Das Freiheitsstreben der Menschen ist die mächtigste Kraft in der Geschichte

Das Thema der Ausgabe 03/2018 des philosophischen Wirtschaftsmagazins agora42 lautet „Befreiung“. Befreiung ist ein schönes Wort schreibt Chefredakteur Frank Augustin. Doch wer realistisch ist, für den bedeutet es zunächst Entzug; den Entzug von der Normalität. Gegliedert ist das Heft in drei Teile. Im ersten Abschnitt werden Begriffe, Theorien und Phänomene vorgestellt, die für das gesellschaftliche Selbstverständnis grundlegend sind. Da geht es zum Beispiel um das Pathos der Freiheit oder um die Befreiung vom destruktiven Wachstum. Im Porträt stellt Katalin Bolyhos den französischen Existenzialisten Jean-Paul Sartre vor. Der zweite Teil enthält ein Interview mit Johannes Galli, der Scheitern als Befreiung begreift. Im dritten Teil des Magazins brechen die Autoren zu neuen Ufern auf. Sie stellen sich die Frage, wie sich eine andere gesellschaftliche Wirklichkeit denken lässt und wie sich konkrete Veränderungen herbeiführen lassen.

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Robert Nozick kennt das Band der Liebe

Das allgemeine Phänomen der Liebe umfasst romantische Liebe, die Liebe einer Mutter oder eines Vaters zu einem Kind, die Liebe zum eigenen Land und vieles mehr. Robert Nozick ergänzt: „Was aller Liebe gemeinsam ist, ist dies: das eigene Wohlergehen ist mit dem eines anderen Menschen oder Dinges, den oder das man liebt, verbunden.“ Wenn einem Freund etwas Schlechtes passiert, dann geschieht auch einem selbst etwas Schlechtes. Wenn jemand, den man liebt, verletzt oder bloßgestellt wird, ist man verletzt; wenn ihm etwas Wunderbares geschieht, fühlt man sich in besserer Verfassung. Nicht jede Zufriedenstellung der Vorliebe eines Geliebten wird allerdings dazu führen, dass man sich besser fühlt; sein oder ihr Wohlergehen und nicht einfach nur eine Vorliebe muss auf dem Spiel stehen. Robert Nozick (1938 – 2002) war ein in Harvard lehrender amerikanischer Philosoph, der vor allem durch seine Schriften zur Moralphilosophie bekannt wurde.

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Gerlinde Unverzagt kennt die Probleme der Dauerpubertät

Eltern und Kinder stehen sich heute so nah wie nie zuvor. Noch nie in der Geschichte war Eltern und Kinder eine so lange Phase gemeinsamen Erwachsenenseins vergönnt: Die gestiegene Lebenserwartung verändert das Verhältnis zwischen den Generationen. Gerlinde Unverzagt erläutert: „Wir kommunizieren auf (vermeintlich) gleicher Augenhöhe und auch viel häufiger; die tägliche E-Mail, die launige Whatsapp, die SMS zwischendurch – die stetig pulsierende digitale Nabelschnur hat frühere Generationen nicht miteinander verbunden.“ Alte Modelle aus Respekt, Gehorsam und Tradition reichen nicht mehr, um die Beziehung zu beschreiben. Die Idee, in Kindern Freunde zu sehen, hat mit dem Paradigmenwechsel in der Erziehung nach 1968 – von der „Bestimmerfamilie“ zur „Verhandlerfamilie“ – zu tun, auch mit der Jugendbesessenheit der Gegenwart. Gerlinde Unverzagt hat folgende Bücher veröffentlicht: „Das Lehrerhasserbuch“, „50 ist das neue 30“ und „Generation ziemlich beste Freunde“.

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Die frühe Sozialisation prägt den Optimismus oder den Pessimismus

„Liebe allein genügt nicht“, hat der berühmte Psychoanalytiker Bruno Bettelheim über die Sozialisation des Menschen geschrieben, aber ohne Liebe besteht kaum Hoffnung für den Optimismus. Jens Weidner erläutert: „Fehlende Zeit lässt sich nicht durch Geld und teure Geschenke kompensieren, so materiell sind junge Menschen nicht, sie verzweifeln eher an der fehlenden Zuneigung und Wärme, sie verzweifeln auch an manchen prägenden Karrierekillerphrasen bedenkenloser Eltern, die zur Grundlage ihrer pessimistischen Lebenseinstellung werden.“ Der schlimmste Satz, den Jens Weidner in einem Beratungsgespräch gehört hat, lautet: „Wir hätten dich abtreiben sollen. In diesem Moment hätte er die Eltern schlagen können. Denn Kinder, die sich so etwas in jungen Jahren anhören müssen, vergessen das nie, und sie werden im Leben alles dafür tun, dass sich solche Kränkungen nicht wiederholen. Jens Weidner ist Professor für Erziehungswissenschaften und Kriminologie.

