Einst war Gott für das Schicksal verantwortlich

Wer hätte nicht schon mal versucht, dem Masterplan des Lebens auf die Spur zu kommen, dem Schicksal, dem Nicht-Wählbaren, dem Kontingenten? Fragen zu klären wie: Warum geschieht gerade dies mir, uns, ihnen? Der Mensch ist ein Warum-Wesen. Reinhard K. Sprenger erläutert: „Er sucht für jedes Phänomen eine Erklärung, eine Ordnung. Eine Ur-Sache. Und wenn er sie nicht findet, er-findet er eine.“ Früher war diese Ursache einsilbig: Gott. Wenn die Ernte ausblieb – Gott will uns strafen. Starb jemand zu früh – Gottes Wille. Hatte man Glück – Gott hat Gnade walten lassen. Den Extremfall etikettierte man als „Jüngsten Tag“. Man verbeuge sich vor dem Göttlichen, dem Unabänderlichen, was ein Mensch ist und wie ihm geschieht. Reinhard K. Sprenger, promovierter Philosoph, ist einer der profiliertesten Führungsexperten Deutschlands.

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Sokrates verführte Bürger zur Philosophie

Sokrates wendet sich nicht im Namen einer vermeintlich höheren Wahrheit von den gewöhnlichen Sterblichen und ihren Meinungen ab. Sondern er legt in den Meinungen selbst ein Wahrheitspotenzial frei. Juliane Rebentisch weiß: „Seine Mäeutik, die sokratische Hebammenkunst, zwingt die Gegenüber im Gespräch dazu, ihre Meinungen im Spiegel anderer möglicher Sichtweisen zu betrachten und so auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.“ Eben darin war Sokrates skandalös: dass er die gewöhnlichen Bürger zur Philosophie verführte. Mit dem Ergebnis, dass sich die „unbedarfte Sittlichkeit Athens“ zersetzte. So nannte Hegel das vorkritische Verhältnis der Athener zu den geltenden Gesetzen und Geboten. In seinen Augen ist das sokratische Prinzip jedoch von einem entscheidenden Mangel gekennzeichnet. Juliane Rebentisch ist Professorin für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main.

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Hegel war der letzte Systembauer von Bedeutung

Heute geschieht mit der Philosophie etwas Ähnliches wie früher mit der Tragödie. Ágnes Heller erklärt: „Nach dem Zusammenbruch des hegelschen Systems traten mehrere repräsentative Denker in die Tradition der philosophischen Literaturgattung ein.“ Schon vor Georg Wilhelm Friedrich Hegel haben nicht alle Philosophen Systeme errichtet. Aber nach ihm gab es keine Systembauer von Bedeutung mehr. Was vom traditionellen philosophischen Denken blieb, ist die Trennung der empirischen und der transzendentalen Untersuchungsebene und die Hermeneutik als Interpretation des Anderen. Ágnes Heller, Jahrgang 1929, war Schülerin von Georg Lukács. Ab 1977 lehrte sie als Professorin für Soziologie in Melbourne. 1986 wurde sie Nachfolgerin von Hannah Arendt auf deren Lehrstuhl für Philosophie an der New School for Social Research in New York. Ágnes Heller starb am 19. Juli 2019 in Ungarn.

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Nichts kann der Vernunft widerstehen

Die Sonderausgabe des Philosophie Magazins steht diesmal ganz im Zeichen von Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Denn er zählt zu den wirkmächtigsten Philosophen der Geschichte. Seine Überlegungen zu Fortschritt, Staat und Freiheit sind von ungebrochener Aktualität. Seine Werke gelten zwar als schwer verständlich, doch sie werden dennoch weiter gelesen. So zum Beispiel von dem österreichischen Schriftsteller und Essayisten Robert Menasse: „Als ich die ersten Seiten der „Phänomenologie des Geistes“ las, wusste ich sofort, dass ich „meinen“ Philosophen gefunden hatte. Keinen Mann mit klugen Gedanken, sondern den Geist von Selbst- und Weltverständnis.“ Was viele Menschen an der Philosophie Hegels fasziniert, ist das Versprechen der Vernunft. Nichts, weder Natur noch Geschichte noch die soziale Wirklichkeit kann seiner Meinung nach der Vernunft widerstehen. Er beharrt sogar darauf, dass selbst das Unvernünftigste noch einen Keim der Vernunft in sich trägt.

