Sänger Sven Regener: „Die Kunst versöhnt mit der Existenz“

Element-Of-Crime-Sänger Sven Regener sagt über seine Texte folgendes: „Ich kenne nur den Alltag. Und der kann hochpoetisch und ausgesprochen dramatisch sein. Drama ist in der kleinsten Hütte und in der kleinsten Begebenheit.“ Soeben ist das neue Album „Lieblingsfarben und Tiere“ von Element Of Crime erschienen: schöne Melodien, Arrangements zwischen Rock, Pop und Chanson, gelegentlich angereichert von einem Mariachi-Sound. Auch hier findet Sven Regener seine Themen fast ausschließlich im banalen Alltag: „Es sind nicht nur einfach Blumen, die jemand mitbringt, sondern die vom Spar. Zum Frühstück gibt es kein Marmeladenbrot, nein, es muss definitiv Erdbeermarmelade sein.“ Sven Regener kann sich allerdings über die Frage aufregen, was er mit dieser Liebe zum Detail bewirken will: „Es kann schon sein, dass das genau das ist, was Element Of Crime ausmacht und die Leute in meine Songs reinzieht.“

Sven Regener möchte mit seinen Texten nicht gezielt etwas bewirken

Sven Regener möchte aber auf gar keinen Fall jemand sein, der die Menschen steuert. Das wäre ihm viel zu diktatorisch und zu manipulativ. Deshalb sagt er immer, dass er Songtexte nur schreibt, um etwas zu singen zu haben. Auch möchte er mit seinen Texten nicht gezielt etwas bewirken. Die Gitarren klingen auf dem neuen Album „Lieblingsfarben und Tiere“ etwas rauer als zuletzt. Sven Regener erklärt: „Mich erinnert das ein bisschen an unsere Anfänge, an unsere Platte „Try to be Mensch“ von 1987. Die hatte – wie die neue auch – ein paar Lieder, die sehr kalt und hoffnungslos sind.“

Kunst braucht laut Sven Regener kein Spiegel der Zeit zu sein: „Sie muss einfach nur sein – weil wir ohne sie unser Leben nicht ertragen könnten. Sie versöhnt uns mit unserer Existenz. Deshalb ist es eine völlig absurde Vorstellung, wenn religiöse Fanatiker und Extremisten sagen, man muss Musik verbieten.“ Aus dem gleichen Grund mag Sven Regener auch keine politischen Songs. Das ist nur etwas, was man vielleicht einmal machen kann, wenn man ein besonderes Anliegen hat. Aber das ist nicht der natürliche Ursprung eines Songs.

Kunst ist nicht der verlängerte Arm der Volkshochschule

Sven Regener fügt hinzu: „Denn in der Politik geht es um Vernunft und in der Musik um Gefühle. Diese sind in der Politik aber äußerst gefährlich. Nicht nur mit der Musik hat Sven Regener große Erfolge gefeiert. Auch als Autor war er mit seinen Romanen „Herr Lehmann“ und „Neue Vahr Süd“ sehr erfolgreich. Künstler, die immer davon reden, was sie bewirken wollen, sind in den Augen von Sven Regener nur tragisch: „Dieser erzieherische Ansatz in der Kunst, man wolle die Leute bewegen, in diese und jene Richtung zu denken, hat für mich immer etwas Anmaßendes.“

Kunst ist für Sven Regener nicht der verlängerte Arm der Volkshochschule: „Das ist dann das Agitprop-Phänomen – Werbung, aber keine Kunst!“ Deshalb finden Sven Regener und Element Of Crime schon seit 29 Jahren Poesie und Drama fast ausschließlich im Alltag. Im nächsten Jahr gibt es die Band seit 30 Jahren. Gefeiert wird das Jubiläum aber nicht. Sven Regener erläutert: „Wenn man mir zu Beginn gesagt hätte, du wirst das 30 Jahre lang machen, hätte ich wahrscheinlich gesagt, oh Gott, das will ich gar nicht!“ Quelle: Kurier

Von Hans Klumbies