Der Liebende liebt das Schöne

In Platons „Symposion“ heißt es: „Der Liebende liebt das Schöne. Das Schöne findet sich nicht nur an einem Menschen.“ Also liebt er nicht nur viele. Nein, als Philosoph muss er sogar viele lieben, weil er sonst eben den allgemeinen Charakter der Schönheit nicht erkennt. Daraus lässt sich für Peter Trawny die Aufforderung ablesen, mit der Ansicht aufzuhören, es gäbe nur einen schönen Körper, nämlich den des gerade Geliebten. Da kann dann die Ehe nur stören. Wie dem auch sei. In Zeiten, in denen die Scheidung zu einer gewöhnlichen Angelegenheit geworden ist, ist ein Lob der Ehe fragwürdig, wenn nicht befremdlich. Peter Trawny vermutet: „Heute schein es nicht nur die Philosophen zu sein, die den allgemeinen Charakter der Schönheit erkannt haben und ihm zusprechen.“ Peter Trawny gründete 2012 das Martin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, das er seitdem leitet.

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Die monogame bürgerliche „Liebesehe“ ist eine heuchlerische Illusion

Die Vorstellung, die romantische Liebe bilde einen Eckpfeiler der Kultur des Kapitalismus, ist nicht neu. In seiner Schrift „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ (1884), einer vehementen Kritik der Familie von der griechischen Antike bis zum bürgerlichen Zeitalter, verdammte Friedrich Engels die Familie, weil sie die Frauen den Männern unterwerfe und das Privateigentum schütze – durch das Erbrecht. Eva Illouz schreibt: „Für Engels ist die monogame bürgerliche „Liebesehe“ eine heuchlerische Illusion, die eher klassenmäßig als gefühlsmäßig bedingt ist, und sie bleibt letztlich eher eine Sache der Konvention als der Liebe.“ Nur in der Arbeiterklasse, die materiell nichts zu gewinnen oder verlieren hat, könne sich „wahre“ romantische Liebe entwickeln. Die Soziologin Eva Illouz ist seit dem Jahr 2006 Professorin für Soziologie an der Hebrew University in Jerusalem.

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Einseitige Liebe kann niemals zur Intimität führen

Die Soziologin Eva Illouz wird in ihren Büchern nicht müde, darauf hinzuweisen, dass das Problem der modernen Liebe im Übergriff des Kapitalismus auf die Gefühle besteht. In der hyperkapitalisierten Welt von heute lasse sich keine Intimität mehr herstellen, ohne dass diese andauernd von Konkurrenzangeboten bedroht werde. Die Liebe will die Menschen, wie der Psychoanalytiker Erich Fromm es bereits in seinem 1956 erschienenen Buch „Die Kunst des Liebens – ausdrückte, vom „Schrecken der Getrenntheit“ erlösen. Matthias Horx ergänzt: „Intimität ist dabei ein wichtiger Schlüssel.“ Ziyad Marar beschreibt in seinem Buch „Intimacy“ die Intimität als Erleben in vier Dimensionen, in „vier Spiegeln“. Sie ist demnach immer gegenseitig, verschwörerisch, emotional und freundlich. Intimität ist die Errichtung eines nach außen abgeschlossenen Raumes, einer mentalen und emotionalen Blase. Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.

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Den Menschen ist das Erlebnis der Humanität verloren gegangen

Die ganze Vorstellung der Humanität und des Humanismus gründet in der Idee der menschlichen Natur, die allen Menschen gemeinsam ist. Das war laut Erich Fromm die Prämisse des buddhistischen wie des jüdisch-christlichen Denkens. Der Buddhismus entwickelte ein Bild vom Menschen in existentialistischen und anthropologischen Begriffen und nahm an, dass die gleichen psychischen Gesetze für alle Menschen gelten. Denn die conditio humano ist für alle die gleiche, da alle Menschen in der Illusion der Getrenntheit und Unzerstörbarkeit des eigenen Ichs leben. Jedes Individuum sucht eine Antwort auf das Problem seiner Existenz zu finden, indem es versucht, sich gierig an allen Dingen, einschließlich des Ichs, festzuklammern. Alle Menschen leiden und können nur vom Leiden erlöst werden, wenn sie die Illusion ihres Abgetrenntseins und ihre Gier überwinden.

