Die Begriffe Kultur und Zivilisation sind mehrdeutig

Es mag den Anschein haben, als sei Kultur eine Frage der Werte und Zivilisation eine Sache der Gegebenheiten, doch jeder der beiden Begriffe lässt sich normativ und deskriptiv verwenden. Terry Eagleton erklärt: „Das Wort >ganz< in dem Ausdruck >eine ganze Lebensweise< kann deskriptiv >vollständig< bedeuten, aber auch normativ >vereinigt<, >ganzheitlich<, >ohne Mangel<.“ Wenn der Anthropologe Edward Burnett Tylor im 19. Jahrhundert Kultur und Zivilisation definiert als „jenen Inbegriff von Wissen, Glauben, Kunst, Moral, Gesetz, Sitte und allen übrigen Fähigkeiten und Gewohnheiten, welche der Mensch als Glied der Gesellschaft sich angeeignet hat“, spricht er deskriptiv. Wenn der Dichter Henry James Pye im 18. Jahrhundert in seinem Gedicht „The Progress of Refinement“ schreibt: „Auf dem afrikanischen Schwarz zeigt sich keinerlei Kultur“, versteht er das als Wertung. Der Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy.

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Gilles Deleuze nähert sich der Philosophie über Begriffe

Der französische Philosoph Gilles Deleuze definiert die Philosophie als die Erschaffung von Begriffen beziehungsweise ganzen Begriffskaskaden. Diese Bestimmung setzt drei wesentliche Dinge voraus. Erstens ist der Begriff keine bloße Funktion oder Merkmalseinheit, außerdem kein identischer Ausdruck einer Singularität und kein Überflug eines Ereignisses im und durch das Denken. Die philosophischen Begriffe stellen keine universalen oder transzendenten Ganzheiten dar, sondern sind intensive Mannigfaltigkeiten, durch die ein Feld der menschlichen Erfahrung Form und Konsistenz gewinnt, das sonst nicht zugänglich wäre.

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Sokrates wendet in seiner Philosophie die Technik der Mäeutik an

Von Sokrates, der von 469 bis 399 vor Christus lebte, gibt es keine schriftlichen Überlieferungen. Deshalb wird er gerne als der „sprechende Philosoph“ bezeichnet. Über seine Gedanken und sein Leben wissen wir durch seinen Schüler Platon. Sokrates wandte in seiner Philosophie als zentrale Methode nicht die Lehre eines systematischen Denkens an, das den Gesetzmäßigkeiten der Logik und Kausalität folgt, sondern er benutzte eine dialogische Technik, die den Gesprächspartner selbst durch die Fragen des Philosophen zu den richtigen Erkenntnissen führt. Den Prozess der Erkenntnisgewinnung machen dabei die Antworten und weitere Fragen aus. Es kommt hierbei auf die genaue Einschätzung des Lehrers in Bezug auf die Antworten des Schülers an, um im Fortlauf des Dialogs den Wandel von Nichtwissen in Wissen zu befördern.

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