Rüdiger Safranskis Liebe zu Arthur Schopenhauer

Mit seiner Biographie über Arthur Schopenhauer erklärt Rüdiger Safranski gleichzeitig seine Liebe zur Philosophie. Philosophie bedeutet für ihn mit heißem Herzen über Gott und die Welt nachzudenken. Kombiniert mit dem großen Staunen darüber, dass die Existenz der Dinge und der Menschen über das Nichts gesiegt haben. Im Untertitel nennt Rüdiger Safranski die Zeit in der Arthur Schopenhauer lebte, die wilden Jahre der Philosophie. Zu ihren prägenden Denkern zählt er Immanuel Kant, Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Ludwig Feuerbach und den jungen Karl Marx. Rüdiger Safranski, geboren 1945, lebte als Autor und Privatgelehrter in Berlin. Er wurde mit dem Friedrich-Märker-Preis, dem Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik, dem Friedrich-Nietzsche-Preis sowie dem Premio Internazionale Federico Nietzsche ausgezeichnet.

Die drei großen Kränkungen der Menschheit

Für Rüdiger Safranski hat Arthur Schopenhauer von der säkularisierten Vernunftreligion der wilden Denker seiner Zeit wenig gehalten. Er steht quer zu seiner Epoche. Rüdiger Safranski schreibt: „Nicht die Lust des Machens beseelt ihn, sondern die Kunst des Nachlassens.“ Er träumt von einer Welt, die sich ins interessenlose Spiel der Musik zurückverwandelt. Arthur Schopenhauers Leidenschaft für die Philosophie kommt laut Rüdiger Safranski aus dem Staunen über die Welt. Er konnte für die Philosophie leben und musste nicht von ihr leben, da er ein Vermögen geerbt hatte.

In seinem Buch „Schopenhauer und die wilden Jahre der Philosophie“ erzählt Rüdiger Safranski, wie Arthur Schopenhauer zu seiner Philosophie kam und was dann diese Philosophie aus dem Philosophen gemacht hat. Er war es, der die drei großen Kränkungen des Menschseins zusammengedacht und zu Ende gedacht hat. Erstens die kosmologische Kränkung, dass die Erde nur eine unter den vielen Kugeln im unendlichen Universum ist. Zweitens die biologische Kränkung: Der Mensch ist ein Tier, bei dem die Intelligenz lediglich den Mangel an Instinkten und die mangelhafte Organausstattung ausgleichen muss. Drittens die psychologische Kränkung, die besagt, dass das bewusste Ich nicht Herr im eigenen Hause ist.

Die Gedanken treten wie lebendige Menschen auf

Rüdiger Safranski wagt den Versuch, über Philosophie nachzudenken, indem er sie erzählt, so, wie er auch das Leben Arthur Schopenhauers und seine kulturgeschichtlichen Umstände erzählt. Er schreibt: „Die Menschen, die das alles damals gedacht haben, sind tot, ihre Gedanken aber leben.“ Grund genug, die Gedanken, die sie überlebt haben, wie lebendige Menschen auftreten zu lassen.“ Mit dieser Strategie breitet Rüdiger Safranski das Leben des großen Denkers in vierundzwanzig, glänzend geschriebenen Kapiteln vor seinen Lesern aus.

Die Biographie über Arthur Schopenhauer spannt den ganzen Lebensbogen des großartigen Denkers auf. Die Geschichte der ersten elf Kapitel beginnt bei seiner Geburt in Danzig, führt über seine Erziehung zum Kaufmann, seinen philosophischen Studien bis hin zu seiner Dissertation „Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde“. Im fünfzehnten und sechzehnten Kapitel stellt Rüdiger Safranski Arthur Schopenhauers Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vorstellung“ vor.

In den restlichen acht Kapiteln berichtet Rüdiger Safranski von der ersten Italienreise Arthur Schopenhauers, seinem Leben als Dozent in Berlin, seinem Schicksal während der Revolution von 1848, seiner „Philosophie für die Welt“ sowie am Ende von seinem Tod. Am 21. September 1860 stirbt Arthur Schopenhauer. Rüdiger Safranski schreibt: „Arthur Schopenhauer lehnt in der Ecke seines Sofas. Er ist tot. Das Gesicht unentstellt, ohne Spur eines Todeskampfes.“

Schopenhauer
und die wilden Jahre der Philosophie
Rüdiger Safranski
Verlag: Fischer
Taschenbuch: 556 Seiten, 6. Auflage: 2010
ISBN: 978-3-596-14299-6, 14,95 Euro

Von Hans Klumbies