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Selbstmitleid kann schnell zu einer Paranoia führen

Selbstmitleid ist eine der unfruchtbarsten Reaktionen auf die Widrigkeiten des Lebens. Rolf Dobelli ergänzt: „Selbstmitleid verändert nichts. Im Gegenteil, Selbstmitleid ist ein emotionaler Wirbel, ein Strudel, der einen, je länger man darin schwimmt, nur noch weiter hinunterzieht.“ Darin gefangen, verfallen Menschen schnell der Paranoia. Sie haben dann das Gefühl, eine Gruppe von Menschen, die ganze Menschheit oder gar das Universum habe sich gegen sie verschworen. Ein Teufelskreis für die Betroffenen, aber auch für die Mitmenschen, die sich verständlicherweise irgendwann von ihnen fernhalten. Sobald Rolf Dobelli bei sich die ersten Anzeichen von Selbstmitleid wahrnimmt, versucht er sich sofort aus diesem gefährlichen Sog zu befreien. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

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Emotionale Intelligenz wird die treibende Kraft des 21. Jahrhunderts sein

Emotionales Lernen ist nicht auf die Zeit der Kindheit beschränkt, sondern dauert ein Leben lang und gilt ebenso für Partnerbeziehungen. Immer noch gibt es die Idealvorstellung, dass zwei Menschen, die sich lieben, sich auch in ihren Gefühlen immer verstehen. In der Partnerschaft ist es allerdings so, dass man in einem fortwährenden Prozess lernen muss, den Partner besser zu begreifen. Klaus Biedermann stellt klar: „Egal wie befriedigend Ihre Beziehung zu Ihren Eltern war, bekommen Sie Probleme, wenn Sie nicht erkennen, mit wem Sie jetzt zusammen sind.“ Wenn man sich dieser Person gegenüber automatisch so verhält, wie man es gewohnt ist, läuft man Gefahr, die Qualität der Beziehung einzubüßen. Hier ist wirklich emotionale Intelligenz gefordert. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Die Liebe hat unzählige Facetten und kulturelle Ausformungen

Es gibt Menschen, die pflegen eine Liebe zur Philosophie, andere lieben die Künste, viele „schwärmen“ gerne, und dieses Schwärmen ist ein Echo ihrer Liebesfähigkeit. Matthias Horx nennt Beispiele: „Wir „lieben“ Wiener Schnitzel oder Sonnenuntergänge am Meer, unsere Fußball-Lieblingsmannschaft oder echte Spaghetti Bolognese, die von Tim Mälzer.“ In allen Aspekten von Resonanz, die Menschen zu ihrer Umwelt entwickeln, kann sich Liebe zeigen. Menschliche Liebe und Verbundenheit hat unzählige Facetten und kulturelle Ausformungen. Das griechische Wort „Eros“ zum Beispiel steht für die Anziehung, die Lust, das Begehren. In der griechischen „Liebesphilosophie“ ist Eros das kosmische Elementarprinzip – als Kraft und Quelle alles Lebenden und Lebendigkeit. Oder Mania, die Besessenheit, die Abhängigkeit, die Unbedingtheit, die bis zur Enthemmung geht: Wenn Liebe zur – meist einseitigen – Obsession wird, zerstört sie sich selbst. Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.

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In einer überforderten Gesellschaft leidet die Psyche der Menschen

Die deutsche Gesellschaft ist heute „gefühlt“ und tatsächlich mit enormen Belastungen konfrontiert. Die als bedrohlich empfundenen politischen Entwicklungen haben nicht nur Auswirkungen auf die Psyche der Deutschen, sondern auch auf ihr Leistungsvermögen. Eine Beobachtung erstaunt Georg Pieper bei seinen Einsätzen als Notfallpsychologen immer wieder: „In realen oder vermeintlichen Gefahrensituationen haben wir nicht unbedingt Angst um uns selbst, sondern oft viel mehr um unsere Liebesten und unsere Mitmenschen.“ Selbst Menschen, die sich in höchst gefährlichen Situationen befanden, fürchteten viel weniger um ihr eigenes Leben oder ihre körperliche Unversehrtheit als um das Wohlergehen ihrer Angehörigen. Das ist, glaubt Georg Pieper, ein angeborener Mechanismus des Menschen. Das man Angst um seine Lieben hat, ist natürlich an sich nichts Schlechtes. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

