Die Intention gibt einer Handlung eine Richtung

Worauf gründet sich das Handeln eines Menschen? Der Karlsruher Philosoph Hans Lenk spricht von der Intention, die der Handlung eine bestimmte Richtung gibt. Sie ist damit entscheidend dafür, wie man seine Handlungen begründet. Menschen sind in der besonderen Lage, dies tun zu können, und werden so einer moralischen Würde gerecht, so Hans Lenk. Ina Schmidt erklärt: „In der Idee einer solchen Würde sind wir also mit der Gabe zur Verantwortung ausgezeichnet und gleichzeitig aufgerufen, eben weil wir unser Handeln von Gründen leiten lassen können.“ Manche dieser Gründe sind individuell und gelten nicht für jeden. Andere stehen in einem sozialen Kontext schlicht nicht zur Verhandlung. Ina Schmidt ist Philosophin und Publizistin. Sie promovierte 2004 und gründete 2005 die „denkraeume“. Seitdem bietet sie Seminare, Vorträge und Gespräche zur Philosophie als eine Form der Lebenspraxis an.

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Das Universelle hat zwei Bedeutungen

François Jullien kennt den Unterschied zwischen dem Universellen, dem Gleichförmigen und dem Gemeinsamen. Das Universelle hat dabei für den französischen Philosophen zwei Bedeutungen. Da ist einerseits eine konstative, man könnte sagen schwache Bedeutung, die sich auf die Erfahrung beschränkt: „Soweit wir bisher beobachten konnten, stellen wir fest, das etwas immer so gewesen ist.“ In diesem Sinne bezieht sich der Begriff auf das Allgemeine. Das Universelle besitzt jedoch auch eine starke Bedeutung, nämlich die der universellen Gültigkeit im genauen oder strengen Sinn – sie ist es, woraus man in Europa eine Forderung des Denkens gemacht hat. François Jullien erläutert: „Wir behaupten von vornherein, noch vor aller Bestätigung durch die Erfahrung, dass eine bestimmte Sache so sein muss.“ François Jullien, geboren 1951 in Embrun, ist ein französischer Philosoph und Sinologe.

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An der Oberfläche der Geschichte herrscht das Bewusste

Ein einfaches Modell ermöglicht eine geschichtliche Darstellung der menschlichen Gesellschaften und ihrer Veränderungen. Emmanuel Todd erläutert: „An der Oberfläche der Geschichte entdecken wir das Bewusste, die Wirtschaft der Ökonomen, die täglich in den Medien präsent ist und deren neoliberale Ideologie in einer merkwürdigen Rückbesinnung auf den Marxismus verkündet, dass sie das Ausschlaggebende sei. Zu diesem Bewussten, dem Schrillen, wie man sagen könnte, gehört natürlich auch die Politik.“ Etwas tiefer stößt man auf ein Unterbewusstes der Gesellschaft, auf die Bildung, eine Schicht, deren Bedeutung die Bürger und Kommentatoren erkennen, wenn sie an ihr reales Leben denken, während sich die orthodoxe Sicht weigert, vollauf anzuerkennen, wie entscheidend sie ist und wie stark sie auf die darüberliegende bewusste Schicht einwirkt. Emmanuel Todd ist einer der prominentesten Soziologen Frankreichs.

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Sex braucht weder Sünde noch Scham

Nur wenige kulturelle Projekte waren so total wie das der sexuellen Befreiung. Es befreite den Geschlechtsverkehr von Sünde und Scham. Und es verwandelte die Sexualität unter tätiger Mithilfe der Psychologen in ein Synonym für emotionale Gesundheit und Wohlbefinden. Eva Illouz ergänzt: „Zugleich war es ein Projekt, das darauf abzielte, Frauen und Männer, Heterosexuelle und Homosexuelle gleichzustellen. Damit war es auch ein wesentlich politisches Projekt.“ Die sexuelle Befreiung legitimierte darüber hinaus die sexuelle Lust als Selbstzweck. Zugleich nährte sie damit die Vorstellung von hedonistischen Rechten. Dabei handelt es sich um jenes diffuse kulturelle Gefühl, das Individuen einen Anspruch auf sexuelle Lust haben, um ein gutes Leben zu verwirklichen. Eva Illouz ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem. Außerdem ist sie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique de la Sorbonne.