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Spiel ist schöpferisches Tun und Zeit der Eroberung

„Denn … der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ Friedrich Schiller weist dem Spiel mit diesen Worten eine herausragende Rolle in seinem idealen Programm zur ästhetischen Erziehung des Menschen zu. Dieses strebt eine schöpferische und glückliche Subjektivität an, wo Leidenschaft und Vernunft, das Schöne und das Gute endlich in erhoffter Harmonie zusammen existieren können. Isabella Guanzini weiß: „Wenn man spielt, vergessen die unterschiedlichen Seelenvermögen ihre Konflikte und Eifersüchteleien. Und alles nimmt einen leichteren Ton an, ohne an Intensität zu verlieren.“ Es ist als gewänne das Spiel jedes Mal diese ursprüngliche Dimension des Lebens zurück. Isabella Guanzini ist Professorin für Fundamentaltheologie an der Universität Graz.

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Carlo Rovelli kennt das Geheimnis der Zeit

Das Geheimnis der Zeit beunruhigte die Menschen seit jeher und weckt tief verwurzelte Gefühle. Parmenides wollte der Zeit die Realität absprechen, Platon ersann ein Reich der Ideen außerhalb der Zeit. Und Georg Wilhelm Friedrich Hegel spricht von dem Augenblick, in dem der Geist die Zeitlichkeit überwindet. Carlo Rovelli ist überzeugt, dass diese Denker die Verunsicherung zu überwinden trachteten, welche die Zeit in den Menschen auslöst: „Um dieses beunruhigende Gefühl abzuschütteln, haben wir die Existenz der Ewigkeit ersonnen.“ Dabei handelt es sich um eine seltsame Welt außerhalb der Zeit, nach den Wünschen der Menschen bevölkert mit Göttern, einem einzigen Gott oder unsterblichen Seelen. Die Physik hilft den Menschen, Schicht um Schicht in das Geheimnis der Zeit vorzudringen. Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Der dialektische Dreischritt ist ein Gerücht

Der berühmte dialektische Dreischritt ist für Patrick Eiden-Offe nur ein Gerücht. Denn die ewige Leier von These, Antithese und Synthese hilft nicht wirklich weiter. Das wird schon dadurch deutlich, dass die drei Begriffe in der „Logik“ von Georg Wilhelm Friedrich Hegel in der erwarteten Kombination gar nicht vorkommen. Die Begriffe tauchen zwar vereinzelt auf. Aber dies durchgängig nur im Kontext einer Beschäftigung mit Immanuel Kant. Patrick Eiden-Offe stellt fest: „Hegel entleiht die Begriffe Kants. Er macht sie sich aber nie zu eigen.“ Dennoch bleibt in der „Logik“ eine gewisse Ordnung erhalten. An die Stelle des leeren Schematismus, der sich über die dialektische Methode gelegt hat, tritt nicht unversehens ein Chaos oder freies Fluten. Patrick Eiden-Offe ist Literatur- und Kulturwissenschaftler.

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Søren Kierkegaard ringt mit der Religion

Søren Kierkegaard schuf auf den ersten Blick ein Oeuvre, das auf den ersten Blick eher literarisch als philosophisch anmutet. Er wurde in einer protestantisch-pietistischen Familie in Kopenhagen geboren. Dort verbrachte er bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1855 sein ganzes Leben. Ger Groot stellt fest: „Søren Kierkegaard hat sein Leben lang gegen die Staatskirche seiner Zeit polemisiert. Ebenso wie Friedrich Nietzsche focht er einen Kampf mit der Religion aus. Aber anders als Nietzsche distanzierte er sich nicht von ihr.“ Er suchte vielmehr nach einer authentischen Religion, in der der menschlichen Sehnsucht nach Erlösung der gebührende Ernst zukam. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam. Zudem ist er Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Hegel ist der Philosoph der Drei

Der Georg Wilhelm Friedrich Hegel der Ordnung und des Systems ist der Philosoph der Drei: des dialektischen Dreischritts von These, Antithese und Synthese. Patrick Eiden-Offe stellt fest: „Und tatsächlich ist die „Logik“ ein Buch – ein Buch aus drei Büchern natürlich – das von einer regelrechten Triadomanie strukturiert wird.“ Die Drei ist die obsessive Ordnungsmacht, die dem Leser schon bei einer oberflächlichen Betrachtung der Gliederung entgegenkommt. Und in der Tat verrät diese ubiquitäre Dreiteilung viel über Struktur und Funktionsweise dieses Denkens. „Die Logik der Triaden“ setzt sich aus drei Büchern zusammen. Nämlich aus der „Lehre vom Sein“, der „Lehre vom Wesen“ und der „Lehre vom Wesen“. Alle drei Bücher sind jeweils auf mindestens drei Stufen wiederum triadisch gegliedert. Patrick Eiden-Offe ist Literatur- und Kulturwissenschaftler.

