Der Begriff „Banalität des Bösen“ machte Hannah Arendt berühmt

Den Zwängen ihrer Zeit setzte die deutsche Philosophin Hannah Arendt ein unerschrockenes und unabhängiges Denken entgegen. Sie versuchte, eine neue Form der Politik zu begründen, wobei ihr die Freiheit und die Pluralität als die Grundbedingungen des Menschseins galten. Laut Hannah Arendt ist die Verschiedenartigkeit der Menschen eine Vorraussetzung des Politischen. Wenn hingegen, wie im Totalitarismus, gewaltsam ein Monismus hergestellt wird, bedeutet dies für sie die Zerstörung des Politischen. Hannah Arendt bezeichnet die totalitären Regime als „organisierte Verlassenheit“, in denen die Prinzipien der Demokratie wie Repräsentation, der Schutz der Meinungsfreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht mehr gelten. Stattdessen wird die Herrschaft durch die Verbreitung von Angst und Terror aufrechterhalten, wobei eine Ideologie die theoretische Legitimationsgrundlage bildet. Auf jeden kritischen Versuch der Überprüfung des geschlossenen Systems wird feindlich reagiert.

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Der Event ist zum Ritual der Konsumgesellschaft geworden

Wolfgang Schmidbauer meint, dass man die moderne Eventkultur nicht verstehen kann, ohne sich mit ihrem Paradox zu beschäftigen. Die Entwicklung der Kultur ist seit den Anfängen des Ackerbaus, der Gründung von Städten und der Einführung des Rechtsstaats eng mit dem Versuch verknüpft, möglichst wenig aufregende Ereignisse zuzulassen. Das Leben des Jägers und Sammlers während der Altsteinzeit war dagegen geradezu von Aufregungen geprägt. Wolfgang Schmidbauer schreibt: „Die Jagd tastete sich von einem Ereignis zum nächsten, große Beute ist ein großes Ereignis, alle Stammesangehörigen versammeln sich, um zu feiern und zu speisen.“ Der Bauer dagegen ist dankbar, wenn ihn das Wetter verwöhnt und er reiche Ernte einfahren kann. Wolfgang Schmidbauer arbeitet neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit auch als Lehranalytiker und Paartherapeut in München.

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Das Philosophie Magazin stellt Jean-Jacques Rousseau vor

In der neuen Winterausgabe 01/2013 des Philosophie Magazins beschäftigt sich das Titelthema mit der Frage: „Gott. Eine gute Idee?“ Am interessantesten dabei ist das Streitgespräch zwischen dem Religionskritiker Herbert Schnädelbach und der Theologin Margot Käßmann. Der ehemalige Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie und emeritierter Professor der Humboldt-Universität Berlin, Herbert Schnädelbach, behauptet, dass das Christentum als Ideologie, Tradition und Institution wie ein Fluch auf unserer Zivilisation lastet. Für ihn ist vor allem die Erbsündenlehre in der augustinisch-lutherischen Fassung eine schwere Hypothek, die bis heute vor allem in der Pädagogik nachwirkt. Er sagt: „Die Vorstellung, dass der Mensch als Wilder auf die Welt kommt und erst einmal domestiziert werden muss, dass sein Wille gebrochen werden muss – genau das ist eine der Erblasten, die auf einem ganz bestimmten Aspekt des christlichen Lehrbestands beruhen.“  

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Rudolf Eucken stellt die Lebensordnung des Naturalismus vor

Eine Lebensordnung des Naturalismus konnte nach der Auffassung von Rudolf Eucken nicht eher entstehen und sich in voller Klarheit zeigen, bevor das Bild der Natur alle Zutat seelischen Lebens verbannte. Zum Hauptziel der Forschung wird, seit dem Beginn der Neuzeit, die Natur in ihrer reinen Tatsächlichkeit zu erfassen. Alle innere Eigenschaft und seelenartiges Streben wird als eine Verfälschung aus ihr entfernt. Die Natur wird in ein Reich unbesselter Massen und Bewegungen umgewandelt, worin alles in einfachen und durchgehenden Formen, nach unveränderlichen Gesetzen geschieht. Dies vollzieht sich aus eigener Notwendigkeit, wobei die Sorge um das Wohl des Menschen ausgeklammert bleibt. Rudolf Eucken schreibt: „Von Anfang an bestand viel Neigung, dies Reich der Natur für das Ganze der Wirklichkeit auszugeben und zugleich alle Wissenschaft nach Art der Naturwissenschaft zu gestalten.“

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Paul Nolte beschreibt die scheinbaren Vorzüge der Diktatur