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In Deutschland ist der Rechtspopulismus ein Problem

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben die Familien in Deutschland viel Rückenwind gehabt. Der damit verbundene fürsorgliche Umgang mit den Kindern macht den Neuen Rechten jetzt tatsächlich zu schaffen. Herbert Renz-Polster erklärt: „Die Alternative für Deutschland (AfD) ihr Problem selbst: Es fehlt der politische Nachwuchs. Es fehlen aber auch die Frauen.“ In den meisten Bundesländern stimmen nicht einmal sieben Prozent der Frauen für die AfD. Damit wird man keine Gesellschaft umbauen können. Man könnte es auch so sagen: Ja, in Deutschland gibt es ein Problem mit dem Rechtspopulismus, aber es gibt hierzulande auch einen wunderbaren Schutz. Den effektivsten und einzig nachhaltigen, den es gibt: Kindheitsressourcen. Der Kinderarzt Dr. Herbert Renz-Polster hat die deutsche Erziehungsdebatte in den letzten Jahren wie kaum ein anderer geprägt.

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Das Soziale einer Gesellschaft ist relativ stabil

Wären alle Innovationen, von denen heute die Rede ist, wirklich innovativ, wäre das Leben grauenhaft. So viel Neues hielte niemand aus. Wenn alles so voll von Neuerungen wäre, wie es die Werbung und der Zeitgeist verheißen, müsste man sein Leben praktisch jeden Tag neu erfinden. Und dies schafft auch der größte Innovationsfreund nicht. Konrad Paul Liessmann erklärt: „Angesichts der Omnipräsenz der Rhetorik der Innovation drängt sich geradezu der Verdacht auf, dass so viel von Innovationen die Rede sein muss, weil uns nicht wirklich viel Neues mehr einfällt.“ Schon das Alte Testament ist von einer grundlegenden Skepsis gegenüber dem Neuen erfüllt. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Die Familie ist den Deutschen heilig

Der irische Managementpsychologe Charles Handy empfahl seinem Sohn, als er von dessen Heiratsplänen erfuhr: „Sei auf der Hut. Du wirst nicht nur die Liebe deines Lebens, sondern eine ganze Familie heiraten. Du solltest besser herausfinden, worauf du dich einlässt. Familien sind wichtig.“ Mittlerweile wird die „ganze Familie“ in einer Gesellschaft des langen Lebens immer unverzichtbarer. Horst Opaschowski erklärt: „Ob es uns gefällt oder nicht: Wir brauchen die Familie – für eine gemeinsame Zukunft. Unternehmen können uns kündigen. Nachbarn und Freunde ziehen weg, aber die Familie ist immer da, wenn man sie braucht.“ Horst Opaschowski gründete 2014 mit der Bildungsforscherin Irina Pilawa das Opaschowski Institut für Zukunftsforschung. Bis 2006 lehrte er als Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg. Ab 2007 leitete er die Stiftung für Zukunftsfragen.

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Thomas Junker kennt den Zusammenhang von Sex und Macht

Ähnlich ambivalent wie das Verhältnis von Sex und Geld stellt sich der Zusammenhang von Sex, Macht und Gewalt dar. Die Attraktivität von Macht liegt auf der Hand, denn sie bedeutet Schutz. Schutz vor den Gefahren der Umwelt und Schutz vor anderen Menschen. Thomas Junker fügt hinzu: „Auch deshalb kann das erotische Spiel mit Macht und Unterwerfung so reizvoll sein. Nicht nur der Marquis de Sade war ihm verfallen.“ Bis heute prallen die Meinungen unversöhnlich aufeinander, ob die spielerische Auseinandersetzung mit sexueller Macht und Gewalt für die psychische Gesundheit eines Menschen unabdingbar ist oder ob es sich um den ersten Schritt in die Inhumanität handelt. Da Männer von einer Vergewaltigung biologisch profitieren können, wenn es zur Schwangerschaft kommt, wäre es denkbar, dass in der Evolution eine entsprechende angeborene Neigung entstanden ist. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Untreue lässt sich unmöglich voraussagen

Weder Ehen noch Affären existieren im luftleeren Raum. Wie man sich verliebt, sich einem anderen Menschen gegenüber zur Loyalität verpflichtet und die Verpflichtungen wieder brechen, all dies geschieht innerhalb eines größeren sozialen Kontexts. Shirley P. Glass erklärt: „Als Männer und Frauen unterliegen wir bestimmen Rollenvorstellungen. Auch wenn man Geschlechtsunterschiede berücksichtigt, sehen Menschen die Welt durch ihre persönlichen und sozialen Filter auf unterschiedliche Art.“ Die individuellen moralischen und religiösen Werte haben ihren Ursprung in der Familie und in dem sozialen Umfeld, in dem man aufgewachsen ist. Man hat Erwartungen aufgrund der kulturellen Eindrücke, die man als Kind und Erwachsener erhält. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.

