Justinian kodifiziert das römische Recht

Der oströmische Kaiser Justinian hat das römische Recht in der Mitte des 6. Jahrhunderts kodifiziert. Er stärkte durch seine Vereinheitlichung und Rationalisierung die Position der Herrscher und der weltlichen Herrschaft gegenüber der Kirche. Denn unter Justinian war die Kirche ein Teil der kaiserlichen Verwaltung und das Papsttum in Rom noch kein ernst zu nehmender Faktor gewesen. Volker Reinhardt erläutert: „So spielte die Wiederentdeckung und Wiedererschließung des römischen Rechts im Mittelalter den Machthabern in die Hände, die sich von der päpstlichen Oberhoheit mit ihren Bannsprüchen, der Exkommunikation und dem Interdikt, zu befreien suchten.“ Die Wiederbelegung des römischen Rechts in Bologna fügte sich nahtlos in eine gesamtitalienische Entwicklung des 12. Jahrhunderts ein. Volker Reinhardt ist Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Fribourg. Er gehört international zu den führenden Italien-Historikern.

Weiterlesen

Ein Herrscher muss sich selbst im Griff haben

Institutionen allein – Verfassungen und Gesetze – genügen nicht. Mindestens so wichtig, wenn nicht wichtiger, ist die Moral der Herrschenden selbst. Für Aristoteles stellen neben der Fähigkeit und der Leistung der Herrschenden vor allem ihr Charakter, ihre Tugenden, die eigentliche Voraussetzung für ihre Sonderstellung dar. Ihre Herkunft ist zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für ihre Herrschaftsposition. Diese Überlegung ist für Katja Gentinetta so einfach wie einleuchtend: „Man stelle sich vor, ein Herrscher habe nicht einmal sich selbst, seine Emotionen und Triebe im Griff: Wie soll er dann über ein ganzes Volk herrschen?“ Außerdem ist – und darauf legt Aristoteles großen Wert – jeder für seine Tugenden verantwortlich. Die Politikphilosophin und Publizistin Katja Gentinetta ist Lehrbeauftragte an den Universitäten St. Gallen, Zürich und Luzern.

Weiterlesen

Christopher Clark kennt die Formen der Macht

Natürlich ist nicht jede Form von Macht gleich Regierungsgewalt. Doch der Aufstieg und/oder Niedergang von Regierungen zählt zu den zentralen europäischen Geschichten über Macht. Max Weber erkannte in den Beamten die Inhaber eines „Monopols legitimer, physischer Gewaltsamkeit“. Christopher Clark ergänzt: „Es kann zu einer Konzentration der Macht in Regierungen, Staaten und Bürokratien kommen, aber sie kann sich auch wieder zerstreuen.“ Einst gab es eine Welt, in der die gesamte Macht in Gestalt lokal begrenzter persönlicher Adelsherrschaft ausgeübt wurde. Aufgrund der Notwendigkeit, die Auswüchse ausbeuterischer und gewaltsamer Formen lokaler Herrschaft einzudämmen, entwickelten sich neue Regierungsformen. Das Beharren auf den Adelsprivilegien verdrängte die „Anerkennung eines kollektiven Interesses“. Christopher Clark lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine`s College in Cambridge.

Weiterlesen

Niccolò Machiavelli war kein Humanist

Niccolò Machiavelli (1469 – 1527) hält wenig von der gutgemeinten Idee oder Illusion, wonach die Regierten automatisch bessere Menschen wären als die Regierenden. Dass Macht korrumpiert, ist eine alte Weisheit, die gerne übersehen lässt, dass Ohnmacht es in nicht geringerem Maße tut. Die als unschuldig gewürdigten Opfer sind es oft bloß mangels Gelegenheit. Und ihre moralische Verklärung ist in den Auswirkungen manchmal gar nicht menschenfreundlich. Bis zu seinem Sturz im Februar 1513 ist Niccolò Machiavelli Kanzler für innere und äußere Sicherheit der Republik Florenz unter den Medici. Erst in der Verbannung, auf seinem kleinen Landgut Albergaccio im Dorf Sant` Andrea in Percusina, fünfzehn Kilometer südwestlich von Florenz, wird er zum Theoretiker. Sein Name ist durch seine endlosen Verunglimpfungen den Menschen bis heute so vertraut geblieben.

