Schon Aristoteles fragte nach dem Zweck des Lebens

Eine der Varianten der Sinnfrage fragt ganz konkret nach dem Zweck der Existenz eines Menschen. Und das scheint Christian Uhle durchaus logisch, wenn es um das Thema Sinn geht: „In sehr vielen Fällen ist der Sinn einer Sache ja sein Zweck.“ Nach dem Zweck des menschlichen Lebens zu fragen hat eine lange Tradition in der Philosophiegeschichte. Vor mehr als zweitausend Jahren überlegte schon Aristoteles, was der „télos“ des Lebens sei. Der Begriff „télos“ lässt sich ungefähr mit Zweck oder Ziel übersetzen. Diesen Sinn, der als Zweck verstanden werden kann, bezeichnet Christian Uhle fortan als zweckhaften Sinn. Also, was ist der Zweck des menschlichen Daseins? Das Anliegen des Philosophen Christian Uhle ist es, Philosophie in das persönliche Leben einzubinden.

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Albert Camus sucht Sinn in einer absurden Welt

Die 21. Sonderausgabe des Philosophie Magazins ist Albert Camus gewidmet. Der Schriftsteller und Philosoph wurde 1957 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Jana Glaese, Chefredakteurin des Sonderhefts, schreibt im Editorial: „Camus zeigt sich als der Denker dieser Zeit. Die Coronapandemie ließ uns seinen Roman „Die Pest“ wiederentdecken. Die Klimaproteste verleihen seinem Konzept der Revolte neue Aktualität. Und der Ukrainekrieg ruft Camus als Widerstands- und Freiheitsenker ins Gedächtnis.“ Gleichzeitig zielt sein Denken auf weit mehr. Albert Camus ging es um die Existenz als solche. Die Überzeugung, dass man der Welt entgegentreten muss, ist in seiner Philosophie des Absurden angelegt. „Das Absurde“, heißt es im „Der Mythos des Sisyphos“, ist „der Zusammenprall des menschlichen Rufes mit dem unbegreiflichen Schweigen der Welt.“ Doch für Albert Camus gilt es, trotz aller Stille, weiter zu rufen und sich der Sinnlosigkeit zu verweigern. Wenn es ein Glück gibt, dann liegt es eben in dieser Revolte.

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Die Affekte und die Vernunft bilden Kulturen

Über die Tatsache hinaus, dass sie von Menschen erdacht wurden, wurden der Hammurabi-Codex, die Zehn Gebote, die Verfassung der Vereinigen Staaten und die Charta der Vereinten Nationen von den jeweiligen besonderen Umständen ihrer Zeit und ihres Ortes geprägt. Aber auch von den Personen, die solche Codices entwickelten. Antonio Damasio erläutert: „Eine universelle, umfassende Formel gibt es nicht. Sondern hinter solchen Entwicklungen stehen mehrere Formeln. Teile jeder denkbaren Formel sind allerdings tatsächlich universell.“ Biologische Phänomene können Ereignisse, die zu kulturellen Phänomen werden, in Gang setzen und prägen. Und dass muss am Anbeginn der Kulturen unter ganz bestimmten Umständen, die durch die Individuen und Gruppen sowie ihren Ort, ihre Vergangenheit und so weiter definiert wurden, geschehen sein. Also durch das Wechselspiel von Affekt und Vernunft. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Das Denken gehört zum Alltag dazu

Ayn Rand schreibt: „Die menschliche Gattung verfügt lediglich über zwei unbegrenzte Fähigkeiten: zu leiden und zu lügen.“ Wobei sie überzeugt ist, dass der eigentliche Fluch der Menschheit in der Neigung besteht, Ideale als etwas Abstraktes anzusehen. Also als etwas zu betrachten, das mit dem täglichen Leben in keinerlei Verbindung steht. Ayn Rand spricht von der Fähigkeit, ganz anders zu leben als man denkt und somit das Denken aus dem Alltag zu verbannen. Es handelt sich hierbei laut Wolfram Eilenberger um den allerersten Eintrag Ayn Rands in ihr philosophisches Denktagebuch. Sie beginnt es im Alter von 29 Jahren als reine „Amateur-Philosophin“. Wolfram Eilenberger war langjähriger Chefredakteur des „Philosophie Magazins“. Zudem ist er „Zeit“-Kolumnist und moderiert „Sternstunden der Philosophie im Schweizer Fernsehen.