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Liebe und Sexualität sind ausschlaggebend für das Glück

Liebe und Sexualität sind die bei weitem wichtigsten emotionalen Faktoren für das unmittelbare genetische Fortbestehen der Menschheit. So überrascht es Eyal Winter nicht, dass nahezu 80 Prozent der Studienteilnehmer, die Daniel Kahneman und seine Kollegen im Rahmen einer Studie über Glück untersuchten, angegeben haben, Sexualität und Liebe seien ich ihrem Leben am ausschlaggebendsten für ihr Glück. Die Institution der Ehe, die beinahe in jeder Kultur anzutreffen ist, verdeutlicht ganz stark die Haltung gegenüber Liebe und Sexualität, die für den Menschen charakteristisch ist. Denn das Aufziehen eines Kindes ist ein sehr langer und komplexer Prozess, der die Beteiligung von mehr als nur einem Elternteil erfordert. Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

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Menschen lernen durch Beobachtung

Lernen ist die Veränderung von Wissen, Gewohnheiten, Vorlieben et cetera aufgrund von Erfahrungen. Allgemein bekannt und überaus bedeutsam ist das Lernen am Modell: Man lernt Verhaltensweisen, die man anderen abschaut. Hans-Peter Nolting stellt fest: „Leider beobachten manche Menschen in ihrer Umwelt sehr viele aggressive Modelle: Eltern machen vor, dass man sich bei einer Meinungsverschiedenheit heftig beschimpft, Mitschüler zeigen, wie man andere lächerlich macht, und in Filmen sind mitunter extreme Gewalthandlungen zu sehen.“ Selbstverständlich folgt auf die Beobachtung nicht automatisch eine Nachahmung. Zum einen beobachtet jeder Mensch zugleich ganz andersartige, darunter sehr friedfertige und konstruktive Verhaltensweisen, zum anderen ist längst nicht jeder Beobachter motiviert, das beobachtete Verhalten zu imitieren. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Die Erziehung der Kinder kommt nicht ohne Autorität aus

In der Regel ist in der Erziehung die Sicherheit dem Freiheitsdrang übergeordnet. Für Paul Verhaeghe ist elterliche Verfügungsgewalt über ihre Kinder heutzutage alles andere als selbstverständlich. Das Kinder frühreifer und frecher sind, ist nur die halbe Wahrheit. Paul Verhaeghe erklärt: „Die sogenannte Frühreife ist nämlich das Ergebnis davon, dass die Eltern Angst haben, mit der elterlichen Position auch die damit verbundene Autorität einzunehmen.“ Ihre Angst äußert sich ferner in zweifellos gut gemeinten, aber falsch verstandenen pädagogischen Prinzipien nach dem Motto „Kinder müssen mitreden dürfen“. Dabei vergessen viele Eltern, dass es sich um Kinder handelt, dass sie für ihre Kinder verantwortlich sind und bei allem Mitspracherecht das letzte Wort behalten müssen. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

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Eltern müssen nicht immer und überall für ihre Kinder da sein

Eltern haben Macht und sorgen als Bezugspersonen für Sicherheit. In der Psychologie geht es häufig um die mehr oder weniger sichere Bindung von Kindern. Diese ist laut Paul Verhaeghe in der Tat von höchster Bedeutung: „Es handelt sich dabei im Wesentlichen um das Verhältnis zwischen Bezugsperson und Baby bis ins Vorschulalter. Wie sicher die Bindung eines Kindes ist, lässt sich paradoxerweise buchstäblich daran messen, wie gut es die Bezugsperson loslassen kann.“ Der Psychoanalytiker fügt hinzu: „Den Erfolg unserer Erziehung können wir daran messen, wie unsere Kinder sich von uns lösen können.“ Die vom Kleinkind gefühlte Sicherheit hängt ganz eng mit der Sicherheit und Vorhersehbarkeit zusammen, die es immer wieder erfahren hat. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

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Keiner kennt den Ort der ewigen Liebe

