchische Repräsentationsarchitektur und das größte Volksfest der Welt präsentiert.

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Alice Munro erhält 2014 den Nobelpreis für Literatur

Die kanadische Schriftstellerin Alice Munro lebt im Süden der Provinz Ontario, auf einer Halbinsel zwischen Toronto und Detroit, auf der Ostseite des Lake Huron in der Kleinstadt Clinton. Am vergangen Donnerstag hat die Schwedische Akademie dieser Autorin, die 82 Jahre alt ist, den Literaturnobelpreis zugesprochen. Ihr schriftstellerisches Werk umfasst eine Zeitspanne von 60 Jahren und ist nur einem Genre gewidmet: der Kurzgeschichte. Diese Short Storys handeln meist von Alltagssituationen, von der eigenen Familie, manchmal über Generationen, von Personen, die in Clinton oder einer anderen kanadischen Kleinstadt leben oder zumindest wohnen könnten. Auch wenn Alice Munro alltägliche Situationen beschreibt, wird dem Leser dabei manchmal ein bisschen bange. Denn er merkt bei aller Gewöhnlichkeit der Menschen, dass sie eigentlich an einem Ort zu etwas ganz Außergewöhnlichen stehen, dass sie möglicherweise ein existentielle Herausforderung meistern müssen. Dies scheint alles viel wahrscheinlicher zu sein, als der normale Trott des Alltags.

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Thailands Markenzeichen sind Traumstrände und alte Tempel

Gleich auf den ersten drei Seiten stellt Heiner F. Gstaltmayr im Baedeker Reiseführer „Thailand“ die einunddreißig Topreisziele des tropischen Urlaubslandes vor. Dazu zählt unter anderem Chiang Rai, besonders wegen der herrlichen Landschaft, die den Ort umgibt, ein lohnendes Reiseziel. Oder Nan mit seinen berühmten und ungewöhnlich reichen und bunten Fresken im Wat Phumin. Zum Pflichtprogramm einer Rundreise durch Thailand zählt ein Besuch von Chiang Mai, von den Einheimischen liebevoll „Perle des Nordens“ genannt. Chiang Mai gilt als die schönste Stadt Thailands. Das Dorf Ban Chiang machten dagegen sensationelle archäologische Funde weltberühmt. Naturliebhaber werden am Khao-Yai-Nationalpark ihre helle Freude haben: dort empfängt die Besucher eine üppig grüne Dschungellandschaft mit pittoresken Wasserfällen und idyllischen Seen. Zu den Topreisezielen in Thailand zählt der Autor auch die Königsstadt Lopburi mit ihrer ruhmreichen Vergangenheit und das Badeparadies Ko Phi Phi mit seinen exotischen Traumstränden.

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Das große Thema der Autorin Natalia Ginzburg ist das Schweigen

Natalia Ginzburg, einer der bedeutendsten Autorinnen der italienischen Literatur des 20. Jahrhunderts, wurde am 14. Juli 1916 in Palermo als Tochter des Professors für Anatomie Giuseppe Levi geboren und verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Turin, wo sie im Jahr 1938 Leone Ginzburg heiratete, der Dozent für slawische Literatur an der Universität und einer der Führer der antifaschistischen Widerstandsbewegung war. Das Ambiente des intellektuellen und antifaschistischen Turin ist im Hintergrund des scheinbar ganz der Privatsphäre zugewandten Werks von Natalia Ginzburg wirksam geblieben. Von 1940 bis 1943 lebte die Schriftstellerin mit ihrem Mann und ihren drei Kindern im abruzzischen Bergdorf Pizzoli. Im Jahr 1943 siedelte sie nach Rom um, wo Leone Ginzburg von den deutschen Truppen verhaftet wurde und 1944 im Gefängnis von Regina Coeli starb.