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Fiktionen existieren nicht unabhängig

Einige Gegenstände des Nachdenkens sind fiktiv. Sie existieren, wenn überhaupt, dann nur deswegen, weil die Menschen ihnen durch ihre diskursiven Praktiken die Existenz gewissermaßen leihen. Markus Gabriel stellt fest: „Sie existieren nicht unabhängig von uns.“ Eine Möglichkeit, diese geläufige Vorstellung näher zu bestimmen, besteht darin, fiktive Gegenstände an Fiktionen zu binden. Sie also nicht nur als fiktiv, sondern überdies als fiktional, also ausgedacht, zu betrachten. „Fiktional“ wären dann diejenigen Gegenstände, von denen Fiktionen handeln, also literarische oder allgemeiner ästhetische Darstellungsformen in allen Kunstgattungen. Dies gilt, sofern in ihnen Gegenstände zur Darstellung gelangen, von denen man gemeinhin urteilen würde, sie existieren nicht. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Terry Eagleton lehnt den Kulturrelativismus ab

Der Kulturrelativismus ist eine äußerst fragwürdige Position. Nur Rassisten sind der Meinung, es sei vollkommen rechtens, in Borneo zu vergewaltigen und zu morden, nicht aber in Brighton. Die Ansicht, einige Standpunkte seien besser und wahrer als andere, ist weder „elitär“ noch „hierarchisch“. Terry Eagleton betont: „Völlig zu Recht hat der Philosoph Richard Rorty einmal festgestellt, dass man sich nicht mit Menschen auf Debatten einzulassen braucht, die die Auffassung vertreten, dass jede Ansicht zu einer bestimmten Frage so gut sei wie jede andere, da es solche Ansichten überhaupt nicht gebe.“ Den Parteigängern des Kulturrelativismus widerstrebt es, ihre eigenen Werte absolut zu setzen, da sie für die Lebensweisen anderer offen sind. Der Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy.

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Frédéric Lenoir erforscht das Rätsel der Existenz

Die Menschen haben über ganz verschiedene Epochen und an unterschiedlichen Orten nach Weisheit gesucht. Wie kam es zu dieser allumfassenden Suche? Frédéric Lenoir antwortet: „Wahrscheinlich hat der Homo sapiens, seit es ihn gibt, das Rätsel seiner Existenz hinterfragt.“ Eines der ältesten Texte der Menschheit, das vor beinahe viertausend Jahren in Mesopotamien entstandene „Gilgamesch-Epos“, ist schon von Fragen zum Sinn des Lebens, zu Tod und Unsterblichkeit sowie zu der Möglichkeit, auf der Erde glücklich zu sein, durchzogen. Die großen Fragen der Philosophie werden darin angesprochen, wenn auch nur zum Teil beantwortet. Zu jener Zeit waren menschliche Gesellschaften vollständig durch institutionalisierte Religionen geregelt, die Glauben und Rituale übermittelten sowei den verschiedene, damals im Entstehen begriffenen antiken Hochkulturen als Zusammenhalt dienten. Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.

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Eigenständiges Denken ging Søren Kierkegaard über alles

Individualität muss nicht Isolation bedeuten, aber sie kann – freiwillig oder unfreiwillig – leicht dazu führen. Søren Kierkegaard (1813 – 1855) hatte sich in seinen Tagebüchern die beiden Worte „Jener Einzelne“ als Grabinschrift gewünscht, um zu betonen, dass er der Erkenntnis treu geblieben war, dass nur die individuelle Stellungnahme dem Leben einen Sinn zu geben vermag. Man trifft hier auf den Kern eines Denkers, der in gegensätzliche Weltanschauungen glaubhaft hineinzuschlüpfen vermochte. Ludger Pfeil ergänzt: „Dieser „Einzelne“ war durchaus kein Einzelgänger, denn bei seinem täglichen Flanieren durch die Straßen Kopenhagens traf er auf Zufallsbegegnungen aus allen Ständen, mit denen er gerne untergehakt ein Stück des Weges gemeinsam plaudernd und philosophierend zurücklegte.“ Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Andreas Salcher beschreibt das ganze Leben in einem Tag

Andreas Salcher beschreibt in seinem neuen Buch „Das ganze Leben in einem Tag“ die Methode, die eigene Existenz in einem Tag zu betrachten. Denn das eröffnet dem Betrachter ungeahnte Möglichkeiten: Er kann jeden Tag neu entscheiden, wohin er sich weiterentwickeln will. Alle wichtigen Themen, die normalerweise langsam über Jahre reifen, und Ereignisse, die sich über lange Zeiträume aneinanderreihen, werden mit einem Mal aus neuer Perspektive erlebbar. Die in 24 Stunden beschriebenen Lebensthemen ermöglichen es dem Leser, wie ein Forscher auf sein Leben zu schauen. Andreas Salcher schreibt unter anderem über den erkennenden Menschen, der seinen Verstand zu nutzen weiß; den suchenden Menschen, der über seine Existenz hinausdenkt; den verzeihenden Menschen, der mit sich und seinen Mitmenschen im Reinen ist. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.

