Aristoteles entwickelt das wissenschaftliche Denken

Um andere Menschen zu überzeugen, braucht man mehr als Einsicht und Enthusiasmus. Aristoteles (384 – 322 v. Chr.), der Meisterschüler Platons, begründet daher die Wissenschaften, die dem vernunftorientierten Menschen mit ihren Definitionen, Beobachtungen und Schlussfolgerungen zur Anerkennung der gefundenen Wahrheiten zwingender scheinen. Ludger Pfeil erklärt: „Er geht im Gegenteil von Platon von dem aus, was wir durch unsere Sinne erfahren können, wird zum unermüdlichen Sucher, ja geradezu zum Süchtigen nach Wissen und schafft damit wesentliche Grundlagen des wissenschaftlichen Denkens.“ Durch die Einteilung der Welt in Kategorien wie Substanz, Quantität, Qualität, Ort, Zeit und Wirkung, versucht Aristoteles, Ordnung in die vielfältigen Erscheinungen der Welt zu bringen und diese zu klassifizieren. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Spiegelzellen sorgen für emotionale Ansteckung

Nicht nur die Beobachtung von Taten, sondern auch das Lesen oder Hören von Wörtern kann eine Macht haben. Damit kann man das Befinden, Fühlen und Denken anderer Menschen – und damit auch deren freien Willen – verändern. Joachim Bauer erklärt: „Diese sublime Methode der Beeinflussung beruht auf Phänomenen, welche durch das System der Spiegelneurone verursacht werden.“ Spiegelnervenzellen sind neuronale Netzwerke. Diese werden aktiviert, wenn Abläufe, die sie im eigenen Körper auslösen könnten, tatsächlich nicht im eigenen, sondern im Körper eines anderen Menschen stattfinden. Spiegelneurone sind ein neuronales Resonanzsystem. Die eigenen Spiegelzellen reagieren auf andere Menschen allerdings nur dann, wenn diese anderen sich im Wahrnehmungshorizont der eigenen fünf Sinne befinden. Der Neurobiologe, Arzt und Psychotherapeut Joachim Bauer lehrt an der Universität Freiburg.

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Im Internet wird jeder beobachtet

Auf Facebook zum Beispiel beobachten sich die Netz-Subjekte gegenseitig. „Hinter ihrem Rücken“ ist jedoch noch eine andere Singularisierung am Werk. Sie ist rein maschinell und das Resultat der Beobachtung der Menschen durch das digitale Computernetz. Andreas Reckwitz ergänzt: „Dieses avanciert so zum algorithmischen Beobachtungssystem, das Subjekte in ihrer Besonderheit zu begreifen versucht.“ Beobachtung bedeutet hier nicht Überwachung, sondern allgemein, dass Systeme ihre Umwelt beobachten. Dort unterscheiden sie Phänomene und bezeichnen sie. Die digitalen Verfahren, die hier zum Einsatz kommen, sind apparative Systeme der Beobachtung. Dazu zählt Andreas Reckwitz beispielsweise „data analytics“ bei Facebook oder Google oder Self-Tracking-Geräte, die am Körper getragen werden. Sie prozessieren nicht Informationen oder Sinnzusammenhänge, sondern Daten, und zwar in erheblichem Ausmaß: Big Data. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Pythagoras sucht das Konstruktionsprinzip der Welt

Schon mit der ionischen Naturphilosophie, die ihre Anfänge im Milet des 7. Jahrhunderts vor Christus hat, traten Gesetzmäßigkeiten neben Götter und Dämonen. Bernd Roeck nennt ein Beispiel: „Thales von Milet soll ein Erdbeben als Folge der Bewegung des Meeres – und eben nicht als Ausdruck von Poseidons Zorn – gedeutet haben.“ Anaximander von Milet (um 625 – 547 v.Chr.), Konstrukteur einer ersten Sonnenuhr, suchte nach einem „Urstoff“, aus dem alles kommen sollte. Das Universum wird bei ihm zu einem ungeheuren Organismus, der lebt, vergeht und wiederentsteht. Anaximander war der erste Mensch, der sich den Kosmos als ewig, mithin ungeschaffen vorstellte. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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Die Wissenschaft ist die größte Errungenschaft der Menschheit

