Die Malerin Oda Jaune will Schreckliches in Schönheit verwandeln

Oda Jaune malt, seitdem sie denken kann. Ihre Werke zeichnen sich durch eine Unerschrockenheit vor Dingen aus, bei denen die meisten anderen Maler wegschauen. Sie schaut aber nicht verbittert, sondern geradezu zärtlich auf die Abgründe dieser Welt. Seit vier Jahren lebt Oda Jaune, die in Düsseldorf an der Kunstakademie studierte, nun schon in Paris. Die gebürtige Bulgarin war von 1998 bis 2003 Meisterschülerin in der Klasse von Jörg Immendorff. Die junge Studentin und der berühmte ältere Maler wurden ein Paar. Wenige Tage nach ihrem Umzug nach Paris hatte sie schon einen Galeristen, Daniel Templon, gefunden. Dieser machte zuvor Künstler wie Roy Lichtenstein oder Richard Serra in Frankreich bekannt. Nach nur vier Monaten hatte Oda Jaune schon ihre erste große Einzelausstellung, eine weitere folgte im Jahr 2011.

Ein Ölgemälde von Oda Jaune kostet inzwischen rund 35.000 Euro

Nach wenigen Tagen waren bei beiden Ausstellungen alle Bilder verkauft. Inzwischen kostet eines ihrer Ölgemälde etwa 35.000 Euro, Aquarelle gibt es für 3.500 Euro. Von den Ölgemälden malt sie circa 15 Stück pro Jahr. Oda Jaune hat Menschen gemalt, deren Haut grün war und deren Münder aussahen wie das weibliche Geschlechtsteil. Dazu kamen übergroße Organe, die irgendwo herumliegen, ohne dass sich irgendwer um sie kümmern würde.

Bei ihrem Gemälde eines sogenannten Elefantenmenschen hat sie die Deformation noch verstärkt – der Kopf scheint nach oben hin ins Unendliche zu verschwinden. Es handelt sich dabei um eine Art länglicher Auswuchs, der aus einem ansonsten normalen Körper nach oben strebt. Auf anderen Bildern von Oda Jaune wachsen armlose Oberkörper in- oder auseinander. Manchmal befindet sich dort, wo eigentlich ein Gesicht sein sollte, etwas anderes, Unbestimmbares aus Haut.

Oda Jaune will den Blick der Menschen auf etwas Liebesvolles verändern

Oda Jaune erklärt, wie sie zu ihren Motiven kommt: „Ich sehe oft etwas, das falsch ist oder schrecklich, und das will ich dann geraderücken. Ich will es in etwas Schönes verwandeln.“ Als Beispiel nennt sie ein Foto von Michael Jackson, das sie im Internet gesehen hat, auf dem er gerade gestorben, auf seinem Totenbett aufgebahrt war. Sie erzählt: „Ich fand das unmöglich, dass jemand in diesem Moment, im Krankenhaus, ein Foto gemacht hat, dass es dieses Foto nun gibt – ich habe diesen Moment dann gemalt, als Hommage.“

Oda Jaune behauptet beim Malen immer das Gefühl zu haben, der Situation auf dem Bild zu helfen. Sie will den Blick der Menschen auf etwas Liebesvolles verändern. Sie empfindet die Szenen und Kreaturen, die sie malt, als schön. Manchmal findet sie ihre Malerei auch ganz lustig. Zum Beispiel seien die grünen Menschen ein Experiment gewesen, um festzustellen, wie sich der Blick auf ganz normale Menschen verändere, wenn ihre Hautfarbe grün ist. Vorzeichnungen lehnt sie ab. Bei ihr entsteht alles auf der Leinwand. Während sie malt, weiß sie nicht, wie das Endergebnis ausschauen wird. Um den Betrachter ihrer Gemälde nicht zu beeinflussen, haben die meisten auch keinen Namen.

Von Hans Klumbies