Selbst in Großbritannien und Amerika kamen in der Zwischenkriegszeit neue Zweifel an der Demokratie auf, doch diese Zweifel griffen im kontinentalen Europa viel weiter und grundsätzlicher um sich und mündeten häufiger, über Skepsis hinaus, in Gegnerschaft gegen die Demokratie oder jedenfalls Gleichgültigkeit gegenüber ihrer möglichen Zerstörung. Die Aussicht auf eine Diktatur erschien in den 1920er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht so schrecklich wie in der Gegenwart. Erst aus der konkreten Erfahrung des Nationalsozialismus, der für Verfolgung und Massenmord verantwortlich war, teils auch aus den parallelen Gegebenheiten im Stalinismus der Sowjetunion, entstand laut Paul Nolte jenes Bild der Diktatur als alles umgreifender und kontrollierender, totaler Herrschaft, die sich auf Willkür und die Entfesslung von Gewalt stützt. Paul Nolte ist Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin.

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Rammstein macht Musik für Menschen mit eigenen Gesetzen

Überall wo die deutsche Band Rammstein auftritt, startet sie eine der größten Shows der jüngeren Popgeschichte. Die aktuelle Produktion kostet insgesamt rund eine halbe Million Dollar – pro Abend. Laut Veranstaltungstechniker Thilo Goos ist die Bühne, auf der Rammstein auftritt, eine der größten die momentan im Musikgeschäft auf Tour ist. Thilo Goos hat noch mehr Highlights auf Lager: „Die Anlage hat 380.000 Watt. Es muss dengeln. Es ist Rammstein. Zwei der 24 Trucks hat die US Trucking Company alleine für die  beiden Kraftwerke dabei. Das sind zwei Megawatt-Aggregate, und die ziehen rund 1.000 Liter Diesel pro Show aus dem Tank.“ Zu Rammstein gehören: der Sänger und Texter Till Lindemann, der Gitarrist Paul Landers, der Gitarrist Richard Kruspe, der Bassist Oliver Riedel, der Schlagzeuger Christoph Schneider sowie der Keyboarder Christian Flake Lorenz.

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Wie aus Deutschland eine Tugendrepublik geworden ist

Der Journalist Harald Martenstein vertritt die These, dass der Glaube an das aufgezwungene Gute mit der Hilfe von Gesetzen, Verordnungen und Überwachung durch die modernen Medien einen Terror der Tugend erschafft. Jede Gesellschaft hat Normen, Vorstellungen von Moral, Ideen von Gut und Böse. Gleichzeitig hat es laut Harald Martenstein noch nie eine Gesellschaft gegeben, in der sich alle ständig an diese Normen gehalten hätten. Das vermutet jeder, und jede Gesellschaft akzeptiert dies bis zu einem gewissen Grad. Harald Martenstein fügt hinzu: „Moralische Normen und Gesetze können nämlich keine perfekten Menschen aus uns machen. Sie verhindern lediglich durch Sanktionen, zu denen auch der Gesichtsverlust und die Blamage gehören, dass allzu viele allzu sehr über die Stränge schlagen.“

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John Cowper Powys denkt über das Gewissen nach

John Cowper Powys ist der Meinung, dass sich das Gewissen energisch zu Wort meldet, sobald ein Mensch in Beziehung zu anderen Menschen tritt. Wenn der Mensch allein ist, droht er der Selbstzerstörung zu erliegen. Obwohl die Autorität des Gewissens tief im Herzen des Menschen verwurzelt, ziehen sie es nicht zu Rate, wenn sie unglücklich sind, während sie es auf anderen Gebieten des Lebens ständig befragen. Meyers Online-Lexikon definiert das Gewissen „als Urteilsbasis zur (zweifelsfreien) Begründung der allgemeinen persönlichen moralischen Überzeugungen und Normen. Die Inhalte des Gewissens werden vom Normenkanon der jeweiligen Kultur und Gesellschaft sowie von den individuellen moralischen Überzeugungen geprägt.“

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Das Internet darf keine eigenen Gesetze haben

Der Journalist und Schriftsteller Dirk Kurbjuweit, Leiter des Spiegel-Hauptstadtbüros in Berlin, stellt in einem Essay in der Wochenzeitschrift „Der Spiegel“ die Frage, was die Internetgemeinde am Thema Freiheit interessiert. Dirk Kurbjuweit gibt folgende Antwort: „Der harte Kern will Freiheit von Kontrolle, Verbot und Zensur, er will Freiheit zur Anonymität und bildet damit die Möglichkeit zum „Shitstorm“, zum digitalen Mob, der andere ungestraft mit Schmähungen übelster Art überziehen kann, und er will die Freiheit vom Urheberrecht. Das alles möglichst total: totale Freiheit im Netz.“ Laut Dirk Kurbjuweit begünstigt die totale Freiheit im Internet Orgien der Gewalt und die Ausbreitung einer Sexualität, der jegliche Scham verloren gegangen ist.