Bereits im Alter von 24 Jahren schrieb Alfred Jules Ayer (1910 – 1989) ein Buch, in dem er erklärte, dass der Großteil der Geschichte der Philosophie leeres Geschwafel oder gar kompletter Unsinn sei. Das 1936 veröffentlichte Werk trug den Titel „Sprache, Wahrheit und Logik“. Das Buch wurde zu einer wichtigen Streitschrift für eine neue philosophische Richtung, die man als logischen Positivismus oder logischen Empirismus bezeichnete. Nigel Warburton erklärt: „Für die logischen Empiristen ist die Wissenschaft die größten Errungenschaft der Menschheit.“ „Metaphysik“ ist ein Begriff, der verwendet wird, um diejenige Realität zu bezeichnen, die jenseits der sinnlich erfahrbaren physischen Welt lieg. Dass es eine solche Realität gab, stand für Philosophen wie Immanuel Kant, Arthur Schopenhauer und Georg Wilhelm Friedrich Hegel fest. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.“

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Seneca war ein großer Freund der Worte

Obgleich Seneca wusste, dass es bei der Art der Lebensbewältigung durch Philosophie auf Denken, Erkenntnis und begriffliches Erfassen der Wirklichkeit ankommt, warnte er davor, sich im Gestrüpp der Begriffe und formal-logischen Ableitungen zu verlieren. Albert Kitzler erläutert: „Nach Seneca deuten die Begriffe nur auf die Sachen hin, die es zu verstehen gilt. Ob wir Angst von Furcht unterscheiden, was wir dem einen oder anderem zuordnen, ob wir eine möglichst exakte, lexikalische Definition finden, das sei nur von relativem Wert.“ Wichtiger sei es die Sache selbst zu begreifen und zu lernen, mit ihr umzugehen. Seneca hielt sich mehr an die Erscheinungen, die Phänomene, denen die Worte sich anschmiegen sollten und die er immer wieder mit unterschiedlichen Worten und Bildern möglichst umfassend und genau um- und beschreiben wollte. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Immanuel Kant stellt die Frage: „Was ist der Mensch?“

Die Frage „Was ist der Mensch?“ bildete bereits das Leitmotiv der Philosophie Immanuel Kants. Sein gesamtes kritisches Denken geht dabei von einer ebenso einfach wie unabweisbaren Beobachtung aus: Der Mensch ist ein Wesen, das sich Fragen stellt, die er letztlich nicht beantworten kann. Wolfram Eilenberger fügt hinzu: „Diese Frage betreffen insbesondere die Existenz Gottes, das Rätsel der menschlichen Freiheit und die Unsterblichkeit der Seele. In einer ersten kritischen Bestimmung ist der Mensch also ein „metaphysisches“ Wesen.“ Doch was folgt daraus? Für Immanuel Kant eröffnen diese metaphysischen Rätsel, gerade weil sie sich nicht abschließend beantworten lassen, dem Menschen einen Horizont möglicher Vervollkommnung. Wolfram Eilenberger war langjähriger Chefredakteur des „Philosophie Magazins“, ist „Zeit“-Kolumnist und moderiert „Sternstunden der Philosophie im Schweizer Fernsehen.

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Weise Menschen durchdenken ihre Erlebnisse

Das Lernen aus Erfahrungen ist ein Grundkennzeichen der Reflektion. Judith Glück weiß: „Weise Menschen durchdenken ihre Erlebnisse und ziehen Schlüsse aus ihnen, die sie zu besseren Menschen machen.“ Judith Glück wird immer wieder gefragt, ob man Weisheit nicht auch durch indirekte Erfahrungen wie etwa das Lesen von Büchern erlangen kann. Sie antwortet: „Zweifellos kann man sehr vieles durch Bücher, Medien und Gespräche lernen – es kommt ja immer wieder vor, dass uns ein Buch oder ein Satz, den jemand nebenbei gesagt hat, eine ganz neue Perspektive eröffnet.“ Eigenen Erfahrung – wenn es gelungen ist, sie gut zu bewältigen – ermöglicht es aber in ganz besonderem Maße, sich in andere Menschen in ähnlichen Situationen hineinzuversetzen und sie wirksam zu unterstützen. Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Verliebtsein ähnelt einem Drogentrip

Die meisten Menschen haben das in ihrem Leben schon einmal, oder auch öfters, erlebt: Der Herzschlag ist ständig leicht erhöht. Man fühlt sich leicht fiebrig und braucht wenig Schlaf. Die Welt wirkt über alle Maßen plastisch und greifbar. Man ist leicht konfus, aber auch wieder sehr konzentriert. Matthias Horx löst das Rätsel: „Verliebtsein ähnelt einem Drogentrip. Und genau das ist es auch. Die Droge heißt Dopamin.“ Schon der griechische Philosoph Platon formulierte: „Die Liebe erzeugt eine ähnliche Dringlichkeit wie Durst und Hunger.“ In seinem Buch „Resonanz“ schreibt der Soziologe Hartmut Rosa: „Wer verliebt ist, ist auf eine andere, verwandelte, neue Weise in die Welt gestellt, denn er oder sie verfügt nun übern den „vibrierenden Draht“ zur Welt – in Form des oder der Geliebten, das entscheidende Kriterium einer resonanten Weltbeziehung.“ Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.