Weiterlesen

Viele Menschen glauben an eine Führerfigur

Im Unterschied zur traditionellen Auffassung, dass Autorität in Gott begründet liegt, sowie in Immanuel Kants Überzeugung, dass der Mensch selbstständig denken muss, glauben viele Menschen, dass Autorität am besten von einer Führerfigur ausgehen sollte. Paul Verhaeghe stellt fest: „Den Glauben an einen großen Anführer, der aufgrund seiner natürlichen Eigenschaften (er ist weise und gerecht) die Befehlsgewalt erwirb oder zumindest bekommt, gab es zu allen Zeiten.“ Die Idee geht zurück auf Platons Philosophenkönig, doch der wichtigste Impuls ging von Thomas Hobbes aus. Nach ihm legt Jean-Jaques Rousseau eine sehr eigene Interpretation des Gedankens vor. Und in Deutschland plädierte zu Beginn des vorigen Jahrhunderts seinerseits Max Weber für eine charismatische Führerschaft. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

Weiterlesen

Gaius Julius Caesar erfindet die Germanen

Im März des Jahres 60 v. Chr. war die Bedrohung durch barbarische Asylsuchende das wichtigste Gesprächsthema in Rom, wie der Philosoph, Anwalt und Politiker Cicero schrieb. James Hawes erläutert: „Nachdem es weiter nördlich zu Kriegen und Unruhen gekommen war, überfluteten sie die bereits unterworfenen, romanisierten Gebiete Galliens – also im Wesentlichen das heutige Südfrankreich und Oberitalien.“ Es schien, als wäre im weiter nördlich gelegenen Gallien eine neue, Ärger verheißende Macht aufgetaucht. Gaius Julius Caesar, der als neuner Prokonsul der gallischen Provinzen mit einem Eroberungskrieg seinen Ruf steigern und seine Schulden tilgen wollte, gab ihr im Jahr 58 v. Chr. einen Namen: Germani. Bereits mit der ersten Erwähnung auf Seite eins seines Bestsellers „Der Gallische Krieg“ verbindet Caesar mit diesen Germani die Vorstellung, dass sie das Gebiet jenseits des Rheins bewohnen. Der englische Germanist James Hawes ist Universitätsdozent für kreatives Schreiben in Oxford und Schriftsteller.

Weiterlesen

Ein guter Richter solle Gnade walten lassen

In ihrer Erörterung der Perspektive nachträglicher Bestrafung hat Martha Nussbaum wiederholt auf die immense Bedeutung des vorausschauenden Denkens verwiesen: „Wenn die Gesellschaften das menschliche Wohl besser schützen würden, gäbe es zwar sicher auch weiterhin Verbrechen, doch es wären insgesamt weniger.“ Bildung, Erwerbstätigkeit und Wohlverhältnisse machen viel aus. Bei der Auseinandersetzung mit der Bestrafung möchte Martha Nussbaum auf eine von den Stoikern hoch geschätzte Haltung zu sprechen kommen. Der griechisch-römischen Auffassung nach ist Gnade oder Milde eine Eigenschaft eines guten Richters, wenn er darüber entscheidet, wie auf Ungerechtigkeiten reagiert werden soll. Seneca definiert sie als „Mäßigung in der Macht zu strafen“. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

