Es gibt universelle moralische Prinzipien

Der amerikanische Psychologe Jonathan Haidt und andere Forscher neigen zu einem Relativismus, der zugespitzt lautet: Jede Kultur hat ihre eigene Moral. Philipp Hübl erläutert: „Wenn die Moral den Gefühlen gehorchen muss, kanns sie als Sklavin der Leidenschaften schwerlich universell sein.“ Im Westen ist moralischer Relativismus heute oft aus Minderheitenschutz heraus, also aus Fürsorge und Fairness motiviert. Denn es besteht die Angst, in der Moral kolonialistisch oder „ethnozentrisch“ zu verfahren. Doch universelle moralische Prinzipien sind nicht „westlich“, nur weil einige von ihnen zuerst im Westen formuliert wurden. Genauso wenig ist das Prinzip des gewaltlosen Widerstands gegen Unterdrücker „indisch“, nur weil es Mahatma Gandhi als Erster erfolgreich gegen die britischen Besatzer eingesetzt hat. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

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Langsames Glück ist wertvoll und wenig störanfällig

Zu den faszinierendsten Phänomenen menschlichen Lebens zählt das Glück. Viele Glücksvarianten sind leicht zu identifizieren. Sie machen sofort gute Laune. Rebekka Reinhard nennt Beispiele: „Für ein Baby kann es die Muttermilch sein, für einen Teenager das Verliebtsein, für kranke Menschen das Blutbild im Normalbereich.“ Leider wird das subjektive „reine“ Gute-Laune-Glück leicht verunreinigt. Denn jedes Glück, das sofort gute Laune macht, ist „schnelles Glück“. Es kommt schnell, ist aber auch schnell wieder vorbei. Daneben existiert still und leise das „langsame Glück“. Langsames Glück ist unspektakulär, dafür aber wenig störanfällig. Wenn man seinen Wert erkennt, begleitet es einen Menschen in allem, was er tut, denkt und fühlt. Rebekka Reinhard ist Chefredakteurin des Magazins „human“ über Mensch und KI. Unter anderem ist sie bekannt durch den Podcast „Was sagen Sie dazu?“ der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft wbg.

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Gerhard Gleißner erklärt den Aufbau der Stoa

Die gesamte Lehre der Stoa umfasst neben der Ethik auch noch die Bereiche der Logik und der Physik. Gerhard Gleißner erläutert: „Die Logik beschäftigte sich mit dem vernünftigen, folgerichtigen Denken, um dadurch neue Erkenntnisse zu gewinnen und Fortschritte zu erzielen.“ Zum anderen sollte man die erworbenen Einsichten und Erkenntnisse ja auch den anderen Menschen mitteilen und vermitteln können. Dafür waren vernünftige sprachliche – rhetorische – Fähigkeiten sehr wichtig. Die Physik versuchte, den Aufbau der Welt beziehungsweise des gesamten Kosmos zu erklären. Anders als bei der heutigen Naturwissenschaft spielte hier zusätzlich die Theologie mit hinein. Die Stoiker bezeichneten diesen Gesamtzusammenhang als „logos“ – Wort, Sinn, Vernunft. Der „logos“ entspricht einer übergeordneten Einheit, auf die alles zurückgeht. Somit haben logische Gesichtspunkte in der stoischen Physik einen festen Platz. Dr. med. Gerhard Gleißner ist seit 2014 als Amtsarzt und Gutachter im öffentlichen Gesundheitsdienst tätig.

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Jeder kann die sokratische Methode anwenden

Ward Farnsworth stellt in seinem Buch „Die sokratische Methode“ eine Denkweise vor, die bis heute ein ausgezeichnetes Mittel darstellt, Klugheit zu erlangen und Dummheit zu bekämpfen. Der Autor betont diese Tatsache ausdrücklich, denn viele Menschen betrachten die sokratische Methode als eine Lehrweise. Ward Farnsworth schreibt im Vorwort: „Das vorliegende Buch ist ein praktisches Handbuch, und seine erste Lektion lautet, dass jeder, der es möchte, seine Methoden anwenden kann.“ Es ist aber genauso gut eine praktische Einführung in die erstaunliche sokratische Philosophie, die keine eindeutigen Antworten auf die großen Fragen gibt. Sie ist vielmehr eine Anleitung dazu, wie man „große“ Fragen stellt und ihnen nachgehen kann. Ward Farnsworth war Dekan an der University of Texas School of Law und ist dort am John-Jeffers-Forschungslehrstuhl tätig.

