Okwui Enwezor wird neuer Direktor am Haus der Kunst

Okwui Enwezor, unbestritten ein Kurator von Weltrang, übernimmt ab 1.Oktober 2011 die Leitung des Münchner Hauses der Kunst und tritt die Nachfolge des bisherigen Direktors Chris Dercon an, der an die Spitze der Londoner Tate Modern wechselt. Zu den Ruhmestaten von Okwui Enwezor zählen, dass er wie vielleicht kein anderer Kurator die Gegenwartskunst in den vergangenen fünfzehn Jahren internationalisiert hat. Außerdem hat er sich radikal von der Selbstbezogenheit der Kunst verabschiedet, soziale und politische Anliegen in den Vordergrund gerückt sowie die Museen für Fotografen, Videokünstler und Meister der Installation aus Arabien, Asien und Schwarzafrika geöffnet.

Okwui Enwezor lehnt jede Effekthascherei strikt ab

Im Sommer des Jahres 2002 leitete der in New York lebende Okwui Enwezor die Documenta in Kassel. Die Kunst darf sich seiner Meinung nicht allein im Museum verschanzen, wenn sie nicht zur Historie mutieren will. Für Okwui Enwezor ist wichtig, dass sich ein Kurator nicht nur im New Yorker Museum of Modern Art oder im Pariser Centre Pompidou gut auskennt, sondern auch über die aktuelle Kunstszene in Lagos oder New Delhi Bescheid weiß. Außerdem muss er Künstler aufspüren, die von der Welt jenseits der Nachrichten, die über die Bildschirme flimmern, berichten.

Okwui Enwezor zeichnet sich bei seiner Arbeit durch eine große Ernsthaftigkeit aus und lehnt jegliche Effekthascherei strikt ab. Für das Haus der Kunst in München wünscht er sich während seiner Führungszeit ein möglichst internationales Publikum. Die Menschen, die zu seinen Ausstellungen kommen, sollen ebenso wie die Künstler, ganz selbstverständlich zum kunsttheoretischen Diskurs bereit sein. Eines ist sicher: das Haus der Kunst wird auf jeden Fall eine Herausforderung für das Münchner Publikum werden.

Kurzbiographie: Okwui Enwezor

Okwui Enwezor wurde am 23. Oktober 1963 im nigerianischen Kalaba geboren. In seiner Kindheit erlebte er den Bürgerkrieg in Nigeria. Innerhalb von nur drei Jahren musste seine Familie 45 Mal umziehen. Auf Privatschulen lernte Okwui Enwezor sein perfektes Englisch.

Im Alter von 20 Jahren wanderte er nach New York aus, um dort Politikwissenschaften zu studieren. Seine größte Überraschung war, wie wenig selbst intellektuelle Amerikaner von der Welt wissen. Neben seinem Politikstudium gründete Okwui Enwezor „NKA“, ein Magazin über afrikanische Kunst.

Als Quereinsteiger zeigte er 1996 im New Yorker Guggenheim Museum eine Ausstellung über afrikanische Fotografie. Damals leitete er auch die zweite Biennale in Johannesburg. Kurz vor seinem Auftritt bei der Documenta war Okwui Enwezor schon einmal in München zu Gast. In der Villa Stuck zeigte er eine Schau über afrikanische Kunst, Fotografie und Alltagskultur.

Von Hans Klumbies