Weiterlesen

Die Menschenwürde ist durch das Grundgesetz gesichert

Die Menschenwürde ist heute in Deutschland im juristischen Sinn ein sogenanntes Leistungsrecht und durch eine sogenannte Ewigkeitsgarantie in Artikel 79 des Grundgesetzes gesichert: Jeder Mensch hat einen Anspruch auf Achtung, „unabhängig von seinen Eigenschaften, seinem körperlichen oder geistigen Zustand, seinen Leistungen oder sozialen Status“. Gerald Hüther ergänzt: „Artikel 1 des Grundgesetzes schützt somit vor Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung und ähnlichen Handlungen durch Dritte oder den Staat selbst.“ In vielen Grundsatzurteilen haben die Richter des Verfassungsgerichts immer wieder betont, dass der Mensch sich „in Freiheit selbst bestimmen und entfalten“ dürfe, „aber nicht als isoliertes und selbstherrliches, sondern als gemeinschaftsbezogenes Individuum“. Die Vorstellung von der Würde des Menschen wurde so zum Wegweiser durchs Leben, zur Erinnerung und Stütze. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern in Deutschland.

Weiterlesen

Ein Staat muss seine Grenzen schützen

In verstärktem Maße geht es im Reich des Homo faber um die Behauptung des Echten. Christian Schüle nennt Beispiele: „Um die echten Deutschen. Die echten Franzosen. Die echten Dänen. Die echten Polen. Die echten, ethnisch klar und vor allem berechtigterweise auf den Heimatboden Verorteten.“ Um die im Revier Geborenen, die auf der Scholle Lebenden. Der Nationalismus, der an das Gewissen der Echtheit appelliert, hat das Problem, nachvollziehbare Kriterien für seine Voraussetzungen zu liefern. Das Echte kann nur echt durch seine Negation sein: das Unechte, vulgo Fremde. Wenn das Eigene das Echte ist, muss das Fremde das Falsche sein. Solcherart Dialektik rechtfertigt sogar Gewalt, weil das staatliche Monopol aufgegeben ist, wenn der Staat seiner genuinen Aufgabe nicht nachkommt: dem Schutz der Grenzen seines Raumes. Seit dem Sommersemester 2015 lehrt Christian Schüle Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin.

Weiterlesen

Alexandria war der bedeutendste Wissenschaftsstandort des Altertums

Unter Ptolemaios I. Soter, „dem Retter“ (305 – 283/82 v. Chr.), einem von Alexanders Erben, wurde die Stadt Alexandria, berühmt durch ihren Leuchtturm, zum bedeutendsten Wissenschaftsstandort des Altertums. Bernd Roeck erläutert: „Ihre Bibliothek soll zusammen mit den im Heiligtum des Serapis gelagerten Werken über eine halbe Million Schriften umfasst haben.“ Nicht einmal China dürft damals über einen vergleichbar großen Wissensspeicher verfügt haben. Alexandrias „Museion“, nach Cicero eine „Werkstatt aller Künste“, war, was man heute ein interdisziplinäres Forschungszentrum nennen würde. Die ägyptischen Könige ernannten seine Mitglieder, bezahlten sie und gewährten ihnen Privilegien, etwa Steuerfreiheit. Gewöhnlich ermöglichten die Herrscher den Gelehrten dort freies Forschen und Diskutieren. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

Weiterlesen

Das Böse ist das Fremde und radikal Andere

Das Böse. Dunkel, geheimnisvoll, furchteinflößend. Als das Unfassbare schlechthin, das menschliches Vertrauen in die Welt erschüttert, reizt es zu Dämonisierungen – und auch zu Projektionen. Das Böse ist das Fremde. Das radikal Andere. Ob Heimtücke, Falschheit oder Hinterlist, ob Missbrauch, Amoklauf oder Terrorismus: Den gesunden Menschenverstand übersteigend verursacht die böse Tat Abscheu, Angst und ein tiefes Schutzbedürfnis. Svenja Flaßpöhler fügt hinzu: „Das Böse muss bekämpft werden. Überwacht, weggesperrt, ausgeschlossen – gar ausgerottet.“ Aber könnte es nicht sein, dass das Böse gar nicht von außen kommt, verschlagen und verführerisch in Häuser und Herzen drängt – sondern vielmehr uranfänglich in uns selbst lebt? Tatsächlich zeigt sich ja gerade im Schlaf, wie ungeheuerlich die Phantasien eines Menschen sein können. Dr. Svenja Flaßpöhler ist Stellvertretende Chefredakteurin des Philosophie Magazins.

