Larry Summers warnt vor einer weltweiten säkularen Stagnation

Der amerikanische Starökonom Larry Summers war schon Finanzminister der USA, Chefberater von Präsident Barack Obama, Chefökonom der Weltbank und Präsident der Harvard-Universität. Bei einer Veranstaltung des Internationalen Währungsfonds (IWF) im November 2013 verblüffte er die Zuhörer mit der These, Amerika sei in eine Phase der säkularen Stagnation eingetreten. Der Aufschwung, der in den USA nach der Finanzkrise einsetzte, ist seiner Meinung nach ungewöhnlich schwach ausgefallen. Und diese Wachstumsschwäche hatte schon vor der eigentlichen Krise eingesetzt. Deshalb ist sie laut Larry Summers von säkularer Natur und kann nur mit außergewöhnlichen Maßnahmen bekämpft werden. Das gilt nicht nur für die USA, sondern auch für Japan und Europa. Seitdem wirbt Larry Summers weltweit für seine Theorie. So behauptet er unter anderem, dass die aggressive Geldpolitik der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) unwirksam ist, wenn nicht gar schädlich.

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Im zwanzigsten Jahrhundert beschleunigte sich jede Entwicklung

Der Beginn des 20. Jahrhunderts war von großem Optimismus für die Zukunft bestimmt. Die Euphorie entstand aus dem Gefühl der gewaltigen Beschleunigung jeglicher Entwicklung, die für das neue Jahrhundert so typisch werden sollte. Der Fortschritt löste sich wie eine Kettenreaktion vom geplanten Wollen, entzog sich jeder möglichen Kontrolle und begann blindlings ein nicht erkennbares Ziel anzusteuern, ohne dass die Frage, wie das wohl dem Menschen bekommen würde, hätte beantwortet werden können. Dem Menschen gilt dann auch im zunehmenden Maße die Sorge der Gegenwart, seinem Menschsein und Mensch bleiben können in einer entfremdeten Umwelt, deren Schöpfer er selbst ist. Große Gefahren lauern in der möglichen Selbstzerstörung durch den hemmungslosen Verbrauch und Verschleiß der menschlichen Lebensgrundlagen sowie im übermütig, fahrlässigen Umgang mit den Urkräften der Natur, die der Mensch im 20. Jahrhundert freizusetzen lernte.

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Zur Heilung von Mangelanämien reicht oft schon ein Diätplan

Schwach, müde und blass: Oft kann Blutarmut der Grund für diese Symptome sein. Die medizinische Diagnose heißt dann Anämie. Das Blut ist bekanntlich für viele Funktionen im Körper verantwortlich. Ein Mangel an rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin) oder roten Blutkörperchen (Erythrozyten) kann viele unangenehme Folgen haben. Dazu zählen unter anderem Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Atemnot, Leistungsabfall und Herzklopfen bei Belastung. Anämie kann dafür die Ursache sein. Die roten Blutkörperchen werden im Knochenmark gebildet. Die Anzahl der neuen Erythrozyten reguliert das Erythropoetin, ein Hormon, das in der Niere gebildet wird. Ein gesunder Erwachsener hat etwa 25.000 Milliarden rote Blutkörperchen, die ständig auf- und abgebaut werden. Ihr wichtigster Bestandteil ist der rote Blutfarbstoff, das Hämoglobin, der sich aus Eiweiß und dem eigentlichen Blutfarbstoff, dem Häm, zusammensetzt. Das Häm ist eine eisenhaltige Substanz, die für die Bindung des Sauerstoffs an die roten Blutkörperchen sorgt.