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Misshandelnden Eltern fehlt es an Erziehungskompetenz

Misshandlungen von Kindern kommen in unterschiedlichsten Formen vor, und der Übergang zu „grobem Verhalten“ ist fließend. Ähnlich gravierend wie die Misshandlung kann die Vernachlässigung eines Kindes sein – bezüglich Ernährung, Pflege, Schutz, Zuwendung etc. Wenn man von einer Kindesmisshandlung hört, kommt fast von selbst die Frage auf: Was sind das für Eltern, die so etwas tun? Das heißt: Man sucht eine Erklärung des Problems in der Person der Täter. Hans-Peter Nolting erklärt: „Tatsächlich kann man dabei auf typische Merkmale stoßen. Häufig stellt man fest, dass es den misshandelnden Eltern bzw. Betreuungspersonen an Erziehungskompetenz mangelt.“ Sie wissen zum Beispiel nicht, wie sie mit einem schreienden Baby oder einem trotzigen Kind umgehen könnten. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Das Grundgesetz hält Deutschland zusammen

Das Grundgesetz Deutschlands ist eine großartige Errungenschaft, auf welche die Deutschen stolz sein können. Hier sind die Werte festgeschrieben, auf das Land zusammenhalten. Georg Pieper erläutert: „Sie garantieren, dass jeder sagen kann, was er denkt; lieben kann, wen er will; glauben kann, an wen oder was er mag; sein Leben gestalten kann, wie es seinen Vorstellungen entspricht.“ Sich dazu zu bekennen ist nicht nur eine Voraussetzung für den gesellschaftlichen Frieden, sondern kann noch dazu dem Einzelnen sehr viel Stärke geben. Das ist für Georg Pieper einer der wichtigsten Wege, Ängste in etwas Positives umzuwandeln. Auch die Mehrzahl der Mitbürger islamischen Glaubens empfindet eine klare Loyalität zum Grundgesetz. Gerade wenn sie Erfahrungen mit restriktiven politischen Systemen gemacht haben. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

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Das Selbstgefühl jedes Menschen wird von seiner Herkunft geprägt

Kwame Anthony Appiah zeigt in seinem neuen Buch „Identitäten“, dass hinter den Kategorien von Zugehörigkeit und Abgrenzung häufig paradoxe Zuschreibungen stehen. Das Selbstgefühl jedes Menschen wird von seiner Herkunft geprägt, angefangen bei der Familie, aber darüber hinaus auch von vielen anderen Dingen – von der Nationalität, die eine Person an einen Ort bindet; vom Geschlecht, dass einen jeweils mit der Hälfte der Menschheit verbindet; und von Kategorien wie Klasse, Sexualität, race und Religion, die über die lokalen persönlichen Bindungen hinausreichen. Kwame Anthony Appiah erörtert in seinem Buch einige der Ideen, die den modernen Aufstieg der Identität geprägt haben, und betrachtet einige Irrtümer genauer, die Menschen regelmäßig im Hinblick auf Identität begehen. Professor Kwame Anthony Appiah lehrt Philosophie und Jura an der New York University.

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Aristoteles definierte den Menschen als soziales Wesen

Diese Erkenntnis ist nicht neu – ein Mensch, der in gute soziale Beziehungen eingebunden ist, der Freunde und Familie hat, lebt länger, glücklicher und gesünder. Ina Schmidt ergänzt: „Auch das wusste bereits Aristoteles, der den Menschen als geselliges beziehungsweise soziales Wesen definierte, und diese Erkenntnis gilt bis heute in noch jungen Forschungsdisziplinen wie der positiven Psychologie, die sich mit den Fragen der menschlichen Lebenszufriedenheit oder dem Glücksempfinden in der modernen Welt auseinandersetzt.“ Der 2012 verstorbene Psychologieprofessor Christopher Peterson, der an der Universität von Michigan forschte, war davon überzeugt, dass sich der Schlüssel zu einem guten Leben in drei Wörtern zusammenfassen lässt: „Andere Menschen zählen.“ Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Der Traum vom Paradies lässt sich auf Erden nicht verwirklichen

