Sarah Wagenknecht benennt die Übel des Kapitalismus

Die Märkte sind für die Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht nicht das Problem der gegenwärtigen Schuldenkrise, sondern der Kapitalismus ist ihrer Meinung daran schuld, dass sich wenige auf Kosten der Mehrheit bereichern können. Wo Märkte funktionieren und ihren Platz haben, erfüllen sie für Sarah Wagenknecht eine wichtige Funktion. Nichts zu suchen haben sie dagegen im Gesundheitsbereich oder im Bildungssektor, wo es um elementare Güter der Gesellschaft geht. Das betrifft auch den Finanzsektor. Sarah Wagenknecht sagt: „Es spricht viel dafür, dass auch Finanzen ein öffentliches Gut sind, dass man nicht Märkten überlassen sollte. Zumal der Finanzmarkt ohnehin kein funktionierender Markt ist.“ Sarah Wagenknecht würde sich allerdings nie als Liberale bezeichnen, auch wenn sie den klassischen Liberalismus im Marxismus verwurzelt sieht.

In Europa werden die Sozialsysteme und Mittelschichten zerschlagen

Der heutige Neoliberalismus hat mit diesen Traditionen und dem Erbe der alten Bundesrepublik laut Sarah Wagenknecht nichts mehr zu tun. Sie zitiert Ludwig Erhard, der „Wohlstand für alle“ wollte und kritisiert die Bundeskanzlerin Angela Merkel, die „Schulden für alle“, also die europaweite Sozialisierung der Zockerschulden der Banken einführen möchte. Sarah Wagenknecht sieht die Gesellschaft in einem Verteilungskrieg gefangen, in einem Klassenkampf, der in der Regel nur von oben geführt wird.

Zu den Verlierern der gegenwärtigen Krise zählt Sarah Wagenknecht sowohl mittelständische Unternehmer als auch Angestellte, Rentner und Arbeitslose. Für die Politikerin der Partei „Die Linke“ ist es geradezu absurd, wie wenig Menschen von der heutigen Wirtschaftsordnung profitieren. Sarah Wagenknecht ergänzt: „Letztendlich nur das eine obere Prozent – die Geldelite der Millionäre und Multimillionäre.“ Der Begriff Verteilungskrieg beschreibt ihrer Meinung nach sehr genau die Brutalität, mit der in Europa die Sozialsysteme und die Mittelschichten zerschlagen werden.

Die Staaten brauchen einen deutlichen Schuldenschnitt

Die aktuelle Politik bedroht für Sarah Wagenknecht selbst im reichen Deutschland den Wohlstand von Mehrheiten. Die Sozialistin kritisiert, dass die Bundesregierung die Schulden der Staaten vergemeinschaftet, um Banken und Hedgefonds vor Verlusten zu schützen. Sarah Wagenknecht erläutert: „In Zukunft sollen sogar Bankschulden direkt dem europäischen Steuerzahler aufgehalst werden. Gleichzeitig werden die Länder mit Kürzungsdiktaten immer tiefer in die Krise getrieben. Das verringert die Chance, dass sie ihre Schulden bedienen können.“  

Sarah Wagenknecht fordert, dass die Staaten aufhören müssen, Schulden zu bezahlen, die aufgrund von Finanzspekulationen entstanden sind. Denn bisher läuft es ihrer Meinung doch so: Die Banken beteiligen sich an jeder Blase und machen dabei gigantische Gewinne. Platzt die Blase, rettet der Staat die Banken. Dabei verschuldet er sich bei den Finanzinstituten. Und weil die Banken irgendwann an der Zahlungsfähigkeit des Staates zweifeln, muss er für seine Kredite immer höhere Zinsen bezahlen. Dieses Finanzgebaren ist für Sarah Wagenknecht nur noch pervers. Sie verlangt: „Was die Staaten brauchen, ist ein deutlicher Schuldenschnitt.“

Von Hans Klumbies