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Rebekka Reinhard wirft einen philosophischen Blick auf die Mode

Seit David Beckham auf die merkwürdige Idee kam, mit einer übergroßen Wollmütze – in Fachkreisen auch Beanie genannt – herumzulaufen, ist in der Mode nichts mehr wie es war. Die Wollmütze ist für Rebekka Reinhard ein gutes Beispiel dafür, worum es heute in der Mode geht: „Oberstes Prinzip ist nicht mehr, wie zu Zeiten des Sonnenkönigs, die Eleganz, sondern die Neuheit.“ Eleganz und Kleidsamkeit haben ihre Bedeutung für das Modischen verloren. Nach gut dreihundertvierzig Jahren ist die Haute Couture fast ausgestorben. Der Mode geht es nicht mehr darum, dem Körper zu schmeicheln, indem sie aus einer Frau eine Dame und aus einem Mann einen Herren macht. Dr. Rebekka Reinhard studierte Philosophie, Amerikanistik und Italianistik und promovierte über amerikanische und französische Gegenwartsphilosophie. Zu ihren erfolgreichen Büchern zählen „Die Sinn-Diät“, „Odysseus oder Die Kunst des Irrens“ und „Würde Platon Prada tragen?“

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Eine Grunderfahrung der Moderne ist das Verstummen der Welt

Eigentlich sollte der technische Fortschritt den Menschen mehr Zeit schenken. Doch eher ist das Gegenteil geschehen. Laut Beschleunigungstheoretiker Hartmut Rosa sind moderne, kapitalistische Gesellschaften durch eine Steigerungslogik gekennzeichnet. Sie müssen wachsen, beschleunigen, Informationen verdichten, um am Leben zu bleiben. Die Menschen sind zwar heute viel mobiler als früher, fahren mit dem Auto, fliegen mit dem Flugzeug, aber dafür werden auch die Wege länger, die sie zurücklegen. Hartmut Rosa erklärt: „Es ist die Steigerungslogik, die das Zeitproblem hervorruft. Und es ist nicht nur der Kapitalismus, der diese Steigerungsraten erzwingt.“ Zu den anderen Strukturen, die ebenfalls für die Rastlosigkeit vieler Menschen verantwortlich sind, zählt die Konkurrenz, über die moderne Gesellschaften funktionieren. Hartmut Rosa ist Professor für Soziologie an der Universität Jena sowie Gastprofessor an der New School University, New York.

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Die europäische Integration vollzog sich in Schüben und Sprüngen

Für die Bundesrepublik brachte das Projekt Europa nicht nur die schrittweise Rückgewinnung der staatlichen Souveränität und den Schutz vor der Sowjetunion im Kalten Krieg, sondern auch die Versöhnung mit Frankreich. Die Deutschen konnten sich endlich aus jener halbhegemonialen Position und einer gefährlichen außenpolitischen Isolierung befreien. Die europäische Einigung erscheint vielen Historikern als logische Fortsetzung der deutschen Nationalgeschichte. Doch Dominik Geppert hat ein Problem mit dieser gängigen Interpretation, da sie mit den Entwicklungen der vergangenen Jahre immer weniger in Einklang zu bringen ist. Er vertritt die These, dass sich die gängigen historischen Begründungen der europäischen Einigung gerade in ihr Gegenteil verkehren. Dominik Geppert erklärt: „Das gilt für den Abbau zwischenstaatlicher Konflikte ebenso wie für die Bewahrung von Recht und Demokratie und die Mehrung von Sicherheit und Wohlstand.“ Dominik Geppert ist seit 2010 ordentlicher Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

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In gewissen Epochen häufen sich die Chancen auf ein neues Leben

Jede Epoche hatte dies kostbarste aller Güter: das Bild des erhofften, begehrten, möglichen „Neuen Lebens“. Henri Lefebvre schreibt: „Für das Neue Leben war man imstande zu sterben, folglich auch zu töten.“ Gekennzeichnet ist die Suche nach einem Neuen Leben durch eine mehr oder minder radikale Kritik des Bestehenden sowie die gründliche Zurückweisung der bestehenden Ordnung. Denn das Neue Leben ist bereits da, in der Nähe, ist möglich, fast gegenwärtig, allerdings noch unterdrückt im Abseits und harrt dort des Augenblicks der Befreiung. Das innovative Dasein, das etwas zum Vorschein bringen soll, ist indes nur scheinbar neu. Es ist absolut, außerhalb der Zeit – ebenso alt wie neu. Es ist mit den Worten Henri Lefebvres gesprochen Wiederholung, Wiedergeburt, Rückkehr zum Verlorenen, Wiederherstellung des Unverstümmelten sowie Auferstehung.