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Der Neue Moralische Realismus klärt auf

Markus Gabriel stellt die ethischen Grundbegriffe der neuen Aufklärung vor, die sich aus einigen Kernthesen ergeben. Die Kernthesen des Neuen Moralischen Realismus lauten wie folgt. Erstens gibt es von den Privat- und Gruppenmeinungen unabhängige moralische Tatsachen. Diese bestehen objektiv. Zweitens sind die objektiv bestehenden moralischen Tatsachen durch den Menschen erkennbar, also geistabhängig. Sie richten sich an Menschen und stellen einen Moralkompass dessen dar, was man tun soll, tun darf oder verhindern muss. Sie sind in ihrem Kernbestand offensichtlich und werden in dunklen Zeiten durch Ideologie, Propaganda, Manipulation und psychologische Mechanismen verdeckt. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Normverstöße gehören zum Leben

Das Ziel der Ethik ist nicht die größtmögliche Lebenssicherheit. Richard David Precht stellt fest: „Es ist die Chance auf ein erfülltes Leben für möglichst viele Menschen. Normen sollen uns dazu dienen. Keinesfalls ist es ihr Sinn, dass wir ihnen dienen.“ Und wenn man sich über Normverstöße aufregt, so ist es doch gut, dass es sie gibt. Wer wollte in einem Land leben, in dem jeder Verstoß bemerkt und geahndet wird? Jeder moralische Grundsatz wird zu einem Gräuel, wenn er uneingeschränkt zur starren Regel erhoben wird. Immer ehrlich sein, immer gerecht, immer fair, immer mitfühlend, immer großzügig, immer dankbar und so weiter. Wer möchte so sein? Ist dies tatsächlich ein erfülltes Leben? Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Markus Gabriel erforscht die Komplexität

Viele Menschen kennen das Problem, dass die Komplexität des modernen Alltags enorm gestiegen ist. Daher können sie manchmal nicht mehr nachvollziehen, wie eigentlich individuell die richtige Entscheidung zu treffen ist. Manche Menschen ergeben sich deshalb dem Zynismus und glauben, moralisch anspruchsvolle Politik sei gar nicht möglich. Sie wollen den eigenen Wohlstand auf Kosten anderer sichern. Markus Gabriel kritisiert: „Wer so denkt, rechtfertigt sich selbst gegenüber moralischen Widersprüchen, die bei Lichte betrachtet schwer erträglich sind. Allerdings täuscht der Eindruck eines nicht auflösbaren Knäuels ethischer Schwierigkeiten.“ Bei genauer Betrachtung gibt es für Markus Gabriel keine wirklichen ethischen Dilemmata, also keine unauflösbaren Situationen. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Ethische Entscheidungen sind schwer zu treffen

Wenn man schwierige ethische Entscheidungen treffen muss, ist die Sachlage meist unklar. Das betrifft insbesondere Personen in moralisch anspruchsvollen und verantwortungsvollen Berufen, etwa Ärzte, Klinikdirektoren und Politiker. Markus Gabriel erklärt: „Die Corona-Krise hat uns dies in manchen Ländern in voller Härte vor Augen geführt.“ Teilweise musste darüber entschieden werden, wer leben darf und wer eventuell sterben muss. Entscheidungen, die viele Menschen traumatisieren werden. Diese Notsituation offenbart nur, was auch durchweg der Fall ist. Denn die Ressourcen auf der Erde sind knapp und werden durch internationale Politik und die globalen Produktionsketten der Wohlstandsgesellschaft gesteuert. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Egoismus kann niemals das Gute sein

