Reinhard Haller stellt den Narzissmus in allen seinen Formen vor

Im rechten Maß ist der Narzissmus unerlässlich für die Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins, für Leistung und Kreativität. Der Narzissmus im Übermaß bildet allerdings die Basis von Kränkungen, Neurosen, Gier und Konflikten. Ein Narzisst ist nicht nur der, der Erfolge überschwänglich feiert und Lob wie die Luft zum Atmen braucht, sondern auch der stille Leider, der anstrengende Energiesauger und im schlimmsten Fall der Psychopath. Reinhard Haller erklärt in seinem neuen Buch „Die Narzissmusfalle“ wie man Narzissten erkennt, was ihre Motive sind und wie man sich vor ihnen schützen kann. Denn der Narzissmus mit all seinem Gefolge gewinnt an individueller und gesellschaftlicher Bedeutung. Der Arzt, Psychotherapeut und Bestsellerautor Reinhard Haller arbeitet als Chefarzt in einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik mit dem Schwerpunkt Abhängigkeitserkrankungen.

Bei den Narzissten ist die emotionale Intelligenz weitgehend verkümmert

Reinhard Haller definiert den Narzissmus als den unstillbaren Wunsch nach Anerkennung und Bewunderung und als die übertriebene Einschätzung der eigenen Wichtigkeit. Er ist zum Verhaltensmuster einzelner Individuen und ganzer Gesellschaften geworden. Doch dieses Phänomen ist mehr Schein als Sein. Reinhard Haller erläutert: „Überraschend müssen wir aber feststellen, dass hinter glanzvollem Äußeren und selbstzentrierter Eigennützigkeit meist ein fragiles Selbstwertgefühl lauert und die emotionale Intelligenz weitgehend verkümmert ist.“

Der Narzissmus ist für Reinhard Haller mehr als nur eine Störung. Er ist seiner Meinung nach eine psychische Urkraft, die positiv und negativ gestalten kann. In dem Buch „Die Narzissmusfalle“ geht es unter anderem auch um die Verschiebung der individuellen und gesellschaftlichen Koordinaten hin zu einem selbstsüchtigen, rücksichtslosen und kalten Lebensstil. In zahlreichen Beispielen über narzisstische Situationen und Personen soll der Leser sich und seine Mitmenschen erkennen können. Denn wer das Wesen der Menschen erkennt, durchschaut sich selbst.

Der Narzissmus wird gesellschaftsfähig

Der Narzissmus setzt sich laut Reinhard Haller aus vier Komponenten zusammen: der Egozentrizität, der Empfindlichkeit, dem Mangel an Empathie und der Entwertung der Mitmenschen. Zur schönen Verwandtschaft des Narzissmus zählen der Hochmut, die Eitelkeit, die Hysterie und die Gier. Bei allen Formen des Narzissmus gibt es eine gemeinsame Basisstörung: den scher gestörten Selbstwert. Reinhard Haller erklärt: „Ein unter ständigen Minderwertigkeitsgefühlen und Versagensängsten leidender Mensch versucht, diese Defizite zu bewältigen und schießt dabei über das Ziel hinaus.“

Zusammenfassend stellt Reinhard Haller im letzten Kapitel seines Buches „Die Narzissmusfalle“ fest, dass der Narzissmus gesellschaftsfähig wird. Alles spricht seiner Meinung nach für eine Änderung der gesellschaftlichen Stimmung, für die Etablierung von Egozentrik und Arroganz, für Überindividualisierung und Entsolidarisierung. Das Ego ist in den Mittelpunkt gerückt, die eigenen Interessen stehen stets an erster Stelle. Der Egoist beherrscht die Szenerie, Arroganz den Auftritt und Coolness die Emotionalität.

Die Narzissmusfalle
Anleitung zur Menschen- und Selbstkenntnis
Reinhard Haller
Verlag: Ecowin
Gebundene Ausgabe: 205 Seiten, Auflage: 2013
ISBN: 978-3-711-00037-8,  21,90 Euro
Von Hans Klumbies