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Robert J. Shiller nennt einige Gründe für den Vertrauensimpuls

Dem Risikoimpuls steht ein nahezu entgegengesetzter Impuls der Konventionalität und der Vertrautheit gegenüber. Dieser kann viele Formen annehmen. Für Robert J. Shiller ist dabei vor allem jener Aspekt wichtig, dass er die Menschen dazu bringen kann, sich auf altmodische Finanzinstitute und überholte Wirtschaftsstrukturen zu stützen. Robert J. Shiller schreibt: „So abstrakt Finanzkonzepte sind, so schwer sind sie für die meisten Menschen zu verstehen. Sie befürchten, von anderen manipuliert oder betrogen zu werden, die mit diesen Konzepten besser vertraut sind.“ Dennoch erkennen die meisten Menschen sofort, dass finanzielle Vorkehrungen für ihr langfristiges Wohlergehen enorm wichtig sind, sei es privat oder für den nachhaltigen Erfolg im Beruf. Robert J. Shiller lehrt Wirtschaftswissenschaften an der Yale University und zählt zu den einflussreichsten Vordenkern in der globalen Wirtschaft. Seit Jahren wird er als einer der Topanwärter für den Wirtschaftsnobelpreis gehandelt.

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Ralf Dahrendorf erklärt die Entstehung der Bürgerrechte

Die Bürgerrechte haben ihren Ursprung laut Ralf Dahrendorf in drei Quellen: Erstens in der Burg, zweitens in der aus den ländlichen Feudalstrukturen herausgenommenen mittelalterlichen Stadt und drittens im antiken Stadtstaat. Seiner Meinung nach führten sie am Ende mit innerer Notwendigkeit zur universellen, der Weltbürgergesellschaft. Ihre moderne Ausprägung haben die Bürgerrechte allerdings erst im Nationalstaat gewonnen. Ralf Dahrendorf schreibt: „Es ist kein Zufall, dass Länder, in denen moderne Bürgerrechte sich erst später durchgesetzt haben, meist auch verspätete Nationen waren, während die ersten Nationen zugleich Vorreiter der Bürgerrechte waren.“ Denn der moderne Nationalstaat besitzt im Kern die Form, in dem das nicht-feudale und anti-feudale Bürgertum seinen legitimen Platz finden konnte.

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Cormac McCarthy ist der apokalyptische Reiter der Literatur

Unter Literaturkennern galt Cormac McCarthy lange Zeit als der beste unbekannte amerikanische Schriftsteller. Wenn er über seine Heimat schreibt, gebiert er im Kopf seiner Leser die phantastischen Landschaften des Westens der USA. Doch seine grandiosen Geschichten spielen stets in der Abendröte des Untergangs. Einem größeren Publikum wurde der Autor, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag feiert, erst durch seine fünften Roman „All the Pretty Horses“ bekannt. Inzwischen ist Cormac McCarthy vor allem berühmt für seinen nahezu unerschöpflichen Wortschatz. Allein in seinem Roman „Suttree“ gibt es 4.567 Worte, die in keinem seiner anderen Werke vorkommen. Corman McCarthy hat den National Book Award und den Pulitzerpreis gewonnen. Dennoch verweigert sich der inzwischen berühmte Autor der Öffentlichkeit. In seinem ganzen Leben hat er nur drei Interviews gegeben, eines davon als TV-Auftritt in der Show von Oprah Winfrey.

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Theodor W. Adorno reflektiert über die Klassentheorie

Geschichte ist, der Theorie zufolge, eine Aufeinanderfolge von Klassengkämpfen. Laut Theodor W. Adorno ist der Begriff der Klasse mit dem Auftreten des Proletariats verbunden. Noch als revolutionäre Gesellschaftsgruppierung nannte die Bourgeoisie sich den dritten Stand. Theodor W. Adorno fügt hinzu: „In der Ausdehnung des Klassenbegriffs auf die Vorzeit denunziert die Theorie nicht bloß die Bürger, deren Freiheit mit Besitz und Bildung die Tradition des alten Unrecht fortsetzt. Sie wendet sich gegen die Vorzeit selber.“ Der Schein patriarchalischer Gutmütigkeit, den jene seit dem Sieg des unerbittlichen kapitalistischen Kalküls angenommen hat, wird zerstört. Theodor W. Adorno, geboren am 11. September 1903 in Frankfurt am Main, gestorben am 6. August 1969, lehrte in Frankfurt als ordentlicher Professor für Philosophie und Soziologie und war Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität.