Moral und Ethik sind in antiken Beschreibungen keine Kategorien, die einem allein mit mahnendem Zeigefinger und moralinsaurer Besserwisserei begegnen. Sie weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass das allein auf das Eigene Bezogene niemals das Gute sein kann. Und darin liegt dann doch ein nachdenklicher Appell. Ina Schmidt betont: „In moralischen und ethischen Überlegungen geht es darum, herauszufinden, welche Bedingungen und welchen gemeinschaftlichen Rahmen man wählen kann und will, um das Gute im Sinne eines tragfähigen Gemeinwohls zum Ausdruck zu bringen.“ Was bedeutet es in diesem Zusammenhang, wenn im Namen der Verantwortung gegen ebendiese moralischen Prinzipien verstoßen wird? Ina Schmidt ist Philosophin und Publizistin. Sie promovierte 2004 und gründete 2005 die „denkraeume“. Seitdem bietet sie Seminare, Vorträge und Gespräche zur Philosophie als eine Form der Lebenspraxis an.

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Charaktere sind oft widersprüchlich

Charaktere sind wandelbar, äußerst anpassungsfähig und oft genug in sich widersprüchlich. Richard David Precht ergänzt: „Auch hat man keine Tugenden, man besitzt sie nicht als unveräußerliches Eigentum. Es gibt keine durch und durch tapferen oder gerechten Menschen, die sich die Tugend der Tapferkeit oder der Gerechtigkeit einverleibt haben.“ Sondern es gibt Menschen, die auf unterschiedliche Weise tapfer sind und für die Gerechtigkeit situativ einen hohen oder geringen Wert darstellt. Ein tapferer Soldat kann beispielsweise feige im Umgang mit seiner Frau und seinen Kindern sein. Und ein gerechter Richter kann ungerecht zu seinen Geschwistern sein. Es gibt eitle Priester, die Demut predigen. Und es gibt Philosophen, die alle Weisheit der Welt reflektieren und ihr Leben gleichwohl höchst unklug führen. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht einer der profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Markus Gabriel kennt die moralischen Grundregeln

Wenn Begriffe unklar und verschwommen sind, begeht man leicht logische Fehler. Markus Gabriel stellt fest: „Es gelingt uns dann nicht, gut begründete und im besten Fall wahre und kohärente Meinungen zu formulieren. Besonders schlimm, weil lebensweltlich folgenreich, ist dies im Bereich der praktischen Philosophie, in der es um unser Handeln geht.“ Viele Menschen haben nur eine verschwommene Vorstellung von Glück, Moral, Pflichten und Rechten. Sie begehen genau deswegen oft Fehler, weil sie die grundlegenden Definitionen dieser Begriffe nicht überblicken. Eine der Hauptaufgaben der Philosophie ist deshalb die Begriffsklärung. Diese ist spätestens seit Immanuel Kant eng mit dem modernen Ideal der Aufklärung verbunden. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Autoritäre brauchen fremde Feinde

Auch in Europa brauchen Autoritäre fremde Feinde, um ihren Autoritarismus zu rechtfertigen. Immer aus dem Ausland – in Gestalt von „Eurokraten“ und Migranten – brechen die Katastrophen herein. Roger de Weck ergänzt: „Um sie abzuwenden, ist eine Politik der harten Hand das Allheilmittel. Überrollen uns „islamische Invasoren“, drängt sich eine geistig-moralische Wende auf.“ Was in friedlichen Zeiten verboten war, gebietet nunmehr der Existenzkampf. Es ist nun an der Zeit, sich moralischen Bedenken zu entledigen. Das christliche Abendland braucht unbarmherzige Retter. Für den nüchternen Hanseaten Helmut Schmidt war Politik „pragmatisches Handeln zu sittlichen Zwecken“. Für die Neue Rechte ist Politik die Freiheit der Macht. Helmut Schmidt verwarf gleichermaßen eine Moral ohne Politik und eine Politik ohne Moral. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom.

