Die Weisheit ist erst am Ende des Tages möglich

Die Schriften von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831) sind extrem schwierig, teilweise deshalb, weil er sich, genau wie Immanuel Kant, meist in einer sehr abstrakten Sprache ausdrückt und häufig Begriffe benutzt, die er selbst erfunden hat. Niemand hat alles davon verstanden. Der Satz „Die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung“ gehört dabei zu den eher leichteren Rätseln. Nigel Warburton erklärt: „Dies ist seine Art, uns zu sagen, dass die Weisheit oder die philosophische Erkenntnis erst am Ende des Tages möglich ist, wenn die eigentlichen Ereignisse bereits Geschichte sind. Minerva war die römische Göttin der Weisheit und wurde gewöhnlich mit einer Eule in Verbindung gebracht. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

Allgemeine Wahrheiten können sich jederzeit ändern

Das Werk von Georg Wilhelm Friedrich Hegel war sehr einflussreich. Seine Ansicht, dass sich die Geschichte auf eine ganz bestimmte Weise entfaltet, beeinflusste vor allem Karl Marx und damit auch all die Revolutionen, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Europa auf Karl Marx beriefen. Georg Wilhelm Friedrich Hegel wurde 1770 in Stuttgart geboren und wuchs zur Zeit der Französischen Revolution auf, als in Frankreich die Monarchie gestürzt und die Republik ausgerufen wurde. Er nannte die Revolution einen „herrlichen Sonnenaufgang“.

Die Zeit der politischen Instabilität und des radikalen Wandels beeinflusste ihn für den Rest seines Lebens. Nigel Warburton erläutert: „Er sah, dass allgemeine Wahrheiten sich jederzeit ändern konnten, dass alles ins Wanken geraten konnte, auch wenn es noch so fest begründet zu sein schien. Eine Schlussfolgerung daraus war, dass unsere Ideen unmittelbar abhängen von der Zeit, in der wir leben, und dass sie außerhalb ihres historischen Zusammenhangs nicht richtig verstanden werden können.“

Alles befindet sich in einem Wandlungsprozess

Sein Berufsleben begann Georg Wilhelm Friedrich Hegel als Privatlehrer bei einer wohlhabenden Familie, bevor er Schulleiter wurde. Schließlich lehrte er als Professor an der Berliner Universität. Als er starb, war er der bekannteste und der am meisten bewunderte Philosoph seiner Zeit. Georg Wilhelm Friedrich Hegel glaubte, dass der Geist, der die Wirklichkeit schafft, bereist die Wirklichkeit ist. Jenseits davon existiert nichts. Aber das bedeutet seiner Meinung nach nicht, dass die Wirklichkeit in einem starren Zustand verbleibt.

Für Georg Wilhelm Friedrich Hegel befindet sich alles in einem Prozess des Wandels, und dieser nimmt die Form einer erhöhten Selbsterkenntnis an. Der Grad der Selbsterkenntnis wird durch die Zeit, in der man lebt, festgelegt. Seiner Meinung nach bewegt sich die Wirklichkeit ständig auf ihr Ziel des Verstehens ihrer selbst zu. Die Geschichte ist in keiner Hinsicht zufällig, sie hat ein Ziel. Wenn ein Mensch darauf zurückblickt, erkennt er, dass sie sich derart entfalten musste. Georg Wilhelm Friedrich Hegels Studium der Geschichte war nicht zu trennen von seinen Philosophie, sondern ein wichtiger Teil davon. Für ihn waren Geschichte und Philosophie miteinander verflochten. Quelle: „Die kürzeste Geschichte der Philosophie“ von Nigel Warburton

Von Hans Klumbies