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Im Kapitalismus wir die Familie in den Hintergrund gedrängt

Für den Philosophen Dieter Thomä, der seit dem Jahr 2000 an der Universität St. Gallen in der Schweiz lehrt, ist der Kapitalismus ein familienfeindliches Wirtschaftssystem. Denn zwischen beiden ihm und der Familie besteht ein klassischer Konflikt. Im Kapitalismus zählt nur der eigene Profit, denn man aus seiner Tätigkeit erzielt. In der Familie dagegen wird ein unglaublicher Aufwand für andere betrieben. Große Ökonomen haben dies schon vor hundert Jahren beklagt. Dieter Thomä erklärt: „Ausgerechnet der große Kapitalismusverteidiger Joseph Schumpeter kam zu der Erkenntnis, das der individualistische Utilitarismus, den der Kapitalismus generiert, die Gesellschaft und damit die Familie zersetzt.“ Wer Familie hat, scheint auch an Freiheit einzubüßen. Dass ist laut Dieter Thomä die zweite, neuere Konfliktlinie zwischen Kapitalismus und Familie.

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Manfred Spitzer stellt das umstrittene Phänomen Multitasking vor

Eine amerikanische Studie hat herausgefunden, dass der moderne Mensch seine Arbeit im Durchschnitt alle elf Minuten unterbricht. Das Leben im sogenannten digitalen Zeitalter zeichnet sich laut Manfred Spitzer dadurch aus, dass man ständig alles Mögliche gleichzeitig tut. Er schreibt: „Wir recherchieren am Computer, hören Musik, schreiben Kurznachrichten auf dem Mobiltelefon und lesen eigentlich gerade einen Artikel in der Zeitung. Der Fernseher läuft im Hintergrund, und dann klingelt das Festnetztelefon.“ Für das gleichzeitige Erledigen vieler Aufgaben hat sich der neudeutsche Begriff Multitasking durchgesetzt. Viele Jugendliche langweilen sich, wenn nicht alles gleichzeitig geschieht. Denn alles enthält Pausen. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen „Lernen“ und „Vorsicht Bildschirm!“.

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Paul Nolte beschreibt die scheinbaren Vorzüge der Diktatur

Selbst in Großbritannien und Amerika kamen in der Zwischenkriegszeit neue Zweifel an der Demokratie auf, doch diese Zweifel griffen im kontinentalen Europa viel weiter und grundsätzlicher um sich und mündeten häufiger, über Skepsis hinaus, in Gegnerschaft gegen die Demokratie oder jedenfalls Gleichgültigkeit gegenüber ihrer möglichen Zerstörung. Die Aussicht auf eine Diktatur erschien in den 1920er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht so schrecklich wie in der Gegenwart. Erst aus der konkreten Erfahrung des Nationalsozialismus, der für Verfolgung und Massenmord verantwortlich war, teils auch aus den parallelen Gegebenheiten im Stalinismus der Sowjetunion, entstand laut Paul Nolte jenes Bild der Diktatur als alles umgreifender und kontrollierender, totaler Herrschaft, die sich auf Willkür und die Entfesslung von Gewalt stützt. Paul Nolte ist Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin.

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Beatrice Weder di Mauro erörtert die Chancen des Wachstums

Die Weltwirtschaft hat in den vergangenen zwanzig Jahren einen sehr schellen Wandel durchlebt. Das weltweite Wirtschaftswachstum beschleunigte sich deutlich und hatte zunehmend auch eine neue Qualität. Laut Beatrice Weder di Mauro traten ärmere Länder nicht nur verstärkt als Teilhaber, sondern sogar als Treiber der wirtschaftlichen Expansion auf. Eine Gruppe von Schwellenländern konnte in dieser Zeit gegenüber den Industriestaaten deutlich aufholen und selbst als hoffnungslos geltende Länder haben in kurzer Zeit dynamische Wirtschaftsentwicklungen durchlaufen. Beatrice Weder die Mauro schreibt: „Vieles an dieser Veränderung ist ohne Zweifel positiv. So brachte das Wachstum für Millionen von Menschen die Chance, sich aus der Armut zu befreien und ihren Kindern den Zugang zu Bildung und Gesundheitsleistungen zu ermöglichen.“ Die schweizerisch-italienische Wirtschaftswissenschaftlerin gehört dem Verwaltungsrat der Großbank UBS an. Zwischen 2004 und 2012 war sie Mitglied im sogenannten Rat der Wirtschaftsweisen.