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Erich Fromm begibt sich auf die Spur des Menschen

Erich Fromm stellt sich die Frage, was die Menschen tun können, um eine technologische Gesellschaft zu humanisieren. Um eine Antwort zu finden, muss man sich zuerst allerdings damit beschäftigen, was es eigentlich heißt, menschlich zu sein. Der Mensch war, und ist es noch immer, leicht dazu zu verleiten, eine bestimmte Form des Menschseins als dessen Wesen anzusehen. Erich Fromm schreibt: „In dem Maß, wie dies der Fall ist, definiert der Mensch sein Menschsein entsprechend der Gesellschaft, mit der er sich identifiziert.“ Aber es hat in der Geschichte der Menschheit immer wieder Menschen gegeben, die genügend Kühnheit und Fantasie hatten, um über die Grenzen der eigenen gesellschaftlichen Existenz hinauszublicken. Erich Fromm stellt einige Definitionen vor, die das spezifisch Menschliche in einem einzigen Begriff zu erfassen versuchten.

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Erich Fromm stellt das Paradoxe und Wesen der Hoffnung vor

Die Hoffnung ist für Erich Fromm von paradoxer Gestalt. Sie ist weder ein untätiges Warten noch ein unrealistisches Herbeizwingenwollen von Umständen, die nicht eintreffen können. Sie gleicht seiner Meinung nach einem kauernden Tiger, der erst losspringt, wenn der Augenblick zum Springen gekommen ist. Erich Fromm fügt hinzu: „Weder ein müder Reformismus noch ein pseudo-radikales Abenteurertum ist ein Ausdruck von Hoffnung. Hoffen heißt, jeden Augenblick bereit sein für das, was noch nicht geboren ist, und trotzdem nicht verzweifeln, wenn es zu unseren Lebzeiten nicht zur Geburt kommt.“ Es hat für ihn keinen Sinn, auf etwas zu hoffen, was bereits existiert oder was nicht sein kann. Erich Fromm behauptet, dass ein Mensch mit einer schwachen Hoffnung, sich entweder für das Bequeme oder für die Gewalt entscheidet.

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Erich Fromm beschreibt die Entwicklung Deutschlands nach 1871

Deutschland, der Nachzügler unter den großen westlichen Industrienationen, erlebte nach 1871 seinen aufsehenerregenden Aufstieg. Schon im Jahr 1895 hatte die deutsche Stahlproduktion diejenige Englands erreicht, und 1914 war Deutschland bei der Herstellung von Stahl England und Frankreich weit überlegen. Deutschland besaß laut Erich Fromm ein äußerst leistungsfähiges Industriesystem, wozu seine rational denkende, strebsame und gebildete Arbeiterschaft wesentlich beitrug. Allerdings besaß Deutschland nicht genügend Rohstoffe und hatte nur wenige Kolonien. Erich Fromm fügt hinzu: „Um sein wirtschaftliches Potential maximal zu realisieren, musste es sich ausdehnen, es musste Gebiete erobern, die in Europa und Afrika über Rohstoffe verfügten.“ Gleichzeitig besaß Deutschland ein Offizierkorps, das in der Tradition Preußens ausgebildet worden war und sich durch Disziplin, Loyalität und Hingabe an die Armee auszeichnete.

