Die Sinnsuche im Job hat epidemische Ausmaße angenommen

Ingo Hamm schreibt: „Wir alle haben keine Sklavenjobs. Niemand von uns muss auf der Galeere rudern oder im Steinbruch Brocken klopfen. Auch verdienen die meisten von uns – hier in der westlichen Welt – ganz ordentlich.“ Es reicht um Leben und es reicht gut, auch wenn viele auf hohem Niveau, sprich mit schönem Häuschen und Drittwagen für den studierenden Filius, klagen. Die meisten Menschen können also zufrieden sein. Im Großen und Ganzen. Nur sie sind es definitiv nicht. Die Sinnsuche im Job hat inzwischen epidemische Ausmaße angenommen wie auch das generelle „Unbehagen in der Arbeitskultur“, wie es Sigmund Freud betiteln würde. Findige Arbeitgeber spüren natürlich dieses brodelnde Unbehagen – eventuell auch und gerade bei sich selbst. Dr. Ingo Hamm ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Darmstadt.

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Das Leben ist ohne Energie nicht möglich

Der Fortschritt der Menschheit brachte neben Problemen, die mit dem Erfolg der Menschheit einhergingen, auch andere Probleme mit sich. Eines davon war, dass die Prozesse des Lebens auch in der menschlichen Gesellschaft gültig blieben. Ille C. Gebeshuber weiß, dass sich das Leben in einer günstigen Umgebung formte, welche die Bildung von Strukturen zuließ. Im Prinzip schuf das Leben Ordnung und bezog aus dieser Ordnung einen Mehrwert in Form von Energie. Ille C. Gebeshuber fügt hinzu: „Diese Energie wurde für den Selbsterhalt und die Fortpflanzung genutzt. Im Wettbewerb der Organismen miteinander gewannen in der Regel jene, deren Prozesse leistungsfähiger waren als die der anderen.“ So ist es auch in der Wirtschaft, nur konkurrieren hier keine Organismen, sondern Unternehmen. Ille C. Gebeshuber ist Professorin für Physik an der Technischen Universität Wien.

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Die Globalisierung löste eine Umverteilung aus

Die Globalisierung und neue Technologien wie Digitalisierung spalten laut Alexander Hagelüken den deutschen Arbeitsmarkt, schrumpfen die Mittelschicht und treiben die Einkommen auseinander. Die Globalisierung lässt Arbeitsplätze verschwinden wie beispielsweise jene in Schuhfabriken. Sie trifft Arbeitnehmer, die den gut ausgebildeten, aber trotzdem günstigen Asiaten oder Osteuropäern unterliegen. In Deutschland wirkte sich besonders der Fall des Eisernen Vorhangs aus, sagt Joachim Möller, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Bis zur Wende nahmen die Reallöhne nämlich zu. Dann kam die Konkurrenz, etwa tschechische Arbeiter, die anfangs ein Zehntel deutscher Löhne verdienten. Joachim Möller erklärt: „Es wurden Arbeitsplätze verlagert. Vor allem wirkte die Drohung mit der Verlagerung: Das reichte schon, um in Deutschland niedrige Löhne durchzusetzen. Das veränderte die Machtverhältnisse zugunsten der Arbeitgeber.“ Alexander Hagelüken ist als Leitender Redakteur der Süddeutschen Zeitung für Wirtschaftspolitik zuständig.

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Jährlich sterben 2,3 Millionen Menschen bei der Arbeit

Jede Tag sterben im Durchschnitt 6.400 Menschen auf der Welt durch einen Unfall am Arbeitsplatz oder an einer berufsbedingen Krankheit. Caspar Dohmen vergleicht: „Dabei kommen bei der Arbeit mehr Menschen ums Leben als durch Krieg und Terror.“ Jährlich sind es laut der Internationalen Organisation für Arbeit 2,3 Millionen Menschen. Darüber hinaus bleiben viele Tote, Verkrüppelte und Verletzte namenlos und ungezählt, für die niemand Verantwortung übernehmen muss. Große Konzerne verstoßen regelmäßig gegen Arbeits- und Menschenrechte, was diverse Skandale zeigen. Bei denen werden unter anderem die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Vereinigungsfreiheit oder auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit missachtet. Menschen machen Fehler oder schätzen eine Situation falsch ein. Deshalb lassen sich Gefahren auch beim Wirtschaften nicht völlig ausschließen. Der Wirtschaftsjournalist, Buchautor und Dozent Caspar Dohmen studierte Volkswirtschaft und Politik in Köln.

