Die europäische Schuldenkrise ist noch nicht vorbei

Die amerikanische Ratingagentur Egan-Jones hat die Kreditwürdigkeit Deutschlands herabgestuft. Deren Chef Sean Egan glaubt, dass Deutschland nicht ungeschoren durch die Finanzkrise der Europäischen Union kommen wird. Seiner Meinung nach ist die einzige Kraft, die noch für die Verluste Südeuropas einstehen kann, die deutschen Steuerzahler. Er ist sich ganz sicher, dass sie es sind, die am Ende draufzahlen werden. Sean Egan ergänzt: „Und bei einer solchen Belastung kann Deutschland unmöglich seine Bestnote behalten.“ Der frühere Investmentbanker und Absolvent der Harvard Business School gründete im Jahr 1995 zusammen mit einem Geschäftspartner die Ratingagentur Egan-Jones. Derzeit prüft das Unternehmen die Kreditwürdigkeit von rund 1.250 Firmen und Länder.

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Der Traum von der ewigen Jugend ist nicht erfüllbar

Die Europäische Union hat das Jahr 2012 zum Europäischen Jahr des „Active Aging“ ausgerufen. Es soll den Zusammenhalt zwischen den Generationen fördern und das Bewusstsein für den demographischen Wandel in der Gesellschaft stärken. Denn überall in Europa herrscht dasselbe Problem: Die Zahl der Menschen, die über 65 Jahre alt sind, wird sich im Verhältnis zu der Zahl der Menschen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen bis zum Jahr 2060 verdoppeln. Ein großer Vorteil für eine Volkswirtschaft wäre dabei, wenn die Menschen gesund und in einem mäßigen Tempo altern würden. Für Martin Reincke, Hormonexperte an der Universität München, ist es eine Illusion zu glauben, dass so ein Traum leicht in Erfüllung gehen könnte. Er erklärt: „Es gibt keine Pille, die den Alterungsprozess nachgewiesenermaßen verlangsamt.“

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Mohamed El-Erian fordert von der EU mehr Initiative

Laut Mohamed El-Erian, dem Chef des weltgrößten Anleihe-Investors Pimco, gibt es für Europa zwei Wege, sich in einer neuen Form zu repräsentieren. Erstens kann sich der Kontinent geschlagen geben und in seine Teile zerfallen. Das ist für den promovierten Ökonomen allerdings die unwahrscheinlichere Variante. Zweitens kann die Eurozone stärker und zukunftsfähiger werden, aber auch kleiner sein. Mohamed El-Erian sagt: „Dorthin scheint es derzeit zu gehen, denn wir sehen immer mehr eine klare Unterscheidung zwischen Italien und Spanien auf der einen Seite und Griechenland und Portugal auf der anderen.“ Mohamed El-Erian leitet die Fondsgesellschaft Pimco vom kalifornischen Newport Beach aus. Der Anleihe-Investor verwaltet über 1,3 Billionen Dollar. Einen großen Teil des Geldes hat das Unternehmen in Staatsanleihen investiert.

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Die Bürger müssen über die Fiskalunion abstimmen

Der Vertrag zur Fiskalunion der Europäischen Union verändert das Staatengebilde grundlegend. Deshalb fordert Andreas Fisahn, Professor für öffentliches Recht und Rechtstheorie in Bielefeld, eine Volksabstimmung über den Fiskalvertrag. In dem Vertrag über die so genannte Fiskalunion verpflichten sich die Regierungschefs der Europäischen Union zu einer gemeinsamen Steuer- und Ausgabenpolitik. Das hat für die Europäische Union weit reichende Folgen und führt zu tief greifenden Veränderungen. Andreas Fisahn schreibt: „Der Vertrag exportiert die deutsche Schuldenbremse nach Europa. Gleichzeitig wird die Kommission zum Sparkommissar, der in die Haushalte der Mitgliedsstaaten eingreifen darf. Damit würde sich das deutsche Parlament entmachten. Diese Kompetenzerweiterung der EU erfordert aber zwingend eine Volksabstimmung.“

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Die Rolle Deutschlands im Europa der Eurokrise

Für den Journalisten Joachim Käppner, Ressortleiter München bei der Süddeutschen Zeitung, steht Deutschland in der Eurokrise etwas ratlos da. Seiner Meinung nach steht es dort, wo es nach 1945 niemals mehr stehen wollte: als herausragende und dominierende Nation in der Mitte Europas. Joachim Käppner blickt auf das vergangene Jahrhundert zurück und schreibt: „Seine Versuche im 20. Jahrhundert, dies mit Kanonen und Panzern zu werden, endeten in Apokalypsen aus Blut und Feuer, aber eben darum gibt es dieses Deutschland nicht mehr.“ Er zitiert den Historiker Heinrich August Winkler, der die Resozialisierung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg als einen Weg der demonstrativen Bescheidenheit und der Demut beschreibt.

