Das Glück liegt nicht allein im Vollkommenen

Ideale haben für Reinhard K. Sprenger eine hochgradig zerstörerische Spitze. Sie machen die Menschen blind für das Mögliche, weil sie über Unerreichbares fantasieren. Diese Menschen nehmen sich und ihre suchende, latent unzufriedene Einstellung mit zu jeder neuen Aufgabe. Irgendetwas fehlt für sie immer. Manchmal ist es einfach besser, die zweitbeste Möglichkeit, das Unvollkommene zu verteidigen. Reinhard K. Sprenger ergänzt: „Das Absolute ist – ebenso wie der Traum vom mühelosen Glück – nicht menschenmöglich. Beides ist nicht von dieser Welt.“ Deshalb ist „alles oder nichts“ für einen Menschen keine praktikable Devise. Wer allein das Vollkommene will und das Glück im Unvollkommenen leugnet, macht sich nicht glücklich, sondern verrückt. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

Jeder muss für sein Leben selbst die Verantwortung übernehmen

So manchen Mensch sitzt einem Trugschluss auf. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Er glaubt, durch einen Job-, Partner- oder Landeswechsel etwas Größeres oder Besseres zu finden, als er schon kennt. Er träumt von Lebenssituationen voller Befriedigung, Anerkennung und Wohlbefinden.“ Schließlich wacht er in einer anderen Situation auf – und da, neben ihm, ist das nämliche Selbst, vor dem er floh – ein Irrtum, den jeder schon einmal erlebte, der hoffte, die Reise in ein fernes Land mache ihn glücklicher. Man nimmt sich halt immer mit.

Wer glaubt, durch die äußere Veränderung der Lebensumstände etwas zu finden, das er nicht in sich selber trägt, reist von sich selbst weg und verliert sich im Äußeren. Zudem wir er bald wieder die Umstände beschuldigen, die wiederum nicht so beschaffen sind, dass er sich wohlfühlt. Auch wenn er an der Illusion gerne festhalten will: „Niemand ist für Sie da, Sie glücklich zu machen.“ Kein Chef, keine Regierung, kein Partner. Wenn ein Mensch mit seiner Arbeits- und Lebenssituation unzufrieden ist, dann hat er vergessen, für seine Wahl Verantwortung zu übernehmen.

Viele Menschen existieren nur als Strandgut des Lebensstroms

Dieser Mensch hat dann außerdem vergessen, dass immer etwas am Ideal fehlt. Jeder kann seine Arbeit, seine Partnerschaft, die er hat, zur einzig richtigen für sich machen. Das verhindert die prinzipielle Unzufriedenheit. Wer dagegen außerhalb seiner Selbst sucht, wird sogar den tollsten Partner dieser Welt für den zweitbesten halten. Suchen ist eine Einstellung. Nicht finden. Nur im Augenblick ist ein Mensch ganz bei sich, erfährt sich ganz als Selbst und ist ganz wirklich. Für viele Menschen geschieht das Leben allerdings lediglich.

Es fließt wie ein gleichförmiger Strom am Rande ihrer Existenz vorbei. Sie nehmen eine beobachtende, unbeteiligte, kraftlose Position ein. Diese Menschen existieren nur als Strandgut des Lebensstroms. Reinhard K. Sprenger betont: „Jeder hat aber auch in jedem Augenblick neu die Möglichkeit, die Situation gleichsam zu ergreifen, sich willentlich zu dem entschließen, was er gerade tut. Und in diesem Ent-Schluss wird etwas ent-schlossen, was vorher ver-schlossen war: das Selbst.“ Quelle: „Die Entscheidung liegt bei dir!“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies