Die Wirtschaft arbeitet ohne politische Kontrolle

Jenseits der Frage, wie Demokratie heute zu denken ist, bleibt jedoch die von Colin Crouch geäußerte Besorgnis, dass jede Variante von Demokratie heute nur noch ein Spiel an der Oberfläche darstellt, hinter der sich die Akteure der Wirtschaft und die Interessen des Profits als die eigentlich treibenden Kräfte ohne jede politische Kontrolle durchsetzen. Konrad Paul Liessmann ergänzt: „Die Frage nach dem Staat ist heute immer auch die Frage, welche Mittel und Wege staatlichem Handeln noch zur Verfügung stehen, um ordnungspolitische Aufgaben zu erfüllen und jene Regeln zu definieren und zu setzen, die den Menschen nicht nur ihre Freiheit garantieren, sondern auch davor schützen, dass alle Lebensbereiche den Prinzipien des Marktes beziehungsweise den Interessen monopolähnlicher Marktbeherrscher unterworfen werden. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Die klassischen politischen Institutionen sind in Gefahr

Die Demokratie gibt es seit rund 2500 Jahren, aber in unterschiedlicher Gestalt. Von der überschaubaren Herrschaft der Bürger, wie sie die antike Polis zeitweilig bestimmte, über die römische res publica bis zu den neuzeitlichen Formen des Parlamentarismus wandelte sich die Gestalt einer Idee, die, und das scheint entscheidend, Politik als eine öffentliche, gemeinsame Angelegenheit und Herrschaft, als eine vom Volk legitimierte und kontrollierte Form der begrenzten Machtausübung verstanden hatte. Heute ist die Demokratie laut Konrad Paul Liessmann in Gefahr: „Wir beobachten nicht nur eine Erosion und Schwächung klassischer demokratischer Institutionen, sondern überhaupt die Verdrängung des Politischen durch die Interessen der Ökonomie.“ Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Der Kapitalismus schafft Reichtum und Elend

Eine Schilderung des Zustandes, in den die Welt durch den dynamisierten und globalisierten Kapitalismus des letzten Jahrhunderts geraten ist, formuliert Konrad Paul Liessmann wie folgt: „Der globalisierte Kapitalismus produziert Wunderwerke aller Arten, gleichzeitig aber Verarmung und unvorstellbares Elend für diejenigen, die in den Industriezonen Ostasiens und anderer Weltteile diese Wunderwerke schaffen.“ Der globale Kapitalismus schafft ungeheuren Reichtum für wenige und bisher kaum bekannten Wohlstand für einige privilegierte Regionen der Erde, er verschärft aber auch in ebenfalls ungeahnter Weise den globalen und lokalen Gegensatz zwischen Arm und Reich. Der globalisierte Kapitalismus schafft atemberaubende Schönheit in kühner Architektur, er führt aber auch zu einer zunehmenden Verhässlichung und Verödung. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Die Demokratie ist immer erheblichen Gefährdungen ausgesetzt

Wolfgang Merkel macht auf ein kleines Büchlein aufmerksam, dass im Jahr 2004 unter dem Titel „Postdemokratie“ erschienen ist. Der Autor, Colin Crouch, behauptet darin, dass der demokratische Moment, der sich in den USA noch vor und in Westeuropa unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hat, verschwunden ist. Die entwickelten Länder nähern sich laut Colin Crouch der „Postdemokratie“ an, die viele vordemokratische Züge trägt. Die Wortschöpfung von Colin Crouch hat vor allem in der Bundesrepublik Deutschland eine beachtliche Karriere gemacht. Wolfgang Merkel erläutert: „Sie gehört wie die Krisenrhetorik längst zum Alltag und hat sich zu einem anschwellenden Rauschen verdichtet. Nicht selten mutieren dabei präzise Begriffe zu leeren Worthülsen, normative Vorurteile lösten die werturteilsfreie Analytik ab.“ Professor Dr. Wolfgang Merkel ist Direktor der Abteilung „Demokratie“ am Wissenschaftszentrum Berlin und lehrt Politikwissenschaft an der Humboldt-Universität in Berlin.

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Großkonzerne bedrohen die Demokratie und die Märkte

Nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers dachten viele Ökonomen, dass der Neoliberalismus tot sein. Für den Soziologen Colin Crouch wird der Neoliberalismus allerdings nur getestet, aber noch lange nicht am Ende. Anders als der Keynesianismus, der in den späten 1970-Jahren tatsächlich sein Leben aushauchte. Heute geschieht nichts Vergleichbares. Colin Crouch nennt den Grund: „Die Ära des Finanzkapitalismus wird nicht infrage gestellt, weil alle so sehr davon abhängen. Nie war der Einfluss der Lobbyisten, der Druck der großen Banken größer. Die Regierungen lassen sich einschüchtern, weil die Wirtschaft ohne Geld nicht funktioniert – jeder braucht Geld.“ Dabei geht es seiner Meinung nach nicht nur um Lobbying. Colin Crouch ist Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied des Max-Plack-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln und emeritierter Professor der Warwick Business School.

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Der Homo oeconomicus dominiert den Neoliberalismus

Für Colin Crouch, dem Autor des Buchs „Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus“, das im Suhrkamp Verlag erschienen ist, sind nicht nur die Akteure der Finanzmärkte, sondern auch die politischen Anhänger des Neoliberalismus blind für einschneidende Erfahrungen mit der real existierenden Wirtschaft des Kapitalismus. Der oberste neoliberale Grundsatz lautet laut Colin Crouch, dass auf alle Fragen, welche Waren und Dienstleistungen wie hergestellt und gehandelt werden sollen, minimal regulierte Märkte stets die besten Lösungen hervorbringen. Wenn die Märkte nicht so funktionieren wie gedacht, liegt das nach Ansicht der Neoliberalen vor allem an Eingriffen des Staates in das Geschehen des Marktes. Der Neoliberalismus vertritt die These, dass Konsumenten, Investoren und Produzenten den Markt dank des Wettbewerbs wesentlich besser einschätzen können als diskutierende Bürger, Politiker, die sich dem Konsens verschrieben haben und planende Institutionen der Verwaltung.

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