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Die Dialektik lebe hoch

Patrick Eiden-Offe fordert: „Die Dialektik, sie lebe hoch – auch und gerade in finsteren Zeiten. Sie lebe hoch, nicht als ein Ordnungswissen. Sondern als eine Sichtweise, die jene Unordnung sichtbar macht, auf der sich jede Ordnung erhebt.“ Die Dialektik lebe hoch als Einübung in einen Blick, der selbst noch in den finstersten Machenschaften der Gegenwart die Komödie zu erblicken vermag. Und in der Komödie die nicht zu unterdrückende Tendenz jeder Ordnung zu erkennen, sich selbst zu entlarven. Wenn die Dialektik ein Weltprinzip ist, wie es die Hegelianer aller Zeiten immer wieder behauptet haben, dann muss sie nach Bertolt Brecht als „humoristisches Weltprinzip“ gelten. Nämlich als ein Weltprinzip davon, dass es kein Weltprinzip geben kann. Ja, es ist eine Komödie, auch und gerade, wenn es nichts zu lachen gibt. Patrick Eiden-Offe ist Literatur- und Kulturwissenschaftler.

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Hegel ist ein Philosoph des Politisches

Georg Wilhelm Friedrich Hegel ist offensichtlich ein Philosoph des Politischen, und so wurde und wird er auch rezipiert. In der Gegenwart gibt es zudem ein starkes Interesse an seiner Rechtsphilosophie. In dieser sehen viele ein probates Mittel zur Überwindung der Krise der liberalen Demokratien. Patrick Eiden-Offe stellt fest: „Das ganze 20. Jahrhundert hindurch zog man Hegel als Ratgeber in Krisen- Umbruchssituationen heran.“ Der große marxistische Literaturwissenschaftler Hans Mayer hat Hegels „Phänomenologie des Geistes“ immer wieder gelesen: „Nicht als berühmtes Buch der Philosophiegeschichte, sondern als Einübung beim Verstehen meiner jeweiligen Gegenwart“. Es geht also nicht darum, die Begriffe Hegels auf die eigene Gegenwart in Gebrauch zu nehmen. Sondern es geht darum, die Gegenwart erst einmal als eine unverstandene anzuerkennen und sich ihr dann in einem langen Prozess anzunähern. Patrick Eiden-Offe ist Literatur- und Kulturwissenschaftler.

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Der Einzelne ist gefährdet und anfällig

Die Einzelnen, so der von Georg Wilhelm Friedrich Hegel bis George Herbert Mead durchgespielte Gedanken, gewinnen nur in Bezug auf die anderen einen Begriff ihrer selbst. Das Leben schreitet unaufhörlich durch verschiedene Lebensphasen fort. Dazu zählen ein Ortswechsel, ein neuer Lebenspartner oder völlig zufällige Begegnungen. Deshalb verstricken sich die Menschen in ein immer dichteres und weiteres Netz wechselseitiger Abhängigkeiten. Dabei entstehen existentielle Schutzbedürfnisse. Heinz Bude ergänzt: „Wir suchen uns im Blick der anderen zu erkennen, und erleben in solchen Momenten, wie gefährdet und anfällig wir sind.“ Die Integrität des Einzelnen lässt sich nicht ohne die Integrität der sie haltenden Beziehungen und Verhältnisse wahren. Denn ein Individuum kann seine Identität niemals für sich allein behaupten. Seit dem Jahr 2000 ist Heinz Bude Inhaber des Lehrstuhls für Makrosoziologie an der Universität Kassel.

