Rudolf Eucken setzt sich mit dem Glücksproblem auseinander

Rudolf Eucken stellt sich die Frage, ob ein Mensch das Glück zum Ziel seines Strebens machen darf, da es möglicherweise eine Enge und Kleinheit der Gesinnung bekundet, alles Streben vornehmlich darauf zu richten, was das Leben an Glück gewährt. Rudolf Eucken fügt hinzu: „Auch die Erfahrung scheint deutlich zu zeigen, dass nicht nur einzelne Menschen, sondern ganze Völker und Religionen auf Glück zu verzichten vermochten; auch Denker allerersten Ranges haben eine Erhebung über das Glücksstreben gefordert.“ Wenn man die Geschichte allerdings genauer betrachtet, sieht man den Kampf weniger gegen das Glück überhaupt, sondern lediglich geringere Formen des Glücks gerichtet. Auch in dem, wodurch man es zu ersetzen glaubte, ist laut Rudolf Eucken immer wieder ein Verlangen nach Glück zu erkennen.

Der Begriff des Glücks ist kein einfacher

Rudolf Eucken nennt als Beispiel den indischen Weisen, der auch nach Glück strebt, selbst wenn er das Leben möglichst verneint, es in den Stand einer völligen Ruhe, ja Gleichgültigkeit versetzen möchte. Rudolf Eucken ergänzt: „Denn es scheint ihm dann das Aufgehen in das All oder gar die völlige Vernichtung ein besserer Zustand zu sein als das vorgefundene Leben mit seinen Mühen und Sorgen, seinen Aufregungen und Enttäuschungen.“ Auch braucht sich das Streben nach Glück keineswegs an die Enge und Kleinheit des natürlichen Ich zu binden.

Der Begriff des Glückes ist für Rudolf Eucken kein einfacher, wobei der Widerspruch weniger das Glück selbst ist, sondern eher niedere und unzulängliche Fassungen des Glücks betrifft. Rudolf Eucken schreibt: „Ja es muss der Mensch sein Streben unter den Glücksgedanken stellen, weil er nur damit die ganze Kraft seines Lebens und die Innerlichkeit seiner Gesinnung in das Handeln hineinlegen kann; nichts vermag er mit voller Hingebung zu ergreifen, was ihm nicht eine volle Befriedigung seines Wesens verspricht.“

Aristoteles: „Alles Leben hat eine natürliche Süßigkeit“

Die Menschen verstehen grundverschiedene Dinge unter Glück, aber nur ein mattes Denken kann gemäß Rudolf Eucken auf Glück verzichten. Alles wahrhaftige Leben ist seiner Meinung nach selbsteigenes Leben, zu dem notwendigerweise das Glück gehört. Glück ist auch nichts Einfaches – der Mensch muss sich darum bemühen und dafür kämpfen. Dabei können die materiellen Güter mit ihrer natürlichen Selbsterhaltung dem Menschen nicht genügen. Zudem erweist sich von kläglicher Flachheit, was gewöhnlich als Zufriedenheit gepriesen wird.

Rudolf Eucken verweist bei seiner Auseinandersetzung mit dem Glück auf das antike Griechenland, in dem das menschliche Streben von der Überzeugung getragen wurde, dass die Freude des Lebens vor allem in der Tätigkeit liege, dass es daher vornehmlich gelte, tätig zu sein und sich zu den Dingen nicht leidend, sondern handeln zu verhalten. Rudolf Eucken fügt hinzu: „Nach griechischer Überzeugung bedarf die Tätigkeit keines Lohnes, um den Menschen zu gewinnen; sie erfreut und belohnt durch sich selbst, wie nach Aristoteles` Ausdruck alles Leben eine „natürliche Süßigkeit“ hat.“

Von Hans Klumbies