Weiterlesen

Ein Mensch ist das Produkt seiner Entscheidungen

Die Sache mit der Wahlfreiheit ist sehr komplex. Denn sie kommt immer zwingend im Pakt mit der Verantwortung daher. Anja Förster und Peter Kreuz erklären: „Entscheiden, handeln, frei sein, das geht nicht, ohne verantwortlich zu sein. Denn ob wir Ja oder Nein sagen oder via Nichtentscheiden in den Verhaltensmodus zurückfallen: so oder so tragen wir die Verantwortung dafür.“ Und wenn man sagt: „Oh, das habe ich aber nicht gewusst.“ Dann ist man auch dafür verantwortlich, es nicht gewusst zu haben. Die Verantwortung anzunehmen bedeutet, damit aufzuhören mit dem Finger reflexartig auf andere zu zeigen. Mit anderen Worten, man wird keinen Schuldigen finden. Man wird sich nicht empören können. Man wird sich nicht dahinter zurückziehen können, dass irgendein anderer seiner Verantwortung nicht gerecht geworden ist. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

Weiterlesen

Niccolò Machiavelli war ein Lehrer des Bösen

Als Dacher Keltner vor 20 Jahren mit seiner Untersuchungen von Macht begann, wurden diese oft mit Zwang, Gewaltausübung und Herrschaft gleichgesetzt. Diese Gleichsetzung der Macht mit Gewaltausübung fand ihren klarsten Ausdruck in Niccolò Machiavellis Buch „Der Fürst“. Dacher Keltner stellt fest: „Es gehört zu den hundert einflussreichsten Büchern, die je geschrieben wurden und hat die Handlungsweisen von einigen der mächtigsten Herrscher der Geschichte bestimmt.“ „Der Fürst“ ist auch heute noch ein wichtiger Text bei der Ausbildung von Führungskräften. Der Politologe Leo Strauss von der University of Chicago stellte allerdings fest, dass Niccolò Machiavelli ein Lehrer des Bösen war und dass der Gewinn und Erhalt von Macht nichts mit Ethik zu tun hat, wie so viele irrtümlich meinen. Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

Weiterlesen

Europa eroberte die Welt durch das Schießpulver

Philip T. Hoffman enthüllt in seinem neuen Buch „Wie Europa die Welt eroberte“ die verblüffenden Gründe für Europas Vorherrschaft auf der Welt. Die Weltmacht der europäischen Staaten eroberten zwischen 1492 und 1914 rund 84 Prozent des Weltterritoriums. Dazu trug ein unverwechselbarer Entwicklungspfad bei, der auf militärischen Auseinandersetzungen aufbaute. Jahrhundertelang gaben die Staaten Europas riesige Geldsummen für militärischen Innovationen aus. Der Vorsprung Europas in der Verwendung des Schießpulvers sicherte beispielsweise die Kolonialreiche und den einträglichen Sklavenhandel. Die Herrscher des europäischen Kontinents führten ständig Kriege gegeneinander, die sich auf das Leben der Menschen in der ganzen Welt auswirkten. Philip T. Hoffman ergänzt: „Der Erfolg, der den Herrschern in diesem grausamen Wettbewerb winkte, waren finanzieller oder territorialer Zugewinn, die Verteidigung des eigenen Glaubens oder schlicht der Ruhm des Siegs.“ Philip T. Hoffman ist Professor für Wirtschaft und Geschichte am California Institute of Technology.

