Robert Pfaller ergründet die Angst vor dem Leben

Lust, Genuss, Ausgelassenheit und Unvernunft werden zunehmend von der Gesellschaft diskriminiert. Die meisten Menschen lassen sich von ihrem schlechten Gewissen und den Verboten bevormunden. Der Wiener Philosoph Robert Pfaller weiß, warum dies so ist. Robert Pfaller sagt: „Beim Versuch, am liebsten ewig zu leben, töten die Menschen ihr Leben schon vor dem Tod. Weil sie sich alles, was das Leben lebenswert macht, verbieten oder verbieten lassen.“ Der Mensch der Postmoderne übersieht dabei allerdings, dass er dabei aseptisch, lustlos, humorlos und postsexuell lebt. Alle möglichen Ängste treiben ihn um, schon der Anblick einer Zigarette kann ihm einen tödlichen Schrecken einjagen.

Der Neoliberalismus ist von Lustvermeidung und Askese geprägt

Laut Robert Pfaller hat es noch nie ein Zeitalter gegeben, wo sich so viele Menschen über alles beschwert, sich von allem irritiert gefühlt haben. Der Wiener Philosoph sagt: „Menschen fühlen sich ständig belästigt, sexuell, durch Rauch, durch das Braten von Hammeln am Spieß, durch fremdländische Menschen.“ Der Ärger entsteht seiner Meinung nach immer dort, wo man den Genuss anderer vermutet, als Neid auf die Lust des Anderen. In der Vergangenheit war dies nicht so. Robert Pfaller erklärt: „Früher wurde Lust noch als ein Teil der Zivilisiertheit verstanden – Fröhlichkeit und Frohsinn konnte sogar so etwas wie Höflichkeit sein, um dem anderen die Tristesse zu ersparen.“

Für Robert Pfaller ist die neoliberale Kultur von Lustvermeidung und Askese geprägt. Dabei meint er vor allem die Zerstörung öffentlicher Räume. Und er kritisiert auch den Staat, der keinen Ersatz für die verlorene Öffentlichkeit bietet, sondern immer mehr die Rolle einer Verbotsinstanz spielt, die nur repressiv, aber nicht fördernd eingreift. Robert Pfaller widerspricht dem Glauben, dass die Menschen spontane Hedonisten wären, die bei jeder Gelegenheit nach Lust schnappen würden. Er sagt: „Die Menschen sind sehr gehemmt – Sex, Rauchen, Alkohol, Feiern, Müßiggang, freies Denken, das ist alles mit einem bestimmten Unbehagen verknüpft.“

Viele kleine Dinge können große Freude machen

Gemäß Robert Pfaller kommt den Menschen, trotz immer größerer Angebote in der Werbung, die Genussfähigkeit abhanden. Die größten Genüsse sind für den Wiener Philosophen diejenigen, wo die Menschen etwas Zwiespältiges, ein bisschen Ungesundes in etwas Teures und Edles verwandeln. Er sagt: „Sich selbst zu überschreiten macht es aus. Eine Gesellschaft, die das ermöglicht, ermöglicht Lust. Eine, die die Individuen in ihrer Wehleidigkeit bestärkt, vermittelt Genuss als etwas Belästigendes.“

Um des Lebens willen muss man gemäß Robert Pfaller auch Gefahren in Kauf nehmen dürfen. Er zitiert den Philosophen Epikur, der folgendes schrieb: „Mit der Mäßigung muss man sehr maßvoll umgehen, sonst wird die Mäßigung selber zum Exzess.“ Genau in dieser Situation befinden sich in der Gegenwart die allermeisten Menschen. Robert Pfaller weiß auch, wofür es sich eigentlich zu leben lohnt. Er rät: „Ballspielen an einem Sommerabend, mit Freunden eine Grillparty feiern, mit einer Katze spielen, mit Kindern nachlaufen spielen, in einem Moment der Zärtlichkeit in ein Tal schauen – eine Zigarette rauchen unter einem schützenden Vordach – viele überraschend kleine Dinge können uns gewaltige Freude machen.“

Von Hans Klumbies

2 Gedanken zu „Robert Pfaller ergründet die Angst vor dem Leben“

  1. schade, dass die meisten menschen diese freuden nicht mehr sehen! was haben wir uns damals über den ersten schnee gefreut. heutzutage schenkt ihm kaum jemand noch beachtung. sehr schade.

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