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Der praktische Nutzen spielt beim Besitz kaum noch eine Rolle

Bei immer mehr Gegenständen, die ein Mensch besitzt, spielt der praktische Nutzen kaum noch eine Rolle. Allein die Pflege dieser Gegenstände kostet eine Menge Zeit und Geld. Darin unterscheiden sie sich von den Faustkeilen der Steinzeit, die ihren Nutzern treu dienten. Fumio Sasaki stellt fest: „Unser Besitz hat sich gegen uns erhoben, er beherrscht uns und wir merken es nicht einmal.“ Warum besitzt man so viel Zeug, das man nicht braucht? Welchem Zweck dient es? Für Fumio Sasaki liegt die Antwort auf der Hand: „Wir versuchen verzweifelt, unsere Umgebung zu beeindrucken. Über Dinge versuchen wir, anderen Menschen zu zeigen, wie wertvoll sie sind.“ Wenn man das Ganze von Anfang an betrachtet, wird man feststellen, dass die Evolution den Menschen zu einem sozialen Wesen geformt hat. Fumio Sasaki arbeitete als Cheflektor des japanischen Verlages Wani Books, bevor er freier Autor wurde.

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Eltern wollen Erfolg und Glück für ihre Kinder

Wenn Eltern tiefe Liebe für ihre Kinder empfinden, wenn sie es gut mit ihnen meinen und keine verdrehten Vorstellungen von einer Eltern-Kind-Beziehung haben, gibt es zwei Möglichkeiten, wie sie in Zorn geraten können. Martha Nussbaum erläutert: „Die eine Möglichkeit ergibt sich aus einer stellvertretenden Investition ins eigene Ego: Das betreffende Elternteil sieht in dem Kind eine Erweiterung seiner selbst bzw. jemanden, die oder der die eigene Existenz fortsetzt. Ihm geht es darum, die eigenen Träume zu erfüllen.“ Die andere Möglichkeit ergibt sich aus der Sorge um das jetzige beziehungsweise künftige Wohl des Kindes. Beide Möglichkeiten überschneiden sich, weil Eltern häufig ein zentrales Interesse daran haben, dass ihr Kind erfolgreich und glücklich ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Meditation führt zu innerem Frieden und Harmonie

Buddha wurde einst gefragt, was es ihm gebracht habe, zu meditieren. Er antwortete: „Nichts! Aber ich kann dir berichten, was ich verloren habe: Zorn, Ängstlichkeit, Furcht, Depression, Unsicherheit und die Angst vor dem Tod.“ Klaus Biedermann fügt hinzu: „Meditation führt zu Konzentration, Achtsamkeit, innerer Ruhe, inneren Frieden und Harmonie.“ Meditation ist geistige Hygiene und bringt einen Menschen dazu, die Aufmerksamkeit auf den jeweiligen Augenblick seines Lebens zu richten und diesen auszukosten. Meditation lässt den „Felsen in der Brandung“ in ihm wachsen und gibt ihm so einen ruhigen Fixpunkt, um den herum er seinen Alltag in Ruhe und Übersicht gut bewältigen kann. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Für Giacomo Leopardi war das Leben ein pausenloser Horrortrip

Obgleich der italienische Dichter und Philosoph Giacomo Leopardi (1798 – 1837) adliger Herkunft war und Privatunterricht durch konservative katholische Priester genoss, entwickelte er sich zum Hohepriester des Nihilismus und Pessimismus. Daniel Klein schreibt: „Für ihn war das Leben ein pausenloser Horrortrip. Er betrachtete das ganze Leben, als wäre es die Erfüllung eines alten russischen Fluches.“ Etwas in der Art von: „Du sollst auf dem Gehweg einen Rubel finden, aber ihn vor lauter Arthrose nicht aufheben können.“ Dieser Italiener sah die Existenz als einen großen Witz an. Die Menschen bekommen ein Leben voller Versprechungen ausgehändigt, aber am Ende werden sie eine Enttäuschung nach der anderen erlebt haben. Haha. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