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Wolf Singer vergleicht Geldgier mit Drogensucht

Hirnforscher Wolf Singer weiß, was im Gehirn passiert, wenn ein Mensch geldgierig wird. Er kennt bestimmte Bereiche im Gehirn, die aktiv werden, wenn man gierig wird, egal wonach, das gilt nicht nur für Geld. Wolf Singer erklärt: „Dabei gibt es Überlappungen mit jenen Bereichen, die auch bei Suchtverhalten aktiv werden. Die Gier nach Geld kann durchaus vergleichbar sein mit der Sucht nach einer Droge.“ Börsenhändler, die mit mehreren Milliarden Dollar spekulieren, können bei ihren Geschäften von einer Suchtkomponente beeinflusst werden, die der Spielsucht nicht unähnlich ist. Der natürliche Trieb nach Wohlstand und Sicherheit reicht zur Erklärung der Umtriebe von Spekulanten nicht aus. Hier geht es wohl auch um die Lust am Risiko, am Spiel, die bis zur Abhängigkeit führen kann.

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Eine Aufstockung der IWF-Kredite birgt hohe Risiken

Der Chef der Bundesbank Jens Weidmann kennt selbstverständlich die Medienberichte über den Wunsch einiger Bundesbürger, die D-Mark in Deutschland wieder einzuführen. Sie misstrauen dem Euro, obwohl er eine stabile Währung ist, auch wenn er vor kurzem wieder einmal unter die Marke von 1,30 Dollar gefallen ist. Der Chef der Notenbank erklärt allerdings: „Den Nostalgikern sei gesagt: Die Rückkehr zur D-Mark wäre absurd.“ Wie immer in Krisenzeiten steht der Bundesbankpräsident unter besonderer Beobachtung. Aktuell vor allem mit der geplanten Aufstockung der Mittel des Internationalen Währungsfonds (IWF) um 200 Milliarden Euro, auf den sich die Regierungschefs der Europäischen Union verständigt haben.

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Ein Zahlungsausfall Griechenlands ist unvermeidlich

An einem Schuldenschnitt für Griechenland geht für den amerikanischen Ökonomen und Harvard-Professor Kenneth Rogoff kein Schritt vorbei. Er vertritt die Meinung, dass die Gläubiger von einem Euro Schulden maximal 40 Cent zurückerhalten werden. Er ist davon überzeugt, dass es einen dramatischen Zahlungsausfall geben wird, der unvermeidlich ist. Kenneth Rogoff sagt: „Ob Griechenland im Euro bleibt, ist eine politische Frage. Ich finde, Griechenland und auch Portugal hätten niemals in die Eurozone zugelassen werden sollen.“ Eine ebenso große Tragödie war es, die Slowakei und Estland in den Euroverbund aufzunehmen. Für Kenneth Rogoff sind das zwar wundervolle Länder, aber eben doch immer noch Schwellenländer.

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Die Entscheidungsmacht der EU darf nicht ausufern

Professor Dr. Hans H. Klein definiert Demokratie als Selbstregierung des Volkes. Dies scheint ein Widerspruch in sich selbst zu sein, da das Volk nicht regieren kann, da die Herrschaft die ständige Anwesenheit der Herrschenden voraussetzt. Dr. Hans H. Klein erklärt: „Deshalb ist Demokratie im modernen Flächenstaat mit einer meist nach Millionen zählenden Bevölkerung nicht als direkte Demokratie möglich, in welcher das Volk das einzige Regierungsorgan darstellt.“ Daraus entstand die Idee der Repräsentation: Amtsträger, die vom Volk in freien Wahlen bestimmt wurden, üben in seiner Vertretung und unter seiner Kontrolle die politische Macht aus. Dr. Hans H. Klein ist Emeritus für öffentliches Recht an der Universität Göttingen. Von 1982 bis 1983 war er Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium, von 1983 bis 1996 Richter des Bundesverfassungsgerichts.