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Fehlende Kontrolle über das eigenen Leben verursacht chronischen Stress

Die Hauptursache von chronischem Stress sind nicht irgendwelche Widrigkeiten, die das Leben nun einmal bereithält. Vielmehr geht er mit dem Erleben einher, den Dingen beziehungsweise der Umgebung gegenüber ausgeliefert zu sein und keine Kontrolle über das eigene Schicksal zu haben. Manfred Spitzer ergänzt: „Es ist hier meist nicht irgendein akutes Ereignis gemeint, sondern das dumpfe Gefühl, das eigene Leben nicht im Griff zu haben und den Umständen ohnmächtig ausgesetzt zu sein. Dieses Gefühl der fehlenden Kontrolle über das eigene Leben ist chronischer Stress.“ Es ist also die Ungewissheit einer Situation, die einen Menschen stresst, nicht deren Widrigkeit. Ein weit verbreitetes Phänomen ist dabei der Stress am Arbeitsplatz. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen.

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Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Leibeigenschaft aufgehoben

Das 18. Jahrhundert wird als „Pädagogisches Jahrhundert“ bezeichnet. Die Pädagogik etablierte sich in dieser Zeit als eigenständische wissenschaftliche Disziplin. Im Jahr 1779 gab es den ersten Lehrstuhl für Pädagogik. In der Zeit um das 18. Jahrhundert herum geschahen in Europa bedeutende Umwälzungen, die ganz entscheidend für das heutige vorherrschende ökonomische Bildungsverständnis sind. Thomas Damberger erklärt: „Die damalige, vormoderne Gesellschaft kann als eine Agrargesellschaft bezeichnet werden. Die meisten Menschen lebten als Bauern auf dem Land. Sie waren Leibeigene, das heißt, sie gehörten nicht sich selbst, sondern waren Eigentum ihres Feudalherrn.“ Das Land, das sie zu beackern hatten, gehörte ihnen ebenfalls nicht und auch nicht die Werkzeuge und Gerätschaften, mit denen sie tagtäglich arbeiteten. Dr. Thomas Damberger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

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Ein gutes Arbeitsklima verhindert Stress im Job

Dauerstress im Job macht krank. Doch er ist zum Teil auch eine Sache der Einstellung. Ein ausgezeichnetes Gegenmittel ist ein gutes Arbeitsklima. Und das kann jeder Mitarbeiter mitbestimmen. Laut einem Report der Krankenkasse DAK-Gesundheit haben sich die Fehltage wegen psychischer Leiden in den vergangenen zwanzig Jahren verdreifacht. Schuld an den steigenden Zahlen ist sicher nicht allein die Arbeitswelt. Psychische Erkrankungen werden heute auch deutlich öfter erkannt. Dennoch wird niemand bezweifeln, dass der Beruf eine mögliche Ursache für Dauerstress ist. Und der kann krank machen, schwer krank sogar. Arbeitsfrust ist aber nicht nur ein persönliches Schicksal. Jeder kann sein eigenes Anti-Stress-Programm starten. Die drei Grundregeln dabei lauten: akzeptieren, verändern – oder verlassen. Einen Weg gibt es fast immer. Hektik, Leistungsdruck, Arbeitsverdichtung: Spricht man über Jobs von heute, dann oft nur als Quelle von Belastungen.

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Für den Begriff „cool“ gibt es keine Richtlinien

Alexander Goebel hat in seinem Leben viele coole Menschen kennengelernt. Die ersten waren die GIs, die US-amerikanischen Besatzungssoldaten, mit denen er Anfang der 1960er zusammentraf. Sie vermittelten ihm ein völlig neues Bild von Lebenslust, zwischenmenschlichem Umgang und der radikalen Trennung von Arbeit und Freizeit. Alexander Goebel erklärt: „Diese Typen in Jeans, Turnschuhen und blütenweißen T-Shirts waren einfach cool, wie sie sprachen, wie sie sich bewegten, wie sie miteinander umgingen.“ Das war eine Erleuchtung für Alexander Goebel und zugleich eine Vorgabe, außerhalb der bundesdeutschen Direktiven für Spaß und Benehmen im öffentlichen Raum. Er hat sie geliebt, er hat von ihnen gelernt, und sie haben seinen Horizont radikal erweitert. Alexander Goebel ist seit 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs.

