Autorität beruht auf Unterschied und Abstand

Autorität funktioniert über eine freiwillige Unterwerfung, einen inneren Zwang. Beides kommt aber erst, wenn die Umgebung dem Nachwuchs lange genug ihre Erwartungen vorhält. Die Voraussetzung dafür liegt auf der Hand. Paul Verhaeghe erklärt: „Die beteiligten Personen müssen Tatkraft und Präsenz an den Tag legen. Nach einiger Zeit übernehmen die Kinder diese Erwartungen, und die konkrete Anwesenheit muss nicht mehr so konkret sein.“ Heute ist dieser Prozess aus zwei Gründen problematisch. Zum einen können Eltern immer weniger Zeit mit ihren Kindern verbringen. Zudem schrecken viele davor zurück, eine Autoritätsposition einzunehmen und ein deutliches „Nein“ verlauten zu lassen. Einerseits meinen sei, das sei nicht angemessen, andererseits fürchten sie – oft zu Recht – eine brutale Reaktion. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

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Es existieren zwei grundlegende Formen der Freiheit

Wolfgang Kersting unterscheidet zwei Formen der Freiheit. Eine negative Freiheit genießen die Menschen, wenn sie frei von Zwang, Gewalt und Drohung handeln und Entscheidungen treffen können. Positive Freiheit bedeutet für den Menschen sein eigener Herr zu sein und über sein Leben selbst bestimmen zu können. Wolfgang Kersting fügt hinzu: „Negative Freiheit bedeutet Freiheit von Selbstbestimmung, positive Freiheit bedeutet Selbstbestimmung.“ Allerdings ist die Abwesenheit von Fremdbestimmung nicht hinreichend für Selbstbestimmung. Es gibt laut Wolfgang Kersting Hindernisse bei der Selbstbestimmung, die auch dann bestehen bleiben, wenn alle darauf verzichten, sich einander durch Gewalt, Drohung und Erpressung gefügig zu machen. Wolfgang Kersting, emeritierter Professor für Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat sich vor allem mit den Themen Sozialstaat, Gerechtigkeit und Gesellschaftsordnung beschäftigt. Er veröffentlichte Bücher über Platon, Machiavelli, Thomas Hobbes, John Rawls sowie über Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie.

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Die gewollte Selbstentleibung ist beim Exzess ganz wesentlich

Beim Exzess geht es für Mirjam Schaub darum, das Maßlose zu wollen, mit der Übertreibung und dem Überschuss, aber auch mit dem Lächerlichen und Erbärmlichen darin einverstanden zu sein: „Für mich hat Exzess mit dem Furor der Wiederholung zu tun. Vielleicht ist es eine Art Vereinigungsfuror: Man versucht, sich mit etwas zu verbinden, das größer ist als man selbst.“ Deshalb kann sich Mirjam Schaub übrigens auch nicht vorstellen, dass jemand alleine exzessiv Spaß hat. Solch eine Ausgelassenheit ist nur in der Gruppe möglich, wo viele sich gegenseitig über die Schwelle helfen. Beim Exzess ist deutlich mehr Risiko und Wagnis dahinter als beispielsweise beim über die Stränge schlagen. Mirjam Schaub ist ausgebildete Journalistin, habilitierte Philosophin und seit 2012 Professorin für Ästhetik und Kulturphilosophie an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg.

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Geldmangel führt in die Abhängigkeit und in die Ohnmacht

Kein Geld zu haben, bedeutet für einen Menschen den Verlust von Selbstständigkeit. Es bedeutet für ihn Abhängigkeit und Ohnmacht. Und der Geldmangel bringt laut Peter Bieri die ständige Gefahr der Demütigung mit sich. Geld bedeutet äußere Selbstständigkeit. Umgekehrt ist ein Mensch durch weniges so erpressbar wie durch Geld. Wenn diese Erpressung dazu führt, dass sich ein Mensch in dem, was er denkt und fühlt, verbiegen und verstecken muss, dann kann für Peter Bieri eine Bedrohung der Würde entstehen, die ihn ersticken lässt. Geld kann im Extremfall wie ein Gift wirken, dass die Würde zersetzt. Es gibt Menschen, die dadurch krank werden. Peter Bieri, geboren 1944 in Bern, studierte Philosophie und Klassische Philologie und lehrte als Professor für Philosophie in Bielefeld, Marburg und an der Freien Universität Berlin.

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Rechte tragen zur Würde im Sinne der Selbstständigkeit bei

Rechte sind für Peter Bieri ein Schutzwall gegen die Abhängigkeit, die durch Willkür entsteht. Damit tragen die Rechte zur Würde des Menschen im Sinne der Selbstständigkeit bei. Wer Rechte besitzt, kann Ansprüche geltend machen. Er muss nicht darum bitten, dass er etwas tun darf oder man etwas für ihn unternimmt. Peter Bieri fügt hinzu: „Er kann es einfordern und einklagen. Er ist auf niemandes Wohlwollen angewiesen. Man kann ihn nicht, wie einen Rechtlosen, herumschubsen.“ Wenn ein Mensch ein Recht auf etwas besitzt, so entspricht ihm eine Pflicht seiner Mitmenschen, etwas für ihn zu tun oder zu unterlassen. Peter Bieri studierte Philosophie und Klassische Philologie und lehrte als Professor für Philosophie in Bielefeld, Marburg und an der Freien Universität Berlin.

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Julia Friedrichs begibt sich auf die Suche nach Idealen

Julia Friedrichs ist für ihr neues Buch „Ideale“ nicht nur durch ganz Deutschland gereist, sondern sogar zu den Kaimaninseln, um den verschiedensten Menschen Fragen zu stellen wie: „Wofür kämpfen Sie in Ihrem Leben?“ oder „Haben Sie Ideale?“. Zudem wollte sie wissen, was die Menschen dafür tun, das ihre Ideale von Dauer sind oder warum sie ihre früheren Ideale längst aufgegeben haben. Am Anfang ihres Buches versucht die Autorin erst einmal durch Lektüre philosophischer Bücher und des Dudens herauszufinden, was ein Ideal eigentlich ist. Julia Friedrichs schreibt: „Ein Ideal, notiere ich, ist ein Leitbild, das unverrückbar über der Realität thront. Es ist größer als das, was wir immer „Werte“ nennen, das Anständig-Sein, das Ehrlich-Sein. Ein Ideal ist mehr, etwas das man anvisiert, dem man entgegenlebt.“ Julia Friedrichs hat beim Verlag Hoffmann und Campe folgende Bestseller veröffentlicht: „Gestatten: Elite. Auf den Spuren der Mächtigen von morgen (2008) und „Deutschland dritter Klasse. Leben in der Unterschicht (mit Eva Müller und Boris Baumholt, 2009).

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