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Im Organismus ist alles Mittel zum Zweck

Die unverzichtbare Verknüpfung von Zweck und Mittel ist in Immanuel Kants kritischer Ethik nur ein Nebenaspekt. Volker Gerhardt ergänzt: „In seiner Theorie des Lebendigen, die er im zweiten Teil der „Kritik der Urteilskraft“ entwirft, wird sie hingegen zum zentralen Thema. Lebendig ist alles, in dem Ursache und Wirkung in einer derart engen Wechselwirkung stehen, dass sie gegenseitig im Verhältnis von Zweck und Mittel stehen.“ In einem Organismus ist alles Mittel zum Zweck der Erhaltung des Ganzen. Dieses kann man selbst als das Mittel begreifen, das jedem seiner Organe die Existenz und die Funktion ermöglicht. Immanuel Kant war der erste, der diese lebendige Einheit unter den Begriff der „Selbstorganisation“ fasst. Volker Gerhardt war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität in Berlin.

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Der Begriff der Identität vereint drei Phänomene

Der moderne Begriff der Identität vereint drei unterschiedliche Phänomene. Das erste ist Thymos, ein universaler Aspekt der menschlichen Persönlichkeit, der sich nach Anerkennung sehnt. Das zweite ist die Trennung zwischen dem inneren und äußeren Selbst. Sie ist verbunden mit der Priorisierung des inneren Selbst gegenüber der äußeren Gesellschaft. Diese Erscheinung bildete sich erst im frühzeitlichen Europa heraus. Das dritte ist ein sich entfaltender Begriff der Würde, nachdem Anerkennung nicht bloß einem engen Zirkel, sondern allen Menschen gebührt. Francis Fukuyama stellt fest: „Durch die Erweiterung und Universalisierung der Würde wird die private Suche nach dem Selbst zu einem politischen Projekt.“ Francis Fukuyama ist einer der bedeutendsten politischen Theoretiker der Gegenwart. Sein Bestseller „Das Ende der Geschichte“ machte ihn international bekannt.

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Das Lesen einer Zeitung ist ein Morgensegen

In den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts erleben die Medien eine der spannendsten Transformationen seit ihrer Entstehung. Mehrere Jahrhunderte lang was das Lesen einer Zeitung, was der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel als „eine Art von realistischem Morgensegen“ bezeichnete und mit dem anderen möglichen Morgensegen kontrastierte: „Man orientiert seine Haltung gegen die Welt an Gott oder an dem, was die Welt ist.“ Im 20. Jahrhundert kamen zu den gedruckten Medien ein paar Radiosender und dann ein paar Fernsehkanäle dazu. Sie besaßen ein großes Publikum und einem ähnlich großen Autoritätsanspruch. Timothy Garton Ash weiß: „Walter Cronkite, der legendäre Moderator der US-amerikanischen Fernsehnachrichten, pflegte sein Abendprogramm mit den Worten „So ist es nun mal“ zu schließen. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die Ästhetik konkurriert mit der Philosophie

Was heißt es, ein Mensch zu sein? Und insbesondere was heißt es in der heutigen Zeit ein Mensch zu sein? Das sind Fragestellungen, die typisch für Philosophen sind. Aber die Philosophie hat in ihrem Versuch, die großen Fragen nach dem Menschen und seinem in der Welt sein zu beantworten, durchaus auch Konkurrenz. Lambert Wiesing stellt fest: „Der zweifellos bekannteste Mitbewerber ist die Religion.“ Man sollte seiner Meinung allerdings folgendes nicht übersehen. Nämlich dass es noch einen weiteren wichtigen Mitbewerber für die Zuständigkeit für die großen Fragen gibt. Denn es ist keineswegs so, dass sich nur die Philosophie und die Religion mit der Frage nach der „conditio humana“ befassen. Prof. Dr. Lambert Wiesing lehrt an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena Bildtheorie und Phänomenologie. Außerdem ist er geschäftsführender Direktor des Instituts für Philosophie.

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Taten haben den Charakter der Offenbarung

Für Georg Wilhelm Friedrich Hegel sind das „Wer“, auf das man Bezug nimmt, um seine Handlungen zu rechtfertigen, jene Menschen, die gewohnheitsmäßig eine ähnliche Form des ethischen Lebens führen wie man selbst – eine kulturelle Hilfsvorrichtung, die sich im Lauf der Zeit entwickelt hat und einen sinnvollen Rahmen für die eigenen Aktivitäten darstellt. Matthew B. Crawford erklärt: „In einer solchen Welt haben Taten einen Offenbarungscharakter. Sie sprechen für sich, und zwar deswegen, weil sie sich an andere richten oder womöglich von anderen aufgenommen werden, die in derselben Kultur leben, in der die Taten mehr oder minder feststehende Bedeutungen haben.“ Das bedeutet jedoch, dass in Zeiten kultureller Veränderlichkeit und Ungewissheit, in denen keine Klarheit über die Regeln besteht, das soziale Verständnis für die individuelle Handlungsmacht auf eine grundlegende Schwierigkeit stößt. Matthew B. Crawford ist promovierter Philosoph und gelernter Motorradmechaniker.