Weiterlesen

Die Autorität steht seit der Aufklärung unter Beschuss

Viele Menschen, die mit den aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen nicht einverstanden sind, machen das Schwinden der Autorität dafür verantwortlich. Konservative Stimmen klagen über den Untergang des Abendlandes, und manche suchen die Schuld bei den Ausländern. Damit meinen sie Muslime – ironischerweise Angehörige einer Glaubensgemeinschaft, die wesentlich mehr konservative Normen und Werte verkörpert, als die heutige westliche Gesellschaft, die deren Schwinden beklagt. Mit diesen Stimmen kann sich Paul Verhaeghe nicht identifizieren; zugleich jedoch ist auch ihm klar, dass der Westen mit Autorität ein Problem hat. Das aktuelle Wehklagen könnte den Eindruck erwecken, Autorität sei erst vor Kurzem zum Problem geworden. Aber weit gefehlt: Sie steht bereits seit der Epoche der Aufklärung unter Beschuss. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

Weiterlesen

Der Dreißigjährige Krieg verwüstete das Reich

Das Heilige Römische Reich deutscher Nation war im 17. Jahrhundert nur noch ein brüchiges Gebilde, gefährdet von innen und außen. Während sich Frankreich zu einem territorialen Einheitsstaat entwickelte, erlebte das Reich mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) einen entscheidenden politischen und ökonomischen Rückschlag. Samuel Pufendorf, Professor für Naturrecht und Politik, beschreibt den Zustand des Reichs nach dem Westfälischen Frieden präzise: „Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als das deutsche Reich, wenn man es nach den Regeln der Wissenschaft von der Politik klassifizieren will, einen irregulären und einem Monstrum ähnlichen Körper zu nennen, der sich im Laufe der Zeit durch die fahrlässige Gefälligkeit des Kaisers, durch den Ehrgeiz der Fürsten und durch die Machenschaften der Geistlichen aus einer regulären Monarchie zu einer so disharmonischen Staatsform entwickelt hat, dass es nicht mehr eine beschränkte Monarchie, wenngleich der äußere Schein dafür spricht, aber noch nicht eine Föderation mehrerer Staaten ist, vielmehr ein Mittelding zwischen beiden.“

Weiterlesen

Äsop ist das Vorbild für alle Fabeldichter

Die Fabel erlebte im 18. Jahrhundert den Höhepunkt ihrer mehr als zweitausendjährigen Entwicklung. Bereits im 6. Jahrhundert vor Christus schrieb der griechische Sklave Äsop die ersten Fabeln, die Vorbild für alle nachfolgenden Fabeldichter wurden und deren Wirkung bis in die Modere reicht. Schon in ihren Anfängen war die Fabel eine literarische Kampfform. Äsop sah in ihr nach der Aussage von Phädrus, der die äsopischen Fabeln im 1. Jahrhundert nach Christus bearbeitete, „ein passendes Mittel, da auf eine versteckte Weise die Wahrheit zu sagen, wo man nicht wagen durfte, es offen zu tun“. In Deutschland wurden seit dem Mittelalter Fabeln geschrieben. Einen ersten Höhepunkt ihrer Entwicklung erreichte die Fabel in der Reformationszeit, wo sie insbesondere von Martin Luther als Mittel in der politisch-religiösen Auseinandersetzung eingesetzt wurde.

Weiterlesen

Die Aufklärung steht im Zeichen der Menschenrechte

Unter Aufklärung wird jene Epoche verstanden, in der sich in Europa beziehungsweise in den USA die Auffassung durchsetzte, dass weder die Ständeordnung noch das Gottesgnadentum der Monarchie auf Dauer durchsetzbar waren. Die Theorie der Gewaltenteilung setzte sich durch und die Menschenrechte wurden in die amerikanische Verfassung von 1776 aufgenommen. Ebenso bedeutsam war die Déclaration des droits de l´homme et du citoyen von 1789, die einer auf Freiheit, politischer Gleichheit und Selbstständigkeit der Individuen abhebende Weltsicht Platz schaffte. Die Aufklärung war sich ihrer geschichtlichen Besonderheit durchaus bewusst. Dies erhellen ihre Selbstthematisierung und die Wahl der Bildlichkeit beziehungsweise Begrifflichkeit für das eigene Tun. So beginnt beispielsweise für Alexander Pope mit Isaac Newtons wissenschaftlicher Revolution in der Physik eine Epoche des Lichts.