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Eugen Drewermann prangert den tödlichen Fortschritt an

Die natürlichen Grundlagen der Erde sind durch die ungezügelte Vermehrung der Menschheit vor der Vernichtung bedroht. Die Urwälder und die letzten verbliebenen Naturreservate schrumpfen. Nur wenige Menschen äußern darüber Bedauern. Eugen Drewermann schreibt: „Wachstum ist das Mantra, mit dem unsere Politik heute alles zu lösen unternimmt, sowohl um Arbeitsplätze zu schaffen, als auch um Schulden abzubauen. Wachstum, auch als Druck der Bevölkerung durchaus gewollt, als Absatzmarkt, als Konsumentenwerbung. Wenn das so ist, haben die Tiere keine Chance mehr.“ Schon heute gibt es in Deutschland seiner Meinung nach zwischen den Alpen und dem Wattenmeer nichts mehr, was noch Natur wäre. Eugen Drewermann ist Theologe und Psychotherapeut. Zu seinen wichtigsten Büchern zählen: „Strukturen des Bösen“, „Psychoanalyse und Moraltheologie“, „Tiefenpsychologie und Exegese“ sowie „Die sieben Tugenden.“

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Paul Kirchhof fordert einen Subventionsabbau in allen Bereichen

Das Stabilitätsgesetz vom 8. Juni 1967 verpflichtet die Bundesregierung jährlich einen Bericht über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen, also einen Subventionsbericht, zu veröffentlichen. Paul Kirchhof erklärt: „Dieser unterrichtet über die Fortschritte bei einem Subventionsabbau sowie über die Aufteilung der Förderung auf die einzelnen Wirtschaftsbereiche.“ Eine Subventionsabbauliste ist beigefügt. Paul Kirchhof beklagt, dass bis heute kein substantieller Subventionsabbau gelungen ist. Der Umfang verharrte lange Jahre auf hohem Niveau. Mit der Hälfte der Subventionen wurde die gewerbliche Wirtschaft, mit einem Viertel das Wohnungswesen gefördert. Paul Kirchhof ist einer der führenden Finanzexperten und bekanntesten deutschen Autoren. Er ist Professor für Öffentliches Recht sowie Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg und war zwölf Jahre Richter des Bundesverfassungsgerichts.

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Margarethe von Trotta nennt Ingmar Bergman als ihr Vorbild

Margarethe von Trotta ist eine der bedeutendsten Filmregisseurinnen Deutschlands. Vor kurzem erhielt sie bei der Verleihung der Bayerischen Filmpreise den Ehrenpreis des Ministerpräsidenten für ihr Lebenswerk. Margarethe von Trotta, die 1942 geboren wurde, studierte Romanistik, Germanistik und Kunst. Bevor sie im Alter von 35 Jahren ins Regiefach wechselte, arbeite sie als Schauspielerin. Inzwischen hat sie dreiundzwanzig Filme gedreht – ihr jüngster handelt von „Hannah Arendt“. Den großen Filmemacher Ingmar Bergman bezeichnet Margarethe von Trotta als ihren Meister, der in ihr den Wunsch geweckt hat, Filme zu drehen. Als sie achtzehn Jahre alt war, studierte sie in Paris. Dort lernte sie filmbegeisterte Menschen kennen, die sie ständig ins Kino schleppten. In Deutschland war zu der Zeit mit dem Film noch nicht sehr viel los. Der neue deutsche Film kam laut Margarethe von Trotta erst 1965 in die deutschen Kinos.

