Michel Houellebecq liebt die deutsche Frühromantik

Michel Houellebecq behauptet von sich, alles sagen und schreiben zu können, weil er in Mode ist. Er gibt aber zu, dass es durchaus Dinge gibt, die er niemals schreiben würde, wodurch er sich immer einen Rest Intimität erhalten möchte. Dennoch muss man seiner Meinung nach keine Angst davor haben, über intime Dinge zu reden, da immer noch etwas übrig bleiben wird, das man gestehen könnte. Michel Houellebecq hat auch keine Angst sich einem Zuhörer oder Leser auszuliefern, wenn er nach seinem Sexualleben gefragt wird. Die meisten Fragen, die ihm in Interviews gestellt werden, umkreisen dieses Thema. Auf die Frage, ob er und seine Frau in einen Swingerclub gehen würden, antwortet er immer mit: „Ja, und?“.

Die Wahrnehmung des Egos verursacht Michel Houellebecq Schmerzen

Für den französischen Schriftsteller Michel Houellebecq ist die deutsche Frühromantik seine Lieblingsepoche in der Literatur. Die Romantik ist für ihn die erste Bewegung, die ein paradiesisches Universum erdacht hat, in dem ewig alles gut ausgeht. Sie leugnet sogar den Tod, da sie mit Hilfe ihres Christentums an die Wiedergeburt der Seele glaubt. Den Menschen von heute ist dieser Glaube verloren gegangen. Michel Houellebecq mag den Tod nicht, er ist für ihn nicht angenehm, obwohl er immer gegenwärtig ist. Das Leben der meisten Menschen beginnt in Topform und endet im Verfall.

Michel Houellebecq findet es gut, dieses metaphysische schwarze Loch, das durch die Vorherrschaft des Materialismus entstanden ist, heute mit der Idee zu füllen, dass die Unsterblichkeit des menschlichen Körpers biologisch machbar ist. Die Wahrnehmung des Egos ist für Michel Houellebecq immer ein schmerzhafter Vorgang. Denn wer sich seines Egos bewusst wird, erkennt auch, dass er zum Tod verurteilt ist. Also könnte man laut Michel Houellebecq daraus folgern, dass unsterbliche Menschen ein viel kleineres Bewusstsein ihres Egos hätten.

Kurzbiographie: Michel Houellebecq

Michel Houellebecq wurde am 26. Februar1958 in La Réunion geboren. Als er sechs Jahre alt war, kam er zu seiner Großmutter, bei der er aufwuchs. 1980 erhielt er sein Diplom als Landwirtschaftsingenieur. Nach einer kurzen Ehe, aus der ein Sohn hervorging, bekam Michel Houellebecq schwere Depressionen, die ihn zu mehreren Aufenthalten in der Psychiatrie zwangen.

Seine literarische Laufbahn begann im Alter von zwanzig Jahren, als er in verschieden Kreisen von Dichtern verkehrte. Seine ersten Gedichte veröffentlichte Michel Houellebecq in der „Nouvelle Revue de Paris“. Sein erster international erfolgreicher Roman mit dem Titel „Ausweitung der Kampfzone“ erschien 1994. Sein zweiter Roman „Elementarteilchen“ wurde in 25 Sprachen übersetzt.

1998 erhielt der Schriftsteller Michel Houellebecq den „Grand Prix National des Lettres Jeunes Talents“ für sein Gesamtwerk. Der Autor hat einen Wohnsitz in Irland, lebt aber auch in anderen Ländern und bezeichnet sich selbst als Nomade. Zu seinen bekannten Büchern zählt auch der Roman „Plattform“, den er im Jahr 2001 veröffentlichte. Michel Houellebecq ist der wohl bekannteste französische Autor der Gegenwart.

Von Hans Klumbies