Weiterlesen

Alle Menschen sind von Grund auf selbstsüchtig

Thomas Hobbes, der von 1588 bis 1679 lebte, zählt für Nigel Warburton zu den größten politischen Denkern Englands. Der Philosoph, der viele sympathische Eigenschaften besaß, hatte keine hohe Meinung von den Menschen. Er glaubte, dass sie alle von Grund auf selbstsüchtig sind, beherrscht von der Angst vor dem Tod und immer bemüht, andere zu übervorteilen. Alle Menschen versuchen, Macht über andere zu gewinnen, ob sie sich dessen bewusst sind oder nicht. Thomas Hobbes glaubte, dass die Menschen im Grunde ihres Herzens alle egoistisch sind und dass sie lediglich die Gesetze mit ihren Strafandrohungen daran hindert, ihren Trieben freien Lauf zu lassen. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

Weiterlesen

Die Wirkmacht der Europäischen Aufklärung ist bis heute spürbar

Das „Handbuch Europäische Aufklärung“ ist das erste deutschsprachige Werk, das dieser Epoche gewidmet ist. Die überwiegend deutschen Autoren der einzelnen Artikel, durchwegs Spezialisten für ihren Gegenstand, haben immer ihr Augenmerk auf die drei Hauptländer England, Frankreich und Deutschland gelegt, um von vornherein auf die europäische Dimension der Aufklärung aufmerksam zu machen. In ihren Beiträgen prüfen sie ferner die Hypothese von der Fähigkeit der Aufklärung zu ihrer Selbstaufklärung sowie den Funktionswandel ihrer Themen und Zukunftsvorstellungen. In der Regel bleibt die Wirkmacht einer Epoche spürbar, die vor rund 350 Jahren eine neue soziale, politische und geistige Formation großen Anspruchs ins Werk setzte. Den Abschluss der einzelnen Beiträge bilden jeweils Bibliographien zu den Quellen und zur Forschung. Diese sind mit der Argumentation der Darlegung verknüpft. Prof. Dr. Heinz Thoma war bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2010 lehrte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg französische und italienische Literaturwissenschaft.

Weiterlesen

Den Menschen ist das Erlebnis der Humanität verloren gegangen

Die ganze Vorstellung der Humanität und des Humanismus gründet in der Idee der menschlichen Natur, die allen Menschen gemeinsam ist. Das war laut Erich Fromm die Prämisse des buddhistischen wie des jüdisch-christlichen Denkens. Der Buddhismus entwickelte ein Bild vom Menschen in existentialistischen und anthropologischen Begriffen und nahm an, dass die gleichen psychischen Gesetze für alle Menschen gelten. Denn die conditio humano ist für alle die gleiche, da alle Menschen in der Illusion der Getrenntheit und Unzerstörbarkeit des eigenen Ichs leben. Jedes Individuum sucht eine Antwort auf das Problem seiner Existenz zu finden, indem es versucht, sich gierig an allen Dingen, einschließlich des Ichs, festzuklammern. Alle Menschen leiden und können nur vom Leiden erlöst werden, wenn sie die Illusion ihres Abgetrenntseins und ihre Gier überwinden.

