Die Erziehung prägt die politische Gesinnung

Immer öfter greifen Rechtspopulisten nach der Macht. Es hat sich eingebürgert, ihren Ausstieg als Reaktion auf wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Krisen zu sehen. Herbert Renz Polster zeigt in seinem Buch „Erziehung prägt Gesinnung“, dass solche Deutungen dieser ernsten Bedrohung nicht angemessen sind. Ein Blick in die Geschichte kann dabei lehrreich sein: Es war nicht die „Weltwirtschaftskrise“, die Adolf Hitler an die Macht gebracht hat. Es waren Menschen mit einer klar definierten inneren Haltung, mit klar artikulierten, autoritären Überzeugungen. Nur, woher kommen diese Haltungen. Sie beginnen dort, wo ein Mensch klein und abhängig ist. In der Kindheit bildet sich der seelische Maßstab, der entscheidet, mit welcher Gesinnung man später durch das Leben geht. Der Kinderarzt Dr. Herbert Renz-Polster hat die deutsche Erziehungsdebatte in den letzten Jahren wie kaum ein anderer geprägt.

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So helfen Eltern ihren Kindern bei der Entdeckung der Welt

Kinder wollen begeisterte Eltern. Allein das gemeinsame Beobachten des Sonnenaufgangs kann für sie zum spannenden Ereignis werden. Andreas Salcher stellt fest: „Die größte Falle für Eltern ist die eigene Erschöpfung und die Delegation ihrer Erziehungsverantwortung an YouTube, wo sie ihre Kinder stundelang Videos anschauen lassen.“ Dabei kommt kein Naturfilm an die Faszination der realen Erfahrung einer Begegnung mit einem Tier im Wald heran, dieses zu entdecken, ihm zu lauschen und es vielleicht sogar ganz nah zu beobachten. Die Aufgabe der Eltern besteht darin, Kindern aus der Versagensangst zu helfen, wenn sie zu früh aufgeben wollen, weil sie sich für zu dumm, zu klein oder zu unbegabt halten. Die Botschaft „Wir fallen nieder, damit wir lernen, wieder aufzustehen“ können nur Eltern vermitteln. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.

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Der Begriff der Sünde ist aufgegeben worden

Heute hat das Wort „Sünde“ seine Macht und furchteinflößende Eindringlichkeit verloren. Es wird heute vor allem in Verbindung mit dick machenden Nachspeisen verwendet. David Brooks erläutert: „Die meisten Menschen sprechen in der alltäglichen Unterhaltung kaum über individuelle Sünden. Wenn sie überhaupt über das Böse sprechen, dann verorten sie dieses gewöhnlich in den Strukturen der Gesellschaft – in Ungleichheit, Unterdrückung, Rassismus und so weiter –, nicht im Einzelnen.“ Die Menschen haben den Begriff der Sünde aufgegeben, weil sie, erstens, die Auffassung, die menschliche Natur sei verdorben, hinter sich gelassen haben. Zweitens wurde das Wort „Sünde“ zu vielen Zeiten und an vielen Orten dazu verwendet, der Lust den Krieg zu erklären, selbst den gesunden Freuden der Sexualität und der Unterhaltung. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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Das Internet trägt wesentlich zur Verbreitung des Narzissmus bei

Die moderne Gesellschaft scheint sich einig, dass Narzissmus zu verurteilen ist: als ein Macke, wenn nicht als ein Geistesstörung. Aber nicht jeder, der stört, ist auch gestört. Der amerikanische Schriftsteller Jonathan Franzen erklärt: „Das Netz ist so ziemlich das größte Instrument zur Förderung von Narzissmus, das je gebaut wurde.“ Lange Zeit war narzisstisches Verhalten ein Privileg der Reichen und Einflussreichen, zu deren Jobprofil es gehörte, auf dicke Hose zu machen. Nur sie konnten sich öffentliches Gepolter erlauben, um ihr Ego aufzuplustern, nur sie fanden damit Gehör. Auf Facebook, Instagram, Pinterest ruft der Narzisst der Welt zu: „Schaut her! Hier bin ich! Was haltet ihr davon? Wie findet ihr mich? Antwortet mir!“ Die Selfiestange heißt im englischen Sprachraum nicht umsonst „Narcistick“.

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Rahel Jaeggi stellt ihre Kritik der Lebensformen vor

In der traditionellen Philosophie sind Fragen nach dem individuellen guten Leben kein Thema. Die Berliner Philosophin Rahel Jaeggi beschäftigt sich dennoch mit ihnen. Denn für sie ist die Kritik an der eigenen Lebensführung überhaupt es die Voraussetzung aller individuellen Autonomie. Rahel Jaeggi ist Professorin für Rechts- und Sozialphilosophie an der Humboldt Universität in Berlin. Beim Suhrkamp Verlag ist gerade ihre Habilitationsschrift „Kritik von Lebensformen“ erschienen. In ihrem Werk wendet sie sich gegen die dominierende Meinung des aktuellen politischen Liberalismus in der Philosophie. Die bezieht dabei eine konträre Position zu John Rawls und Jürgen Habermas. Diese vertreten die Auffassung, dass sich der Staat ethisch neutral gegenüber der Vielfalt von Lebensformen in der modernen Gesellschaft zu verhalten hat. Laut John Rawls ließen sich nur so Konflikte des staatlich zu regelenden Zusammenlebens lösen und den Ansprüchen moderner Individuen auf Selbstbestimmung gerecht werden.

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