Paul Heyse war der letzte Dichterfürst Deutschlands

Paul Heyse wurde am 15. März 1830 in Berlin geboren. Schon während seiner Schulzeit am Gymnasium entstanden erste literarische Versuche, die die Aufmerksamkeit von Emanuel Geibel erregten. Nach vier Semestern Studium der klassischen Philologie in Berlin wechselte Heyse zum Studium der Kunstgeschichte und Romanistik nach Bonn und schrieb 1852 seine Promotion über die Lyrik der Troubadours. Der Berliner Paul Johann Ludwig von Heyse wurde von König Maximilian II. nach München geholt und in der bayerischen Metropole enthusiastisch verehrt. Dort nahm er regelmäßig an den Symposien des Königs im Dichter- und Gelehrtenkreis teil.

Paul Heyse erhält als erster Deutscher den Literaturnobelpreis

Aus diesen Treffen ergaben sich vielfältige gesellschaftliche Verbindungen, wodurch er sich eine herausragende Stellung als literarische Autorität aufbauen konnte. Paul Heyse hat das literarische Leben Münchens zu seiner Zeit dominiert und gilt als letzter Dichterfürst der deutschen Literatur. Vor allem seine Novellen waren hervorragend geschrieben.

Diese Werke machten ihn so berühmt, dass er 1910 als erster deutschsprachiger Dichter den Nobelpreis für Literatur erhielt. Das Nobelpreiskomitee würdigte den Dichter mit folgenden Worten: „In Anerkennung der vollendeten, von Idealismus durchleuchteten Kunst, für die er während langer fruchtbarer Jahre als Lyriker, Dramatiker, Romancier und als Verfasser von weltberühmten Novellen Beweise gegeben hat.“

Paul Heyse fördert junge Autoren wie Joachim Ringelnatz oder Frank Wedekind

Viele seiner Novellen siedelte Heyse in seiner Wahlheimat Italien an, wo er auch im Alter meist den Winter auf seinem Landsitz in Gardone am Gardasee verbrachte. Im selben Jahr, in dem er den Literaturnobelpreis erhielt, wurde er auch Ehrenbürger von München. Als Gastgeber großer Gesellschaften in seiner Villa an der Luisenstraße hatte er großen Einfluss auf die Münchner Kulturszene.

Heyse nutzte seine gesellschaftlichen Kontakte um junge Autoren wie Joachim Ringelnatz, Frank Wedekind und Isolde Kurz zu fördern. Auch für Theodor Fontane, der damals so gut wie mittellos war, setzte sich Paul Heyse ein. 1856 gründete Paul Heyse mit seinem Freund Emanuel Geibel den Dichterclub „Die Krokodile“, in dem er unter dem Pseudonym „Eidechs“ geführt wurde. Mit dem von Geibel herausgegebenen Münchner Dichterbuch stellte sich die Gruppe 1862 der Öffentlichkeit vor. Ab 1868 leitete Heyse die Dichtervereinigung.

Paul Heyse veröffentlichte rund 150 Novellen

Zu seinen Werken zählen unter anderen L’Arrabbiata (1853), Das Mädchen von Treppi (1855), Andrea Delfin (1862), Rafael (1862), Elisabeth Charlotte (1864), Colberg (1868), Moralische Novellen (1869), Kinder der Welt (1873), Im Paradiese (1875), Spielmannslegende (1883) und Merlin (1892). Insgesamt veröffentlicht Paul Heyse etwa 150 Novellen. Sein Drama Colberg erschien bis 1914 in 180 Auflagen. Es war an vielen Gymnasien Pflichtlektüre und gehörte zum ständigen Repertoire der Schulfeiern an Kaisers Geburtstag oder am Sedantag.

Der Dichter Heyse war auch einer der meistvertonten Lyriker seiner Zeit. Allein vom Gedicht „Im Walde“ sind 32 Notenfassungen bekannt. Sein erster Roman „Kinder der Welt“ verhalf ihm zu hoher Popularität. Selbst in Amerika gehörte er zu den viel gelesenen deutschen Autoren. Sein Stück „Hadrian“ erhielt in der griechischen Übersetzung einen Bühnenpreis in Athen. Paul Heyses Werke wurden in alle europäischen Hauptsprachen übersetzt und sogar ins Esperanto. Heute erinnert sich kaum noch jemand an den einst so berühmten Dichterfürsten. Paul Heyse starb am 2. April 1914 im Alter von 84 Jahren und wurde auf dem Münchner Waldfriedhof begraben.

Von Hans Klumbies