Weiterlesen

Die Kultur des Rokoko bevorzugt die Sphäre des Weiblichen

Im 18. Jahrhundert nehmen die leidenschaftlichen Versuche kein Ende, die überkommenen Ordnungen und Einrichtungen auf allen Gebieten des öffentlichen und privaten Lebens zu reformieren, die verkrusteten Traditionen in der Politik, den Wissenschaften und Künsten aufzulösen und das Festgefahrene wieder in Fluss zu bringen. Diese Innovationen vollziehen sich in mehreren Phasen an den höfischen Zentren und großen europäischen Residenzen, unter denen die bedeutendsten Paris, München, Berlin, Dresden und Wien sind. Innerhalb einer feudalen Gesellschaft von geistigen und weltlichen Würdenträgern, innerhalb des Hofadels selbst, werden die Umwälzungen, die neuen Denkformen und Lebensstile entwickelt und entfaltet. Dies ist die erste Etappe einer sanften und unblutigen Revolution: die Zeit des Rokoko. Sie bevorzugt im Gegensatz und Widerspruch zum männlich-heroischen Zeitalter des Barock alles, was aus der Sphäre des Weiblichen und aus den Bereichen eines kunstvollen Gefühls für die Natur stammt.

Weiterlesen

Die Stadt Rom verdankt Kaiser Augustus sein Goldenes Zeitalter

Vor 2.000 Jahren starb Kaiser Augustus. Er begründete das römische Kaisertum und schuf damit die Voraussetzung für zwei Jahrtausende europäischer Geschichte und Herrschaftspräsentation. Vor allem Rom hat dem Herrscher viel zu verdanken. Er verwandelte die ewige Stadt, von einer aus Ziegeln in eine aus Marmor. Die Kunst blühte auf, auch die Architektur und das Ingenieurswesen gewannen an Bedeutung. Große Bauprojekte entstanden wie das Pantheon, das Augustus-Forum mit dem Tempel des „Mars Ultor“, des rächenden Kriegsgottes. Außerdem ließ Kaiser Augustus das Marcellus-Theater, das Mausoleum und den Friedensaltar errichten. Er gründete am Rhein die Stadt Köln und herrschte über ein Gebiet, das von Belgien bis zum Arabischen Golf reichte. Nach seinem Tod wurde Kaiser Augustus zum Gott erklärt. Er starb am 19. August des Jahres 14 nach Christus in Nola in der Nähe von Neapel.

Weiterlesen

Die wahre Bewährungsprobe für das Wissen ist seine Nützlichkeit

Die meisten Menschen tun sich sehr schwer, die Wissenschaften zu verstehen, weil ihre Sprache der Mathematik den menschlichen Gehirnen fremd ist und ihre Erkenntnisse oft genug dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen scheinen. Dennoch genießen die Wissenschaften ein sehr hohes Ansehen. Wohl vor allem wegen der Macht, die sie Menschen verleihen. Yuval Noah Harari nennt ein Beispiel: „Präsidenten und Generäle haben zwar keine Ahnung von Atomphysik, aber sie haben recht gute Vorstellungen davon, was sie mit einer Atombombe anrichten können.“ Francis Bacon schrieb in seinem Manifest „Neues Organon“, das er 1620 veröffentlichte, den berühmten Satz: „Wissen ist Macht.“ Der wahre Prüfstein für Wissen war für Francis Bacon nicht, ob es wahr ist oder nicht, sondern ob es den Menschen Macht verleiht. Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

Weiterlesen

Michelangelo betrachtete sich als den zweiter Schöpfer der Welt

Das Künstlergenie Michelangelo, das von 1475 bis 1564 lebte, starb am 18. Februar von 450 Jahren. Michelangelo malte und arbeitete nicht nur für seine Zeitgenossen, sondern es ging ihm immer um die ganze Menschheit, die sich in seiner Kunst wiederfinden sollte, überall und zu allen Zeiten. Denn was Michelangelo schuf, war von universaler Wahrheit. Deshalb hat auch die Würdigung seiner Kunst durch späterer Generationen erwartet. Er sah in sich selbst so etwas wie einen zweiten Schöpfer der Welt. Deswegen sieht der Gott an der Decke der Sixtinischen Kapelle mit seinem langen Bart Michelangelo sehr ähnlich. Er stellt Gott als dynamische Gestalt dar, die über die Bildfelder tanzt, das Helle vom Dunklen trennt, Sterne, Tiere, Pflanzen und schließlich den Menschen erschafft.

Weiterlesen