Pyrrhon von Elis war der extremste Skeptiker von allen

Die Menschen wissen nichts und nicht einmal das ist sicher. Keiner sollte sich auf das verlassen, was er für wahr hält, denn man könnte ihn missverstehen. Nigel Warburton erklärt: „Alles kann infrage gestellt werden, alles kann angezweifelt werden. Es ist am besten, man fällt überhaupt kein abschließendes Urteil. Wenn man für alle Meinungen offen bleibt, kann man nicht enttäuscht werden.“ Das waren die Hauptgedanken des Skeptizismus, einer Strömung in der Philosophie, die mehrere Hundert Jahre im alten Griechenland und später in Rom viele Anhänger hatte. Der Grieche Pyrrhon von Elis (ca. 365 – ca. 270 v. Christus) war der berühmteste und vermutlich der extremste Skeptiker von allen. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

Die Menschen können ihren Sinnen nicht trauen

Normalerweise glauben die meisten Menschen, alles Mögliche zu wissen. Bereits Sokrates aber hatte schon formuliert, dass er nur weiß, wie wenig er weiß. Auch das war ein Ausdruck einer skeptischen Haltung. Aber Pyrrhon von Elis ging noch weit darüber hinaus. Für ihn gab es aber auch rein gar nichts Selbstverständliches. Genau wie Sokrates schrieb er seine Gedanken nicht auf. Alles, was man über ihn weiß, stammt aus mündlichen Berichten, die meistens erst mehrere Jahrhunderte nach seinem Tod aufgezeichnet wurden.

Diogenes Laertios berichtet, dass Pyrrhon von Elis bereits zu Lebzeiten eine Berühmtheit war. In Elis, wo er lebte, wurde er zum Hohepriester ernannt. Ihm zu Ehren wurden alle Philosophen von Steuerabgaben befreit. Wenn er keine guten Freunde gehabt hätte, die ihn schützten, wäre er vermutlich nicht so ein hohes Alter erreicht. Nigel Warburton beschreibt seine Lebenseinstellung wie folgt: „Wir können den Sinnen nicht trauen. Manchmal leiten sie uns in die Irre. Zum Beispiel kann man sich in der Dunkelheit schnell täuschen. Etwas, das wie ein Fuchs aussieht, kann ebenso gut eine Katze sein.“

Bei der Wahrheit gibt es keine Sicherheit

Da seine Sinne den Menschen sooft täuschen, beschloss Pyrrhon von Elis, ihnen niemals zu trauen. Er schloss nicht die Möglichkeit aus, dass sie den Menschen vielleicht auch korrekte Informationen übermittelten, aber da es hierbei keine Sicherheit gibt, nütz den Menschen diese Möglichkeit nichts. Da seine Sinne ihn täuschen konnten, war Pyrrhon von Elis nicht bereit, irgendwelche Schlussfolgerungen zu ziehen. Irgendwie gelang es Pyrrhon von Elis, gemäß dieser Philosophie der völligen Gleichmut sein Leben zu führen und all die normalen menschlichen Gefühle und Verhaltensweisen zu überwinden.

Nigel Warburton stellt fest: „Pyrrhons Lebenswandel ähnelte stark dem eines Mystikers, und seine Gelassenheit machte auf seine Mitmenschen großen Eindruck. Der Grund, weshalb er sich über nichts aufregte, war seine Überzeugung, dass einfach alles Ansichtssache sei.“ Wenn die Menschen schon keine Möglichkeit haben, die Wahrheit mit letzter Sicherheit zu erkennen, dann besteht auch keine Notwendigkeit, diese Wahrheit zu ermitteln. Die Menschen können sich ebenso gut von allen festen Vorstellungen distanzieren, da diese immer Täuschung mit einschließen.

Von Hans Klumbies