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Herbert Marcuse begibt sich auf die Spur des Existentialismus

Das Gefühl der Absurdität, das in der Welt vorherrscht, drückt das Klima aus, in dem der Existentialismus entsteht. Den weltberühmten Schriftsteller Albert Camus zählt Herbert Marcuse zwar nicht zur Schule des Existentialismus, dafür zeichnet er aber die Grunderfahrung, die sein Denken durchzieht, als Wurzel des Existentialismus. Es ist die Zeit des totalitären Terrors, in der der Existentialismus geboren wird. Das Naziregime ist in Deutschland auf dem Höhepunkt seiner Macht, Frankreich von deutschen Truppen besetzt. Die Werte und Normen der Kultur des Abendlandes sind vom System des Faschismus gleichgeschaltet und ersetzt worden. Herbert Marcuse schreibt: „Das Denken ist wieder einmal auf sich selbst zurückgeworfen worden durch eine Wirklichkeit, die allen Versprechungen und Ideen widerspricht, die den Rationalismus so gut wie die Religion, Idealismus so gut wie Materialismus widerlegt.“

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Ulrich Beck untersucht die Verteilung von Reichtum und Risiko

Der berühmte deutsche Soziologe Ulrich Beck vertritt die These, dass die gesellschaftliche Produktion von Reichtum in der fortgeschrittenen Moderne einhergeht mit der Erzeugung von Risiken. Entsprechend werden seiner Meinung nach Probleme und Konflikte bei der Verteilung der Mangelgesellschaft überlagert durch die Schwierigkeiten und Spannungen, die aus der Produktion, Definition und Verteilung wissenschaftlich-technisch produzierter Konflikte entstehen. Ulrich Beck erklärt: „Dieser Wechsel von der Logik der Reichtumsverteilung in der Mangelgesellschaft zur Logik der Risikoverteilung in der entwickelten Moderne ist historisch an zwei Bedingungen gebunden.“ Er vollzieht sich erstens in dem durch das erreichte Niveau der menschlichen und technologischen Produktivkräfte sowie durch rechtliche und sozialstaatliche Sicherungen, die dafür sorgen, dass echte materielle Not objektiv verringert und sozial ausgegrenzt werden kann. Ulrich Beck war bis 2009 Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seither ist er Gastprofessor für Soziologie an der London School of Economics and Political Science.

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Karlheinz A. Geißler kritisiert die Fortschrittsgläubigkeit

Seit seinem Auftauchen vor rund 250 Jahren treibt der Fortschritt die Menschen mit dem Slogan „Vorwärts immer – rückwärts nimmer“ an. Karlheinz A. Geißler glaubt, dass er dies auch in Zukunft tun wird, da er keine Spur von Ermüdungserscheinungen an ihm erkennen kann, selbst wenn der Glaube an die Einlösung seiner Versprechungen in letzter Zeit abgenommen hat. Damit es mit dem Fortschritt weiter und immer weiter geht, dafür sorgen vor allem der Kapitalismus und jene Personen, Gruppen und Institutionen, die von ihm profitieren. Karlheinz A. Geißler nennt sie beim Namen: „Dazu zählen an erster Stelle Techniker, Ingenieure, Architekten, Mediziner, Politiker, aber auch Lehrer und Lehrerinnen, Berater und Beraterinnen sind dabei.“ Professor Dr. Karlheinz A. Geißler lehrt, lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht.

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Den Wohlstand zu messen ist eine knifflige Angelegenheit

Die meisten Ökonomen berechnen den Wohlstand eines Volkes vor allem an einer Größe, dem des Bruttosozialprodukts (BIP). Das BIP ist der Wert aller Güter und Dienstleistungen, die innerhalb eines Jahres hergestellt werden. Es bestimmt zudem, welchen Platz ein Staat in der Bestenliste der erfolgreichsten Wirtschaftsnationen einnimmt. Das Bruttosozialprodukt entscheidet auch über Lob oder Tadel für eine Regierung. Also ist es das Bestreben der Politiker, ein möglichst hohes BIP zu erzielen. Hinter diesem Ansinnen verbirgt sich folgende Annahme: nimmt die Wirtschaftsleistung zu, geht es den Bürgern besser. Doch immer mehr Ökonomen und Wissenschaftler aus anderen Fachbereichen stellen sich die Frage, ob diese Annahme noch richtig ist. Auch immer mehr Menschen in der deutschen Bevölkerung glauben nicht mehr daran, das Wachstum tatsächlich das richtige Maß für Wohlstand ist.  