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Menschen lernen durch Beobachtung

Lernen ist die Veränderung von Wissen, Gewohnheiten, Vorlieben et cetera aufgrund von Erfahrungen. Allgemein bekannt und überaus bedeutsam ist das Lernen am Modell: Man lernt Verhaltensweisen, die man anderen abschaut. Hans-Peter Nolting stellt fest: „Leider beobachten manche Menschen in ihrer Umwelt sehr viele aggressive Modelle: Eltern machen vor, dass man sich bei einer Meinungsverschiedenheit heftig beschimpft, Mitschüler zeigen, wie man andere lächerlich macht, und in Filmen sind mitunter extreme Gewalthandlungen zu sehen.“ Selbstverständlich folgt auf die Beobachtung nicht automatisch eine Nachahmung. Zum einen beobachtet jeder Mensch zugleich ganz andersartige, darunter sehr friedfertige und konstruktive Verhaltensweisen, zum anderen ist längst nicht jeder Beobachter motiviert, das beobachtete Verhalten zu imitieren. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Bei gebildeten Personen ist die Gefahr der Anpassung groß

Wenn die Mitglieder einer Expertengruppe denselben Informationsstand haben und zudem ein Mitglied als Hauptexperte fungiert, dann ist laut Allan Guggenbühl die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Denken gleichgeschaltet wird: „Es kommt zu einer Informationskaskade.“ Dieses Phänomen ist oft bei Teamsitzungen zu beobachten: Die Mitglieder der Gruppe übernehmen die Aussagen, die zu Beginn einer Sitzung von der Leitung oder einer Alphaperson geäußert werden. Statt die Ausgangssituation zu hinterfragen, werden nur die Konsequenzen und die Implementierungen diskutiert. Es findet keine Reflexion statt, sondern eine gegenseitige Bestätigung der Annahmen, die zu Beginn vorgestellt wurden. Informationen, die die Existenzberechtigung der Gruppe oder die Definition des Themas in Frage stellen, werden ausgeblendet, ohne dass man sich dessen bewusst ist. Allan Guggenbühl ist seit 2002 Professor an der Pädagogischen Hochschule Zürich tätig. Außerdem fungiert er als Direktor des Instituts für Konfliktmanagement in Zürich.

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Ein denkendes Wesen möchte nicht der Natur ausgesetzt sein

Nichts ist für den Philosophen Konrad Paul Liessmann so verführerisch wie die Aussicht, die Natur zu überlisten. Denn der Natur ausgesetzt zu sein, ist für ein denkendes Wesen furchtbar, kränkend, demütigend. Daidalos, dessen Name sich vom griechischen Wort „daidallein“ ableitet, ein kunstvolles Arbeiten bezeichnet, hat im antiken Sinne eher nicht gearbeitet. Er war Künstler, Handwerker, Erfinder, aber kein Sklave. Konrad Paul Liessmann erklärt: „Die Antike unterschied feinsinnig unterschiedliche Formen menschlicher Tätigkeit: „ascholía“, eigentlich die Nichtmuße, die Beschäftigung, die eher freudlosen Dinge, die verrichtet werden müssen, um das Lebensnotwendige bereitzustellen, das tägliche Brot im Schweiße unseres Angesichts zu verdienen.“ Diese Arbeit, die auch zur Mühe und Plage, zur Qual – „ponos“ – werden konnte, erachtete man aber eines freien Menschen für unwürdig, dafür hielt man sich Sklaven.