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Die Einigkeit von Herz und Seele führt zum Glück

„Wenn mein Herz mit mir einig ist und die Seele auf mich hört, so werde ich glücklich sein.“ Das ist der Sinn eines alten ägyptischen Papyros, das vielleicht 2000 v. Chr. entstanden ist. Das „Herz“ war im alten Ägypten sowohl Sitz der Gefühle als auch des Verstandes. Albert Kitzler erklärt: „Man hatte offenbar schon eine Vorstellung davon, dass es neben der rationalen auch eine emotionale Intelligenz gibt.“ Was sich genau hinter dem Ausspruch verbirgt, dürfte jedoch nicht mehr aufzuklären sein. Anscheinend will der Autor sagen, dass das Glück von der Authentizität und Wahrhaftigkeit der Person abhängt. Das heißt, von der Übereinstimmung seines Denkens, Wollens, Handelns und Fühlens, von der Kohärenz und Stimmigkeit der gesamten Lebensführung. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Michael J. Sandel kennt die meritokratische Ethik

In diesen Tagen sehen viele Menschen Erfolg in einer Weise, wie die Puritaner Erlösung betrachteten. Nämlich nicht als etwas, das von Glück oder Gnade abhängig ist, sondern als etwas, das man sich durch eigene Anstrengung und Mühe verdient. Michael J. Sandel weiß: „Das ist der Kern der meritokratischen Ethik. Sie rühmt die Freiheit – die Fähigkeit, mein Schicksal vermöge harter Arbeit zu steuern – und die Verdienste.“ Wenn man selbst dafür verantwortlich ist, dass man sich einen hübschen Anteil weltlicher Güter angehäuft hat, dann muss man sich das verdient haben. Erfolg ist ein Zeichen der Tugend. Der Wohlstand steht einem zu. Diese Denkungsart gibt denjenigen Kraft, die an Meritokratie glauben. Michael J. Sandel ist ein politischer Philosoph, der seit 1980 in Harvard lehrt. Er zählt zu den weltweit populärsten Moralphilosophen.

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Gewaltlosigkeit sollte überall herrschen

Steht derjenige, der Gewaltlosigkeit praktiziert, in Beziehung zu demjenigen, gegen den Gewaltanwendung erwogen wird, dann scheint zwischen beiden ein vorgängiger sozialer Bezug zu stehen. Sie sind Teil voneinander, das eine Selbst ist im anderen impliziert. Judith Butler erläutert: „Gewaltlosigkeit wäre dann eine Weise, diesen Bezug anzuerkennen, so belastet er auch sein mag. Und auch die normativen Zielsetzungen zu bejahen, die sich aus diesem schon bestehenden sozialen Bezug ergeben.“ Daher kann eine Ethik der Gewaltlosigkeit nicht in Individualismus gründen. Sondern sie muss eine führende Rolle in der Kritik des Individualismus als Basis sowohl der Ethik als auch der Politik spielen. Eine Ethik und Politik der Gewaltlosigkeit müssen der wechselseitigen Weise Rechnung tragen, die das Leben der Selbste miteinander verbindet. Judith Butler ist Maxine Elliot Professor für Komparatistik und kritische Theorie an der University of California, Berkeley.

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Klaus-Peter Hufer stellt Definitionen von Moral vor

Eine Definition von Moral stammt von Detlef Horster, der Philosophie-Professor in Hannover ist: „Moral ist die Gesamtheit der Regeln, die zur Realisierung der Werte oder zum Wohl der Menschen beitragen. Man kann auch sagen, dass die moralischen Regeln, wenn sie angewendet werden, die Menschen, die vom Handeln anderer betroffen sind, schützen sollen.“ Nach einer anderen Definition wäre Moral jenes Regelwerk, das auf die zwingende Einhaltung von menschlichem Verhalten gemäß der erstellten Normen achtet. Klaus-Peter Hufer stellt sich dazu unter anderem folgende Fragen: „Doch wer stellt die Regeln auf, und mit welcher Begründung? Welche Normen sollen eingehalten werden? Gibt es dafür qualitative Kriterien?“ Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

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Der Einzelne ist gefährdet und anfällig