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Die Hersteller von Konsumgütern erzeugen Abhängigkeiten

Eines der großen Anliegen von Wolfgang Schmidbauer ist es, Gefühle von Selbstverantwortung und Eigenmacht der Menschen gegen den erodierenden Einfluss des Konsumismus zu stärken. Er weist darauf hin, dass die Propheten des Konsums ihre Ware neutral nennen, wobei es lediglich darauf ankomme, was der verantwortliche Mensch mit ihr mache. Aber das ausgewogene Verhältnis zur Umwelt ermöglicht laut Wolfgang Schmidbauer nur Werkzeuge, die die menschlichen Fähigkeiten vergrößern und nicht vorgaukeln, es gäbe einen Gewinn an Macht ohne Kosten. Wolfgang Schmidbauer schreibt: „In der Konsumgesellschaft wird Technik systematisch benutzt, um die menschliche Neigung zur Regression auszubeuten. Kommerziell sehr erfolgreiche Waren beruhen darauf, dass nicht ein Kunde ein Produkt in Besitz nimmt, sondern dieses ihn.“ Wolfgang Schmidbauer arbeitet neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit auch als Lehranalytiker und Paartherapeut in München.

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Jens Weidmann kann noch keine Krise des Papiergeldes erkennen

Bundesbank-Chef Jens Weidmann glaubt, dass sich die Krise in Europa im Augenblick etwas beruhigt zu haben scheint. Er erkennt Fortschritte bei den Reformen, schränkt allerdings ein, dass die Ursachen noch lange nicht alle beseitigt sind. Jens Weidmann war stets dagegen, dass die Europäische Zentralbank Anleihen von Krisenstaaten kauft, da er für eine saubere Trennung von Geld- und Fiskalpolitik eintritt. Jens Weidmann erklärt: „Ich befürchte, dass der Reformeifer erlahmt, wenn immer wieder die Geldpolitik zur Problemlösung bereitsteht.“ Aus seiner Sicht liegt der Kern der Krise in den europäischen Peripherieländern. Dort kam es zu einer übermäßigen Anstieg der privaten Verschuldung, eine viel zu hohe Staatsverschuldung sowie einen Mangel an Wettbewerbsfähigkeit. Dadurch kommen Zweifel auf, ob diese Länder ihre Schulden selbst schultern werden können.

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Das Philosophie Magazin stellt Jean-Jacques Rousseau vor

In der neuen Winterausgabe 01/2013 des Philosophie Magazins beschäftigt sich das Titelthema mit der Frage: „Gott. Eine gute Idee?“ Am interessantesten dabei ist das Streitgespräch zwischen dem Religionskritiker Herbert Schnädelbach und der Theologin Margot Käßmann. Der ehemalige Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie und emeritierter Professor der Humboldt-Universität Berlin, Herbert Schnädelbach, behauptet, dass das Christentum als Ideologie, Tradition und Institution wie ein Fluch auf unserer Zivilisation lastet. Für ihn ist vor allem die Erbsündenlehre in der augustinisch-lutherischen Fassung eine schwere Hypothek, die bis heute vor allem in der Pädagogik nachwirkt. Er sagt: „Die Vorstellung, dass der Mensch als Wilder auf die Welt kommt und erst einmal domestiziert werden muss, dass sein Wille gebrochen werden muss – genau das ist eine der Erblasten, die auf einem ganz bestimmten Aspekt des christlichen Lehrbestands beruhen.“  

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Die Empfindung der Zeitnot ist ein kollektives Problem

