Paul Kirchhof stellt seine Idee des konzeptionellen Sparens vor

Der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof beklagt in seinem neuen Buch „Deutschland im Schuldensog“ den Marsch der Bundesrepublik in die Knechtschaft des Zinseszinses. Er kritisiert die Abhängigkeit des Staates von den Finanzmärkten, die Geld leihen, damit ihnen selbst im Schuldenfall mit Steuergeldern geholfen wird. Paul Kirchhof sagt: „Die Schulden sind chronisch geworden.“ Der ehemalige Bundesverfassungsrichter sieht die Gefahr, dass das Band zwischen Staat und Bürger reißen könnte, wenn sich der Staat weiter so maßlos verschuldet. Normalerweise geht die Bevölkerung davon aus, dass die Steuern in Form von Staatsausgaben zu ihnen wieder zurückfließen. Doch wenn ein immer größerer Teil für die Tilgung von Krediten und der Zahlung von Zinsen aufgewendet werden muss, fließt kein Geld mehr zu den Bürgern zurück.

Pro Sekunde wachsen in Deutschland die Schulden um 1.335 Euro

Der Staat gibt damit laut Paul Kirchhof die Selbstbestimmung über seinen Haushalt ab, das Parlament das bedeutendste seiner Rechte: das Budgetrecht. Mehr als zwei Billionen Euro Schulden lasten inzwischen auf Deutschland. Pro Sekunde wachsen die Schulden um 1.335 Euro. Paul Kirchhof erklärt: „Staatsverschuldung schafft zukünftige Steuerlasten, doch Steuerlasten sollen den Staat, nicht den Markt finanzieren.“ Paul Kirchhof schlägt als Gegenmaßnahme sein Konzept des konzeptionellen Sparens vor.

Das Gebot der Null-Neuverschuldung sollte laut Paul Kirchhof rechtliche Normalität werden. Er fordert einen schlanken Staat, der dennoch kraftvoll gestalten soll. Zudem muss dem Unternehmer mehr Freiheit eingeräumt werden, wodurch seiner Meinung nach die Konjunktur und das Wachstum angeregt würden. Die Spekulanten und Geschäftemacher aber will Paul Kirchhof mit der Einführung einer großen Finanztransaktionssteuer und einer einmaligen Vermögensabgabe in die Schranken weisen.

Paul Kirchhof sieht die Prinzipien des Erbrechts verletzt

Er ist ein Anhänger des Ökonomen David Ricardo, der die öffentliche Verschuldung für eine der furchtbarsten Geißeln hielt, die jemals zum Unglück eines Volkes erfunden worden sind. Paul Kirchhof strebt eine Kultur an, die eine übermäßige Staatsverschuldung als Verfassungsbruch brandmarkt. Er ist fest davon überzeugt, dass eine baldige Zurückführung der staatlichen Neuverschuldung und ein Abbau der Defizite möglich seien. Es bestehe durchaus die Chance, staatliches Nehmen und Geben strukturell auf eine gesunde Basis zu stellen.

In der Finanzkrise, die seit dem Jahr 2007 die Staaten bedroht, sieht Paul Kirchhof die Prinzipien des Erbrechts verletzt, da die finanziellen Lasten auf kommende Generationen verschoben würden. Paul Kirchhof erläutert: „Mancher Staat ist auf dem Weg, sich kaputtzuverschulden.“ Auch Deutschland habe nicht die Kraft und den politischen Willen gehabt, in guten Zeiten jene Kredite zurückzuzahlen, die das Land in schlechten Zeiten aufnahm. Begründet wurde die Aufnahme neuer Schulden in der Regel mit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.

Von Hans Klumbies