Die ewige Liebe ist wie ein Fabelwesen: „Dass es sie gibt, behauptet jeder; wo sie ist, weiß keiner“. Mit diesen wehmütigen Sätzen wird das Publikum in Mozarts Oper „Cosi fan tutte“ auf eine Geschichte aus Liebesschwüren und schnödem Verrat eingestimmt. Glaubt man Romanen, Schauspielen und Filmen, dann lässt sich nur auf eine Weise verhindern, dass die Liebe an den Realitäten des Lebens scheitert. Die Liebenden müssen durch den Tod für immer getrennt werden. Traditionen, mit denen man aufwächst, wie Verliebtheit, Heirat und Familie, kann man leicht für selbstverständlich und naturgegeben halten, obwohl sie es vielleicht gar nicht sind. Thomas Junker erklärt: „Bevor man das tut oder sich gedankenlos am Vorbild der Eltern und Großeltern orientiert, kann es nicht schaden, die verschiedenen Optionen genauer unter die Lupe zu nehmen.“ Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Babys programmieren den Geruchssinn ihrer Bezugspersonen um

Babys haben einen ganz besonderen, hypnotisierenden Geruch, sie verbreiten eine Pheromon-Wolke, die direkt in die tiefen Hirnareale dringt. Matthias Horx weiß: „Das Riechen am Nacken eines Kleinkindes setzt sofort Oxytocin frei. Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass dabei eine Art neuronaler „Reset“ stattfindet: Babys programmieren den Geruchssinn ihrer Bezugspersonen regelrecht um.“ Was vor der Ankunft des Nachwuchses noch faszinierend nach Abenteuer und Abwechslung roch – Alkohol etwa, Schweiß oder Tabak, scharfe Speisen –, „stinkt“ plötzlich. Der Geruch anderer Menschen wird nun unangenehm, uninteressant. Umgekehrt verwandelt sich der Geruch der Babyscheiße in – nun ja – zumindest einen erträglichen Duft. Die biochemische Software, die die Evolution den Menschen mitgegeben hat, erweitert um die Geburt herum die Hirnareale für Planung, für Kooperation und Antizipation. Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.

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Der Mann hat seine privilegierte Stellung verloren

Ein kurzer Blick auf die Scheidungsraten zeigt, dass langfristige Beziehungen heute verglichen mit früher um einiges seltener geworden sind. Alle paar Wochen findet sich in einer Zeitschrift ein Artikel, in dem ein Wissenschaftler erklärt, warum das so ist. Paul Verhaeghe kennt die Veröffentlichungen: „Klinische Psychologen behaupten, junge Menschen hätten Probleme, sich zu binden, weil bei ihren Babyboom-Eltern einiges schief gelaufen ist. Die evolutionäre Psychologie vertritt die These, dass Männer vom Mars und Frauen von der Venus stammen – und sie konnten beisammen nicht kommen.“ Doch die auf der Hand liegende Erklärung ist viel weniger kompliziert und hat mit den gesellschaftlichen Veränderungen der letzten fünfzig Jahre zu tun. Die Machtverhältnisse zwischen Mann und Frau haben sich grundlegend verändert. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

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Der Mensch ist ein soziales Wesen

Der Homo sapiens entwickelte sich über Jahrmillionen nicht als Einzelgänger, sondern im engen Zusammenleben in einer sozialen Gemeinschaft. Primär bot die Gemeinschaft dem Individuum Schutz. Überleben bedeutete, zusammen zu leben. Anja Förster und Peter Kreuz ergänzen: „Aber außerdem bot sie ihm die Chance zu einer enormen geistigen Entwicklung: Das durch immer mehr implizite und explizite Regeln und Normen bestimmte, komplexe soziale Miteinander forderte eine Anpassung der intellektuellen Fähigkeiten, forderte Sprache, Mimik und Gestik sowie komplexe Verhaltensmuster.“ Die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns nahmen immer weiter zu. Je differenzierter das Zusammenleben wurde, desto leistungsfähiger wurde auch das Gehirn. Insbesondere der frühkindlichen Bindung kommt eine extrem große Bedeutung zu. Erlebt ein Säugling nach der Geburt Urvertrauen und Sicherheit, stabilisieren ihn diese Gefühle sein Leben lang. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

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Neugierde ist die beste Triebfeder für das Lernen

Die meisten Schüler starten voller Motivation in ihr erstes Schuljahr. Neugierig und lernbereit nehmen sie jedes Wissen gierig auf und erzählen voller Stolz zuhause von ihren neuen Erkenntnissen. Doch immer wieder geht diese Motivation nach einigen Jahren Schulbesuch verloren. Laut Untersuchungen von Psychologen spätestens ab der Pubertät, aber meist schon beim Wechsel in eine weiterführende Schule. Wie kann man also Schüler zum weiteren Lernen motivieren? Eltern sollten von Anfang an für ein optimales Lernklima sorgen. Zudem sollten sie ihren Kids eine gesunde Schulbrotzeit mitgeben, für einen aufgeräumten Schreibtisch sorgen, eine ruhige Lernumgebung herstellen und darauf achten, dass ihre Kinder ausreichend lange schlafen. Das fördert die Konzentration des Nachwuchses. Die Eltern sollten auch Ziele formulieren, die ihre Kinder so aufregend finden, dass sie sich selbst zum Lernen motivieren können.