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Hans Blumenberg denkt über drei Wassermetaphern nach

Um mit den Ungewissheiten der Realität leben zu können, erschaffen sich die Menschen Bilder und Mythen, die ihnen Orientierung bieten, auch wenn sich ihr Wahrheitsgehalt kaum beweisen lässt. Der Philosoph Hans Blumenberg beschäftigte sich sein ganzes Leben lang mit bestimmten Metaphern, die als wegweisende Ideen dem Denken einen Halt geben, ohne es völlig einzuschränken. Metaphern bilden laut Hans Blumenberg den Unterbau der Ideengeschichte. Seit 1978 wollte er ein Buch über die drei Wassermetaphern Quellen, Ströme und Eisberge veröffentlichen. Der nahezu druckfertig ausgearbeitete Text, der sich in seinem Nachlass fand, ist jetzt zum ersten Mal im Suhrkamp Verlag unter dem Titel „Quellen, Ströme, Eisberge“ herausgegeben worden. Beim Lesen des Buches wird man feststellen, dass Wasser, auch als Metapher buchstäblich lebensnotwendig ist.

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Herbert Schnädelbach philosophiert über Sinn und Bedeutung

Für Herbert Schnädelbach schillert der Sinnbegriff in allen Farben. Er sieht ein Spektrum vor sich, das sich vom Gesichtssinn über den Uhrzeigersinn, den Sinn von Wort und Taten bis zum Sinn des Lebens erstreckt. Die Philosophen interessieren sich vor allem für den Mitteilungssinn und den Handlungssinn. Die beiden dementsprechenden Begriffspaare „Sinn und Bedeutung“ sowie „Sinn und Zweck“ sind den Menschen auch im Alltagsgespräch vertraut. Herbert Schnädelbach wirft einen Blick zurück in die Geschichte und erklärt: „Erst im 19. Jahrhundert stieg „Sinn“ zu einem zentralen Problemtitel der Philosophie auf, und dies nicht nur im Zusammenhang mit der Frage nach dem Sinn des Lebens, die in dieser Formulierung dem 18. Jahrhundert noch nicht geläufig war, sondern vor allem vor dem Hintergrund des Endes der klassischen Metaphysik, das den Gedanken nahelegte, das Ganze der Welt könnte sinnlos sein. Vor seiner Emeritierung war Herbert Schnädelbach Professor für Philosophie an den Universitäten Frankfurt am Main, Hamburg und an der Humboldt-Universität zu Berlin.

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Andreas Wirsching erklärt das westeuropäische Parteiensystem

In der Geschichte der europäischen Demokratie gehört es laut Andreas Wirsching zu den wichtigsten Funktionen von Parteien, das Massenpublikum in den demokratischen Prozess der Willensbildung zu integrieren. Andreas Wirsching schreibt: „Parteien bilden die entscheidenden Schnittstellen zwischen Politik und Gesellschaft und erfüllen eine zentrale Aufgabe, indem sie gesellschaftliche Anliegen aufnehmen, transportieren und auf die politische Tagesordnung setzen.“ In Westeuropa pendelten sich seiner Meinung nach überraschend schnell nach 1945 entsprechende politische Parteienverhältnisse ein, zum Teil sicherlich auch in Anknüpfung an die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Tatsächlich restaurierte sich ein Parteiensystem der Eliten des alten Europas, die noch im 19. Jahrhundert sozialisiert worden waren. Andreas Wirsching ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

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Hans-Peter Dürr ermutigt zu einem natürlichen Leben

Im Zentrum des neuen Buchs „Das Lebende lebendiger werden lassen“ von Hans-Peter Dürr stehen folgende Fragen: „Wie ließe sich Frieden schließen – mit uns und unseren Mitmenschen, Frieden aber auch mit der äußeren Natur, unserer natürlichen Umwelt?“ Der Autor ist davon überzeugt, dass vor allem die Erkenntnisse aus der modernen Quantenphysik den Weg in eine gute Zukunft weisen könnten. In eine Welt voller Möglichkeiten, die ganzheitlich, offen und lebendig ist. Dort ist alles mit allem verbunden, nichts in der Natur steht für sich allein, nichts ist isoliert. Auch die Menschen sind gemäß Hans-Peter Dürr nicht Teil einer Wirklichkeit, sondern beteiligt an einer Wirklichkeit, die jeden Augenblick neu geschaffen wird. Der Physiker Hans-Peter Dürr leitete in der Nachfolge Werner Heisenbergs fast zwanzig Jahre bis 1997 das Max-Planck-Institut für Physik in München. 

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