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Tomáš Sedláček erzählt die Geschichte der Ökonomie

In seinem Buch „Die Ökonomie von Gut und Böse“ begibt sich der Wirtschaftswissenschaftler Tomáš Sedláček auf eine Expedition über die Grenzen der Ökonomie hinaus und erforscht die Verbindung der Wirtschaft zur Geschichte, zur Psychologie und zu den alten Mythen. Er unterstreicht damit, wie tief die Ökonomie in der Kultur der Menschheit verwurzelt ist. Sie reicht weit in die Geschichte zurück. Schon etwa 400 vor Christus sagte Xenophon, dass es etwas wie eine Wissenschaft der Ökonomie gibt, selbst wenn jemand über keinen Reichtum verfügt. Tomáš Sedláček lehrt an der Prager Karls-Universität, ist Chefökonom der größten tschechischen Bank und Mitglied des Nationalen Wirtschaftsrats in Prag.

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Der Mensch kann zwischen gut und böse unterscheiden

Für den Sozialphilosophen Hans Joas ist der erste Wert, der mit dem Begriff Bildung verknüpft ist, die Selbstverwirklichung. Er sagt: „Bildung soll jemanden nicht auf ein von anderen gestecktes Ziel hin entwickeln, sondern auf eines, das dieser Mensch in sich selbst entdecken muss.“ Seiner Meinung nach kann die Entdeckung eines individuellen Ziels und die Annäherung daran nur durch Eigenständigkeit funktionieren. Hans Joas glaubt nicht, dass Bildung hauptsächlich im Bereich außerhalb von Institutionen stattfindet. Denn das würde bedeuten in den Schulen und Universitäten würde Ausbildung gelehrt, während die wahre Bildung in der Freizeit stattfinden müsste. Hans Joas behauptet: „Das Spannungsverhältnis zwischen Bildung und Ausbildung ist für die deutsche Universitätsgeschichte charakteristisch.“ Hans Joas ist Fellow am Freiburg Institute for advanced studies (FRIAS) und assoziiertes Mitglied des Max-Weber-Kollegs.

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Richard Widmark verkörperte grandiose Schurken

Die Hollywood-Legende Richard Widmark spielte nicht nur in Wildwestfilmen den harten Typ. In zahlreichen Krimis und Kriegsfilmen unbeugsame Persönlichkeiten und grandiose Schurken. Sein markantes Gesicht und sein stechender Blick eigneten sich hervorragend für die Besetzung solcher Rollen. Er wirkte unter anderen als Darsteller in den Filmen „Der Garten des Bösen“ (1954), „Das Urteil von Nürnberg“ (1961), „Mord im Orient-Express“ (1974), „Achterbahn“ (1977), und in „Ein Aufstand alter Männer“ von 1987, bei dem Volker Schlöndorff Regie führte. Sein letzter Film war „Der Preis der Macht“, der im Jahr 1991 entstand.

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"Der Herr der Ringe" macht J.R.R. Tolkien zum Kult

„Der Herr der Ringe“ handelt von Hobbits, Elfen und Zwergen, von Unholden, Verdammten und Zauberern. Geschrieben hat den Fantasy-Bestseller der Oxford-Professor J.R.R. Tolkien. Sein Hauptwerk wurde mittlerweile in 43 Sprachen übersetzt und hat eine sagenhafte Auflage von 150 Millionen Stück erreicht. Der Autor hat sich weltweit als eine Kultfigur etabliert. Wie bei Fußballvereinen gibt es für den Schriftsteller in vielen Ländern zahlreiche Fanclubs. Wissenschaftler aus den verschiedensten Bereichen rätseln noch immer über den literarischen Erfolg des Buches und über die fast schon religiöse Verehrung, die J.R.R. Tolkien bei seinen Anhängern genießt.

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Rebekka Reinhards moralischer Relativismus

Für Rebekka Reinhard scheint grundsätzlich jedes Opfer, das einen freien Willen besitzt, die Wahl zu haben, wie es mit seinem Los umgehen möchte. In der modernen Gesellschaft sind die häufigsten Methoden die Selbstanklage, die Selbstbemitleidung und die Bemitleidung durch Dritte. Rebekka Reinhard gibt folgende Definition eines Opfers: „Opfer zu sein heißt, für etwas Böses verurteilt worden zu sein, das man gar nicht begangen hat und aufgrund dessen unschuldig – und damit auch irgendwie gut zu sein.“ Wer in die Opferrolle gedrängt wird, muss in der Regel schwer dafür büßen. Beispielsweise mit dem Aufenthalt in einer Klinik, dem Verlust des Vermögens, der Schädigung des Rufs oder dem Verlust des Jobs.