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Selbststeuerung ist keine angeborene Eigenschaft

Besonders hilfreich kann das Wissen um die Geheimnisse der Selbststeuerung bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen sein, deren Selbststeuerung meistens noch zu wünschen übrig lässt. Diesen Mangel kann man den Jungen allerdings nicht verübeln, denn eine funktionierende Selbststeuerung ist keine angeborene Eigenschaft. Angeboren ist lediglich die Fähigkeit, sie zu erwerben. Bei diesem Erwerb spielen die Erwachsenen eine entscheidende Rolle, der sie allerdings seit geraumer Zeit nicht mehr hinreichend nachkommen. Joachim Bauer stellt fest: „Jeder Mensch ist anders. Daher gibt es nicht den einen, richtigen Weg zu guter Selbststeuerung. Jede und jeder muss sie eigene, für sich persönlich richtige Route finden.“ Zur Kunst der Selbststeuerung gehört, auf zahlreiche, der bewussten Wahrnehmung leicht entgehende Versuche der Beeinflussung zu achten. Der Neurobiologe, Arzt und Psychotherapeut Joachim Bauer lehrt an der Universität Freiburg.

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Weise Menschen kennen die Grenzen ihrer Einflussmöglichkeiten

Wer offen auf andere zugeht und sich für ihr Denken und Erleben interessiert, dem wird es schwerer fallen, kein Mitgefühl für sie zu empfinden, als jemandem, der sich Kontakten eher entzieht. Judith Glück fügt hinzu: „Wer viel nachdenkt und sich und andere hinterfragt, wird sich wahrscheinlich auch der Grenzen der eigenen Kontrolle bewusst.“ Sofern er ein gewisses Ausmaß an Sensitivität für die eigenen Gefühle aufweist, wird er sich auch mit diesen auseinandersetzen und viel darüber lernen, wie er konstruktiv mit ihnen umgehen kann. Weise Menschen kennen die Grenzen ihrer Einflussmöglichkeiten, gleichzeitig aber werden sie dort, wo sie tatsächlich Kontrolle haben, auch aktiv und tun das, was sie können. Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Die individuelle Freiheit ist das höchste Gut der menschlichen Existenz

Viele Menschen in den reichen Staaten des Westens sind so frei wie nie zuvor in der Geschichte der Menschheit. Und doch fühlen sie sich oft gefangen, erdrückt von Anforderungen, getrieben durch inneren Leistungszwang. Das neue Philosophie Magazin 05/2018 versucht in seinem Titelthema die Frage zu beantworten, warum diese Menschen nicht mehr aus ihrer Freiheit machen. „Mach die Ding!“, „Lebe deinen Traum!“ – das sind die Imperative der Gegenwart. Aber wie das so ist mit großen Sehnsüchten verweisen sie umso deutlicher auf einen Mangel. Zeitnot, Stress, Beschleunigung, Angst vor der Zukunft, Burn-out. Von einem geglückten Leben scheinen die meisten Menschen nach wie vor weit entfernt. Eine Ausrede, die auf die widrigen Verhältnisse verweist, würde ein Denker wie Jean-Paul Sartre niemals gelten lassen. Denn seiner Meinung nach ist der Mensch dazu verurteilt, seine Existenz selbst zu entwerfen und sich in jeder konkreten Situation für die Freiheit zu entscheiden.

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Die Menschen verdanken ihre Existenz dem Zufall

Jonathan Losos liefert in seinem neuen Buch „Glücksfall Mensch“ vollkommen neue Antworten auf die großen Frage nach der Entstehung und Entwicklung des Lebens. Die Evolution ist seiner Auffassung nach nicht langsam, sie läuft zuweilen in Windeseile ab – und sie wiederholt sich. Der Naturwissenschaftler erklärt, warum die Menschen ihre Existenz dem Zufall verdanken und man die Evolution dennoch vorhersagen kann. Jonathan Losos ist der prominenteste Vertreter der Experimentellen Evolutionsforschung, die er an Eidechsen, Schildkröten, Schlangen und Krokodilen betreibt. Die Experimentelle Evolutionsforschung bildet derzeit die Speerspitze der Evolutionsbiologie, und sie erlaubt, Theorien über Evolution in freier Natur, in Echtzeit zu überprüfen. In seinem Buch „Glücksfall Mensch“ geht es vor allem darum, in welchem Umfang sich das Leben wiederholt und in welchem Ausmaß verschiedene Arten ähnliche Anpassungen als Reaktion auf sich gleichende Umweltbedingungen entwickeln. Jonathan B. Losos ist Professor für Evolutionäre Biologie in Harvard.