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Im Traum nähert man sich dem Zustand des reinen Seins an

Jede Nacht erlebt man in Träumen so intensive Empfindungen oder Gefühle, dass sie den Geist beinahe vollständig ausfüllen und wenig oder keinen Raum für Selbstwahrnehmung, Reflexion oder die Bildung von Erinnerungen lassen. Es gibt viele Formen der Halluzinationen. Manche sind Symptome psychischer Erkrankungen. Wenn Menschen halluzinieren, rufen sie nicht einfach nur eine Erinnerung ab, sondern sie durchleben sie noch einmal. David Gelernter fügt hinzu: „Wir betrachten das Erlebnis nicht nur von außen, sondern treten noch einmal in es ein. Eine halluzinierte Erinnerung ist mitreißender, umfassender und aufmerksamkeitserregender als eine gewöhnliche Erinnerung.“ In der Regel überwältigt die Halluzination den Halluzinierenden. In der Regel lässt man sich in Halluzinationen hineinziehen. Halluzinieren ist in der Regel gleichbedeutend mit Träumen. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University.

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Die Überzeugungen der Menschen sind oft schmerzlich falsch

Die Überzeugungen eines Menschen sind zu vielen wichtigen Aspekten der Welt oft schmerzlich falsch und er begeht grundlegende Fehler bei der Art und Weise, sie zu erwerben. Die Überzeugung, dass man die Welt direkt, über die unmittelbare Wahrnehmung von Fakten, erkennt, bezeichnen Philosophen als „naiven Realismus“. Richard E. Nisbett erklärt: „Jede Vorstellung über jeden Aspekt der Welt beruht auf zahllosen Schlussfolgerungen, gezogen mit Hilfe geistiger Prozesse, die sich unserer Beobachtung entziehen.“ Der Mensch ist unabhängig von unzähligen Schemata und Heuristiken, um auch nur die einfachsten Gegenstände und Ereignisse genau kategorisieren zu können. Häufig entgeht den Menschen, welche Rolle der Kontext beim Erzeugen des Verhaltens von Menschen und sogar von physischen Objekten spielt. Richard E. Nisbett ist Professor für Psychologie an der University of Michigan.

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Das Leib-Seele-Problem ist noch immer nicht gelöst

Auf die Frage „Was ist Schmerz?“ kann man zwei Antworten geben. Erstens: „Schmerz ist, wenn es weh tut“, zweitens: „Schmerz ist ein Zustand, der von Gewebeverletzungen verursacht wird und der seinerseits Schmerzverhalten wie Schreien verursacht.“ Philipp Hübl erklärt: „Die erste Antwort nennt das subjektive Erleben von Schmerz aus der Innenperspektive, die zweite die objektive, von außen beschreibbare Ebene der kausalen Prozesse.“ Die Geschichte der Philosophie kennt zahlreiche Lösungsvorschläge des Leib-Seele-Problems. Doch die meisten verkennen den schwierigen Forschungsgegenstand, nämlich das phänomenale Bewusstsein. So sagen zum Beispiel die Computer-Funktionalisten, der menschliche Geist verhält sich zum Gehirn wie eine Software zu einer Hardware. Wenn man den Geist als ein Computerprogramm auffasst, kann man die Verarbeitung von Informationen im Gehirn gut veranschaulichen. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

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Die Innenschau ist der Königsweg zum menschlichen Geist

Der österreichisch-deutsche Philosoph Edmund Husserl begründete Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Phänomenologie eine eigene philosophische Strömung, di das Fundament der Philosophie im menschlichen Bewusstsein sah. Philipp Hübl erläutert: „Er beginnt mit der Beobachtung, dass man manchmal zwischen Wahrnehmung und Halluzination nicht unterschieden kann.“ Wenn man in sich hineinschaut, muss man eine Enthaltung eines Urteils praktizieren, also eine Distanz zu allem einnehmen, was man über die Welt glaubt, vor allem, indem man die Existenz von Dingen gleichsam einklammert. Die natürliche Einstellung eines Menschen ist nämlich, dass Dinge unabhängig von ihm existieren. Doch die Dinge in der Welt, also etwa eine Blume, muss man klar von den eigenen Eindrücken, also dem Blumenerlebnis im Bewusstsein, unterscheiden. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

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Philipp Hübl stellt den Vertrautheitseffekt vor

Auf die Frage, warum man sich zu Hause besonders geborgen fühlt, antwortet der amerikanische Psychologe Robert Zajonc: „Durch bloße Wiederholung.“ Alles, was ein Mensch mehrmals sieht, hört und erlebt, bekommt allein dadurch einen positiven Wert, sofern er damit keine Gefahr oder andere negative Dinge verbindet. Robert Zajonc nennt dieses Phänomen „Mere-Expose-Effekt“, also in etwa „Effekt durch bloßen Kontakt“ oder kürzer „“Vertrautheitseffekt“. Vorlieben oder Präferenzen, wie die Psychologen sagen, können sich auf vielen Wegen formen. Einige sind angeboren, wie die Lust auf Süßes oder die Abneigung gegenüber bitteren Speisen. Andere werden erlernt. Philipp Hübl erklärt: „Das wiederholte Lob der Eltern beispielsweise verstärkt in Kindern die Neigung, alles aufzuessen. Wieder andere entstehen durch Nachahmung oder Gruppenzwang, man denke dabei an Modesünden aus der eigenen Jugend.“ Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