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John Grisham hat 250 Millionen Bücher verkauft

Jedes der Bücher des amerikanischen Schriftstellern John Grisham landet auf Platz 1 der Bestsellerliste der New York Times. Diese Tatsache hat ihn zu einem sehr reichen Mann gemacht. Allein in den Vereinigten Staaten von Amerika liegt die Erstauflage bei einem neuen Buch von ihm bei zwei Millionen Stück. Seine Vorschüsse erreichen siebenstellige Millionenbeträge. Pro verkauftes Taschenbuch bekommt er von seinem US-Verlag einen Dollar, 15 Prozent vom Verkaufspreis eines gebundenen Buchs. Allein sein Buch „Die Firma“, in dem es um die Verwicklungen der Mafia in einer großen Anwaltskanzlei geht, ging weltweit 14 Millionen Mal.

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Herta Müller erhält 2009 den Literaturnobelpreis

Herta Müller schreibt Sätze, die ihre Leser zwingen, die Luft anzuhalten. Sie beschreibt in ihren Büchern eine Welt, in der die Diktatur herrscht und in der die Menschen von der Demokratie träumen. Weltberühmt wurde die Schriftstellerin, als ihr 2009 der Literaturnobelpreis verliehen wurde. Dennoch blieb die aufrechte Frau bescheiden und sagte: „Ich werde mich doch jetzt nicht ändern, nur weil ich den Nobelpreis bekommen habe!“ Ihr ganzes Werk ist ein andauernder Kampf gegen Täuschungen. Sie wehrt sich mit ihren Werken gegen die Verdrehungen der Wahrheit und gegen die politischen Unterdrückungen, die das Leben eines Menschen zur Hölle machen können.

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Bertolt Brecht revolutioniert das moderne Theater

Die Uraufführung von Bertolt Brechts Theaterstück „Trommeln in der Nacht“ fand am 29. September in den Münchner Kammerspielen statt. Der bedeutende Kritiker Herbert Ihering war von der Aufführung begeistert und schrieb: „Der vierundzwanzigjährige Dichter Bert Brecht hat über Nacht das dichterische Antlitz Deutschlands verändert“, und verlieh ihm den bedeutenden Kleist-Preis. Die weitere Geschichte des Theatermanns sollte zeigen, dass Bertolt Brecht wie kein anderer Autor und Regisseur das moderne Theater auf der ganzen Welt richtungweisend beeinflusst hat.

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Ai Weiwei: "Alle Menschen müssen Philosophen werden"

Ai Weiwei, einer der bekanntesten chinesischen Künstler, kommt zu der Schlussfolgerung, dass die absolute Freiheit, wie sie Amerika propagiert hat, der menschlichen Entwicklung schadet. Denn absolute Freiheit ist nicht nachhaltig. Nachhaltigkeit hingegen ist eine sehr praktische Idee, weil ohne sie nichts mehr Fortbestand haben wird. Sie ist heute der Maßstab aller Dinge. Ai Weiwei stellt sich die Frage, wie die Menschheit den amerikanischen Eroberungsdrang, der sie bislang so ungeheuer fasziniert hat, abschütteln und in Frieden mit dem Universum leben kann.

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Die geheimnisvolle Welt der Märchen

Es gibt Märchen, die einfältig erscheinen, weil sie an die Moral appellieren, aber auch subversive, die von der Veränderbarkeit der Welt erzählen. Hier geschieht manchmal das Unglaubliche, dass die Schwachen die Starken besiegen. Immer wieder tauchen in den Märchen gewaltsame Akte der Befreiung auf. In drastischen Szenen schildert das Märchen Modelle einer essentiellen Erfahrung der Menschen – das Böse ist besiegbar, aber nicht im Guten, sondern mit Gewalt. Es gibt wesentliche Märchenelemente, die von den verschiedensten Erzählern immer wieder aufgegriffen wurden. Dazu zählen die Unbotmäßigkeit und die Phantasie. Zweitgenannte steht für die Kreativität und die Kraft der Verwandlung als ursprüngliche Anlagen, die der Menschen in den Zeiten der Moderne verliert, wenn er sich von deren Rationalismus unterjochen lässt.

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