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Hans-Peter Nolting korrigiert das Bild einer gewalttätigen Jugend

Verglichen mit Kindern können Jugendliche deutlich schwerwiegendere gewalttätigere Handlungen begehen. Das liegt nicht nur an ihrer Körperkraft – auch Waffengebrauch oder Alkoholkonsum können hinzukommen, und zu einem beachtlichen Teil begehen sie ihre schändlichen Taten in Gruppen. Hans-Peter Nolting fügt hinzu: „Weiterhin bewegen sich Jugendliche weit häufiger außer Haus, also im öffentlichen Raum.“ Aus verschiedenen Gründen fallen ihre bösen Taten viel mehr auf als die von Kindern. Allerdings empfinden manche Eltern ihre jugendlichen Söhne und Töchter auch im häuslichen Umgang als aggressiv, wenn sie sich etwa in patziger Tonart gegen Kontrollen wehren oder Türen knallend in ihren Zimmern verschwinden. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Niccolò Machiavelli war ein Lehrer des Bösen

Als Dacher Keltner vor 20 Jahren mit seiner Untersuchungen von Macht begann, wurden diese oft mit Zwang, Gewaltausübung und Herrschaft gleichgesetzt. Diese Gleichsetzung der Macht mit Gewaltausübung fand ihren klarsten Ausdruck in Niccolò Machiavellis Buch „Der Fürst“. Dacher Keltner stellt fest: „Es gehört zu den hundert einflussreichsten Büchern, die je geschrieben wurden und hat die Handlungsweisen von einigen der mächtigsten Herrscher der Geschichte bestimmt.“ „Der Fürst“ ist auch heute noch ein wichtiger Text bei der Ausbildung von Führungskräften. Der Politologe Leo Strauss von der University of Chicago stellte allerdings fest, dass Niccolò Machiavelli ein Lehrer des Bösen war und dass der Gewinn und Erhalt von Macht nichts mit Ethik zu tun hat, wie so viele irrtümlich meinen. Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

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Das Hotel Mama wird bei jungen Erwachsenen immer beliebter

Die Gesellschaft mag sich ständig verändern, doch es staut sich etwas. Die Kinder der Globalisierung verlassen ihr Elternhaus immer später. In der Regel stecken wirtschaftliche Gründe dahinter. Universitäten mit prall gefüllten Stundenplänen lassen immer weniger Zeit für klassische Nebenjobs. Zudem sind die Lebenshaltungskosten in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich schneller gestiegen als die typischen Einstiegsgehälter. Und vor allem in den städtischen Ballungsräumen wird eigener Wohnraum für junge Erwachsene immer weniger erschwinglich. Laut einer Umfrage im Auftrag der Sparkassen aus dem Vorjahr können sich knapp 60 Prozent der Studierenden in Österreich keine eigene Wohnung leisten. Im Jahr 2010 waren dagegen nur 28 Prozent auf die elterliche Wohnung angewiesen. Das heißt allerdings nicht, dass junge Erwachsene heute schrecklich leiden würden. Es gibt auch gute Motive dafür, im Kinderzimmer erwachsen zu werden oder es zumindest nicht als völlig abwegig zu empfinden.

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Eifersucht unter Geschwistern ist ganz normal

Nur wer als Einzelkind geboren wurde, kann mit völliger Sicherheit davon ausgehen, das Lieblingskind seiner Eltern zu sein. Bei mehreren Kindern in einer Familie gilt, dass die Eltern eines bevorzugen. Diese Tatsache gilt heute in der Forschung als bestätigt. Der amerikanische Soziologe Karl Pillemer von der Corell University in Ithaca fand im Rahmen einer Untersuchung heraus, dass sich etwa 70 Prozent der befragten 700 Mütter einem ihrer Kinder näher fühlen. Und der deutsche Familienforscher Hartmut Kasten geht überhaupt davon aus, dass der „Favoritismus“ – so nennen Entwicklungspsychologen das Phänomen – noch weiter verbreitet ist. Er ist der Meinung, dass es in etwa 90 Prozent aller Familien ein Lieblingskind gibt. Wem die höchste Gunst der Eltern zuteil wird, soll sich aber phasenweise verändern.