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Die Wissenschaft will im Idealfall auf die Wahrheit stoßen

Die Wissenschaftler lernen genau wie andere Menschen aus ihren Fehlern. Die Wissenschaft macht dann Fortschritte, wenn die Forscher erkennen, dass eine bestimmte Denkweise in Bezug auf die Wirklichkeit falsch ist. Dies war, kurz gesagt, Karl Poppers (1902 – 1994) Ansicht, wie die größte Hoffnung der Menschheit, Wissen über die Welt zu erlangen, funktioniert. Bevor er seine Ideen entwickelte, glaubten die meisten Menschen, dass die Wissenschaftler zunächst eine Vermutung hätten, wie die Welt ist, und dann Beweise sammeln, um zu belegen, dass ihre Vermutung richtig ist. Nigel Warburton erklärt: „Laut Popper jedoch versuchen die Wissenschaftler vielmehr zu beweisen, dass ihre Theorien falsch sind.“ Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

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Das Leben wird stark vom Denken geprägt

Die meisten Menschen leben, was sie denken. Hinter den Phänomenen der Oberflächen ihres Einschätzens, Verhaltens und Entscheidens im Alltag erheben sich philosophische Denkgebäude, in denen sich dieses Geschehen abspielt. Ludger Pfeil erklärt: „Sie sind errichtet als Annahmen über die erfahrbare Welt und was über sie hinausgehen könnte, über richtiges Denken und Kommunizieren, über unser Zusammenleben in Beziehungen und in der Gesellschaft und bilden damit unausgesprochene philosophische Theorien, die maßgeblich prägen, was wir wahrnehmen und wie wir unsere Beobachtungen und Erfahrungen einordnen und miteinander verknüpfen.“ Was und wie ein Mensch denkt, beeinflusst, wie er die Welt betrachtet, wie er mit sich selbst, anderen Menschen und Dingen umgeht, was er für wichtig und unwichtig hält und wie er Entscheidungen trifft. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Viele Menschen machen sich selbst klein

Es gibt ein weitverbreitetes Phänomen: Wenn es etwas Positives zu sagen gibt, wenn etwas gelingt, dann ist man es selbst gewesen. Wenn nicht, sind die anderen schuld. Reinhard K. Sprenger ergänzt: „Die meisten Menschen haben nicht das geringste Problem, die Verantwortung für das Gute, das Gelungene, das geglückte in ihrem Leben zu übernehmen.“ Für das Positive erklären sich die meisten Menschen – mal stillschweigend, mal prahlerisch – verantwortlich. Wenn die Dinge aber schiefgegangen sind, mutieren die meisten Menschen plötzlich zum Opfer. Das Urheberrecht wird abgewiesen: an die Umstände, das Pech, die anderen. Auch Wissenschaftler übernehmen gern für positive Leistungen die Verantwortung, bei negativen Begleiterscheinungen sprechen sie lieber von unvorhersehbaren Nebenfolgen und Restrisiko. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Philosophieren war für Hannah Arendt ein Dienst an der Demokratie

Das Philosophie Magazin hat seine neue Sonderausgabe der deutschen Philosophin Hannah Arendt gewidmet, deren Themen von bleibender Aktualität sind: die Ursprünge politischer Gewalt, die Unbegreiflichkeit des Bösen, die Menschenrechte von politisch Verfolgten und Flüchtlingen sowie den Sinn der Arbeit. Hannah Arendt vertrat leidenschaftlich die Überzeugung, dass ein vernünftiger Streit von zentraler Bedeutung für die Demokratie ist. Im öffentlichen Engagement sah sie geradezu eine staatsbürgerliche Pflicht. Philosophieren hieß für Hannah Arendt immer öffentliches Nachdenken im Dienste der Demokratie. Gleich zu Beginn des Sonderheftes erfährt der Leser alles über die wichtigsten Lebensstationen der streitbaren Philosophin. Anschließend folgt ein Ausschnitt aus dem berühmten Fernsehinterview mit Günter Gaus aus dem Jahr 1964. Im Gespräch sagte sie, dass sich nicht in den Kreis der Philosophen gehöre, sondern ihr Beruf die politische Theorie sei.

