Für die Schönheit gibt es keine rein rationalen Begründungen

Ein ebenmäßiges Gesicht, eine schlanke Gestalt verbinden sehr viele Menschen mit dem Begriff schön. Aber hinter dem Wort Schönheit verbirgt sich möglicherweise wesentlich mehr. Es ist schwer zu sagen, was wirklich schön ist. Der schottische Philosoph David Hume drückt dies wie folgt aus: „Schönheit ist keine Eigenschaft der Dinge selbst. Sie existiert in dem Geist, der sie betrachtet, und jeder Geist nimmt eine andere Schönheit wahr.“ Daher ist es für Rebekka Reinhard gut möglich, dass vielen Menschen Heidi Klum oder David Beckham gefallen, nicht weil sie objektiv schön sind, sondern weil sie subjektiv so wahrgenommen werden. Dr. Rebekka Reinhard studierte Philosophie, Amerikanistik und Italianistik und promovierte über amerikanische und französische Gegenwartsphilosophie. Zu ihren erfolgreichen Büchern zählen „Die Sinn-Diät“, „Odysseus oder Die Kunst des Irrens“ und „Würde Platon Prada tragen?“

Philosophen verankern die Schönheit in der Wahrnehmung eines Menschen

Die Schönheit könnte also theoretisch eine reine Sache des Geschmacks sein. Etwas, das eine Person erfreut oder ihr missfällt. Es ist laut Rebekka Reinhard eine Tatsache, dass die Meinungen darüber, ob jemand schön, hässlich, attraktiv oder weniger bezaubernd ist, oft weit auseinandergehen. Zudem ist es ihrer Meinung nach leicht, an etwas oder jemandem Gefallen zu finden, aber sehr schwer, zu verstehen, zu beurteilen und zu begründen, warum das so ist.

Zu den ersten, die sich von der platonischen Suche nach dem Wesen beziehungsweise der Idee des Schönen abkehrten, und damit begannen, Schönheit in der speziellen Wahrnehmung eines Menschen zu verankern, gehörten die Philosophen Giordano Bruno (1548 – 1600), René Descartes (1596 – 1650) und Thomas Hobbes (1588 – 1679). Rebekka Reinhard fügt hinzu: „Spätestens sein dem 18. Jahrhundert wurde Schönheit nicht mehr als Eigenschaft eines Gegenstandes verstanden, sondern aus Ausdruck einer subjektiven, individuellen Bewertung, die aber dennoch (und genau hier liegt das Problem!) auf Allgemeingültigkeit pocht.“

Ästhetische Erfahrungen sind ganz wesentlich Eindrücke der Sinne

Schönheit findet man nicht nur in der Natur, sie ist auch ein ganz wesentlicher Teil von etwas, das von Malern, Architekten, Komponisten und Regisseuren erschaffen wird. Kunstwerke jeglicher Couleur verschaffen den Menschen ästhetischen Genuss, sprechen die Sinne an, regen zum Denken an, heitern auf, erzeugen Lustgefühle. Ästhetische Erfahrungen sind ganz wesentlich Sinneseindrücke. Deshalb genügt also eine rein rationale Begründung nicht, warum etwas schön oder großartig ist.

Rebekka Reinhard zitiert Immanuel Kant, für den das Wohlgefallen oder Missfallen, das das Schöne in einer Person auslöst, ohne jegliches Interesse. Rebekka Reinhard erklärt: „Es gilt also nur der Schönheit des Objekts und nicht irgendeinem anderen Aspekt. Für Kant geht die sogenannte Interesselosigkeit Hand in Hand mit distanziertem Verhalten, das für ihn echte ästhetische Lust signalisiert.“ Ein Ölgemälde kann für Immanuel Kant also durchaus ein Genuss für die Sinne sein, sofern es nicht irgendwelche niedrigen Begierden anspricht.

Von Hans Klumbies