Die Einzelnen, so der von Georg Wilhelm Friedrich Hegel bis George Herbert Mead durchgespielte Gedanken, gewinnen nur in Bezug auf die anderen einen Begriff ihrer selbst. Das Leben schreitet unaufhörlich durch verschiedene Lebensphasen fort. Dazu zählen ein Ortswechsel, ein neuer Lebenspartner oder völlig zufällige Begegnungen. Deshalb verstricken sich die Menschen in ein immer dichteres und weiteres Netz wechselseitiger Abhängigkeiten. Dabei entstehen existentielle Schutzbedürfnisse. Heinz Bude ergänzt: „Wir suchen uns im Blick der anderen zu erkennen, und erleben in solchen Momenten, wie gefährdet und anfällig wir sind.“ Die Integrität des Einzelnen lässt sich nicht ohne die Integrität der sie haltenden Beziehungen und Verhältnisse wahren. Denn ein Individuum kann seine Identität niemals für sich allein behaupten. Seit dem Jahr 2000 ist Heinz Bude Inhaber des Lehrstuhls für Makrosoziologie an der Universität Kassel.

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Immanuel Kant postuliert den freien Willen

„Was kann ich wissen?“ Es ist der preußische Philosoph Immanuel Kant, der gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein seinem überaus einflussreichen und revolutionären Werk eine Lösung für diese Frage sucht. Er durchdenkt das Verhältnis zwischen Innen und Außen – Selbstbewusstsein und Äußerlichkeit – auf eine neuartige Weise. Diese sollte sich für die moderne Philosophie als prägend erweisen. Ger Groot erläutert: „Auch Kant, der stark unter dem Einfluss des Werks von Newton und der modernen Naturwissenschaften seiner Zeit steht, geht von einer materiellen Wirklichkeit aus. Von der mechanischen, den Gesetzen der Kausalität unterliegenden Wirklichkeit, von der La Mettrie und die Materialisten des 18. Jahrhunderts ausgingen. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam und ist Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Aristoteles entwickelt das wissenschaftliche Denken

Um andere Menschen zu überzeugen, braucht man mehr als Einsicht und Enthusiasmus. Aristoteles (384 – 322 v. Chr.), der Meisterschüler Platons, begründet daher die Wissenschaften, die dem vernunftorientierten Menschen mit ihren Definitionen, Beobachtungen und Schlussfolgerungen zur Anerkennung der gefundenen Wahrheiten zwingender scheinen. Ludger Pfeil erklärt: „Er geht im Gegenteil von Platon von dem aus, was wir durch unsere Sinne erfahren können, wird zum unermüdlichen Sucher, ja geradezu zum Süchtigen nach Wissen und schafft damit wesentliche Grundlagen des wissenschaftlichen Denkens.“ Durch die Einteilung der Welt in Kategorien wie Substanz, Quantität, Qualität, Ort, Zeit und Wirkung, versucht Aristoteles, Ordnung in die vielfältigen Erscheinungen der Welt zu bringen und diese zu klassifizieren. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Bildung sorgt für individuelles Glück

Dass sich Menschen und Gesellschaften durch Bildung verändern lassen, gehört zu den zentralen Mythen moderner Bildungsideologien. Konrad Paul Liessmann erläutert: „Vielen gilt Bildung als jenes Instrumentarium, mit dem nicht nur die Menschen ihr individuelles Glück finden, sondern mit dem man auch die sozialen, politischen und ökonomischen Probleme unserer Zeit lösen kann.“ Wer einen Menschen aus dem Netz rassistischer oder sexistischer Vorurteile befreien und zum Positiven verändern möchte, empfiehlt, ihn zu bilden. Wer eine Gesellschaft gerechter und friedlicher haben möchte, empfiehlt, damit in der Schule zu beginnen. Konrad Paul Liessmann stellt sich die Frage, ob Bildung hält, was man sich hier von ihr verspricht. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Das Gewissen ist ein „innerer Richter“

Es gibt vier Kriterien des Gewissens: Erstens kommt es aus dem Inneren des Menschen heraus. Zweitens geht es um Ethik beziehungsweise Moral. Drittens verschafft es sich Geltung und hat einen Anspruch. Viertens ist es eine Richtschnur für richtiges und gutes Beurteilen und Handeln. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, wo das Gewissen herkommt und worauf es sich begründet. Es gibt verschiedene Begründungen. Klaus-Peter Hufer erläutert: „Nach der christlichen Religion ist das Gewissen den Menschen gegeben, muss vor Gott gerechtfertigt werden und kann auch von ihm erbeten werden.“ Es gibt Überschneidungen zu den Vorstellungen von Philosophen darüber, was das Gute und Böse unterscheidet und wie demgemäß zu handeln ist. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

