Schiffe sind schwimmende Müllverbrennungsanlagen

Fast 100.000 Schiffe befahren zurzeit die Weltmeere. Umweltschützer sehen in den Ozeanriesen nichts anderes als eine Flotte von Dreckschleudern, die die Umwelt ähnlich stark mit Feinstaub, Kohlendioxid und Schwefel belastet, wie der weltweite Autoverkehr. Der Schifffahrtsexperte der Umweltschutzorganisation Greenpeace, Christian Bussau, formuliert es drastisch: „Schiffe sind im Prinzip schwimmende Müllverbrennungsanlagen.“ Mehr als 90 Prozent der Schiffe, die auf den Ozeanen unterwegs sind, verfeuern Schweröl, den Bodensatz der Erdölverarbeitung. Schweröl ist ein teerähnliches Abfallprodukt, voller Asche und Sand. An Land müsste der Stoff als Sondermüll behandelt werden, auf den Meeren treibt er die Schiffe an.

Die Schifffahrt bedroht die Umwelt und die Gesundheit der Menschen

Im Schweröl befindet sich bis zu 4,5 Prozent Schwefel. Dieselkraftstoff für Autos darf dagegen nur 0,001 Prozent Schwefel enthalten. Umweltexperten gehen inzwischen davon aus, dass die Schifffahrt für neun Prozent der weltweiten Emissionen an Schwefeldioxid verantwortlich ist. Bei den Stickoxiden fällt die Bilanz für die Umwelt noch katastrophaler aus. Ida-Maja Hassellöv von der Chalmers-Universität in Göteborg hat in einer Studie herausgefunden, dass die Tanker, Frachter und Kreuzfahrtschiffe in Europa 29 Prozent Emissionen an Stickoxid verursacht.

Beim Verbrennen des Schweröls entsteht auch viel Ruß. Ein Containerschiff mittlerer Größe bläst jeden Tag etwa 125 Kilogramm Ruß in die Atmosphäre. Alle Schiffe zusammen produzieren im Jahr die gleiche Menge an Feinstaub wie 300 Millionen Autos. Diese Werte stammen aus einer Studie des Wissenschaftlers Daniel Wack, der bei der amerikanischen Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA arbeitet. Für Daniel Wack ist nicht nur die Umwelt, sondern auch der Mensch massiv gefährdet: „Da sich 70 Prozent des Schiffsverkehrs nicht weiter als 400 Kilometer von den Küsten entfernen, bekommen die Menschen an Land ein ernsthaftes Gesundheitsproblem.“

Der Feinstaub der Schiffe bringt jedes Jahr 60.000 Menschen um

Der Meereswissenschaftler James Corbett von der Universität Delaware hat bereits vor drei Jahren berechnet, dass der Feinstaub, den die Schiffe in die Luft pusten, pro Jahr weltweit 60.000 Tote verursacht, die an Erkrankungen des Herzens oder an Lungenkrebs sterben. Allein in Europa muss mit bis zu 26.000 Opfern gerechnet werden. Bis zum Jahr 2012 könnte sich nach den Berechnungen von James Corbett, die Zahl der Todesopfer sogar fast verdoppeln. Die Europäische Union verlangt von den Schiffeignern inzwischen, dass sie nur noch Schweröl mit einem Schwefelgehalt von einem Prozent verfeuern dürfen, wenn sie Häfen an der Nord- oder Ostsee anlaufen möchten.

Für eine schnelle und pragmatische Lösung der Umweltverschmutzung durch die Schifffahrt plädiert Ida-Maja Hassellöv: „Kapitäne, die mit 20 statt 25 Knoten über die Weltmeere schippern, reduzieren ihren Treibstoffverbrauch um bis zu 50 Prozent.“ Selbst wenn dann mehr Schiffe benötigt würden, um die längeren Transportzeiten auszugleichen, könnten immer noch 44 Prozent des Treibstoffs eingespart werden. Inzwischen gibt es viele Reeder, die den Rat der Wissenschaftlerin befolgen. Sie wollen sich damit in der Regel allerdings nicht für den Umweltschutz engagieren, sondern ganz einfach nur Geld bei der Treibstoffrechnung sparen.

Von Hans Klumbies