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Der Mensch erkennt sich selbst in seinem Handeln

Der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel beschäftigte sich eingehend mit den Wechselwirkungen zwischen der Welt im Inneren und der Außenwelt. Zudem untersuchte er ihre Funktion für die Selbsttäuschung. Nach Georg Wilhelm Friedrich Hegel erkennen wir uns selbst in unserem Handeln. Und das Handeln ist an sich sozial. Seine Bedeutung hängt weitgehend davon ab, wie es von anderen wahrgenommen wird. Matthew B. Crawford erläutert: „Die wesentliche Frage der Selbsterkenntnis lautet, wie wir uns anderen durch unser Handeln verständlich machen können. Nur dann können sie uns ein Spiegelbild von uns vorhalten.“ Für Georg Wilhelm Friedrich Hegel gibt es kein Selbst zu entdecken, das vor dem in der Welt seienden Selbst oder auf einer „tieferen Ebene“ als dieses existieren würde. Matthew B. Crawford ist promovierter Philosoph und gelernter Motorradmechaniker.

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Patrick Eiden-Offe bewahrt Hegels Denken

„Die Wissenschaft der Logik“ von Georg Wilhelm Friedrich Hegel ist ein weitgehend ungelesenes Hauptwerk der Philosophiegeschichte. Patrick Eiden-Offe hat sich die Aufgabe gestellt, die „Logik“ jeden Morgen eine Stunde zu studieren, konsequent von Anfang bis Ende. Seine Erkenntnisse hat er in dem Buch „Hegels Logik lesen“ festgehalten. Dabei hat er einen Philosophen entdeckt, dessen radikales Denken zu einer ganz eigenen, hermetischen Sprache drängt. Diese ist allenfalls noch mit der Friedrich Hölderlins vergleichbar. Georg Wilhelm Friedrich Hegel will der Sache auf den Grund gehen und kann dann nur noch protokollieren, wie sie zugrunde geht. Überraschenderweise trägt seine Philosophie zudem die Züge eines abgründigen Humors. Georg Wilhelm Friedrich Hegel ist aber auch ein Philosoph des Politischen, und so wurde und wird er immer rezipiert.

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Alle Menschen besitzen die gleiche Würde

Martin Luther, Jean-Jacques Rousseau, Immanuel Kant und Georg Wilhelm Friedrich Hegel hatten unterschiedliche Vorstellungen von Würde. Aber alle waren Universalisten. Denn sie glaubten an die Gleichheit der Würde aller Menschen aufgrund ihres Potenzials für innere Freiheit. Francis Fukuyama ergänzt: „Indes nimmt das Verlangen nach Anerkennung häufig eine speziellere Form an und konzentriert sich auf die Würde einer bestimmen Gruppe, die marginalisiert oder missachtet worden ist.“ Im Lauf der Geschichte verstanden viele Menschen das innere Selbst, das sichtbar gemacht werden musste, nicht als Teil aller Erdenbürger. Sondern sie betrachteten es als Teil einer spezifischen Person mit genau definierter Herkunft und ebensolchen Bräuchen. Francis Fukuyama ist einer der bedeutendsten politischen Theoretiker der Gegenwart. Sein Bestseller „Das Ende der Geschichte“ machte ihn international bekannt.

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Die Existenz geht der Essenz voraus

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 05/2020 lautet: „Ins Offene – Wie lebe ich mit der Ungewissheit?“ Nichts ist sicher, nichts vorhersehbar. In der Coronakrise spitzt sich die Unsicherheit zu, die fundamental für das Leben vieler Menschen ist. Selten war die so planungsbedürftige Zivilisation mit so viel Ungewissheit konfrontiert wie derzeit. Doch so historisch einmalig die aktuelle Situation auch wirken mag, offenbart sich in ihr dennoch nichts grundsätzlich Neues, sondern vielmehr die Intensivierung eines menschlichen Grundgefühls. Denn es ändert sich im Grundsatz eben nichts daran, dass Menschen ungewiss in die Welt gestellt sind. Sie müssen also mit der Offenheit ihrer Existenz umgehen. Exemplarisch mag dafür der berühmte Satz von Jean-Paul Sartre stehen: „Die Existenz geht der Essenz voraus.“ Das heißt: Der Mensch tritt in die Welt ein, ohne in seinem Wesen festgelegt zu sein.