Alltäglich machen die Bürger die Erfahrung, dass sich ein europäisches Gemeinschaftsgefühl eben weder aus Brüssel anordnen noch sonst von wem befehlen lässt. Es müsste wachsen. Thea Dorn ergänzt: „Manche Zeitgenossen sehen den elegantesten und friedlichsten Ausweg aus der Misere, indem sie für ein „Europa der Regionen“ plädieren, nach der Devise: Das Herz mag sich seiner jeweiligen Heimatregion erfreuen, für den Kopf – und den Geldbeutel – schaffen wir die „Vereinigten Staaten von Europa“, und die Nationalstaaten, die dieses Projekt verhindern, räumen wir schlicht aus dem Weg.“ Thea Dorn zitiert anschließend den österreichischen Philosophen Karl Popper, der am Ende des ersten Bandes „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde geschrieben hat: „Unser Traum vom Himmel lässt sich auf Erden nicht verwirklichen.“ Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Gute Erziehung ist weder streng noch liberal

Auch der Bereich der Erziehung – ob in der Familie, der Kita oder anderswo – ist bekanntlich keine konfliktfreie Zone. Nicht zuletzt ist gerade aggressives Verhalten von Kindern immer wieder ein Thema für pädagogische Diskussionen. Hans-Peter Nolting stellt fest: „Wenn Kinder sich rücksichtslos verhalten oder als kleine Tyrannen aufspielen, wird in breitem Konsens vor allem ein Erziehungsprinzip hervorgehoben: Man muss Kindern Grenzen setzten.“ Das stimmt sicherlich, dennoch ist mit dieser Einsicht nicht viel gewonnen. Zum einen kommt es sehr darauf an, auf welche Weise man Grenzen setzt, denn zuweilen geschieht das mit Methoden, die das Problem eher noch verschärfen. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Man geht in die Gesellschaft wie in die Fremde

Thea Dorn rät: „Um Licht ins Dunkel des Wir-Begriffs zu bringen und zu begreifen, welches Wir Herz und Geist berührt und welches Wir lediglich den Verstand oder die Eigeninteressen anspricht, hilft es, sich die Unterschiede zu vergegenwärtigen, die der deutsche Soziologe, Nationalökonom und Philosoph Ferdinand Tönnies bereits Ende des 19. Jahrhunderts zwischen der „Gesellschaft“ und der „Gemeinschaft“ herausgearbeitet hat.“ Unter „Gemeinschaft“ versteht er jede Gruppe, die sich durch „reales und organisches Leben“ miteinander verbunden fühlt. Demgegenüber beruhe jede „Gesellschaft“ auf „ideeller und mechanischer Bildung“. Im ersten Paragrafen seines epochalen Werks „Gemeinschaft und Gesellschaft“ von 1887 stellt Ferdinand Tönnies fest: „Alles vertraute, heimliche, ausschließende Zusammenleben wird als Leben in Gemeinschaft verstanden.“ Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Die Entdeckung einer Affäre ist eine Katastrophe

Gäbe es eine Richterskala für emotionale Erdbeben, würde die Entdeckung einer Affäre am obersten Ende der Skala rangieren. Manche Menschen erholen sich schnell, doch die Mehrheit fühlt sich, als wären sie an einem vermeintlich erdbebensicheren Ort von einer seismischen Katastrophe überrascht worden. Shirley P. Glass betont: „Sie sind in keinster Weise auf die Erschütterung vorbereitet, die ihnen den Boden unter den Füßen wegzieht und ihr häusliches Leben zerstört. In den ersten Minuten und Stunden nach der Enthüllung eines Betrugs sind die Gefühle außer Kontrolle.“ In den unmittelbar folgenden Tagen und Wochen werden sowohl der betrogene als auch der untreue Partner und der oder die Geliebte von Gefühlen enormen Verlusts überwältigt. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.