Gemäß Ulrich Schnabel sind die üblichen Zeitspartechniken denkbar ungeeignet, um den Menschen zu mehr Muße zu verhelfen. Weder führt der mechanische Fortschritt in das ersehnte Paradies der endlosen Zeitfülle, noch macht eine verbesserte Organisation der Arbeit die Menschen zu entspannten Müßiggängern. Ulrich Schnabel schreibt: „Die Ursachen für das Gefühl des Gehetztseins liegen tiefer, und der erste Schritt zu einem entspannteren Leben besteht darin, sich zunächst einmal mit diesen Ursachen und unseren psychologischen Mechanismen und Wertvorstellungen auseinanderzusetzen.“ Dabei gilt es seiner Meinung nach vor allem, auch einige der populärsten Irrtümer über den Begriff der Muße auszuräumen. Ulrich Schnabel studierte Physik und Publizistik und arbeitet als Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „DIE ZEIT“.

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Stéphane Hessel fordert Aufbegehren gegen jegliches Unrecht

In seinem Buch „Empörung – meine Bilanz“ erklärt Stéphane Hessel wogegen Menschen sich empören und wofür sie sich engagieren sollen und legt zudem Rechenschaft über sein langes Leben ab. Die Philosophie und die Poesie nennt er als Quellen seiner Kraft und Leidenschaft. Sein Weltbild wurde von Dichtern und Denkern vor allem aus Frankreich und Deutschland geprägt. Der Weltbürger und Literat stellt in seinem Werk seine Ideale und Werte vor, schreibt über Menschen, denen er begegnet ist und die ihn beeindruckt haben, berichtet von Ideen, die ihn beflügelten und von Kämpfen, die er ausgefochten hat sowie von seinen Hoffnungen, die sich in seinem langen Leben noch immer nicht erfüllt haben. Stéphane Hessel, der 1917 in Berlin geboren wurde, ist seit 1939 französischer Staatsbürger. Er arbeitete unter anderem als Vertreter Frankreichs bei den Vereinten Nationen in New York und dort ab 1948 als Sekretär der UN-Menschenrechtskommission.

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Eine Gesellschaft ohne Herrschaft ist nicht realisierbar

Die Lebenschancen eines Menschen sind laut Ralf Dahrendorf niemals gleichmäßig verteilt. Es existiert keine Gesellschaft, in der alle Männer, Frauen und Kinder dieselben Anrechte haben und dasselbe Angebot genießen. Er begründet dies in der Tatsache, dass jede Gesellschaft unterschiedliche Aufgaben, aber auch unterschiedliche Interessen und Fähigkeiten der Menschen koordinieren muss. Die sozialen Positionen können dabei abstrakt gesehen, verschieden sein, ohne einander über- und untergeordnet zu werden. Ralf Dahrendorf schreibt: „In der Vorstellung der herrschaftsfreien Kommunikation ist der Gedanke von Jürgen Habermas erneut zum erstrebenswerten Ziel erhoben worden, wobei Habermas in einer Tradition steht, die über Marx` Assoziation freier Menschen zum mittelalterlichen Begriff der Genossenschaft zurückführt.“

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Theodor W. Adorno macht sich Gedanken über den Fortschritt

Theodor W. Adorno ist fest davon überzeugt, dass man den Begriff Fortschritt gar nicht grob genug verwenden kann. Denn Pedanterie in seinem Gebrauch betrügt seiner Meinung nach nur um das, was er verheißt, Antwort auf den Zweifel und die Hoffnung, dass es endlich besser werde, dass die Menschen einmal aufatmen dürfen. Theodor W. Adorno schreibt: „Schon darum lässt nicht genau sich sagen, was sie unter Fortschritt sich vorstellen sollen, weil es die Not des Zustandes ist, dass jeder diese fühlt, während das lösende Wort fehlt. Wahrheit haben nur solche Reflexionen über den Fortschritt, die in ihn sich versenken und doch Distanz halten, zurücktreten von lähmenden Fakten und Spezialbedeutungen.“ Theodor W. Adorno, geboren am 11. September 1903 in Frankfurt am Main, gestorben am 6. August 1969, lehrte in Frankfurt als ordentlicher Professor für Philosophie und Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität.

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