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Die Wirklichkeit verändert sich ständig

Georg Wilhelm Friedrich Hegel denkt, dass in der Geschichte mehr vor sich geht als „das eine Ereignis, das auf das andere folgt“. Die Wirklichkeit, in welcher der Mensch lebt, ist selbst in einer permanenten Transformation begriffen. Die Veränderungen betreffen auch grundlegende Kategorien wie Wahrheit, Recht und politische Ordnung. Ger Groot ergänzt: „Nicht nur die Tatsachen verändern sich, sondern auch der Maßstab, nach dem sie beurteilt und verstanden werden. Daher verändert sich auch ihre Bedeutung.“ Was in einem Moment der Geschichte wahr ist, muss es in einem anderen Moment nicht sein. Was heute als gerecht gilt, muss fünfhundert Jahre früher nicht per se als gerecht gegolten haben. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam und ist Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Der Mensch ist als Teil mit einem Ganzen verbunden

Die ersten großen Denker in der Epoche der Renaissance Marsilius Ficinus und Pico della Mirandola lassen das griechische Ideal der Weisheit wiederaufleben. Frédéric Lenoir erläutert: „Sie versuchen, nach dem Vorbild der Antike den Menschen in einem Kosmos zu integrieren: Der Mensch ist als Teil mit einem Ganzen verbunden und muss sich der universellen Gesetzen der Natur unterwerfen.“ Im 17. Jahrhundert denkt der Philosoph Baruch Spinoza gewissermaßen die von den Denkern der Antike ererbte Sichtweise weiter. Er entwickelt eine ethische Philosophie, die ganz dem Streben nach Weisheit verpflichtet ist. Im vorigen Jahrhundert hatte auch Montaigne eine Weisheit „auf der Höhe des Menschen“ vorgeschlagen. Diese ist zwar von Skeptizismus gefärbt, aber auch auf Glück und Freude ausgerichtet. Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.

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Die Denker der Antike strebten nach Weisheit

Die ersten großen Denker in der Epoche der Renaissance Marsilius Ficinus und Pico della Mirandola lassen das griechische Ideal der Weisheit wiederaufleben. Frédéric Lenoir erläutert: „Sie versuchen, nach dem Vorbild der Antike den Menschen in einem Kosmos zu integrieren: Der Mensch ist als Teil mit einem Ganzen verbunden und muss sich der universellen Gesetzen der Natur unterwerfen.“ Im 17. Jahrhundert denkt der Philosoph Baruch Spinoza gewissermaßen die von den Denkern der Antike ererbte Sichtweise weiter und entwickelt eine ethische Philosophie, die ganz dem Streben nach Weisheit verpflichtet ist. Im vorigen Jahrhundert hatte auch Montaigne eine Weisheit „auf der Höhe des Menschen“ vorgeschlagen, die zwar von Skeptizismus gefärbt, aber auch auf Glück und Freude ausgerichtet ist. Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.

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Hegel formuliert einen Idealismus der Freiheit

Für Georg Wilhelm Friedrich Hegel ist die Freiheit das Alpha und das Omega des absoluten Idealismus. Er schreibt im „Kritischen Journal“: „Die Berührungspunkte der Philosophie mit der gesamten Kultur sollen aufgespürt und die Relevanz der Philosophie für eine neuzeitliche Gesellschaft der Freiheit vorgelegt werden.“ Wie Klaus Vieweg in seiner Biografie über Hegel schreibt, kann der Begriff der Freiheit, der für Hegel den Mount Everest der Philosophie darstellt, erst durch die Aufhebung der praktischen Vernunft von Immanuel Kant und Johann Gottlieb Fichte bezwungen werden. Dabei geht es um das Überwinden zweier Entwürfe, die sich beide ausdrücklich als Freiheitsdenken verstanden haben. Der Mangel des formalen Idealismus der Freiheit liegt für Hegel im Gedanken der rein negativen Freiheit, der sich aus der Annahme eines negativen, leeren Absoluten ergibt. Klaus Vieweg ist Professor für klassische deutsche Philosophie an der Friedrich-Schiller Universität Jena und einer der international führenden Hegel-Experten.

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