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Hans-Werner Sinn erklärt die Dramatik im Euroraum

Für Hans-Werner Sinn ist die Eurokrise möglicherweise noch zu lösen, aber auf keinen Fall auf dem Weg, der jetzt eingeschlagen wurde, indem man immer neues Geld dem alten hinterher wirft. Dann ist das ein Fass ohne Boden. Er fordert von der Europäischen Union sicherzustellen, dass in den Problemländern die nötigen Anpassungen geschehen. Besonders in Griechenland. Die müssen ihr hohes Preis- und Lohnniveau drastisch senken. Hans-Werner Sinn erklärt: „Viele Länder leben noch immer über ihre Verhältnisse. Sie importieren wesentlich mehr, als sie exportieren – die Leistungsbilanzen von Griechenland und Portugal sind zehn bis zwölf Prozent im Defizit.“ Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Werner Sinn ist Präsident des Münchner Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung und Direktor des Center for Economic Studies (CES) der Ludwig-Maximilians Universität in München.

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Alle Gläubiger müssen in einer Schuldenkrise zahlen

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Buch fordert, dass auch die privaten Gläubiger der verschuldeten Staaten wie Griechenland, Portugal oder Irland an den finanziellen Lasten beteiligt werden. Sie sagt: „Wenn die Anleger nie ein Risiko eingehen, könnte es künftig eine Schuldenkrise nach der anderen geben.“ Deutschland muss ihrer Meinung nach nicht nur wegen seiner hohen Exporte ein fundamentales Interesse an der politischen und wirtschaftlichen Stabilität in Europa haben. Diese kann es allerdings nur dann geben, wenn die übermäßige Verschuldung einzelner Länder eingedämmt wird. Claudia Buch sagt: „Künftige Hilfen der Gemeinschaft müssen eine Ausnahme sein. Sie dürfen nur vorübergehend innerhalb eines geordneten Insolvenzverfahrens und nur nach Einbindung der privaten Gläubiger gewährt werden.“ Neben ihrer Arbeit an der Universität Tübingen ist Claudia Buch Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium.

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Joschka Fischer warnt vor den Folgen der Finanzkrise

Joschka Fischer, der von 1998 bis 2005 Bundesaußenminister Deutschlands war, behauptet, dass die Politik noch nicht begriffen hat, dass die Bewältigung der Finanzkrise für Europa von schicksalhafter Bedeutung ist. Seiner Meinung nach geht es um viel mehr als um die Gefahr des Staatsbankrotts von Griechenland. Er sagt: „Es droht ein von der ungeordneten Insolvenz Griechenlands ausgehender Schneeballeffekt, der weitere Länder der südlichen Peripherie der EU, darunter auch sehr große, und damit systemrelevante europäische Banken und Versicherungen in den Abgrund reißen wird; es droht in der Folge davon eine erneute Krise des Weltfinanzsystems mit einem erneuten weltwirtschaftlichen Schock wie im Herbst 2008.“ Zudem droht laut Joschka Fischer ein Scheitern der Euro-Zone, das den gemeinsamen Markt nicht unbeschädigt lassen wird.

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Jürgen Habermas nennt die Schuldigen der Europakrise

Der weltberühmte deutsche Philosoph Jürgen Habermas ist der festen Überzeugung, dass Europa eine gemeinsame Sozialpolitik braucht. Er fordert eine wohlfahrtsstaatliche Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in der Euro-Zone herzustellen und lehnt sich dabei an den Artikel 106 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland an. Erst dann kann sich laut Jürgen Habermas ein europäisches Bürgerbewusstsein bilden, das zugleich der Ausdruck einer europaweiten staatsbürgerlichen Solidarität wäre. Für ihn ist die gegenwärtige Krise weniger eine ökonomische als vielmehr ein normatives Versagen. Er klagt an: „Europa versagt vor dem demokratischen Pensum, das es seinem Begriff nach zu leisten hat.“ Seine Kritik richtet sich dabei sowohl gegen die politischen Eliten, das Bundesverfassungsgericht als auch gegen die Medien.

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Ein Kampf der Kulturen sollte vermieden werden

Gemäß Andreas Wirsching ist die Neue Islamische Präsenz in Westeuropa seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts zu einem heiß diskutierten Thema geworden. Er erklärt: „Zu vielen Hunderttausenden und mehr kamen Indonesier und Surinamer in die Niederlande, Pakistaner nach Großbritannien, Türken nach Deutschland, Nordafrikaner nach Frankreich, Italien und Spanien.“ Im Jahr 2008 lebten in den 27 Staaten der Europäischen Union mehr als 19 Millionen Menschen, die aus Regionen außerhalb der EU zugewandert waren. Die große Mehrheit von ihnen sind Muslime – allein in Deutschland leben über vier Millionen von ihnen. Andreas Wirsching ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

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