Steven Spielbergs Filme gehen in der Regel gut aus

Eine bekannte Maxime des weltberühmten Regisseurs Steven Spielberg lautet, eine erfolgversprechende Filmidee müsse auf einen Bierdeckel passen. Sein vielleicht berühmtester Satz lautet: „Jeder meiner Filme basiert auf etwas, was in meiner Kindheit geschehen ist.“ Sein neuester Film heißt BFG – das Kürzel steht für Big Friendly Giant. Er basiert auf Roald Dahls Kinderbuch „Sophiechen und der Riese“ von 1982. Der freundliche Riese, von dem Roald Dahl erzählt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, „Schlummys“ in Kinderzimmer zu pusten, „schöne bunte Träume, die den, der sie träumt, glücklich machen.“ Kommt der freundliche Riese nicht zu einem, muss man darauf gefasst sein, „Todesangst-Schocker“ zu träumen, bei denen einem „die Zähne zu Berge stehen“ und „die Adern zu Eiszapfen erstarren“. Auf die Frage, was die Nächte seiner Kindheit beherrscht hat, ob Schlummy oder Todesangst-Schocker, antwortet Steven Spielberg: „Meine Alpträume habe ich lebendig vor Augen.“

Steven Spielberg arbeitet in seinen Filmen seine Traumata ab

Mit zwölf Jahren bekam Steven Spielberg die Super-8-Kamera seines Vaters in die Hände. Seitdem steigt er in den Himmel auf, indem er Filme dreht. Sein Flugzeug ist die Kamera: „Ich sage ihr, was ich sehen möchte. Meistens gehorcht sie.“ Steven Spielberg hatte in seiner Kindheit keine Alpträume, die immer wiederkehrten. Aber seine Einbildungskraft war so stark, dass es kaum etwas gab, was ihm nicht sofort Höllenangst einjagte. Disneyland inklusive. Üblicherweise werden Kinder neugierig, wen sie etwas sehen, was sie nicht verstehen.

Steven Spielberg aber reagierte mit Panik: „War etwas riesig, fing ich zu schlottern an.“ Steven Spielberg arbeitet seine Traumata ab, indem er sie auf der Leinwand dem Publikum erzählt. Von da an muss der Zuschauer mit seinen Ängsten leben. Zu Steven Spielbergs Gunsten spricht, dass seine Filme in der Regel gut ausgehen. Manche Filmkritiker halten es allerdings für fraglich, ob es einer Geschichte gut tut, wenn sie gut ausgeht. Der Schriftsteller Vladimir Nabokov meinte: „Manche Menschen – und ich selber gehöre zu ihnen – haben für Happy Ends nichts übrig.“

Die klassische Rezeptur für Märchen hat Walt Disney erfunden

Vladimir Nabokov fährt fort: „Wir fühlen uns hintergangen. Unglück ist das Normale. Das Verhängnis sollte nicht klemmen. Die Lawine, die in ihrem Lauf ein paar Meter über dem sich duckenden Dorf zum Stillstand kommt, benimmt sich nicht nur unnatürlich, sondern unmoralisch.“ Steven Spielbergs Sicht ist kindlicher. Ihm behagt die Vorstellung nicht, am Ende einer Geschichte jedes Mal mit durchstochenem Herzen dazusitzen. Aber auch er weiß natürlich, dass die reale Welt voller Schrecken und Gewalt ist und oft die Bösen siegen.

Deshalb mag Steven Spielberg Filme mit Protagonisten, nach denen sich niemand umdreht, die aber über sich hinauswachsen und heldenhafte Taten vollbringen, um andere zu retten. Roald Dahls Kinderbücher haben ein ähnliches Handlungsmuster. Es gibt keine Filmemacher, der Steven Spielberg stärker traumatisiert hat als Walt Disney. Aber wenn der Horror in seinen Filmen den Höhepunkt erreichte, war es dieser Walt Disney, der ihm zu Hilfe eilte und ihn rettete. Diese Angstlust ließ ihn dem nächsten Walt Disney-Film entgegenfiebern. Jeder Schrecken wird mit der gleichen Dosis Freude und Gelächter belohnt: Das ist die klassische Rezeptur für Märchen, die Steven Spielberg mag. Erfunden hat sie Walt Disney.

Kurzbiographie:

Im Alter von 13 Jahren gewann Steven Spielberg – geboren 1946 in Cincinnati, Ohio – mit einem vierzig Minuten langen Kriegsepos einen Filmwettbewerb, mit 22 gab ihm Universal einen Siebenjahresvertrag. Es folgten Filme wie „Der weiße Hai“ (1975), „E. T.“ (1982) und Schindlers Liste (1993) – und drei Oscars. Heute ist Steven Spielberg, 69, der kommerziell erfolgreichste Regisseur und Produzent der Filmgeschichte. Quelle: Süddeutsche Zeitung Magazin

Von Hans Klumbies