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In den reichen Gesellschaften wird die Arbeit knapper

Wirtschaftswachstum, das auf Ausbeutung beruht – dieses Geschäftsmodell ist längst an seine Grenzen gelangt. Der Planet Erde, auf dessen äußerster Kruste die Menschheit ihre Existenz beschreitet, scheint nicht mehr willens zu sein, die Kapriolen der Menschen zu ertragen. Phillip Blom schreibt: „Smartphones und Internet haben Informationen, Gerüchte und Propaganda globalisiert, riesige Menschenströme sind auf der Flucht vor dem Tod und auf der Suche nach einem Leben.“ In den reichen Gesellschaften selbst wird die Arbeit knapper. Das wird nur deswegen noch nicht deutlicher sichtbar, weil noch genug Geld da ist, es zu verbergen. Arbeitslose werden umdeklariert oder nicht gezählt, aber ihre Zahl wächst stetig, und wer einen neuen Job findet, das der Arbeitsplatz morgen schon wieder verschwunden sein kann. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford und lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

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Der Mensch gibt sich durch die Verwendung von Zeichen Sinn und Orientierung

Laut Ernst Cassirer (1874 – 1945) ist der Mensch vor allem ein zeichenverwendendes und zeichenhervorbringendes Wesen – ein „animal symbolicum“. Wolfram Eilenberger ergänzt: „Er ist mit anderen Worten ein Wesen, das sich selbst und seiner Welt durch die Verwendung von Zeichen Sinn, Halt und Orientierung gibt. Das wichtigste Zeichensystem des Menschen ist dabei seine natürliche Muttersprache.“ Doch gibt es zahlreiche andere Zeichensysteme – in Ernst Cassirers Begrifflichkeit: „symbolische Formen“ –, etwa die des Mythos, der Kunst, der Mathematik oder der Musik. Diese Symbolisierungen, seien es sprachliche, bildliche, akustische oder gestische Zeichen, verstehen sich in der Regel nicht von selbst. Der fortlaufende Prozess, in dem Zeichen in die Welt gesetzt und durch andere Menschen interpretiert und verändert werden, ist der Prozess der menschlichen Kultur. Wolfram Eilenberger war langjähriger Chefredakteur des „Philosophie Magazins“, ist „Zeit“-Kolumnist und moderiert „Sternstunden der Philosophie im Schweizer Fernsehen.

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Der sokratische Dialog ist die mächtigste Waffe der Aufklärung

Das Auftreten des Philosophen Sokrates und das Denken der Sophisten markieren deshalb einen Einschnitt in die Geschichte der Philosophie, weil man nun systematisch daran ging, die alles Tun und Lassen leitenden Normen ausschließlich aus der Vernunft zu begründen. Platon sieht in der Methode, die das Gespräch bestimmt, der Dialektik, eine Gabe der Götter, die „irgendein Prometheus“ den Menschen zugleich mit dem Feuer gebracht habe. Bernd Roeck erläutert: „Der sokratische Dialog ist die mächtigste Waffe der Aufklärung, der Wahrheits- und Weisheitssuche geweiht, ethisch und ätzend zugleich.“ Oft durchflittern ihn subversive Elemente, Ironie blitzt auf, Sarkasmus mischt sich dazwischen. Häufig ist schwer zu beurteilen, welchem Gesprächsteilnehmer, welcher Position die Sympathie eines Autors gehört. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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Immanuel Kant stellt die Frage: „Was ist der Mensch?“

Die Frage „Was ist der Mensch?“ bildete bereits das Leitmotiv der Philosophie Immanuel Kants. Sein gesamtes kritisches Denken geht dabei von einer ebenso einfach wie unabweisbaren Beobachtung aus: Der Mensch ist ein Wesen, das sich Fragen stellt, die er letztlich nicht beantworten kann. Wolfram Eilenberger fügt hinzu: „Diese Frage betreffen insbesondere die Existenz Gottes, das Rätsel der menschlichen Freiheit und die Unsterblichkeit der Seele. In einer ersten kritischen Bestimmung ist der Mensch also ein „metaphysisches“ Wesen.“ Doch was folgt daraus? Für Immanuel Kant eröffnen diese metaphysischen Rätsel, gerade weil sie sich nicht abschließend beantworten lassen, dem Menschen einen Horizont möglicher Vervollkommnung. Wolfram Eilenberger war langjähriger Chefredakteur des „Philosophie Magazins“, ist „Zeit“-Kolumnist und moderiert „Sternstunden der Philosophie im Schweizer Fernsehen.