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Erfindungen fördern die Bewegung der Aufklärung

Die Bewegung der Aufklärung wurde beflügelt durch die großen Erfindungen der Neuzeit wie Buchdruck, Seekompass, Schiffsuhr, Fernglas, Mikroskop und so weiter. Diese Innovationen trugen direkt oder indirekt zur Verbesserung der Erfahrungserkenntnis bei. Entdeckungsreisen erweiterten die Kenntnis der Erde und der auf ihr lebenden Menschen, Tiere und Pflanzen in ungeheurem Ausmaß. Die Weltumsegelungen von James Cook, der von 1728 bis 1779 lebte, bildeten das eindrucksvollste Beispiel. Sein wissenschaftlicher Begleiter Georg Forster schrieb: „In einem gleichen Zeitraum hat niemand je die Grenzen unseres Wissens in gleichem Maße erweitert.“ Mithilfe von Fernrohr und Mikroskop eröffneten sich neue Makro- und Mikrowelten. Die Grenzen dieser Instrumente ließen aber auch ahnen, wie viele Dinge im Universum weiter verborgen bleiben müssen. Eine besondere Leitbildfunktion hatte die wissenschaftliche Revolution des 17. Jahrhunderts.

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Die empirische Psychologie entwickelt sich

Der Begriff der „Erfahrung“ ist systematisch mehrdeutig. Er wird beispielsweise gebraucht, um eine Quelle von Vorstellungen und Ideen sprachlich auszudrücken oder das zugehörige rezeptive Vermögen einen besonderen geistigen Akt beziehungsweise ein besonderes geistiges Widerfahrnis darzustellen. Schließlich bezeichnet er das Erfahrene, das im Geiste gefällte Erfahrungsurteil und schließlich Sätze, die dieses Erfahrungsurteil sprachlich ausdrücken und so die Erfahrung protokollieren. Die Erfahrung gliedert sich auch nach dem Grad ihrer Intentionalität. Neben der gemeinen Erfahrung, die sich bleiläufig, ohne weiteres Zutun einstellt, gibt es die mit Vorsatz, Überlegung und erhöhter Aufmerksamkeit durchgeführte Beobachtung, die in einer ausführlichen Beschreibung protokolliert werden sollte, und das planmäßig vorbereitete und instrumentell-apparativ gestützte Experiment. Sofern die Erfahrung von gewissen Kunstmitteln und Instrumenten Gebrauch macht, kann man auch von künstlicher Erfahrung sprechen.

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Marktdesign erklärt die Funktion freier Märkte

Der Wirtschaftsnobelpreisträger Alvin E. Roth, Spieltheoretiker und Mitbegründer des „Market Designs“ widmet sich in seinem neuen Buch „Wer kriegt was und warum?“ einem Thema, das allen Menschen täglich begegnet, ohne dass sie sich dessen bewusst sind: den Märkten, die sich kaum oder nicht über Geld und Preise regeln lassen, sondern über einen Abgleich von Interessen und das optimale Verkuppeln von Wünschen, die der Zufriedenheit aller dienen. An vielen Beispielen aus Beruf und Alltag, von der Schulwahl bis zur Jobsuche, vom Wochenmarkt über die Online-Partnervermittlung bis zur Organspende, zeigt er, wie all die verschiedenen Märkte funktionieren, die das tägliche Leben bestimmen, ob man es will oder nicht. Und wie Menschen lernen können, sie zu ihren Gunsten zu nutzen. Alvin E. Roth lehrt sein 2012 an der Stanford University.

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Für Baruch de Spinoza sind Gott und die Natur identisch

Baruch de Spinoza, der von 1632 bis 1677 lebte, glaubte, dass Gott die Welt ist. Er sprach von Gott oder Natur, um dies deutlich zu machen. Beide Begriffe waren für ihn identisch. Gott ist Natur, und die Natur ist Gott. Nigel Warburton ergänzt: „Später hat man dies Pantheismus genannt, womit ein Glaube gemeint ist, bei dem Gott nicht als eigenes Wesen gedacht wird, sondern alles ist.“ Mit dieser Ansicht handelte sich Baruch de Spinoza eine Menge Ärger ein. Baruch de Spinoza glaubte, dass die Welt und die Rolle des Menschen in dieser Welt einer Logik folgt, die durch die Vernunft offengelegt werden kann. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

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