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Die Natur und die Kultur prägen einen Menschen

Die Frage, was einen Menschen prägt, Natur oder Kultur, stellt sich auch heute noch als ein ideologisches Schlachtfeld dar. Viele humanistisch orientierte Konzepte gehen davon aus, dass durch optimale individuelle Förderung und viel Übung genetische Unterschiede sehr in den Hintergrund treten. Steven Pinker, Experimentalpsychologe an der Harvard-Universität, nimmt die Gegenposition ein. Andreas Salcher erläutert: „Die Geisteshaltung, dass die soziale Formbarkeit des Menschen beliebig möglich sei, ist für Pinker ideologisches Wunschdenken, das keiner seriösen empirischen Studie standhält und die menschliche Natur leugnet.“ Die Zwillingsforschung zeigt, dass eineiige Zwillinge, die nicht bei den leiblichen Eltern, sondern getrennt bei Adoptiveltern aufwachsen, sich in unterschiedlichen messbaren Kategorien im Lauf der Jahre nicht unterscheiden, der Einfluss der Erziehung tendenziell also im Vergleich zur biologischen Veranlagung überschätzt wird. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.

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Überall gibt es Heerscharen von Leistungsvermeidern

Alle Menschen leben in – wie sie in der Psychologie und der Soziologie genannt werden – Systemen: Familie, Beziehung, Verein, Nachbarschaft, Verwandtschaft, Firma, Abteilung, Verband, Partei oder Freundeskreis. Evi Hartmann stellt fest: „Wir können keinen Fuß in diese Systeme setzen, ohne auf Heerscharen von Leistungsvermeidern zu treffen. In Unternehmen übernehmen die, die ohnehin schon üppig mit Aufgaben, Maßnahmen und Projekten versorgt sind, regelmäßig auch dann noch jene anfallenden Arbeiten, die andere, die deutlich weniger als sie leisten, mit dem Hinweise auf ihre „Überlastung“, die objektiv nicht gegeben ist, dankend ablehnen. In Vereinen, insbesondere in Sportvereinen, ist der Mangel an Ehrenamtlichen seit Jahrzehnten sprichwörtlich – was alle wissen, die in Vereinen tätig sind. Prof. Dr.-Ing. Evi Hartmann ist Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Supply Chain Management, an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg.

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Der Mensch erlebt Vertrautheit durch Bindung

Als „animale sociale“, als soziales Tier, ist dem Menschen von Geburt an das Bedürfnis nach Beziehung eingeschrieben. Christian Schüle erklärt: „Die sogenannte „attachment“-Theorie der Entwicklungspsychologie macht in der Bindung des Kindes an die Mutter die basale Identitätserfahrung eines Menschen aus – Sicherheit und Kontinuität des Ur-Vertrauens in den guten Gang der Dinge.“ Gemäß der Bindungstheorie des Psychoanalytikers und Arztes John Bowlby wird in der frühkindlichen Sozialisation mit dem Selbstbild ein spezifischer Bindungsstil generiert, der auch das spezifische Glaubensmuster prägt. Kinder übernehmen die Bewertungsmuster der Eltern. Jeder Mensch strebt nach einem positiven Selbstbild. Kein System funktioniert ohne Vertrauen. Das System ist eine Art objektive Wahrheit, und keine Wahrheit funktioniert ohne Glauben an ihre Tatsächlichkeit. Seit dem Sommersemester 2015 lehrt er Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin.

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Manchmal kann das Verlangen nach Rache gerechtfertigt sein

Zwar ermorden nur wenige betrogene Ehepartner wie Medea ihre Kinder, um den Betrüger zu verletzen, doch Schmerz zufügen wollen mit Sicherheit viele. Ihre entsprechenden Anstrengungen haben laut Martha Nussbaum nicht selten schwere Kollateralschäden zur Folge. Auch wenn die Selbstbeherrschung den betrogenen Teil davon abhält zu tun, was er in seiner Wut am liebsten tun würde, so gärt es doch weiter in ihm, und er setzt all seine Hoffnungen darauf, dass es dem betrügenden Teil und seiner neuen Familie irgendwie schlecht ergeht. Und wie oft geschieht es nicht, dass der böse Wille aufs Neue durchbricht – sei es in Gerichtsverfahren, in der subtilen Beeinflussung der Kinder oder einfach nur in der mangelnden Bereitschaft, Männer wieder Vertrauen entgegenzubringen. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die monogame bürgerliche „Liebesehe“ ist eine heuchlerische Illusion