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Für Erich Fromm sind viele Menschen weder lebendig noch tot

Erich Fromm glaubt, dass die grundlegende Alternative des Menschen die Wahl zwischen Leben und Tod ist. Bei allem, was der Mensch tut, muss er diese Entscheidung treffen. Bei der Wahl ist er frei, allerdings nur in begrenztem Maß. Erich Fromm nennt Gründe für diese Einschränkung: „Es gibt zahlreiche günstige und ungünstige Bedingungen, die ihn beeinflussen: seine psychologische Konstitution, die speziellen Bedingungen der Gesellschaft, in die er hineingeboren wurde, seine Familie, seine Lehrer und die Freunde, denen er begegnet und die er sich auswählt.“ Laut Erich Fromm ist es die Aufgabe des Menschen, seinen Raum der Freiheit zu erweitern und sich um Bedingungen zu bemühen, die zum Leben und nicht zum Tode führen. Mit Leben und Tod meint Erich Fromm keinen biologischen Zustand, sondern eine Verfasstheit des Seins, in dem die Art der Beziehung zur Welt zum Ausdruck kommt.

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Der Mensch hat ein existenzielles Bedürfnis nach Werten

Der Mensch sehnt sich nach Werten, nach denen er sein Handeln und Fühlen ausrichten kann. Für Erich Fromm besteht eine natürliche Diskrepanz zwischen dem, was die Menschen für ihre Werte halten, und den tatsächlichen Werten, von denen sie sich, ohne sich dessen bewusst zu sein, leiten lassen. In den modernen Gesellschaften sind die offiziellen bewussten Werte, die der religiösen und humanistischen Tradition. Dazu zählt Erich Fromm unter anderem die Individualität, die Liebe, das Mitgefühl und die Hoffnung. Aber für die meisten Menschen sind diese Werte zu Ideologien verkommen und haben ihre Wirkung als Motivationen menschlichen Verhaltens eingebüßt. Die unbewussten Werte, die das menschlichen Handeln unmittelbar motivieren, sind solche, die im Sozialsystem einer bürokratischen Gesellschaft entstehen, nämlich zum Beispiel Besitz, Konsum, soziale Stellung, Vergnügen und Nervenkitzel.

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Erich Fromm macht sich Gedanken über den Glauben

Wenn keine Hoffnung mehr besteht, ist für Erich Fromm das Leben tatsächlich oder potentiell zu Ende. Denn die Hoffnung ist ein dem Leben selbst innewohnendes Element. Sie ist Ausdruck der Dynamik des menschlichen Geistes. Laut Erich Fromm steht sie in engem Zusammenhang mit einem anderen Element des Lebens, nämlich mit dem Glauben. Erich Fromm definiert den Glauben wie folgt: „Glauben heißt, von etwas noch nicht Bewiesenem überzeugt zu sein, ist ein Wissen um die realen Möglichkeiten, bedeutet sozusagen einer „Schwangerschaft“ gewahr zu werden. Glaube ist dann rational, wenn es sich dabei um das Wissen um das Wirkliche, aber noch Ungeborene handelt. Er gründet sich auf ein Wissen und Verstehen, das unter die Oberfläche dringt und den Kern wahrnimmt.“

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Erich Fromm erörtert das vielgestaltige Phänomen der Hoffnung

Die Hoffnung ist für den Psychoanalytiker und Sozialphilosophen Erich Fromm ein entscheidendes Element für jeden Versuch, eine gesellschaftliche Veränderung in Richtung auf eine größere Lebendigkeit, höheres Bewusstsein und mehr Vernunft herbeizuführen. Für Erich Fromm heißt hoffen nicht, wie viele andere meinen, Begierden und Wünsche zu haben. Menschen die bessere Autos, größere Häuser und die neuesten Geräte haben möchten sind für ihn keine Menschen der Hoffnung, sondern einfach nur Menschen, die es nach mehr Konsum gelüstet. Erich Fromm spricht von Hoffnung, wenn der Gegenstand der Hoffnung kein Ding, sondern ein erfüllteres Leben, ein Zustand größerer Lebendigkeit oder eine Befreiung von der ewigen Langeweile ist. Es kann sich aber auch theologisch gesprochen, um eine Hoffnung der Erlösung handeln oder politisch gesagt, um die Hoffnung auf eine Revolution.

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