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Das Über-Ich nimmt an der Figur des Vaters Maß

Das Über-Ich steuert die moralische Bestimmung des Individuums nicht von außen, sondern entspringt einer subjektiven Idealisierung mit ambivalenten Bezügen. Prägend steht dabei im Hintergrund die Figur des Vaters, an dem das Über-Ich Maß nimmt. Peter-André Alt erläutert: „Im Laufe des Erwachsenwerdens löst es sich von dieser konkreten Bindung, beim Jungen durch die Überwindung des Ödipus-Komplexes, beim Mädchen durch die Suche nach einer neuen männlichen Bezugsperson, auf die sich das Liebesbegehren richtet.“ Auch das Über-Ich bleibt im Bann libidinöser Kräfte, weil die Idealisierungsarbeit, der es seine Existenz verdankt, das Resultat einer sexuell aufgeladenen Fixierung auf den Vater ist. Es wäre daher unzutreffend, dem Über-Ich Eigenständigkeit und Freiheit zuzusprechen. Peter-André Alt ist Professor für Neuere Deutsche Literaturgeschichte an der Freien Universität Berlin.

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Eltern sollten unbedingt mit ihren Kinder spielen

Die Aufmerksamkeit ist eine unerlässliche Voraussetzung für die Bildung von Erinnerungen. Die Aufmerksamkeit und das Gedächtnis können nicht ohne einander auskommen. Dieses Grundprinzip gilt auch für Dinge, die man zwar sieht oder sonst irgendwie wahrnimmt, denen man aber keine Aufmerksamkeit schenkt. Aufmerksamkeit allein bedeutet aber nicht unbedingt, dass eine Erinnerung entstehen wird. Julia Shaw ergänzt: „Und wenn wir über die Aufmerksamkeit von Babys sprechen, meinen wir häufig nur eines – wie lange ein Baby etwas anschaut; Forscher nennen das den aufmerksamen Blick.“ Wie man aus seinem eigenen Leben weiß, garantiert die Tatsache, dass man etwas eine Zeit lang anschaut, keineswegs, dass man ihm seine volle Aufmerksamkeit widmet. Man muss auch innerlich auf die Informationen fokussiert sein, die man encodieren und sich merken will. Die Rechtspsychologin Julia Shaw lehrt und forscht an der London South Bank University.

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Für den richtigen Lebensweg braucht man Orientierung

Warum sich Wahlfreiheit und Optionsvielfalt für viele Menschen überhaupt nicht gut anfühlen, lässt sich in erster Näherung recht einfach sagen. Aber wie das oft so ist bei den vermeintlich einfachen Dingen des Lebens – es wird komplexer, je genauer man es betrachtet. Es ist allerhöchste Zeit, darüber nachzudenken, welchen Gebrauch man von seiner Wahlfreiheit machen soll. Das erfordert eine Umorientierung. Anja Förster und Peter Kreuz erklärten: „Weg von der extrinsischen Ausrichtung „Wie soll ich funktionieren?“ hin zur intrinsischen „Welchen Wert kann uns will ich beitragen?“ Aber dazu müssen wir lernen, mit unserer Wahlfreiheit zurechtzukommen.“ Eine der wichtigsten Fragen überhaupt lautet: „Welcher der vielen Wege ist der richtige für mich?“ Für deren Beantwortung ist eine Sache essentiell: Orientierung. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

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Durch Offenheit entwickeln sich Beziehungen weiter

Ereignisse, die das Leben entscheidend verändern, sind für Judith Glück die wichtigsten Katalysatoren für die Entwicklung von Weisheit, weil sie das Potential haben, die persönliche Sicht auf das Leben, auf das eigenen Selbst und andere Menschen zu verändern. Weisheit kann sich aber nur dann entwickeln, wenn Menschen auch bereit sind, sich verändern zu lassen. Judith Glück erklärt: „Wenn sie also neuen Erfahrungen nicht mit einer vorgefassten Sichtweise begegnen, die sie nach Möglichkeit beibehalten wollen, sondern willens sind, sich überraschen oder beeindrucken zu lassen.“ Weise Menschen haben sich somit bis zu einem gewissen Grad die kindliche Fähigkeit des Staunens, des Wahrnehmens ohne sofortige Einordnung erhalten. Zudem weisen weise Menschen Verantwortung nicht so schnell von sich. Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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