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Die Generation Ego sehnt sich vor allem nach Sicherheit

Das Bild der Jugend von heute ist sehr vielfältig – nie war eine Generation so inhomogen wie in der Gegenwart. Was die jungen Menschen aber eint, ist die Sehnsucht nach Sicherheit und der Rückzug in eine hedonistische Welt: Unterhaltung, Freizeit und Freunde stehen auf der Hitliste der Prioritäten ganz oben. Die Soziologin und Jugendforscherin Martina Schorn bestätigt diesen Trend: „Junge Menschen sind mit Krisenszenarien konfrontiert. Dazu gehören Kriege, Terror, das Platzen der Internet-Blase, Unsicherheiten auf dem Finanzmarkt und neue Herausforderungen in der Arbeitswelt.“ Dazu kommen die häufig hohen Leistungsanforderungen der Eltern, die unter anderem ein Grund dafür sind, dass sich viele später nicht auf eine Karriere konzentrieren, sondern ein ausgewogenes Privatleben bevorzugen. Mehr als 50 Prozent der 14- bis 19-Jährigen sagen, dass sie in der Arbeit, in der Schule oder während des Studiums starkem Druck ausgesetzt sind.

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Wolfgang Streeck hat dem Kapitalismus nie über den Weg getraut

Wolfgang Streeck ist einer der bedeutendsten Sozialforscher Deutschlands. Der Zusammenbruch der Lehman-Bank am 15. September 2008 hat aus ihm einen enttäuschten Pessimisten gemacht, der zuvor nur als Skeptiker von sich reden machte. Kein anderer Sozialwissenschaftler außerhalb der Wirtschaftswissenschaften hat sich in seinem Leben so intensiv mit dem Kapitalismus beschäftigt wie Wolfgang Streeck. Er hat dieses Wirtschaftssystem immer kritisch betrachtet und ihm eigentlich nie über den Weg getraut. Wolfgang Streeck behielt immer die Sorge, dass, wenn man nicht aufpasst, Demokratie und Gesellschaft von den Märkten beschädigt werden und die Wirtschaft deshalb in die Gesellschaft eingebettet bleiben müsse. Ein reiner Markt ohne soziale und politische Kontrolle und Korrektur, so Wolfgang Streecks Befürchtung, fliegt am Ende selbst den bedingungslosen Anhängern des Marktes um die Ohren.

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Der Preis der Arbeit entspricht nicht mehr dem Wert der Leistung

Forscher der Denkfabrik New Economics in Großbritannien haben in einer Studie folgendes errechnet: Jedes britische Pfund, dass eine Putzfrau erhält, schafft mehr als zehn Pfund an gesellschaftlichem Wert. Jedes britische Pfund dagegen, das ein Spitzenbanker kassiert, kostet die Gesellschaft zusätzlich sieben Pfund. Noch verheerender fiel die Bilanz bei Steuerberatern aus: Für jedes verdiente Pfund legen die Steuerzahler noch einmal 47 Pfund drauf. Aus diesen Beispielen wird klar ersichtlich, dass eine hohe Bezahlung nicht heißen muss, dass auch die gesellschaftliche Leistung des Bezahlten hoch zu bewerten ist. Wer ein hohes Einkommen hat, hat möglicherweise viel geleistet, aber nicht unbedingt für die Allgemeinheit. Was eine Person pro Monat verdient, hängt weniger davon ab, was er tut, sondern wieviel andere Menschen dafür bezahlen wollen.

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Angestellte wünschen sich Anerkennung und Wertschätzung

Es gibt nur wenige Dinge, die Menschen so eng mit Erfolg und Misserfolg in Verbindung bringen wie ihren Job. Von dem was sie täglich arbeiten, hängt ganz entscheidend ab, welchen Status sie in der Gesellschaft haben und welche Wertschätzung diese wiederum ihrer Tätigkeit zumessen. Denn die Arbeit bestimmt die Höhe des Gehalts und damit den Lebensstil und das Sozialprestige eines Menschen ganz erheblich. Wer in seinem Arbeitsleben Karriere macht und es zu einem gewissen Wohlstand bringt, hat es in den Augen der Mitmenschen geschafft, da er erfolgreich ist. Wer nicht, gehört zu den gescheiterten Existenzen. Einfache Arbeiten werden von vielen Menschen als wert- und würdelos angesehen. In der Gegenwart ist der Arbeitsalltag vieler Menschen von Wissensarbeit und Mobilität geprägt.