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Das Begehren gilt als die eigentliche Dynamik der Zivilisation

Der Begriff „Zivilisation“ bezeichnet eine Welt, die der Mensch mit seinen Händen geschaffen hat. Sie drängt die Natur so weit zurück, dass der Mensch in seiner Umgebung auf fast nichts mehr trifft, was nicht ihn selbst widerspiegelt. Terry Eagleton ergänzt: „Uns fällt es schwer, uns zu vergegenwärtigen, wie neu diese Art von Umwelt ist im Vergleich zu den weitgehend naturbestimmten Lebensweisen, die ihr vorausgingen.“ Terry Eagleton zweifelt nicht daran, dass das Bedürfnis nach einer Befreiung vom kollektiven Narzissmus einer der Gründe ist, warum der Natur in jüngerer Zeit ein so spektakuläres Comeback gelungen ist. Eine Welt, in der fast alles, mit dem man es zu tun hat, aus den Händen des Menschen stammt, scheint jeder Transzendenz entkleidet zu sein. Der Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy.

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Georg Pieper beschreibt die neurotische Gesellschaft

Eine wirklich angstvolle, neurotische Gesellschaft reagiert in akuten Situationen der Bedrohung eher panisch als besonnen. Als Psychologe weiß Georg Pieper, dass ein angstgeprägter Mensch sich schnell angegriffen fühlt und zurückschlägt. Aus psychologischer Sicht ist es seiner Meinung nach nicht auszuschließen, dass eine neurotische, von Angst gelenkte Gesellschaft mit einer entsprechenden politischen Führung aggressiv wird und schlechte Entscheidungen fällt. Die Gesellschaft in Deutschland driftet auseinander, diese beunruhigende und bedrückende Entwicklung verfolgt Georg Pieper schon länger. In den vergangenen Jahren wurde die Kluft zwischen Arm und Reich ständig größer und im sozialen Klima immer deutlicher spürbar. Nun treibt die Angst vor Terror und anderen Unsicherheiten weitere Risse durch die Gesellschaft und ist auf dem besten Wege, sie in unversöhnliche Fraktionen zu spalten. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

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Schon ein paar Schritte Richtung Weisheit können sehr bereichernd sein

Viele Menschen kennen nicht eine einzige Person, die sie als wirklich weise bezeichnen würden. Offensichtlich ist ein nicht so einfach, Weisheit zu entwickeln. Und ohne Zweifel gibt es auch wesentlich weniger steinige Wege zu einem recht glücklichen und zufriedenen Leben. Wenn man sich selbst nicht so hinterfragt, sich nicht zu intensiv mit den Problemen anderer Menschen und der Menschheit im Allgemeinen befasst, lebt es sich leichter und angenehmer, als wenn man auf dem Weg zur Weisheit immer alles in Frage stellen muss. Judith Glück ergänzt: „Und wenn wir diesen mühseligen Weg dennoch einzuschlagen suchen, könnte es sein, dass wir nicht allzu weit kommen, ehe wir wieder abbiegen. Aber schon ein paar Schritte können sehr interessant und bereichernd sein.“ Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Blaise Pascal hat die Philosophiegeschichte nachhaltig beeinflusst

Blaise Pascals „Gedanken“ liegen nun im Marix Verlag vollständig in einer neuen präzisen Übersetzung von Bruno Kern vor. Die Fragmente aus dem Nachlass von Blaise Pascal wurden zu Themen gegliedert, die der heutigen Zeit entsprechen. Zudem erleichtern eine ausführliche Einleitung und zahlreiche Fußnoten die Orientierung und das Verständnis des Textes. Blaise Pascals Gedanken, die die Geistesgeschichte erschüttert haben, sind auch in der heutigen Zeit noch aktuell. Der französische Philosoph, Mathematiker, Physiker und Literat hat äußerst scharf über die menschliche Existenz nachgedacht und mit seinen „Pensées“ die Philosophiegeschichte und darin vor allem die Existenzphilosophie nachhaltig beeinflusst. Dem Rationalismus seiner Zeit antwortet er mit seinem „esprit de finesse“ und seiner „Logik des Herzens“. Der Übersetzer und Herausgeber Bruno Kern lebt in Mainz und arbeitet als selbstständiger Lektor, Übersetzer und Autor.

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