Die Vorstellung, die romantische Liebe bilde einen Eckpfeiler der Kultur des Kapitalismus, ist nicht neu. In seiner Schrift „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ (1884), einer vehementen Kritik der Familie von der griechischen Antike bis zum bürgerlichen Zeitalter, verdammte Friedrich Engels die Familie, weil sie die Frauen den Männern unterwerfe und das Privateigentum schütze – durch das Erbrecht. Eva Illouz schreibt: „Für Engels ist die monogame bürgerliche „Liebesehe“ eine heuchlerische Illusion, die eher klassenmäßig als gefühlsmäßig bedingt ist, und sie bleibt letztlich eher eine Sache der Konvention als der Liebe.“ Nur in der Arbeiterklasse, die materiell nichts zu gewinnen oder verlieren hat, könne sich „wahre“ romantische Liebe entwickeln. Die Soziologin Eva Illouz ist seit dem Jahr 2006 Professorin für Soziologie an der Hebrew University in Jerusalem.

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Gerlinde Unverzagt kennt die Probleme der Dauerpubertät

Eltern und Kinder stehen sich heute so nah wie nie zuvor. Noch nie in der Geschichte war Eltern und Kinder eine so lange Phase gemeinsamen Erwachsenenseins vergönnt: Die gestiegene Lebenserwartung verändert das Verhältnis zwischen den Generationen. Gerlinde Unverzagt erläutert: „Wir kommunizieren auf (vermeintlich) gleicher Augenhöhe und auch viel häufiger; die tägliche E-Mail, die launige Whatsapp, die SMS zwischendurch – die stetig pulsierende digitale Nabelschnur hat frühere Generationen nicht miteinander verbunden.“ Alte Modelle aus Respekt, Gehorsam und Tradition reichen nicht mehr, um die Beziehung zu beschreiben. Die Idee, in Kindern Freunde zu sehen, hat mit dem Paradigmenwechsel in der Erziehung nach 1968 – von der „Bestimmerfamilie“ zur „Verhandlerfamilie“ – zu tun, auch mit der Jugendbesessenheit der Gegenwart. Gerlinde Unverzagt hat folgende Bücher veröffentlicht: „Das Lehrerhasserbuch“, „50 ist das neue 30“ und „Generation ziemlich beste Freunde“.

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Durch Meditation kommt man seinen Gedanken und Gefühlen näher

Glückliche Menschen sind ziemlich allein. Mit sich selbst im Reinen zu sein, genügt ihnen auch, weil sie dann mit allem verbunden sind. Gefühle sind immer Zustände des Sich-Selbst-Erlebens in Bezug auf die Umwelt. Klaus Biedermann erläutert: „Emotionale Qualität erreichen Sie durch bewusste Selbstwahrnehmung: durch Erkennen der jeweils vorhandenen Gedanken, der daraus resultierenden Emotionen und der sich daraus ergebenden notwendigen Veränderungen. Machen Sie sich bewusst, ob Gefühle wie Freude, Angst, Überraschung, Wut, Ekel oder Trauer etwas mit Ihnen machen oder ob Sie diese Gefühle beherrschen.“ Emotionale Intelligenz erfordert Verantwortungsbereitschaft sowie die Bereitwilligkeit, aus der eigenen Komfortzone herauszutreten, in der man es sich so herrlich eingerichtet hat. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Emotionale Intelligenz wird die treibende Kraft des 21. Jahrhunderts sein

Emotionales Lernen ist nicht auf die Zeit der Kindheit beschränkt, sondern dauert ein Leben lang und gilt ebenso für Partnerbeziehungen. Immer noch gibt es die Idealvorstellung, dass zwei Menschen, die sich lieben, sich auch in ihren Gefühlen immer verstehen. In der Partnerschaft ist es allerdings so, dass man in einem fortwährenden Prozess lernen muss, den Partner besser zu begreifen. Klaus Biedermann stellt klar: „Egal wie befriedigend Ihre Beziehung zu Ihren Eltern war, bekommen Sie Probleme, wenn Sie nicht erkennen, mit wem Sie jetzt zusammen sind.“ Wenn man sich dieser Person gegenüber automatisch so verhält, wie man es gewohnt ist, läuft man Gefahr, die Qualität der Beziehung einzubüßen. Hier ist wirklich emotionale Intelligenz gefordert. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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