Paul Nizon wird immer noch als Geheimtipp gehandelt

Zu den Bewunderern des Schweizer Schriftstellers Paul Nizon zählten unter anderem Max Frisch, Elias Canetti und Frédéric Beigbeder, der ihn als einen der wichtigsten Autoren der Gegenwart bezeichnete. Paul Nizon war der erste deutsch schreibende Schriftsteller, der seine Figuren neben einem Herz und einem Hirn auch mit einer Sexualität ausstattete. Paul Nizon sagt: „Ich habe den Sexus in die deutsche Literatur eingeführt.“ Seine eigenen Beziehungen mit dem weiblichen Geschlecht sind seiner Meinung nach vor allem deswegen alle gescheitert, weil er zu sehr mit dem verdammten Schreiben liiert ist. Erst kürzlich hat er seine Tagebücher aus den Jahren 2000 bis 2010 veröffentlicht, die den Titel „Urkundenfälschung“ tragen.

Paul Nizon ist ans Schreiben gekettet

Wie sehr Paul Nizon in die Schriftstellerei verliebt ist, sieht man schon daran, dass er auf die Frage, ob er am Schreibtisch sterben wolle, antwortet: „Unbedingt. Ich arbeite seit vielen Jahren an einem Buch mit dem Titel „Der Nagel im Kopf“ und hoffe inständig, es zu Ende zu bringen. Ich will schreibend untergehen und über der Maschine zusammenbrechen. Alles andere wäre mein sofortiger Tod.“ Paul Nizon behauptet auch immer wieder von sich selbst, dass er ans Schreiben gekettet sei, wie an ein Beatmungsgerät.

Durch seine Geschichten hofft Paul Nizon tiefer und freier am Leben zu sein und eine andere Luft zu atmen. Der Schriftsteller erklärt: „Bei mir ist das Glücksjagen ein Sprachsuchen, deshalb bleibt für andere wenig übrig. Meine Ichbezogenheit geht bis zur Egomanie und Liebesunfähigkeit. Diese Selbstverstrickung ist letztlich der Grund für meine Unzulänglichkeit als Lebenspartner.“ Paul Nizon kann die Mauer seiner inneren Blockaden nicht überwinden und bleibt in der Wirrnis seiner Innerlichkeit stecken.

In seinen Beziehungen erlebt Paul Nizon Teile eines Romans in der Realität

Paul Nizon gibt dem Volksmund recht, der behauptet, ein Künstler sollte nicht heiraten. Er nennt den Grund: „Das Zerhäckseltwerden durch Anforderungen familiären Alltags verhindert das Wegschreiben des Unglücks.“ Paul Nizon gibt zu, dass er seine Beziehungen auch deshalb eingegangen ist, um ein Kapitel eines Romans in der Realität zu erleben. Er behauptet sogar, dass man den Lebenshunger als Vehikel der Stoffzufuhr bei allen großen Schriftstellern beobachten kann.

Obwohl Paul Nizon inzwischen 82 Jahre alt geworden ist, wird er in der Literaturwelt noch immer als Geheimtipp gehandelt. Er erläutert, warum dies so ist: „Für die einen bin ich ein Literaturheiliger und lebender Mythos, für die anderen ein vernagelter, eingebildeter Alter, der seine Erfolglosigkeit mit Elitismus und Dünkelattitüden kompensiert.“ Manchmal macht Paul Nizon der Mangel an Berühmtheit schwer zu schaffen, denn natürlich träumt er in Selbstwahn und Ruhmgier von einem Buch, das ihn auf die internationale Literaturbühne der Erfolgreichen katapultiert.

Von Hans Klumbies