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Immanuel Kants Ethik ist normativ

Der „kategorische Imperativ“ von Immanuel Kant (1724 – 1804) ist wie eine innere Richtschnur, die das eigene Verhalten und Handeln auf seine Zuverlässigkeit oder Unzuverlässigkeit auslotet. Seine Schrift „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ (1785) zitiert man dazu immer wieder. Der gesamte Text umfasst 60 Seiten. Klaus-Peter Hufer stellt mit gebotener Vorsicht den Kern dar: „Kants Ethik ist normativ, das heißt, sie gibt eine Richtschnur vor, eine Regel, einen Maßstab.“ Dieser Maßstab für das Handeln ist bei Immanuel Kant „allein ein guter Wille“. „Talente“ und „Temperaments“ sind zwar zweifelsohne wünschenswert, „aber sie können auch äußerst schädlich und böse werden“. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

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Ethik ist die Wissenschaft von der Moral

Üblicherweise wird zivilcouragiertem Handeln eine hohe moralische Qualität bescheinigt. Dabei kommt auch immer ein Begriff mit ins Spiel, der nicht unbedingt das Gleiche bedeutet: Ethik. Klaus-Peter Hufer erläutert: „Sowohl bei Moral als auch bei Ethik hat man in der Regel absolut gute Menschen vor Augen.“ Beispiele sind religiöse Wegweiser wie Buddah, Konfuzius, Jesus Christus, Mohammed oder politisch und sozial handelnde, vorbildhafte Menschen wie Gandhi, Martin Luther King oder Mutter Teresa. Das sind in der allgemeinen Wahrnehmung Personen, deren Lebenswege tadellos waren. Sie wollten unbeirrbar das Gute, den Frieden, die Gerechtigkeit. Sie ließen sich dabei auch nicht von heftigen Widerständen und den Verlockungen eines einfachen, angenehmen Lebens aufhalten. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

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Der Hass ist umfassend und allgemein

Der Hass stellte eine negative Emotion dar, der sich auf das Ganze der Person konzentriert statt auf die einzelne Tat. Obgleich auch der Zorn auf eine Person gerichtet ist, liegt sein Focus auf der Tat, und wenn die Tat irgendwie aus der Welt geschafft wird, kann man erwarten, dass sich auch der Zorn verflüchtigt. Martha Nussbaum fügt hinzu: „Der Hass hingegen ist umfassend und allgemein, und wenn dabei Handlungen eine Rolle spielen, dann einfach deshalb, weil alles an der Person in einem negativen Licht gesehen wird.“ Aristoteles zufolge gibt es nur eine einzige Sache, die gegen den Hass hilft und ihn wirklich zur Ruhe kommen lässt: nämlich dass die Person zu existieren aufhört. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Selbst- und Nächstenliebe bilden eine Einheit

Obwohl in der Geschichte der Ethik von Cicero bis Friedrich Nietzsche immer wieder Argumente vorgetragen wurden, die es verbieten sollten, Egoismus und Altruismus als Gegensätze zu behandeln, herrscht im alltäglichen Urteil wie auch in öffentlichen Debatten die Neigung vor, in beiden eine Art ewiger Alternative auszumachen. Volker Gerhard kann das verstehen, wenn er es mit den individuellen und kollektiven Erscheinungsformen des persönlichen, ökonomischen und politischen Egoismus zu tun hat. Volker Gerhardt schränkt allerdings ein: „Blickt man hingegen auf die Entwicklung einzelner Individuen und stellt sie in Relation zu dem was wir überhaupt über den Umgang mit Neugeborenen, heranreifenden Kindern und Jugendlichen sagen können, wird man das allgemeine Urteil nicht zurückhalten können, dass ohne den Altruismus der Eltern und ohne den Egoismus ihrer Schützlinge gar nichts geht.“ Volker Gerhardt war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität in Berlin.

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