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Burnout hat das Ausmaß einer Epidemie angenommen

Hilmar Klute wagt in seinem Buch „Wir Ausgebrannten“ die Behauptung, dass Burnout vor allem ein negativer Ego-Trip ist. Burnout ist seiner Meinung nach nichts weiter als eine große öffentliche Seelenwanderung. Es scheint so, als wäre Burnout die Krankheit des digitalen Zeitalters, obwohl es den klinischen Begriff in der Medizin gar nicht gibt. Burnout ist laut Hilmar Klute in Deutschland tatsächlich eine Volkskrankheit geworden, eine für deren Ausbruch man sogar Schuldige finden kann. Der Autor nennt sie beim Namen: „Den Arbeitgeber, der viel zu hohe Anforderungen an seine Mitarbeiter stellt; die Gesellschaft, die verlangt, dass man zu jeder Zeit funktioniert, beruflich wie privat. Und den postmodernen Menschen an sich, der nicht mehr in der Lage ist, auf sich selbst zu achten, der kein Körpergefühl mehr hat und nicht mehr weiß, wie man sich richtig ernährt.“ Hilmar Klute ist Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung und schreibt Essays, Reportagen sowie Kolumnen für das „Streiflicht“. Er lebt in München.

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Juan Somavía fordert ein neues Wachstumsmodell

Die Wirtschaftskrise trifft Arbeitnehmer laut Juan Somavía am härtesten. Er klagt dabei die Politik an, die in den vergangen Jahrzehnten den Begriff der guten, menschenwürdigen Arbeit entwertet hat. Der Chilene Juan Somavía, seit 1999 Generaldirektor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf, schreibt: „So gilt Arbeit im gegenwärtigen Wachstumsmodell lediglich als Kostenfaktor. Dieser muss so gering wie möglich gehalten werden, um Wettbewerbsfähigkeit und Gewinne zu sichern.“ Die Arbeitnehmer werden seiner Meinung nach nur noch als Kreditnehmer betrachtet. Ihr legitimer Anteil an dem Wohlstand, den vor allem sie geschaffen haben, wird ihnen vom Arbeitgeber in der Form von zu niedrigen Löhnen vorenthalten.  

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Der Wertewandel verhalf dem Kapitalismus zum Erfolg

Für die amerikanische Historikerin Joyce Appleby war ein wichtiger Faktor des Triumphs des Kapitalismus über die alte Ordnung, dass die Menschen ihre fundamentalen Wertvorstellungen änderten. Zuvor speiste sich ihr Bild der Welt aus einem Katalog aufeinander abgestimmter Ideen, die in einer Epoche des Mangels dafür geeignet waren, den Lauf der Dinge zu verstehen. Joyce Appleby schreibt: „Sie kamen zum Ausdruck in Volksliedern, Predigten und Sprichwörtern und dienten nicht zuletzt dazu, jedermann seinen Platz in der Hierarchie der Gesellschaft zuzuweisen.“ In der Regel denken auch heute die meisten Menschen über die gesellschaftlichen Normen und Werte, die sie schon in ihrer Kindheit prägen, in ihrem späteren Leben nicht mehr viel nach.

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Die verfehlte Förderpolitik der Ein-Euro-Jobs

Mit dem Leid der Arbeitslosen verdienen clevere Geschäftsleute viel Geld. Milliarden von Euros versickern in Ein-Euro-Jobs und in einer Hartz-IV-Bürokratie, die sich immer mehr in ein zügelloses Monster verwandelt. Im vergangen Jahr haben der Bund und die Kommunen 49 Milliarden Euro für Hartz-IV-Empfänger ausgegeben, drei Milliarden Euro mehr als im Jahr davor. Doch nur 24 Milliarden Euro erhalten die Bedürftigen direkt. Die übrigen 25 Milliarden Euro fließen in eine Branche, der es umso besser geht, desto höher die Zahl der Arbeitslosen steigt. Dazu zählen Fortbildungseinrichtungen, private Arbeitsvermittler, Wohlfahrtskonzerne und Rechtsanwälte, die sich auf Hartz IV spezialisiert haben.

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Alle Bürger sollten ein Grundeinkommen erhalten

Professor Thomas Straubhaar, der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), fordert ein Grundeinkommen für alle, vom Säugling bis zum Greis, das der Staat aus Steuereinnahmen bezahlen soll. Der Ökonom ist davon überzeugt, dass Deutschland einen Systemwechsel hin zu einer steuerfinanzierten Grundsicherung für alle braucht, das in ein bedingungsloses Grundeinkommen mündet. Thomas Straubhaar erläutert die Idee, die hinter dem Grundeinkommen für alle steckt: Der Staat gewährleistet allen Menschen lebenslang ein monatliches Einkommen, das deren Existenz sichert.

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